Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Splitting für geschiedene Ehegatten. Vollziehungsaussetzungsverfahren. keine Beschwer bei auf Null lautendem Vorauszahlungsbescheid. mißbräuchliche Verfassungsbeschwerde

 

Leitsatz (redaktionell)

1.Verfassungsrechtlich ist es nicht zu beanstanden, wenn im Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO bei rechtskräftig geschiedenen, aber zusammenlebenden Ehegatten die Gewährung des sog. Ehegatten-Splitting sowie die Anerkennung einer Beteiligung des einen Ehegatten an der freiberuflichen Betätigung des anderen als Gesellschafter verweigert und es ferner ablehnt wird, im Vollziehungsaussetzungsverfahren inzidenter in eine Prüfung zu § 131 AO einzutreten.

2. Ein auf Null lautender Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid kann niemand in seinen Grundrechten verletzen, ebensowenig der an die geschiedene Ehefrau gerichtete Bescheid den geschiedenen Ehemann.

3. Es ist mißbräuchlich, anschließend an ein Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung von Vorauszahlungsbescheiden Verfassungsbeschwerde einzulegen, wenn für die maßgeblichen Kalenderjahre keine Steuererklärungen abgegeben wurden und es auf diese Weise dem Finanzamt und den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit unmöglich gemacht wurde, die Steuerschuld abschließend zu beurteilen.

 

Normenkette

EStG § 26 Abs. 1; FGO § 69; AO § 131; GG Art. 6 Abs. 1

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 26.06.1975; Aktenzeichen IV B 92/74)

 

Gründe

1. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1) hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht berührt, wenn rechtskräftig geschiedene, aber weiterhin in Lebensgemeinschaft zusammenlebende Eheleute vom Ehegattensplitting nach § 26 Abs. 1 EStG 1971 ausgeschlossen sind. Es ist i. S. des Art. 3 Abs. 1 GG sachlich begründet, nur den in formal gültiger Ehe zusammenlebenden Eheleuten die Zusammenveranlagung zu gestatten.

Der Bundesfinanzhof konnte bei summarischer Prüfung ohne Verstoß gegen Art. 6, 12 oder 20 GG zu dem Ergebnis kommen, daß Fremde miteinander nicht solche atypischen Gesellschaftsverhältnisse begründet hätten wie die Beschwerdeführer, die sich gegenseitig aus privaten Gründen an ihren freiberuflichen Praxen beteiligt haben.

Es verstößt unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gegen Grundrechte der Beschwerdeführerin, wenn es der Bundesfinanzhof ablehnt, im Vollziehungsaussetzungsverfahren inzidenter zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Steuererlaß aus Billigkeit (§ 131 AO) erfüllt sein könnten.

2. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 2) ist unzulässig, da er durch die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung eines auf 0 DM lautenden Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheides und durch den an die Beschwerdeführerin zu 1) gerichteten Vorauszahlungsbescheid nicht in seinen Grundrechten betroffen sein kann. Das gilt auch für die Rüge der Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG. Es ist nicht ersichtlich und nicht dargetan, daß die vom Bundesfinanzhof an das Finanzamt zurückgesandten Akten in dem angefochtenen Beschluß, soweit der den Beschwerdeführer zu 2) betrifft, verwertet wurden oder hätten verwertet werden können und daß der Beschluß auf der Nichtgewährung von Akteneinsicht beruhen kann (BVerfGE 28, 17).

3. Damit ist der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos.

4. Die Beschwerdeführerin zu 1) hat für das Kalenderjahr 1971 und die folgenden Kalenderjahre keine Einkommensteuer-Erklärungen abgegeben und es auf diese Weise dem Finanzamt und den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit unmöglich gemacht, ihre Einkommensteuerschuld für 1973 abschließend zu beurteilen. Es ist mißbräuchlich, anschließend an ein Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung von Vorauszahlungsbescheiden Verfassungsbeschwerde ohne hinreichende Aussicht auf Erfolg einzulegen, wenn man mit der Erfüllung der Steuererklärungspflicht geraume Zeit im Verzug ist.

Der Beschwerdeführer zu 2) konnte die Unzulässigkeit der von ihm eingelegten Verfassungsbeschwerde ohne weiteres erkennen.

Es ist daher angemessen, den Beschwerdeführern als Gesamtschuldnern eine Mißbrauchsgebühr nach § 34 Abs. 5 BVerfGG aufzuerlegen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1675246

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