Leitsatz

Eine Zurechnung von Dauerschuldzinsen und Dauerschulden kann bei durchgeleiteten Krediten ausnahmsweise nur dann unterbleiben, wenn mit der Durchleitung überhaupt kein Nutzen für den Steuerpflichtigen verfolgt wird.

 

Sachverhalt

Ein Groß- und Einzelhandelsbetrieb mit Getränken aller Art, vor allem Bier, schloss Verträge mit verschiedenen Brauereibetrieben ab, die überwiegend die gleiche Struktur aufweisen: Der Brauereibetrieb gewährt der Getränkehändlerin ein verzinsliches Darlehen mit einer mehrjährigen Laufzeit. Die Darlehensmittel sollen dem Inventarkauf für bestimmte Gaststätten dienen. Außerdem verpflichtet sich die Getränkehändlerin gegenüber der Brauerei dazu, bestimmte Biersorten in einer jährlichen Mindestbezugsmenge für mehrere Jahre abzunehmen.

Die Getränkehändlerin ihrerseits gewährt unter Verwendung der von den Brauereien erhaltenen Darlehensmittel den jeweiligen Gaststättenbetreibern Darlehen mit einer mehrjährigen Laufzeit für den Inventarkauf. Die Gaststättenbetreiber verpflichten sich im Gegenzug dazu, ausschließlich Bier der Marke der kreditgebenden Brauerei über die Getränkehändlerin zu beziehen; darüber hinaus sind die kreditnehmenden Gaststättenbetreiber dazu verpflichtet, sämtliche nichtalkoholischen Getränke und Spirituosen ebenfalls ausschließlich von der Getränkehändlerin abzunehmen.

Der Darlehenszins der Verträge zwischen der Getränkehändlerin und den Gaststättenbetreibern entspricht regelmäßig demjenigen zwischen der Getränkehändlerin und dem Brauereiunternehmen. Eine Zinsmarge, aus der sich Einnahmen ergeben, die den Verwaltungskostenaufwand übersteigen, besteht nicht.

 

Entscheidung

Dem gewerblichen Gewinn ist die Hälfte der bei seiner Ermittlung abgezogenen Entgelte für solche Schulden hinzuzurechnen, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebes (Teilbetriebes) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebes zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen (Dauerschuldzinsen).

Eine dauerhafte Stärkung des Betriebskapitals liegt bereits dann vor, wenn Darlehensmittel von nur mittelbarem Nutzen sind. Sinn und Zweck der Hinzurechnung ist es, eine gewerbesteuerliche Begünstigung fremdkapitalfinanzierter Unternehmen zu vermeiden. Maßgeblich muss daher sein, ob durch das Fremdkapital die Ertragskraft tatsächlich gesteigert wird. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn ausnahmsweise mit der reinen Durchleitung der Darlehensmittel überhaupt kein Nutzen für den Steuerpflichtigen verfolgt wird.

Einen unmittelbaren Nutzen durch die Darlehensaufnahme und -weitergabe wurde unstreitig nicht erzielt, da die Kredite i. d. R. zu denselben Konditionen an die Gaststättenbetreiber weitergereicht, wie sie von den Brauereien eingeräumt wurden. Die Getränkehändlerin hatte nach ihrem Vortrag sogar einen unmittelbaren Nachteil durch die Kreditvergabe, denn der mit der Verwaltung der Kredite einhergehende Aufwand musste von ihr allein getragen werden, ohne dass der behauptete Aufwand jedoch beziffert worden wäre. Allerdings hat die Getränkehändlerin einen mittelbaren Nutzen erzielt, der die Nachteile der Kreditaufnahme und -weitergabe bei weitem überstieg und per Saldo zu einer Verstärkung des Betriebskapitals führte.

Im vorliegenden Fall entspricht es der Geschäftspraxis der Getränkehändlerin, durch die Gewährung von langfristigen Darlehen (Laufzeit über ein Jahr) Kunden im Rahmen einer Abnahmeverpflichtung an sich zu binden. Zwar dient die Darlehensvergabe nicht ausschließlich der Erschließung neuer Geschäftsbeziehungen. Dies ist jedoch auch nicht erforderlich, da jedenfalls insoweit auch in der Erhaltung bereits bestehender Geschäftsbeziehungen ein mittelbarer Nutzen für die Getränkehändlerin begründet ist. Dieser von der Getränkehändlerin verfolgte mittelbare Nutzen führt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dazu, dass ein durchlaufender Kredit, der keinen Dauerschuldcharakter hätte, nicht vorliegt.

Dieses Ergebnis steht nicht in Widerspruch zu dem vom GewStG verfolgten Zweck. Durch die Aufnahme und Weitergabe von Darlehensmitteln wird es der Getränkehändlerin erst ermöglicht, bestimmte Kunden zu generieren bzw. bestehende Kunden längerfristig an sich zu binden und so ihren Umsatz zu steigern. Hinzu kommt, dass die Getränkehändlerin bei den Kunden, die über einen Kredit- und Bierbezugsvertrag an sie gebunden sind, nach ihrem eigenen Vorbringen eine höhere durchschnittliche Gewinnmarge erzielt als bei ungebundenen Gastronomiekunden. Schließlich folgt das eigene betriebliche Interesse an der Darlehensvergabe aus dem Umstand, dass die Getränkehändlerin die Darlehensnehmer nicht nur hinsichtlich des Bierbezugs an sich bindet, sondern den Kunden auch eine exklusives Belieferungsrecht mit allen weiteren Getränken abverlangt.

Das Vorbringen der Getränkehändlerin, die Vertragsgestaltungspraxis im Bereich des Getränkeverlagsgewerbes habe sich seit dem Jahr 1981 zu ungunsten der Getränkeverleger verändert...

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