3.1 Management Control Systems in der Start-Up-Welt

Auf die grundlegende Thematik der Steuerung von Start-Ups sind wir im Kapitel 2 bereits einführend eingegangen. Dort wurde zum einen sichtbar, dass in Start-Ups ein anderes Führungsumfeld besteht und andere Führungsprozesse ablaufen, als dies aus normalen, längere Zeit am Markt bestehenden größeren Unternehmen bekannt ist. Zum anderen haben wir einen starken Wandel dieser Führungsprozesse über die – im erfolgreichen Fall – schnell aufeinander folgenden Entwicklungsphasen eines Start-Ups herausgestellt, von der Gründung über den Markteintritt, die Phase der Stabilisierung und des anschließenden Wachstums bis zur Etablierung im Markt. Eine solche Lebenszyklus-bezogene Betrachtung ist im Kontext etablierter Unternehmen ebenfalls eher unüblich.

Die besondere Führungsaufgabe und ihre Veränderung über die Entwicklung eines Start-Ups ist schon seit geraumer Zeit Gegenstand von empirischen und konzeptionellen wissenschaftlichen Untersuchungen.[1] Oft werden die genannten typischen Entwicklungsphasen eines Start-Ups mit konkreten Aussagen zu den innerhalb der einzelnen Phasen benötigten Management Control Systems (MCS) verbunden. Der Begriff des MCS ist im deutschen Sprachraum nur wenig bekannt, lässt sich aber im Wesentlichen mit "Controllingsysteme" übersetzen. Der Definition von Malmi und Brown zufolge[2] handelt es sich dabei um alle von Managern genutzten Methoden und Systeme, mit denen die in den Unternehmen handelnden Akteure dazu in die Lage versetzt und geleitet werden, die Strategie des Unternehmens und die daraus abgeleiteten Ziele umzusetzen. Die MCS werden zumeist in fünf Kategorien unterteilt:

  • Kulturelle Steuerungsmechanismen sind auf Werte und Normen gerichtet, die das Denken und Handeln der Akteure beeinflussen und ausrichten. Hier wäre das aus dem deutschen Schrifttum bekannte Wertesystem zu verorten.
  • Durch die Planung werden den Akteuren Ziele vorgegeben, die zu erfüllen sind. Sie ermöglichen ein koordiniertes Handeln und sind im Controllingkontext ein zentrales Steuerungsinstrument.
  • In der Planung formulierte und vereinbarte Ziele werden durch sog. kybernetische Kontrollmechanismen auf ihre Einhaltung hin überprüft und liefern durch diese Gegenüberstellung Hilfestellung und Motivation zugleich, die Ziele trotz ggf. zwischenzeitlicher Abweichung zu erreichen. Auch kybernetische Kontrollen sind im Controllingkontext bestens bekannt.
  • Durch die Incentivierung werden die Akteure zusätzlich motiviert, die Ziele einzuhalten, weil an ihre Erreichung positive Anreize geknüpft werden (z. B. Bonuszahlungen). In der deutschen Controllingtradition entspräche dieses MCS im Wesentlichen dem Personalführungssystem.
  • Die administrative Kontrolle ist schließlich auf die Prozesse der Zielerreichung gerichtet und umfasst Themen wie Standardisierung und Regelungen zu Entscheidungsbefugnissen. Dieses MCS ist in der traditionellen Unterscheidung von Führungsteilsystemen im deutschen Kontext nicht enthalten bzw. wäre am ehesten im Organisationssystem zu verorten.
[1] Vgl. z. B. Eggers/Leahy/Churchill, 1994; Davila/Foster, 2004; Granlund/Taipaleenmäki, 2005 oder Strauß/Nevries/Weber, 2013.
[2] Malmi/Brown, 2008, S. 290 f.

3.2 Steuerungsaufgaben in Start-Ups

Diese Differenzierung von Management Control Systems verbinden Lycko/Mahlendorf 2017 in ihrer Literaturanalyse mit der vorab genannten Untergliederung von Lebenszyklusphasen als ein Strukturierungsraster, in das die Ergebnisse einer großen Zahl von einschlägigen Artikeln eingeordnet werden. Auf die Ergebnisse dieser Analyse sind wir im Kapitel 2 schon eingegangen. An dieser Stelle sei nur noch die dort getroffene Aussage einer mit zunehmendem Wachstum steigenden Formalisierung näher spezifiziert.

Abb. 8 zeigt, dass am Beginn des Lebenszyklus zum einen eine administrative Kontrolle gänzlich fehlt und alle anderen MCS-Kategorien lediglich informell vorhanden sind. Innerhalb dieser dominiert die kulturelle Kontrolle, die stark durch das Gründerteam geprägt und von diesem ausgeübt wird. Sie wird auch in allen anderen Phasen des Lebenszyklus eine besondere Rolle behalten und verliert erst bei der Etablierung etwas an Bedeutung. Mit der Zeit werden alle Management Control Systems stärker ausgeprägt und deutlich stärker formalisiert. Hierfür sind insbesondere zwei Gründe wirksam:

  • Zum einen nimmt die Zahl zu steuernder Mitarbeiter von Lebenszyklusphase zu Lebenszyklusphase zu. Unmittelbare persönliche Kommunikationsprozesse werden damit immer aufwendiger.
  • Zum anderen nimmt die Unsicherheit des Handelns ab. Das Start-Up sammelt Erfahrung und kann damit die Führung stärker standardisieren und in den Prozessen konstanter halten, als es am Anfang möglich war.

Die Entwicklung endet mit dem Übergang in eine Führungsumgebung, wie sie für etablierte Unternehmen typisch ist. In einer Phase, in der das Überleben des (ehemaligen) Start-Ups weitgehend gesichert erscheint, kann die hohe Steuerungsintensität, die zur Erreichung dieses Zustands erforderlich war, etwas reduziert werden, um Steuerungskosten zu sparen. Insofern geht die...

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