Leitsatz

* Fahrer und Beifahrer eines Reisebusses sind Verbringer der in dem Bus beförderten Gepäckstücke und verpflichtet, auch die darin befindlichen Waren anzumelden, von deren Vorhandensein sie nichts wissen.

*Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

Art. 38 Abs. 1 Zollkodex , Art. 40, 202 Abs. 1 Buchst. a Zollkodex , Art. 234 Abs. 2 ZKDVO

 

Sachverhalt

Im Gepäckraum eines Reisebusses, der aus Budapest kam, wurden bei der Einreise vom Zoll zwei Koffer mit Zigaretten gefunden. Die Waren waren dem Zoll nicht angemeldet worden und konnten keinem der Fahrgäste zugeordnet werden. Das HZA setzte deshalb die Tabaksteuer gegen den Busfahrer fest. Dieser begehrt PKH, nachdem seine Klage abgewiesen worden ist; er hat wegen der Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des FG Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache erhoben.

 

Entscheidung

PKH ist nicht gewährt worden, weil die Rechtsverteidigung keine Aussicht auf Erfolg hat. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind geklärt; der Steuerbescheid ist rechtmäßig. Der Busfahrer ist Zoll- und folglich Steuerschuldner geworden.

 

Hinweis

In das Zollgebiet in einem Fahrzeug mitgebrachte ("verbrachte") Waren sind zu gestellen (Art. 40 ZK). Diese Pflicht trifft denjenigen, der im Zeitpunkt des Grenzübertritts die Herrschaft über das Fahrzeug hat. Das sind grundsätzlich Fahrer und Beifahrer. Wird die Gestellungspflicht verletzt, wird der Gestellungspflichtige nach Art. 202 Abs. 1 Buchst. a ZK Schuldner der Eingangsabgaben, sofern nicht bereits die Fiktion des Art. 234 Abs. 2 ZKDVO eingreift und der Verbringer deshalb Zollschuldner wird.

"Verbracht" in diesem Sinn sind auch Waren, von denen Fahrer und Beifahrer gar nicht wissen, dass sie sich "an Bord" befinden. Das folgt schon ohne weiteres aus dem Wortsinn und dem Sinn der Gestellungspflicht und ist vor allem entgegen den vom BFH geäußerten Zweifeln so vom EuGH entschieden worden (EuGH, Urteil vom 4.3.2004, Rs. C-238/02, EuGHE I-2141).

Der BFH hatte gegen diese Rechtsprechung des EuGH zunächst Widerstand gezeigt und sogar mit dem BVerfG "gedroht". Er scheint dies jetzt aufgegeben zu haben und überträgt die zu einem Lkw-Fahrer ergangene Rechtsprechung auf Busfahrer. Erfüllen diese vorgenannte Gestellungspflicht nicht, werden sie ebenfalls Zoll- und vor allem Verbrauchsteuerschuldner; denn die Verbrauchsteuergesetze verweisen für die Steuerschuldentstehung bei der Einfuhr von Waren auf den Zollkodex.

Offen gelassen hat der BFH, ob dies auch für Waren gilt, für die ein Reisender "die (alleinige) Verantwortung" trägt, was wohl heißen soll: zu deren Herrschaft er sich bekennt. Die Besprechungsentscheidung empfiehlt insofern den Busfahrern, für eine Zuordnung des Gepäcks zu den einzelnen Reisenden zu sogen (Namensschilder?). Für Waren, welche die Reisenden am Körper bzw. in ihrer Kleidung mit sich tragen, ergibt sich jene Zuordnung aus den Umständen; insoweit werden Fahrer und Beifahrer schwerlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommen werden können.

Beachten Sie, dass die Tabaksteuerschuld anders als in Art. 233 ZK für die Zollschuld vorgesehen, durch die – regelmäßig erfolgende – Einziehung des Schmuggelguts nicht erlischt. Diese unterschiedliche Behandlung von Zoll- und Tabaksteuerschuld ist verfassungsrechtlich zulässig.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 14.9.2005, VII S 7/05 (PKH)

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