Neben neuen Tools müssen Controller auch überdenken, wie sie den Erfolg einer Organisation messen. Die grundlegenden Kennzahlen werden sich dabei nicht ändern. Es geht lediglich darum, die bestehenden Perspektiven auf das Thema Erfolg um zwei Punkte zu erweitern.

  • "Input über Output" oder die "Renaissance" des Inputs als Erfolgsindikator. Jahrelang, insbesondere im Zusammenhang mit dem "Siegeszug" der Balanced Scorecard, lautete das Mantra, dass es besser ist, Output-orientiert zu messen. Das heißt "Anzahl neuer Produkte" ist besser als "Aufwand für F&E" oder "Befähigung der Mitarbeiter" ist besser als "Aufwand für Weiterbildung".[1]

    In einem unsicheren Umfeld müssen wir nun wieder zurück zu einem stärkeren Focus auf Messung der Inputs. Warum? In einem unsicheren Umfeld können wir das Ergebnis einer Entscheidung nicht vollständig beeinflussen. Es hängt sowohl von unseren Fähigkeiten als auch vom Zufall – der positiv in Form von Glück oder negativ in Form von Pech auftreten kann – ab. Und von daher können gute Entscheidungen zu schlechten Ergebnissen führen – und umgekehrt. Wenn wir uns nur auf Ergebnisse fokussieren, besteht also das Risiko, dass schlechte Entscheidungen, die zufällig zu guten Ergebnissen geführt haben, belohnt werden. Und umgekehrt werden möglicherweise gute Entscheidungen falsch beurteilt, weil sie zu einem schlechten Ergebnis geführt haben. Insofern müssen wir uns bei der Erfolgsmessung die Parameter anschauen, die wir unter Kontrolle haben – und das sind die Inputs. Damit einher geht die Idee, Erfolg als Konsequenz zu betrachten anstatt als Ziel.[2]

    Oder, anders formuliert: bei der Steuerung einer Organisation im VUCA-Umfeld muss, in Ergänzung zur Ergebnisverantwortung, der Prozessverantwortung mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.

  • (Erfolgreiche) Prävention als Erfolgsindikator: Im unsicheren Umfeld liegt der Fokus nicht nur auf dem Erreichen von Erfolgen, sondern auch auf der Prävention, d. h. dem Vermeiden zukünftiger Probleme. Dan Heath hat hierfür den Begriff "Upstream" geprägt.[3]

    Beim Upstream-Denken und -Handeln geht es um Maßnahmen, die entweder verhindern sollen, dass Probleme entstehen oder die das Schadensausmaß bei deren Eintreten reduzieren sollen. Das Gegenteil davon sind Downstream-Maßnahmen. Diese werden ergriffen, um bereits bestehende Probleme zu lösen. Upstream bezeichnet also ein Denken und Handeln, das grundsätzlich aus dem Risikomanagement bekannt ist: Upstream Maßnahmen werden dort als "Mitigation Actions" bezeichnet. Insofern geht es hier nicht um einen gänzlich neuen Ansatz. Vielmehr geht es darum, dass ein Denkansatz, der aus dem Risikomanagement bekannt ist, zukünftig viel stärker in den Vordergrund rücken muss. Dies wird vermutlich auch eine der wichtigen Lehren aus der COVID-19 Pandemie sein. Es gab im Jahr 2013 einen Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz, der u. a. ein Kapitel zur Risikoanalyse "Pandemie durch Virus Modi-SARS" enthielt.[4]

    Das Kapitel liest sich wie ein Blueprint der COVID-19 Pandemie, so dass sich die Frage aufdrängt, weshalb auf Basis dieser Analyse nicht einmal so elementare Präventionsmaßnahmen wie die Bevorratung mit Schutzkleidung ergriffen wurden. Das Beispiel zeigt ein grundlegendes Problem von Upstream Maßnahmen: Wie misst man Erfolg, wenn etwas nicht passiert? Die Kosten für die Beschaffung von Schutzkleidung kann man leicht ermitteln. Wie aber bewertet man den Nutzen, der sich aus der Tatsache ergibt, dass ausreichend Schutzkleidung vorhanden ist? Aufgrund ihrer Kompetenz zum Thema Erfolgsmessung sind hier die Controller gefragt, sich mit dem Thema intensiver auseinander zu setzen und neue Lösungsansätze zum Thema Erfolgsmessung zu entwickeln.

[1] Vgl. Horváth & Partner, 2001.
[2] Vgl. Varol, 2020.
[3] Vgl. Heath, 2020.
[4] BT-Drucksache, 2013.

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