Analyse von Planannahmen als Instrument der Risikoidentifikation

Ein retrograder Ansatz zur ganzheitlichen Risikoidentifikation ist die Analyse der Annahmen der operativen Planung und Budgetierung. Die geplante Gewinnentwicklung eines Unternehmens ist das Ergebnis eines auf zahlreichen Annahmen beruhenden Planungs- und Budgetierungsprozesses. Allerdings sind die Planannahmen vielfach unsicher und bergen somit Risiken für das Unternehmen, da hier Abweichungen von der geplanten Gewinnentwicklung auftreten können. So hängt z. B. die zukünftige Umsatzentwicklung stark von der prognostizierten Marktentwicklung und dem Verhalten der Wettbewerber bei der Absatzpreis- und Absatzmengenfestlegung ab.

Durch systematische Variation der Planungsannahmen und detaillierte Abweichungsanalysen im Sinne einer Sensitivitätsanalyse lassen sich die maßgeblichen Risikofaktoren der zukünftigen Gewinnentwicklung identifizieren, durch geeignete Kennzahlen messbar machen und überwachen. Eine derartige Risikoidentifikation kann dann im Rahmen der quantitativen Risikoanalyse zur Risikobewertung genutzt werden, in dem die Abweichungen monetär bewertet und ihre Eintrittswahrscheinlichkeit geschätzt werden. Können für die zukünftigen Entwicklungen wesentlicher Planannahmen sogar Verteilungen geschätzt werden, kann die GuV-Planung z. B. mit Hilfe der Monte-Carlo-Simulation zu einer stochastischen Planung ausgebaut werden.[1]

Abb. 3 zeigt eine Übersicht über die kritischen und wesentlichen Risiken des Lufthansa-Konzerns. Insbesondere die vorwiegend externen quantitativen Risiken resultieren aus einer Fehleinschätzung wesentlicher Planungsannahmen. Daher kann die Einstufung ihres Bedeutungsgrads für den Erfolg von Lufthansa durch deren systematische Variation und Analyse der Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung ermittelt werden.

 
  Bedeutungsgrad Ausprägungsform Trend
Quantitative Risiken
Treibstoffpreisänderungen kritisch sehr hoch
Wechselkursänderungen wesentlich sehr hoch
Erlösrisiken wesentlich sehr hoch
Verlust des Investment Grade Ratings kritisch sehr hoch
Verstöße gegen Compliance-Anforderungen kritisch mittel
Kursverluste aus Kapitalanlagen beim Pensionsvermögen kritisch sehr gering
Kreditrisiken wesentlich gering
Qualitative Risiken
Cyber-Risiken kritisch sehr hoch
Pandemische Erkrankungen kritisch hoch
Flugbetriebsrisiken kritisch sehr gering
Personalrisiken wesentlich hoch
Krisen, Kriege, politische Unruhen etc. wesentlich hoch
Verschärfung der Lärmgesetzgebung wesentlich hoch
Markteintritt Original Equipment Manufacturer kritisch hoch
Verunreinigte Lebensmittel kritisch gering

Abb. 3: Wesentliche und kritische Risiken des Lufthansa-Konzerns[2]

Business Analytics zur Weiterentwicklung von Annahmenanalysen

Die mathematische Verknüpfung von Plangrößen und Annahmen ermöglicht eine multidimensionale Berechnung von Simulationsszenarien. Verschiedene Maßnahmen können bezüglich ihrer Auswirkungen auf das Unternehmensergebnis miteinander verglichen werden. Zudem können die Szenarien durch die Kombination von Digital Forecasts und Expertenschätzungen mit Wahrscheinlichkeiten hinterlegt werden. Durch den Einsatz von Monte-Carlo-Simulationen kann die Komplexität von Steuerungsmodellen reduziert und die Transparenz erhöht werden. Derzeitige Einsatzgebiete liegen in der Erlössteuerung bei Produkten und Dienstleistungen mit festen Kapazitäten und hohem Fixkostenanteil wie z. B. bei der Passagierbeförderung im Luftverkehr. Auf der Grundlage von Nachfrageprognosen sowie Annahmen zu den vorhandenen Kapazitäten, der Dauer des Verkaufszeitraums sowie ggf. Preispunkten kann durch Simulationsmodelle eine Erlösoptimierung für die verfügbare Kapazität erfolgen. Idealerweise können diese Simulationsmodelle auch mit den auf Business Analytics basierenden Forecasts verknüpft werden.[3] Die Identifikation kritischer Planannahmen kann die Basis für die Festlegung möglicher Früherkennungsindikatoren darstellen.

[1] Vgl. Gleißner, 2017, S. 111 ff. sowie S. 251 ff.
[2] In starker Anlehnung an Lufthansa Konzern, Geschäftsbericht 2016, S. 60.
[3] Vgl. hier und im Folgenden Mehanna/Tatzel/Vogel, 2016, 505 f.

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