Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich - Wirksamkeitskontrolle eines Ehevertrages

 

Leitsatz (amtlich)

Das Ansinnen eines Ehegatten, eine Ehe nur unter der Bedingung eines Ehevertrags eingehen zu wollen, begründet für sich genommen auch bei Vorliegen eines Einkommens- und Vermögensgefälles für den anderen Ehegatten in Regel noch keine (Zwangs-) Lage, aus der ohne Weiteres auf eine gestörte Vertragsparität geschlossen werden kann (vgl. BGH FamRZ 2018, 577 Rn. 21).

Ein Ehegatte kann sich ohne Verstoß gegen § 242 BGB auf den Ausschluss des Versorgungsausgleichs in einem wirksamen Ehevertrag berufen, wenn er einer einseitigen Einkommensreduktion des anderen Ehegatten nach Vertragsabschluss entgegen getreten ist.

Da das Scheidungsfolgenrecht grundsätzlich streng zwischen dem Versorgungsausgleich und dem Zugewinnausgleich unterscheidet, ist in Ansehung möglicher Grundstückswertsteigerungen während der Ehe eine etwaige Korrektur eines Ehevertrages nicht durch Anpassung der dortigen Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich, sondern - systemgerecht - zum Güterrecht vorzunehmen (vgl. BGH FamRZ 2014, 1978 Rn. 35).

 

Verfahrensgang

AG Zossen (Aktenzeichen 6 F 625/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 23.05.2017 in der Entscheidungsformel zu 2. abgeändert:

Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden unter der Antragstellerin und dem Antragsgegner gegeneinander aufgehoben.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 2.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die beschwerdeführende Antragstellerin wendet sich gegen die Durchführung eines ehevertraglich ausgeschlossenen Versorgungsausgleichs.

Die am 02.11.1967 geborene Antragstellerin und der am 21.12.1953 geborene Antragsgegner sind die gemeinsamen Eltern eines am 21.09.2001 geborenen Sohnes und einer am 13.05.2007 geborenen Tochter und schlossen am 01.08.2008 ihre Ehe. Am 07.05.2008 hatten die Beteiligten einen notariell beurkundeten Ehevertrag geschlossen, in dem sie den Versorgungsausgleich ausgeschlossen und den Güterstand der Gütertrennung vereinbarten. Ferner verzichteten die Beteiligten wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt mit Ausnahme des Betreuungsunterhalts. Zum weiteren Inhalt wird auf die Ablichtung der Vertragsurkunde verwiesen (4 ff). Der Antragsgegner war bereits Vater weiterer Kinder.

Auf den am 23.11.2016 zugestellten Scheidungsantrag, dem der Antragsgegner im Termin am 03.05.2017 zugestimmt hat, hat das Amtsgericht durch den angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, die Ehe der Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich zwischen ihnen durchgeführt. Der Ausschluss zum Versorgungsausgleich halte einer Inhalts- und Ausübungskontrolle gemäß § 8 Abs. 1 VersAusglG nicht stand, benachteilige den Antragsgegner im Hinblick auf die grundsätzliche Halbteilung, die Maßstab der ehelichen Wohl- und Wehegemeinschaft sei, einseitig und sei dahingehend anzugleichen, dass der Antragsgegner über die Anwendung der gesetzlichen Regelung zum Versorgungsausgleich eine hinreichende Absicherung erfahre. Die Voraussetzungen eines Ausschlusses nach § 27 VersAusglG lägen nicht vor.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen die Durchführung des Versorgungsausgleichs. Das Amtsgericht habe die Wirksamkeit des ehevertraglichen des Versorgungsausgleichs fälschlich verneint und zudem die Voraussetzungen des § 27 VersAusglG verkannt.

Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die Korrespondenz im Beschwerderechtszug. Er entscheidet, wie angekündigt (129), ohne mündliche Verhandlung (§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG), von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten war.

II. Die nach §§ 58 ff, 228 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg.

1. Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt, weil die Eheleute ihn durch Vereinbarung ausgeschlossen haben, § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VersAusglG. Der Senat ist hieran gebunden, weil weder Wirksamkeits- noch Durchsetzungshindernisse bestehen, § 6 Abs. 2 VersAusglG.

a) Die Vereinbarung ist formell wirksam, da sie in gleichzeitiger Anwesenheit beider Eheleute notariell beurkundet wurde, §§ 7 Abs. 3 VersAusglG, 1410 BGB.

b) Die Vereinbarung hält einer Inhalts- und Ausübungskontrolle stand, § 8 Abs. 1 VersAusglG.

aa) Der Ehevertrag vom 07.05.2008 hält der Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 BGB stand. Nach gefestigter höchstrichterlich Rechtsprechung, der der Senat folgt, unterliegen die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten. Die Disponibilität der Scheidungsfolgen darf allerdings nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen...

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