Praxis-Beispiel

Benchmarking-Beispiel: Detailverliebtheit schadet Prozesseffizienz

Eines der Unternehmen aus der Benchmarking-Runde richtet den Detailgrad der Planungsdaten nach seinen internen Kunden aus. Die Datenqualität, die das verwendete System bietet, reicht dem Kunden nicht aus. Deshalb hat die Controlling-Abteilung einen manuellen Schritt eingeführt, um die Daten nach Kundenwunsch aufzubereiten. Damit führt sie zusätzliche Arbeit aus, die ihrem eigenen Wunsch nach schlanken Prozessen entgegensteht.

Die Ambidextrie zwischen detaillierter und übersichtlicher Planung spiegelt unterschiedliche Bedürfnisse wider (s. Abb. 6). Die Benchmarking-Studie verdeutlicht, dass die zentralen Controlling-Einheiten meist aggregierte Daten benötigen, während ihre internen Kunden zur operativen Steuerung häufig einen hohen Detailgrad verlangen.

Abb. 6: Planungs-Ambidextrie – Planungsdimension 4: detailliert und übersichtlich

I. d. R ist ein Ziel digitaler Transformationen, den Planungsprozess zu verschlanken und entsprechend den Detaillierungsgrad zu verringern. Die Befragten in der Benchmarking-Studie berichten allerdings von enormen Resistenzen auf (interner) Kundenseite. Z. B. verlangen Marketing und Vertrieb in einem der an der Studie teilnehmenden Unternehmen alle Daten auf Stock Keeping Unit (SKU)-Ebene. Entsprechend datenbeladen ist die Planung. Ein Befragter beschreibt das Dilemma:

"[der Vertrieb sagt] ich brauche die Einzelkunden, ich brauche die einzelnen Produkte, sonst kann ich gar nicht planen. Wo ich sage, dann macht ihr es falsch. Aber ich konnte sie noch nicht überzeugen."

Dieses Beispiel zeigt, dass internes Kundenmanagement zu den zentralen Herausforderungen eines Controllers gehört, insbesondere in einer Transformation. Der Schlüssel liegt darin, tatsächliche Überzeugungsarbeit zu leisten. Dazu gehört aus Sicht der Befragten, die Aufgaben des Controllers in interne Angebotspakete zu schnüren.

Sonderlösungen sollten dabei vermieden werden, da diese den Planungsprozess hemmen. Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass die Anforderungen der Kunden erfüllt werden, damit diese nicht selbstständig eigene Lösungen "basteln", die dann zu Insellösungen werden. Z. B. beschreibt ein Unternehmen in der Benchmarking-Studie, dass manche Abteilungen eine eigene Planung nebenher durchführen, da ihnen die zentrale Planung zu ungenau ist.

Es wird hiermit deutlich, dass eine Ambidextrie großes Konfliktpotenzial innehat, das eine digitale Transformation zum Scheitern bringen kann. Der Balanceakt zwischen Kunden- und eigenen Bedürfnissen ist nicht nur inhaltlicher, sondern insbesondere sozialer Natur. Entsprechend muss der Planungsprozess nicht nur als Implementierung neuer Tools oder Aufgaben gesehen werden, sondern insbesondere als Change-Prozess. Die Verhaltensänderung, die über die zentrale Controlling-Abteilung hinaus sämtliche Stakeholder betrifft, ist eine der größten Herausforderungen in einem Change-Prozess.[1] Deshalb muss auch bei einer digitalen Transformation nicht die Technologie, sondern der Mensch im Vordergrund stehen.[2]

[1] Vgl. Kappes/Brosig, 2022, S. 21.
[2] Vgl. Biel, 2022, S. 51.

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