5.1 Einbindung aller Interessengruppen

Wir haben bereits definiert, dass Nachhaltigkeit im hier verwendeten Sinne heißt, dass sich Unternehmen freiwillig für die Umwelt, die Mitarbeiter, die Gesellschaft, die Kunden und ihr Umfeld einsetzen, ergänzend zu den weiterhin gültigen ökonomischen Zielen. CSR und der Nachhaltigkeitsgedanke bei Entscheidungen verfolgen die Interessen genau dieser Stakeholder, da diese i. d. R. nicht selbst in den Entscheidungsprozess eingebunden sind und zumeist auch nicht eingebunden sein können.

Wissenschaftler der Harvard University haben mit einem eigens dafür entwickelten Spiel erforscht, wann Menschen zum Wohl anderer Generationen, also anderer Stakeholder-Gruppen wirtschaften. Das Ergebnis zeigte klar, dass Einzelne sich selbst bereicherten und dadurch andere nichts bekamen, wenn die Probanden ihre Entscheidungen individuell trafen. Entschieden die Teilnehmer dagegen kollaborativ, in diesem Fall demokratisch, konnten sich die nachhaltig eingestellten Spieler gegen die egoistischen durchsetzen. Des Weiteren waren mehr Probanden zu nachhaltigem Verhalten bereit, wenn klar war, dass sich alle an die Entscheidung halten müssen.[1] Wir können also daraus schließen, dass Entscheidungen nachhaltiger sind, wenn sie kollaborativ getroffen werden und am ehesten nachhaltig sind, wenn die Entscheidungen für alle Beteiligten verbindlich sind.

Abb. 4: Zusammenspiel zwischen Stakeholder-Dialog und CSR Steering Committee

Übersetzt auf die wirtschaftliche Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen ein geeignetes Entscheidungsgremium benötigen, das sich mit der Auswirkung von Entscheidungen auf alle Interessengruppen befasst. In einigen Unternehmen haben wir in den vergangenen Jahren die Einführung eines CSR-Steering Committees unterstützt (s. Abb. 4). Neben der Entwicklung der jeweiligen CSR-Strategie ist es vor allem Aufgabe dieses Gremiums, die Auswirkungen von unternehmerischen Entscheidungen auf alle Interessengruppen zu überprüfen. Neue Entwicklungen in den Bereichen Technologie, Innovation und Gesetzgebung im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit werden beobachtet und die Erwartungen der Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten und anderer Interessengruppen laufend erhoben.

Die Einbindung dieser verschiedenen Interessen- oder Anspruchsgruppen im Zuge der Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung wird als "Stakeholder-Dialog" bezeichnet. Unternehmen haben oftmals damit zu kämpfen, dass eine Vielzahl an Forderungen an sie herangetragen wird, die Ressourcen zur Befriedigung aller Ansprüche jedoch nicht vorhanden sind. Die Stakeholder und deren Forderungen können anhand ihrer Beziehungsqualität, Nähe und Relevanz für das Unternehmen priorisiert werden, sodass nur die wichtigsten und signifikanten Interessen wahrgenommen und in die CSR-Strategie mit aufgenommen werden. Zu treffende Entscheidungen werden auf die in der CSR-Strategie festgehaltenen Bedingungen überprüft.

[1] Hauser, 2014, S. 220 f.

5.2 Nachhaltigkeit erfordert einen langfristigen Planungshorizont

Damit Nachhaltigkeit in den Entscheidungsprozessen verankert werden kann, muss dies bereits bei der Unternehmensplanung berücksichtigt werden. Nachhaltige Unternehmen denken nicht ausschließlich in Quartalen, Jahreszyklen oder Bewertungsrunden, sondern in Jahrzehnten und folgen dabei einem übergeordneten Ziel, einer langfristig ausgerichteten Vision, die dem eigenen unternehmerischen Tun einen Sinn verleiht.

Abb. 5: Zusammenhang zwischen lang-, mittel- und kurzfristiger Planung

Durch diese langfristige Ausrichtung des Unternehmens fällt es leichter, Entscheidungen zu treffen, die evtl. kurzfristig unangenehme Auswirkungen haben, jedoch langfristigen Erfolg bringen. Außerdem sind Unternehmen dadurch i. d. R. besser auf Trends und Entwicklungen vorbereitet, da sie sich im Zuge einer langfristigen Planung auch mit Phänomenen auseinander setzen müssen, die heute noch nicht absehbar oder gar einschätzbar sind (s. Abb. 5). Das bedeutet natürlich nicht, dass die kurz- und mittelfristige Planung obsolet wird, sondern lediglich, dass sich diese innerhalb eindeutig definierter strategischer Leitplanken bewegen muss, um das langfristige Ziel erreichen zu können.

Bei dieser langfristigen Planung ist es wichtig, dass CSR ein selbstverständlicher Bestandteil und kein lästiger Appendix ist, der eben auch irgendwie berücksichtig werden muss. Nachhaltigkeit sollte eine logische Überlegung bei jeder Handlung sein. Sowohl im Leitbild, der Vision als auch der Strategie muss im Sinne unseres CSR-Verständnisses daher laufend die Frage beantwortet werden, welche Auswirkungen das eigene Tun auf andere, die Umwelt, die Gesellschaft hat. Dabei müssen die Unternehmen auch sehr stark selbstreflexiv sein und sich selbst in Frage stellen. Dies unterscheidet nachhaltig entscheidende Unternehmen von anderen, da Selbstreflexionsfähigkeit eine der Kernkompetenzen dieser Unternehmen ist.

5.3 Ziele um die Perspektive Nachhaltigkeit ergänzen

Für die erfolgreiche Implementierung einer holistischen, nachhaltigen Unternehmenskultur brauchen Unternehmen ambitionierte und erreichbare Ziele, hinter denen das gesamte Unternehmen steht. Abgleitet aus der langf...

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