Entscheidungsstichwort (Thema)

Inhalt des Antrags auf Feststellung eines höheren Teilwerts nach § 55 Abs. 5 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Bundesfinanzhof hat sich mit der Auslegung des § 55 Abs. 5 EStG, daß in dem Antrag auf Ansatz des höheren Teilwerts die betroffenen Grundstücke näher bezeichnet werden müßten, nicht über die Bindung an Gesetz und Recht (Art.20 Abs. 3 GG) hinweggesetzt.

2. Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. Der Gleichheitssatz wird durch verschiedenartige Auslegung derselben Bestimmungen durch verschiedene erkennende Gerichte nicht verletzt. Dies gilt erst recht, wenn wie hier verschiedene Gerichte zu voneinander abweichenden Vorschriften Entscheidungen getroffen haben.

 

Normenkette

EStG 1971 § 55 Abs. 5 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

BFH (Urteil vom 11.10.1979; Aktenzeichen IV R 65/78; BFHE 129, 34)

 

Gründe

1. Die Auslegung und Anwendung des § 55 Abs. 5 EStG auf den bei dem Beschwerdeführer gegebenen Sachverhalt hat das Bundesverfassungsgericht nicht nachzuprüfen. Ihm obliegt es nur, die Beachtung der grundrechtlichen Normen und Wertmaßstäbe durch die Fachgerichte sicherzustellen (vgl. BVerfGE 18, 85 [92]; 42, 143 [148]). Das Vorbringen des Beschwerdeführers lässt eine Verletzung von spezifischen Verfassungsrecht nicht erkennen.

a) Der Bundesfinanzhof hat sich mit der Auslegung des § 55 Abs. 5 EStG, daß in dem Antrag auf Ansatz des höheren Teilwerts die betroffenen Grundstücke näher bezeichnet werden müßten, nicht über die Bindung an Gesetz und Recht (Art.20 Abs. 3 GG) hinweggesetzt. Die Bindung des Richters an das Gesetz bedeutet nicht Bindung an dessen Buchstaben mit dem Zwang zu wörtlicher Auslegung, sondern Gebundensein an Sinn und Zweck des Gesetzes (BVerfGE 35, 263 [279]). Der Bundesfinanzhof hat unter Anwendung der herkömmlichen, zulässigen Auslegungskriterien (vgl. BVerfGE 11, 126 [130]) den Inhalt des § 55 Abs. 5 Satz 2 EStG in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ermittelt. Er konnte aus § 55 Abs. 5 Satz 1 EStG, wo die Nachweispflicht des Steuerpflichtigen mit dem Antrag verknüpft wird, entnehmen, daß in dem Antrag die zum Nachweis des Teilwerts erforderlichen Tatsachen anzugeben sind. Dazu gehört notwendig die Bezeichnung der einzelnen Grundstücke, da der Teilwert für jedes Grundstück gesondert ermittelt werden muß (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).

b) Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. Der Gleichheitssatz wird durch verschiedenartige Auslegung derselben Bestimmungen durch verschiedene erkennende Gerichte nicht verletzt (BverfGE 19, 38 [47]). Dies gilt erst recht, wenn wie hier verschiedene Gerichte zu voneinander abweichenden Vorschriften Entscheidungen getroffen haben.

2. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, wenn ein Gericht die Verpflichtung zur Vorlage an ein anderes Gericht willkürlich außer acht läßt (BVerfGE 42, 237 [241]). Im vorliegenden Fall konnte der Bundesfinanzhof ein Abweichen von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einer Rechtsfrage im Sinne des § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes verneinen, da der Regelungsgehalt des § 55 Abs. 5 EStG sich erheblich von dem des § 234 LAG bzw. des § 27 FestG unterscheidet.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1611055

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