Entscheidungsstichwort (Thema)

Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers in zweigliedriger GmbH

 

Leitsatz (amtlich)

An den Nachweis der Abtretung eines Geschäftsanteils brauchen keine besonderen Anforderungen gestellt zu werden; es genügt, daß das Vertretungsorgan der Gesellschaft von dem Rechtsübergang überzeugend unterrichtet worden ist.

Bei einer zweigliedrigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung reicht es zur Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers nicht aus, daß er das Vertrauen des anderen Gesellschafters verloren hat; es müssen vielmehr berechtigte Zweifel gegen die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung vorliegen.

 

Normenkette

GmbHG §§ 16, 38

 

Verfahrensgang

LG Hanau

OLG Frankfurt am Main

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das am 23. Juli 1957 verkündete Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Frankfurt/Main aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten der Revisionsinstanz zu entscheiden hat.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Im Jahre 1149 gründeten der Kläger und der Kaufmann H … P … die beklagte GmbH deren Stammkapital von 30.000 DM durch Gesellschafterbeschluß vom 31. Juli 1954 auf 200.000 DM erhöht wurde. Während beide Gesellschafter ursprünglich je zur Hälfte beteiligt waren, betrug nach der Kapitalerhöhung die Beteiligung des Klägers unverändert 15.000 DM, die P …s 185.000 DM. Beide sollten jedoch bis Ende 1955 das gleiche Stimmrecht haben. Beide waren von der Gründung an Geschäftsführer der Beklagten.

Am 22. April 1955 trat P … seinen Geschäftsanteil an das Bankhaus K … & Co. (im folgenden Bank genannt) treuhänderisch ab. Der Kläger und P … wurden in einer vom Kläger und der Bank besuchten Gesellschafterversammlung vom 3. Oktober 1955 unter fristloser Aufhebung ihrer Dienstverträge als Geschäftsführer abberufen. Während P … dies hingenommen hat, verlangt der Kläger die Feststellung der Nichtigkeit dieses Beschlusses, soweit es ihn betrifft.

Nach dem Protokoll über die Gesellschafterversammlung vom 03. Oktober 1955 hat die Bank als wichtigen Grund für die Abberufung des Klägers geltend gemacht:

„Herr … (Kläger) hat durch die Art seiner Geschäftsführung, durch Entnahmen zu persönlichen Zwecken, die nicht im Einklang zu den Satzungen stehen, durch immer neue Investierungen die Gesellschaft gefährdet und zwar insbesondere dadurch, daß er durch diese Ausgabenpolitik das Vertrauensverhältnis zum Bankhaus K. … & Co. zerstört hat. Er hat diese Ausgaben über den Kopf der Bank hinweg gemacht und die Bank, die auf Rückführung des Saldos drängte, immer wieder vor vollendete Tatsachen gestellt.

Außerdem hat Herr … am 18.04.1955 DM 10.600 unbefugt aus der Gesellschaftskasse entnommen und für persönliche Zwecke und zwar zur Bestreitung eines Baukostenzuschusses für die Wohnung in …

Außerdem sind für die betrieb der sogenannten chemotechnischen Abteilung außerhalb des Gesellschaftszweckes erhebliche Mittel ohne Nutzen für die Gesellschaft ausgegeben worden. Schließlich bedeutet auch die gegenwärtige Vermögenslage des Herrn …, daß er als Geschäftsführer nicht länger tragbar ist.”

1. Unstreitig waren der Kläger und P … außer an der Beklagten noch an der chemotechnischen Gesellschaft mbH, der Chemischen Fabriken, Mineralölwerke H … P … GmbH (abgekürzt: C …) und der Offenen Handelsgesellschaft Rhein Main Öl … beteiligt. Diese Unternehmen und die Beklagte wickelten ihre Geschäfte über die Bank ab. Die Chemotechnische GmbH, eine Gesellschaft zur Ausnützung der Steuervorteile des § 7d des Einkommensteuergesetzes, besaß längere Zeit bei der Bank ein Guthaben zwischen 2 und 3 Millionen, die Beklagte und die C … standen dagegen im Debet. Der Kläger und P … hafteten für alle Forderungen der Bank gegen diese Unternehmen als selbstschuldnerische Bürgen. Nach einer Vereinbarung (vom 15.9.52) durften die Unternehmen das Guthaben der Chemotechnische GmbH zur Verrechnung mit der Bank verwenden; entsprechend durfte die Bank verfahren. Der Kläger war seinerseits Darlehensschuldner der C …; am 18. Februar 1953 trat die C … ihre Darlehensforderung gegen den Kläger an die Bank zur Sicherung ihrer Bankschulden ab und bezifferte dabei diesen Anspruch auf 123.862,69 DM. In der Zeit vom 30. Mai 1952 bis Anfang Mai 1954 nahm der Kläger mit Zustimmung P …s die Beklagte in Höhe von rund 150.000 DM zum Bau des Hauses in Anspruch. Da diese Entnahmen den Bankkredit der Beklagten erhöht hätten, verlangte die Bank eine Sicherheit. Der Kläger ließ der Beklagten auf … Grundschulden in Höhe von 200.000 DM eintragen, die Beklagte übertrug diese Grundschulden sicherungsweise auf die Bank. Anfang Mai 1954 sah die Bank die Höhe der von der Beklagten in Anspruch genommenen Kredite und die persönliche Verschuldung des Klägers als besorgniserregend an. Am 11. Mai 1954 fand eine Besprechung statt, der u.a. der Bankier … H … – das ist der persönlich haftende Gesellschafter der Bank –, P … und der Kläger beiwohnten. … H … fertigte hierüber eine Aktennotiz an, die er allen Beteiligten, auch dem Kläger, übersandte und die unwidersprochen blieb. Danach erklärte H …, daß die Bank ihr Engagement bei der Beklagten in Höhe von rund 80.000 DM nicht weiter durchhalten könne und daß die Beklagte ihren Kredit schnellstens abbauen müsse, weil die C … praktisch konkursreif sei und die Bilanz der Beklagten einen Kredit von mehr als 650.000 DM nicht erträglich erscheinen lasse. In der Aktennotiz heißt es weiter, daß die Lage des Klägers schwierig sei, er schulde der Beklagten rund 150.000 DM, der C … rund 180.000 DM und dem Finanzamt rund 200.000 DM; er werde nicht in der Lage sein, diese Verbindlichkeiten in kurzer Zeit zu decken, weil der Wert seines Vermögens die Summe dieser Beträge nicht erreiche. Nach der Aktennotiz wurde beschlossen, den privaten Grundbesitz der beiden Gesellschafter und diejenigen Teile des Anlagevermögens der Beklagten, die nicht als Ertragsbringer lebenswichtig seien, schnellstens zu veräußern; die Bank wurde gebeten, die Verkäufe in die Wege zu leiten. Hierfür wurde auch die P … gehörende Destillatinsanlage in … in Aussicht genommen. Sie wurde dann jedoch zu der bereits erwähnten Kapitalerhöhung verwendet und hierzu mit 170.000 DM angesetzt. Das Grundstück des Klägers … wurde Ende 1954 verkauft, am 17. Januar 1955 deckte der Käufer, die L … AG, die Grundschulden durch Zahlung von 200.000 DM an die Bank ab. Der Kläger wies die Bank mit Schreiben vom 31. Januar 1955 (Bl. 55 d.A.) an, den Betrag der Beklagten gutzuschreiben, Die Bank kam dem nicht nach. Dies erklärte die Beklagte einmal (S. 6 des Schriftsatzes vom 22.11. 1955, Bl. 52) damit, die Bank habe bei der Beklagten für den Kläger kein Guthaben entstehen lassen wollen, da sie befürchtet habe, er werde es sofort abheben, zum anderen (S. 9 des Schriftsatzes vom 25.10. 1955 (Bl 18 d.A.) damit, die Bank habe sich vorbehalten, welche der Verbindlichkeiten des Klägers ihr gegenüber sie als durch die 200.000 DM abgedeckt ansehen wolle, und hierzu sei die Bank nach § 19 Abs. 2 ihrer Geschäftsbedingungen berechtigt gewesen. In der Zeit zwischen der Besprechung vom 11. Mai 1954 und April 1955 ließ der Kläger noch Aufwendungen für den Bau des Hauses … in Höhe von rund 30.000 DM durch die Beklagte bezahlen. Am 29. November 1954 bot P … der Bank an, ihr seinen Geschäftsanteil treuhänderisch abzutreten. Die Bank nahm dieses Angebot am 22. April 1955 an. Auf Drängen der Bank erklärte sich der Kläger am 28. April 1955 bereit, sich selbst zunächst jeder Tätigkeit als Geschäftsführer zu enthalten. Am selben Tage wurden der Kaufmann H … H … und der bisherige Prokurist der Beklagten, K … S …, zu Geschäftsführern der Beklagten bestellt. Die C. … geriet im Juni 1955 in Konkurs. Auf Verlangen der Bank erklärte der Kläger in der Gesellschafterversammlung vom 28. Juli 1955 bereit, die Anlage in … für 140.000 DM an … zu verkaufen. In der ersten Hälfte des Jahres 1955 erhöhte sich der Bankkredit von rund 748.000 DM auf 912.000 DM. Dieses Anwachsen der Bankschulden beruhte in Höhe von 50.000 DM auf geschäftsfremden Verfügungen P …s. Über das Vermögen wurde am 13 Oktober 1955 das Konkursverfahren eröffnet. In der Zeit vom 1. Juli bis zum 30. September 1955 ermäßigte sich die Bankschuld der Beklagten um 118.000 DM. Mit Schreibt vom 21. September 1955 erklärte der Kläger, seine Geschäftsführertätigkeit wieder aufnehmen zu wollen, da die Voraussetzungen seiner Zusage, sich der Geschäftsführertätigkeit zu enthalten, infolge des drohenden Konkurses P …s weggefallen seien. Anfang 1956 erhob der Kläger gegen die Bank Klage mit dem Antrag, die Bank zu verurteilen, die am 17. Januar 1955 von der L … AG erhaltenen 200.000 DM seiner Anweisung gemäß dem Konto der Beklagten gutzuschreiben. Dem kam die Bank am 2. Februar 1956 durch Wertstellung auf den 17. Januar 1955 nach.

Die Beklagte behauptet, ihre hohen Bankschulden habe der Kläger durch leichtfertige Investitionen und Ausgaben verursacht. Er habe die Bank immer wieder und wieder vor vollendete Tatsachen gestellt und in die Zwangslage gebracht, entweder die Verpflichtungen der Beklagten nicht zu honorieren und damit die Zahlungsunfähigkeit der Beklagten herbeizuführen oder weiteren Kredit zu gewähren. Seine Darlehensaufnahmen bei der C … und der Beklagten seien praktisch aus Krediten gespeist worden, die beide Firmen bei der Bank aufgenommen hätten. H … habe schon am 11. Mai 1954 erklärt, die Bank werde nicht dulden, daß man etwa nach einem Vierteljahr noch auf demselben Punkt stehe wie bisher. Gleichwohl habe der Kläger die Ausgabenwirtschaft fortgesetzt und keinen Unterschied zwischen der Gesellschaft und seiner Brieftasche gemacht. Dadurch habe die Bank das Vertrauen in seine Geschäftsführung verloren und angedroht, die Kredite zu kündigen, wenn er sich der Geschäftsführertätigkeit nicht enthalte. Dem haben sich der Kläger am 28. April 1955 auch nicht verschlossen. In dem Augenblick, in dem der Kläger jedoch die Geschäftsführung wieder in der Hand habe nehmen wollen, sie die Vertrauenskrise zu einer die Existenz der Beklagten unmittelbar bedrohenden Gefahr geworden. Auch wenn am 3. Oktober 1955 nicht die Bank, sondern irgendein Dritter der Mitgesellschafter des Klägers gewesen wäre, hätte die Abberufung des Klägers beschlossen werden müssen. Denn hierfür sei allein das Interesse der Beklagten Maßgebend, und die von der Bank am 28. April 1955 mit aller Schärfe angedrohte Kreditkündigung hätte jeden objektiven Mitgesellschafter veranlassen müssen, den Kläger als Geschäftsführer zu entfernen.

Hinzu komme die persönliche Verschuldung des Klägers. Insoweit beruft sich die Beklagte. einmal darauf, daß der Kläger, solange ihr die Bank jene 200.000 DM nicht gutgebracht habe (also bis zum 2.2.1956), bei ihr im Debet gestanden habe. Zum anderen macht sie geltend, daß der Kläger der Bank als Bürge für ihre und die Schulden der drei anderen Unternehmen gehaftet und zudem eigene hohe Steuerschulden gehabt habe.

2. Der Kläger hat am 18. April 1955 durch die Beklagte 10.600 DM an Dr. K … überwiesen. Der Betrag diente zur Bestreitung eines Baukostenzuschusses für eine Wohnung in …, die der Kläger nach dem Verlust seines Hauses …, bezogen hat. Die Beklagte sieht in der Überweisung der 10.600 DM eine unbefugte Entnahme.

3. Die Beklagte setzte rund die Hälfte ihres Gesamtumsatzes bei BV ARAL ab. Ihr Verbindungsmann zu diesem Unternehmen war der Kaufmann E … S …, der früher Prokurist des Benzolverbandes war und über gute Beziehungen zu diesem Verband verfügte. Die Beklagte zahlte nach ihrer Behauptung an S … im Jahre 1953 48.624 DM, im Jahre 1954 69.271 M und im Jahre 1955 76.436 DM. In Übereinstimmung mit der Bank hat die Beklagte diese Zahlungen als nutzlose Aufwendungen angesprochen; sie vertritt insoweit hilfsweise den Standpunkt, daß die Aufrechterhaltung der Verbindung mit BV ARAL keine so hohen Provisionen erfordert habe.

Der Kläger hat demgegenüber geltend gemacht: Die bei der Bank aufgenommenen Kredite seien zu nutzbringenden Investitionen verwendet worden. Seiner Initiative sei es zu verdanken, daß das Unternehmen der Beklagten 53 Arbeitnehmer beschäftige und im Jahre 1953 einen Umsatz von 1.413.000 DM und im Jahre 1954 einen Umsatz von 1.585.000 DM erzielt habe. Nennenswerte andere Schulden als die Bankschulden habe die Beklagte nicht gehabt. Die Bank habe es bei den Forderungsaufstellungen bewußt unterlassen, die ihr gegebenen Sicherheiten in Höhe von rund 800.000 DM zu berücksichtigen. Sie habe es in der Hand gehabt, den Kredit zu beschränken, hieran aber kein Interesse gehabt, weil sie das Unternehmen in ihre Hand habe bringen wollen. Die Bank habe P …, obwohl er immer stärker verschuldete, immer weiter bei seinen Geschäften unterstützt und damit seine Bürgschaft für die Verbindlichkeiten der zusammen mit dem Kläger betriebenen Firmen wertlos gemacht. P … sei spätestens dadurch in Zahlungsschwierigkeiten geraten, daß der Millionenbetrüger S … mit dem er zusammengearbeitet habe, in der Nacht vom 19. zum 20. April 1955 ins Ausland geflüchtet bei. Um P … vor der drohenden Anzeige des Scheckbetruges zu schützen, habe die Bank die Bürgschaft für von P … persönlich ausgestellte Schecks in Höhe von 79.060 DM übernommen. Die Bank habe nichts veranlaßt, als P … im Frühjahr 1955 aus seinem Werk H … Werte über 23.000 DM, die der Bank zur Sicherheit übereignet gewesen seien, veräußert habe, ohne den Gegenwert an die Bank abzuführen. Es gehe nicht an, diese Aushöhlung der Banksicherheiten und die Entwertung der Bürgschaften P …s im, dem Kläger, anzulasten. Die Bank habe auch selbst in die Geschäftsführung der Beklagten eingegriffen und damit deren Schuldenstand vermehrt. So habe sie veranlaßt, daß die Beklagte durch zwei Prokuristen am 18. April 1955 Schecks über 32.000 DM, die der erwähnte S …ausgestellt hatte, gegen von ihr ausgestellte Schecks hereinnahm – der Kläger ließ diese Schecks sofort sperren, als er von diesem „Geschäft” erfuhr –, und daß von diesen Schecks einer über 7.000 DM eingelöst wurde, weil P … das unbedingt benötigte. Berücksichtige man dies alles, so könne nicht schon aus der Höhe der Bankschulden der beklagten ein Grund für seine Abberufung als Geschäftsführer hergeleitet werden.

Im Zeitpunkt seiner Abberufung habe er gegenüber der Beklagten keine Schulden gehabt. Würde die Bank die vom Käufer seines Grundstücks … erhaltenen 200.000 DM seiner Weisung entsprechend alsbald der Beklagten gutgeschrieben haben, so würde bereits vom 17. Januar 1955, dem Tage des Empfangs dieses Betrages, und nicht erst vom 2. Februar 1956, dem Tage der Vornahme der Gutschrift, an klar gewesen sein, daß nur noch mit einer um 200.000 DM verminderten Bankschuld der Beklagten zu rechnen war und daß er, statt bei der Beklagten mit rund 158.000 DM im Debet zu sein, gegenüber der Beklagten ein Guthaben von rund 42.000 DM gehabt habe. Das habe die Bank durch die Vorenthaltung der Gutschrift verhindert und sei, wie die Beklagte eingeräumt habe, auch das Ziel der Bank gewesen; daraus ergebe sich eindeutig, daß sich die Bank rechtswidrig verhalten habe. Nur auf dem Boden dieses Unrechts könne ihm vorgeworfen werden, noch 30.000 DM zur Deckung offen gebliebener Aufwendungen für … und 10.600 DM zur Erlangung eines Baukostenzuschusses entnommen zu haben. Wie die dann am 2. Februar 19561 mit Wertstellung für den 17. Januar 1955 vorgenommene Buchung zeige, könne für die Zeit vom 17. Januar 1955 bis zum 2. Februar 1956 nur von einer um 200.000 DM verminderten Bankschuld der Beklagten und einem ihm gegenüber der Beklagten zustehenden Guthaben von rund 42.000 DM ausgegangen werden. Wenn die Bank und die Beklagte für diese Zeit mit einer noch nicht um 200.000 DM verringerten Bankschuld und mit einer Zunahme seines Debets operierten und hinsichtlich seiner Entnahmen von rund 30.000 DM und 10.600 DM gar von einem unzulässigen Griff in die Gesellschaftskasse sprächen, handelten sie arglistig. Selbst moralisch könne ihm die Entnahme der 30.000 DM und der 10.600 DM nicht angelastet werden, denn ihm habe nicht zugemutet werden können, sich durch das rechtswidrige Verhalten der Bank dazu zwingen zu lassen, seine noch offenen Aufwendungen für das unter schweren Verlusten veräußerte Grundstück … im Interesse der Bank und der Beklagten ungedeckt zu lassen und seinerseits mit seiner Familie auf der Straße zu sitzen. Bei der gegebenen Sachlage habe er sich wenigstens für berechtigt gehalten, seine notwendigen Überweisungen durch die Beklagte ausführen zu lassen.

Seine für die Beklagte und die C … übernommene Bürgschaft sei kein Grund für seine Abberufung, da sie die Bank gefordert und im Interesse sowohl der Bank wie beider Gesellschaften gelegen habe. Aus der Bürgschaft für die C … könne ihn die Bank zudem nicht in Anspruch nehmen: Ein von P … privat unter Gewinnbeteiligung der Bank abgeschlossenes Geschäft über Büromaschinen aus der Sowjetzone habe einen Verlust von 175.000 DM gebracht, auf dem die C … sitzengeblieben sei, da dieses Geschäft über sie und mit von ihr begebenen Wechseln durchgeführt worden sei. Das sei nur möglich gewesen, weil P … der für die C … maßgebende Mann gewesen sei. Für ein Interzonengeschäft mit Herrn P … bzw. dessen Firma, der Interkontinentale Handelsgesellschaft in …, habe die C … eine Vorauszahlung von 550.000 DM geleistet. P … habe den Betrag behalten müssen und für den Wechsel akzeptiert, die die C … als Ausstellerin gezeichnet habe. Er habe die Einlösung der Wechsel mit der Erklärung verweigert, er habe die empfangenen 550.000 DM zur Bezahlung eines mit der Bank durchgeführten Sperrmarkgeschäfts verwendet. Der Kläger behauptet weiter, zur Sicherung des Darlehensanspruchs, die die C … der Bank abgetreten hat, habe er der Bank seinen Geschäftsanteil von 4.000 DM an der Chemotechnische GmbH, der einen Wert von rund 600.000 DM habe, abgetreten. Die Bank könne ihm nicht seine schuld aus dem abgetretenen Darlehen vorhalten, ohne diese Sicherung zu berücksichtigen. Schließlich sei die Bürgschaft gar nicht praktisch geworden, denn die Bank habe ihn zwar auf Zahlung von 15.000 DM in Anspruch genommen, die Klage aber zurückgenommen, weil die Abdeckung der dem Firmenring gewährten Kredite in naher Zukunft sichergestellt sei (vgl. Bl. 147 d. A.).

Eine Steuerschuld bestehe nicht. Die Veranlagung auf die sich die Bank und die Beklagte beriefen, sei nicht rechtskräftig. Es gehe um eine Forderung aus einem verunglückten 7 c-Objekt. Schulde er dem Finanzamt aber noch etwas, so sei das angesichts des eigenen Verhaltens der Bank zu diesem Punkt kein Grund zu seiner Abberufung: Unstreitig hat die Bank das Finanzamt veranlaßt, den Geschäftsanteil des Klägers an der Beklagten zu pfänden. Als der Kläger mit dem Finanzamt über die Aufhebung der Pfändung verhandelte, setzte sich der Bankier … H … sowohl schriftlich wie mündlich beim Finanzamt und der Oberfinanzdirektion in … für das Gegenteil ein. Die Bank ließ für den 19. November 1955 zu einer Gesellschafterversammlung mit dem Ziel einladen, den finanzamtlich gepfändeten Geschäftsanteil durch H … H … erwerben zu lassen. Zur Abhaltung dieser Gesellschafterversammlung kam es nicht, weil es dem Kläger bei der Oberfinanzdirektion gelang, die Pfändung durch Verfügung vom 17. November 1955 aufgehoben zu erhalten.

Für den Druck, unter dem die Bank seine Erklärung erreicht habe, sich zunächst jeder Geschäftsführertätigkeit zu enthalten, sei maßgebend gewesen, daß in der Presse über die Flucht des S … und dessen Geschäfte mit P … berichtet worden sei und daß deshalb Lieferanten der Beklagten um Glattstellung ihrer Forderungen gebeten oder erklärt hätten, nur noch gegen Nachnahme liefern zu wollen. Im übrigen habe er die Selbstbeschränkung seiner Geschäftsführung nur auf sich genommen, um sich mit P … unter Zuhilfenahme eines Schiedsgerichts auseinanderzusetzen, und diese Voraussetzung sei mit dem Konkurs P … s weggefallen.

An S … seinen neben der üblichen Provision von 4 DM pro Tonne weitere 2 DM je Tonne als Diskretionen gezahlt worden. Ein Teil dieser Diskretionen (15.000 DM) sei an S … über A … H … gezahlt worden. Die Beklagte habe er ihren Lieferungen BV ARAL in den Jahren 1952 bis 1954 rund 720.000 DM verdient. Der Kläger ist der Meinung, daß angesichts dieses Betrages die an S … gezahlten Provisionen und Diskretionen gut angelegt gewesen seien und ihm nicht zur Abberufung aus seinem Amt als Geschäftsführer angelastet werden könnten.

Zwischen der Beklagten und dem Benzolverband habe nur eine Bindung bestanden, die der Benzolverband „wegen besonderer Umstände” habe lösen können. Wenn S … nicht rechtzeitig die Diskretionen erhalten habe, seien die Abrufe des Benzolverbandes automatisch ausgeblieben; habe er sein Geld erhalten, so hätten gleich darauf Bestellungen über die normalen Monatsmengen vorgelegen. Kurze Zeit nachdem die Beklagte im Oktober 1955 die Zahlung von Diskretionen an S … eingestellt habe, sei die Verbindung mit BV ARAL zu Ende gewesen. Das zeige die Notwendigkeit der Zahlungen an S …

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es führt aus: Hätte die Bank der Weisung des Klägers entsprechend alsbald jene 200.000 DM der beklagten gutgebracht, so hätte der Kläger selbst unter Berücksichtigung der entnommenen rund 30.000 DM und der 10.600 DM noch ein Guthaben gehabt. Soweit eine Verschuldung des Klägers aus den Verbindlichkeiten der C … und seiner Bürgschaft hierfür, sowie aus Abtretung von Ansprüchen der C … hergeleitet werde, fehlten gegenüber dem Bestreiten des Klägers genaue Darlegungen. Die angebliche Steuerschuld des Klägers sei noch nicht rechtskräftig. Soweit die Beklagte ihm vorwerfe, er sei ihr verschuldet, müsse sie sich das Verhalten der Bank bei Vorenthaltung der Gutschrift jener 200.000 DM entgegenhalten lassen, das nicht zu billigen sei. Die Verschuldung der Beklagten gegenüber der Bank berechtige die Abberufung des Klägers nicht, da nicht dargetan sei, daß sie durch sinnlose Investitionen oder Machenschaften des Klägers entstanden sei und die Existenz des Unternehmens gefährdet habe. Im Gegenteil habe die Beklagte einräumen müssen, daß das Unternehmen noch immer als gesund zu bezeichnen sei.

In der Berufungsinstanz hat sich der Beklagte zur Rechtfertigung der Abberufung des Klägers noch auf folgende Gesichtspunkte berufen:

a) Die Beklagte hat an A … H …, der zu ihr in einem freien Mitarbeiterverhältnis stand für Beratungskosten insgesamt 31.000 DM gezahlt, und zwar im Jahre 1954 monatlich 2.000 DM und einen einmaligen Betrag von 5.000 DM und im Jahre 1955 viermal 500 DM. Sie behauptet, der Kläger habe sich diese Beträge von H … zum großen Teil zurückzahlen lassen und in seine Tasche gesteckt.

b) Der Dipl.-Kaufmann S … ist für die Beklagte mit dem Auftrag tätig geworden, ihre kurzfristige Verschuldung in eine langfristige umzuwandeln. Die Beklagte behauptet, der Kläger habe S … veranlaßt, von dem Honorar hierfür (4.500 DM) auch Rechtsanwalt Dr. M … zu bezahlen, der für den Kläger persönlich tätig geworden sei. Auf diese Weise habe sich der Kläger Gelder der Beklagten mittelbar nutzbar gemacht.

c) In einer Gesellschafterversammlung vom 27. Dezember 1955 hat die Bank gegen die Stimmen des Klägers dessen Ausschließung aus der Gesellschaft beschlossen, in einer Gesellschafterversammlung vom 28. Dezember 1955 hat der Kläger unter Protest der Bank beschlossen, sie bzw. P … aus der Gesellschaft auszuschließen. Die Beklagte meint, hierdurch habe sich der Kläger als Geschäftsführer völlig untragbar gemacht.

Der Kläger hat demgegenüber behauptet: Um die S … gezahlten Diskretionen nicht in die äußere Erscheinung treten zu lassen, seien in das Abkommen mit H … höhere Beträge eingesetzt worden, als H … für seine Tätigkeit habe erhalten sollen. Diese Mehrbeträge habe H … zunächst laufend an S … abgeführt. Dann habe S … jedoch Bedenken gegen diese Handhabung geäußert, er habe erklärt, sich nicht in Abhängigkeit von H … bringen lassen zu wollen. Daraufhin habe H … die S … zugedachten Beträge dem Kläger zur Weiterleitung an gegeben. Er, der Kläger, habe sich davon keinen Pfennig Beträge behalten. Auch über S … habe er sich nicht Geld der Beklagten angeeignet. Die Ausschließung der Bank sei berechtigt und könne als ein erst Monate nach dem Abberufungsbeschluß (3.10.1955) liegender Vorgang nicht als Grund für die Abberufung nachgeschoben werden. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.

Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter, während die Beklagte um Zurückweisung der Revision gebeten hat.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Revision hält den umstrittenen Abberufungsbeschluß schon deshalb für unwirksam, weil die Bank gar nicht die Stellung eines Gesellschafters innegehabt habe. Die hierzu geltend gemachten Gründe treffen jedoch nicht zu.

1. Im Falle der Veräußerung eines Geschäftsanteils gilt der Gesellschaft gegenüber nur derjenige als Erwerber, dessen Erwerb unter Nachweis des Übergangs bei der Gesellschaft angemeldet ist (§ 16 Abs. 1 GmbHG). Von dieser Anmeldung ist nicht der Übergang des Mitgesellschafterrechts, sondern bloß die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte abhängig (RGZ 127, 236). Auch die gegenteilige Auffassung (vgl. Schilling in Hachenburg, GmbH § 16 Einl.; § 15 Anm. 66 bis 68) geht davon aus, daß die unangemeldete Abtretung den Abtretungsempfänger im Verhältnis zum Veräußerer oder einem Dritten zum Inhaber des Geschäftsanteils mache, also nicht etwa wirkungslos sei. Das ist richtig, weil § 15 Abs. 3 GmbHG zur Abtretung eines Geschäftsanteils nicht mehr als einen in gerichtlicher oder notarieller Form geschlossenen Vertrag verlangt und § 16 Abs. 1 GmbHG vom Nachweis des Übergangs spricht, den Übergang als bis zum Nachweis noch nicht maßgebend fingiert und diese Wirkung auf das Verhältnis zur Gesellschaft beschränkt. Hindert aber das Fehlen der Anmeldung den Mitgliederschaftswechsel nicht im Verhältnis zum Veräußerer oder zu Dritten, so schlägt auch im Verhältnis zur Gesellschaft das Argument der hier bekämpften Meinung nicht durch, der Übergang der Mitgliedschaft könne nicht von ihrer Ausübung getrennt werden. Beruht jedoch der Eintritt des neuen Gesellschafters nicht bloß im Verhältnis zum Veräußerer und zu Dritten, sondern auch im Verhältnis zur Gesellschaft auf dem förmlich geschlossenen Abtretungsvertrag, so brauchen an den Nachweis der Abtretung keine besonderen Anforderungen gestellt werden, es muß vielmehr genügen, daß das Vertretungsorgan der Gesellschaft von dem Rechtsübergang überzeugend unterrichtet worden ist. Das aber hat das Berufungsgericht rechtlich einwandfrei festgestellt.

Darüber hinaus haben sich die Geschäftsführer der Beklagten unter Einschluß des Klägers nach der zwischen P … und der Bank vollzogenen Abtretung bei der Abhaltung der Gesellschafterversammlungen vom 28. April, 28. Juli und 3. Oktober 1955 gerichtet, denn sie haben die Bank als Gesellschafterin eingeladen und abstimmen lassen.

2. Auch die Eigenschaft der Bank als Treuhänderin P …s hinderte sie an der Stimmabgabe nicht. Es handelte sich um eine Sicherungsabtretung. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob bei der bloßen Verpfändung eines Geschäftsanteils das Stimmrecht dem Pfandgläubiger zukommt oder nicht (bejahend RGZ 157, 55, während die Revision mit Scholz, GmbHG § 15 Anm. 71 verneint). Denn bei der Sicherungsübertragung handelt es sich um eine Vollrechtsübertragung, mit der automatisch das Stimmrecht übergeht.

II. Als wichtigen Grund für die Abberufung des Klägers wertet das Berufungsgericht, daß die Bank ihr Vertrauen in die Geschäftsführung des Klägers verloren habe. Es wirft ihm weiter vor, daß er stark verschuldet sei und seine Zusage, sich der Tätigkeit als Geschäftsführer zu enthalten, widerrufen habe. Ferner hält es die an S … gezahlten Diskretionen für unanständig, weil es sich dabei um Schmiergelder gehandelt habe und diese Gelder vorsätzlich der Steuer hätten entzogen werden sollen. Schließlich glaubt es feststellen zu können, daß der Kläger mit dem von der Beklagten an S … gezahlten Honorar zugleich Rechtsanwalt Dr. M … entlohnt habe und dieser für den Kläger persönlich tätig geworden sei.

Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsirrtum.

1. Wie die Bankbuchung vom 2. Februar 1956 zeigt, sind der Bank aus der Veräußerung des dem Kläger gehörenden Grundstücks … mit Wirkung vom 17. Januar 1955 200.000 DM zugeflossen. Diesen Betrag mußte die Beklagte dem Kläger gleichfalls mit Wirkung ab 17. Januar 1955 gutbringen. Er reichte aus, um die Schulden des Klägers gegenüber der Beklagten zu decken. Wenn auch die Beklagte die 200.000 DM dem Kläger erst nach Erhalt der Bankgutschrift gutzubringen brauchte, so kann doch die Abberufung des Klägers nicht nach dem Zustand der Vorenthaltung der Bankgutschrift beurteilt werden. Denn einmal wirkte auch die von der Beklagten vorzunehmende Gutschrift auf den 17. Januar 1955 zurück und zum anderen war die Vorenthaltung der Bankgutschrift nicht gerechtfertigt. Darum können sich die Bank und die Beklagte gegenüber dem Kläger nicht auf die Buchungslage so, wie sie zwischen dem 17. Januar 1955 und dem 2. Februar 1956 formell bestand, berufen.

Da eine starke Verschuldung des Geschäftsführers nur wegen ihrer Ausführung einen wichtigen Grund für die Abberufung abgibt, können die Bürgschaftsverbindlichkeiten des Klägers nicht mit ihrem rechnerischen Betrage, sondern nur in dem Umfang berücksichtigt werden, in dem sie ihn wirklich belasteten. Denn bei einem nicht streitbedingten Vorgehen der Bank war, auch obwohl es sich um eine selbstschuldnerische Bürgschaft handelt, damit zu rechnen, daß die Bank den Kläger nicht ohne Rücksicht auf ihre realen Sicherheiten in Anspruch nehmen würde. Es kann auch nicht außer acht gelassen werden, daß die Bürgschaft den Interessen der Beklagten diente und von der Bank für Kredite der Beklagten verlangt worden ist. Bei dieser Sachlage verstoßen die Beklagte und die Bank gegen Treu und Glauben, wenn sie die Tatsache der Bürgschaft als Abberufungsgrund geltend machen.

Der Kläger hat als Sicherheit für die Darlehensforderung, die die C … an die Bank abgetreten hat, seinen Geschäftsanteil an der Chemotechnische GmbH abgetreten. Die Beklagte ist der Behauptung des Klägers, die Bank sei hierdurch ausreichend gesichert gewesen, nicht entgegengetreten. Auch diese Forderung muß daher für die Abberufung außer Betracht bleiben.

Was die angebliche Steuerschuld anlangt, so lag bei Fassung des Abberufungsbeschlusses keine rechtskräftige Steuerfestsetzung vor. Es kann nicht die Aufgabe des vorliegenden Zivilprozesses sein, die Frage nach dem Bestehen dieser Schuld zu klären. Das Berufungsgericht begnügt sich insoweit mit der Feststellung, daß der Kläger nicht in der Lage sei, ein klares Bild seiner finanziellen Verhältnisse zu. bieten, und das belaste ihn in seiner Eigenschaft als Verwalter fremden Vermögens. Die Ungewißheit einer Steuerschuld für sich allein macht den Steuerpflichtigen nicht als Geschäftsführer einer GmbH unbrauchbar. Das mag anders sein, wenn sich aus dem Steuervorgang allgemein die Unzuverlässigkeit und Unordentlichkeit des Betroffenen ableiten läßt. Eine solche Feststellung hat das Berufungsgericht aber nicht getroffen.

Darum konnte, ohne daß es noch auf weiteres ankäme, aus der Belastung des Klägers mit Schulden kein Abberufungsgrund hergeleitet werden.

2. Die bloße Tatsache, daß die Bank kein Vertrauen mehr in die Tätigkeit und Fähigkeit des Klägers hatte, ist kein Abberufungsgrund. Für das Gebiet des Aktienrechts hat der Senat ausgesprochen (BGHZ 13, 188, 192 ff; 15, 71, 75), daß der Aufsichtsrat, falls die Mehrheit der Aktionäre einem Vorstandsmitglied ihr Vertrauen entzogen hat, die Bestellung dieses Vorstandsmitglieds widerrufen kann, ohne daß es erst eines Nachweises bedarf, daß das Vorstandsmitglied seine Geschäfte ordnungsgemäß geführt habe. Bei einer lediglich aus zwei Personen bestehenden GmbH reicht es dagegen zur Abberufung des einen Geschäftsführers nicht aus, daß er das Vertrauen seines Mitgesellschafters verloren hat. Es müssen vielmehr berechtigte Zweifel gegen die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung vorliegen. Denn anders als die Stellung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft ist die Stellung des Geschäftsführers, der zugleich Gesellschafter ist, nicht ausschließlich auf das Vertrauen der Gesellschafter, sondern mindestens im gleichen Maße auf die persönlichen Bindungen untereinander und das die gesellschaftlichen Beziehungen beherrschende Prinzip von Treu und Glauben gegründet. Das schließt es aus, daß ein Gesellschafter z.B. aus bloßer Verärgerung, wegen unbegründeten oder nicht voll gerechtfertigten Vertrauensentzuges aus seinem Amt als Geschäftsführer abberufen werden kann. Es mußte darum geprüft werden, ob der Kläger seine Pflichten grob verletzt und so der Bank berechtigten Grund gegeben hatte, kein Vertrauen mehr in seine Tätigkeit als Geschäftsführer zu haben. In dem Meinungsstreit über die Ordnungsmäßigkeit des Klägers kam dem Urteil der Bank kein größeres Gewicht als dem Standpunkt des Klägers zu. Auch der Umstand, daß die Bank damit gedroht hatte, den Kredit der Beklagten sofort fällig zu stellen, gab keinen Grund zur Abberufung des Klägers. Die Bank machte eine Verschuldung der Beklagten geltend, bei der die am 17. Januar 1955 erhaltenen 200.000 DM nicht berücksichtigt waren. Auf der Grundlage der Vorenthaltung der Gutschrift dieses Betrages beruhte der Vorwurf, der Kläger habe die Deckung seiner restlichen Bauaufwendungen für … einen Betrag von rund 30.000 DM und für den Baukostenzuschuß 10.600 DM in Anspruch genommen. Nachdem der Bank aus der Veräußerung des Grundstücks … ein Betrag von 200.000 DM zugeflossen war und sie der Kläger angewiesen hatte, diesen Betrag dem Konto des Beklagten gutzuschreiben, war dem Vorwurf, er habe Gelder für persönliche Zwecke entnommen und damit den Bankkredit der Beklagten hochgetrieben, der Boden entzogen. Das konnte nur noch von seinen Entnahmen bei der C … gesagt werden, und sie gingen die Beklagte und seine Stellung als Geschäftsführer der Beklagten nichts an. im dritten Quartal des Jahres 1955 hatte sich die Bankschuld der Beklagten um rund 118.000 DM verringert. Unstreitig ist ein sehr wesentlicher Teil der Bankkredite für nutzbringende Investitionen und Ausgaben verwendet worden. Unstreitig können dem Kläger rund 50.000 DM, die in der im ersten Halbjahr des Jahres 1955 eingetretenen Erhöhung der Bankschuld enthalten war, nicht angelastet werden, weil sie auf geschäftsfremden Verfügungen P …s beruhen und die Bank das hingenommen hat. Berücksichtigt man die zuvor erwähnten Beträge von 200.000 DM, 118.000 DM und 50.000 DM, so konnte dem Kläger nicht die für den 30. Juni 1955 ausgewiesene Bankschuld von 912.000 DM, sondern nur eine solche von rund 544.000 DM angelastet werden. Dieser Betrag deckt sich etwa mit der Bankverschuldung der Beklagten per 31. Dezember 1952, einem Zeitpunkt, zu dem die Bank noch nicht die Abberufung des Klägers gefordert hat; er liegt auch weit unter derjenigen Bankverschuldung der Beklagten, die zu der Erklärung des Bankiers H … vom 11. Mai 1954 geführt hatte, die Bank werde es nicht zulassen, daß man nach einem Vierteljahr auf demselben Standpunkt stehe wie bisher. Schließlich kann nicht außer acht gelassen werden, daß der Kläger nicht allein für die Höhe der Bankverschuldung der Beklagten verantwortlich gemacht werden und daß die Schuld nicht ohne Billigung der Bank aufgelaufen sein kann. Über die Behauptung, der Kläger habe die Bank immer wieder vor vollendete Tatsachen gestellt, ganz uneinsichtig immer neue Verpflichtungen begründet und so die Bank in die Zwangslage gebracht, entweder die Verpflichtungen der Beklagten nicht zu honorieren oder weitere Kredite einzuräumen, ist kein Beweis erhoben worden. Bei dieser Sach- und Prozeßlage reicht die Tatsache, daß der Kläger nicht mehr das Vertrauen der Bank hat, zu seiner Abberufung nicht aus.

Das Berufungsgericht hat insoweit noch verwertet, daß die Bank vor und in der Gesellschafterversammlung vom 28. April 1955 damit gedroht hat, den Kredit sofort fällig zu stellen, wenn sich der Kläger nicht der Tätigkeit als Geschäftsführer enthalte. Es trägt damit der Ansicht der Beklagten Rechnung, angesichts dieses Druckes hätte auch ein Dritter, der statt der Bank Gesellschafter gewesen wäre, die Abberufung des Klägers beschließen müssen. Das ist jedoch unrichtig. Geht man selbst davon aus, daß die Beklagte in der Gefahr der Kündigung ihrer Bankkredite schwebte, so lagen doch durch die Vorenthaltung der Gutschrift jener 200.000 DM und die inzwischen eingetretene Verringerung der Bankschuld um 118.000 DM Gründe vor, die, vernünftig dargelegt, die Bank davon abhalten konnten, ein Unternehmen mit 53 Arbeitnehmern lahmzulegen, wenn der Kläger weiter Geschäftsführer blieb. Die Beklagte hat, gewiß in Übereinstimmung mit der Bank, selbst vorgetragen (Schriftsatz vom 25.10.1955, S. 10 Bl. 22 d. A.), das Unternehmen sei „trotz der ihm vom Kläger auferlegten Schuldenlast” noch immer als gesund zu bezeichnen. Würde statt der Bank ein Dritter Gesellschafter gewesen sein und unter diesen Umständen die Abberufung des Klägers allein wegen der von der Bank ausgesprochenen Drohung beschlossen haben, so würde er sich dem Vorwurf ausgesetzt haben, sich dem Diktat der Bank unterworfen oder die Stellung des Klägers einem äußeren Zwang geopfert zu haben, ohne die der Sache nach gebotenen Einwendungen zu erheben und sich bei Unnachgiebigkeit der Bank mit allen Kräften um eine andere Bankverbindung bemüht zu haben. Jedenfalls hat aber das Berufungsgericht nicht geprüft, ob am 28. April 1955 oder am 3. Oktober 1955 ernstlich die Gefahr bestand, die Bank könnte die Beklagte auffliegen lassen, denn inzwischen war die Bank Mitglied der Gesellschaft geworden und dadurch weit mehr mit der Beklagten verflochten, als als bloße Geldgeberin und Bankverbindung.

Soweit das Berufungsgericht aber darauf abhebt, der Kläger habe sich durch den Widerruf seiner Zusage vom 28. April 1955 erheblich belastet, hat es lediglich die Belange der Bank und nicht die des Klägers beachtet. Es spricht nichts dafür, daß die Erklärung des Klägers dahin gegangen sei, sich für alle Zeiten der Geschäftsführertätigkeit zu enthalten und daß er nicht das Recht gehabt haben sollte, auf seinen Posten wieder zurückzukehren. Am 28. April 1955 wurde er weder abberufen noch zur Niederlegung seines Amtes veranlaßt. Vielmehr wurde ihm seine Geschäftsführervergütung von monatlich 1.000 DM weitergezahlt. Daß dies eine lebenslängliche Rente hätte sein sollen, ist nicht behauptet. Das legt die Annahme nahe, daß sich der Kläger nur vorübergehend, möglicherweise auch unter bestimmten Voraussetzungen, der Tätigkeit als Geschäftsführer enthalten sollte.

3. Die an S … gezahlten Diskretionen sind vom Standpunkt der Allgemeinheit aus unzweifelhaft zu mißbilligen. Eine ganz andere Frage ist aber, ob sie als Abberufungsgrund verwertbar sind. Das Berufungsgericht bejaht dies, weil die Zahlung von „Schmiergeldern” für die Beklagte erhebliche Gefahren in sich getragen hätte. Einmal werde der Umsatz stark von der persönlichen Gunst des Mittelsmannes abhängig gemacht und zum anderen hätten dem Unternehmen Steuernachzahlungen und hohe Steuerstrafen gedroht. Die Beklagte entzog nichts der Steuer, wenn sie etwas an S … zahlte. Aus dem gleichen Grunde drohte der Beklagten auch keine Steuerstrafe. Lediglich die handelnden natürlichen Personen setzten sich einer Bestrafung wegen Beteiligung an einer Steuerhinterziehung S …s aus. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß die Beklagte ohne die Inanspruchnahme S …s die gleichen Absatzmöglichkeiten hatte, sie aber nicht genutzt habe. Dem Kläger kann darum nicht vorgeworfen werden, er habe den Umsatz von der Gunst S …s abhängig gemacht, sondern lediglich, daß er sich des S … bediente, um Aufträge für die Beklagte zu erhalten. Unstreitig ist, daß dies der Beklagten hohe Verdienste eingebracht hat. Der Umsatz mit BV ARAL machte rund die Hälfte des Millionenumsatzes der Beklagten aus. Ihm gegenüber fielen die Nachteile der Abhängigkeit von S … vom kaufmännischen Standpunkt aus nur insofern ins Gewicht, als noch weitere Zahlungen an S … erforderlich wurden und ob sie sich künftig bezahlt machten. Zu dem Punkt S … bleibt mithin nur übrig, daß der Kläger bei der Zahlung der Diskretionen nicht anständig handelte. Da er dies im Interesse und zum Vorteil des Unternehmens tat, kann ihm dies von der Beklagten und seinem Mitgesellschafter nicht vorgeworfen werden. Es kommt daher nicht erst auf die Behauptung des Klägers an, daß die Zahlungen an S … ausnahmslos vor dem Eintritt der Bank in die Gesellschaft geleistet worden seien und daß P … diese Zahlungen gekannt habe.

4. Das Berufungsgericht hat im Einverständnis der Parteien die Beweisaufnahme der Sache 2 O … LG Hanau verwertet. Dort hat der Dipl. Kaufmann S … bekundet (Band II S. 303). Er habe sein Honorar mit dem Kläger vereinbart und der Beklagten als seiner Auftraggeberin in Rechnung gestellt; die Zahlung sei über die Bank geleistet worden, es könnten 4.500 DM gewesen sein; von dem Honorar sei auch Rechtsanwalt Dr. M … bezahlt worden, der den Kläger persönlich vertreten habe. Dieser Aussage hat das Berufungsgericht entnommen, der Kläger habe Geld der Beklagten zur Entlohnung des für ihn tätig gewordenen Rechtsanwalts Dr. M … verwendet. Die Revision rügt demgegenüber Verletzung der Fragepflicht und führt hierzu aus: Die Beklagte habe S … damit beauftragt, Berechnungen über die Auseinandersetzung des Klägers mit P … anzustellen. S … habe den Rechtsanwalt Dr. M … zu seiner Unterstützung hinzugezogen. Die Tätigkeit beider habe eingestellt werden müssen, als sich im Zuge der Flucht von S … der Zusammenbruch der C … und der Konkurs P …s ergeben habe. Ohne sein, des Klägers, Wissen habe S … mit der Bank eine Honorarzahlung von 4.500 DM vereinbart und diesen Betrag auch gezahlt erhalten. Wenn S … von diesem Betrage einen Teilbetrag an Dr. M … abgeführt habe, so gehe ihn, den Kläger, das gar nichts an. Im übrigen sei Dr. M … auch gar nicht in seinem Auftrag tätig geworden. Hiervon sei auch die Bank ausgegangen, denn sie habe ihm unter dem 10. Juni 1955 geschrieben, S … und Dr. M … hätten ihre bei der Bank vorgebrachte Forderung nach Zahlung eines Honorars auf einen ihnen von der Beklagten erteilten Beratungsauftrag gestützt. Er, der Kläger, würde das alles vorgetragen und sich für die Richtigkeit dieses Vortrags auf das Zeugnis von Dr. M … und von S … berufen haben, wenn das Berufungsgericht irgendwie angedeutet hätte, daß ihm die Aussage S …s in ihrem wiedergegeben Teil suspekt erscheine.

Diese Rüge ist berechtigt. Gegenüber der Feststellung des Berufungsgerichts besteht der Zweifel, wieso S … dazu kam, einen Teil seines Honorars zur Bezahlung Dr. M …s zu verwenden, wenn dieser für den Kläger und nicht zu seiner, S …s Unterstützung für die Beklagte tätig geworden ist. Es fehlt jede Begründung dafür, wieso der Kläger dafür verantwortlich sein soll, daß S … einen Teil seines Honorars an Dr. M … weiterleitete, insbesondere ob ihn der Kläger hierzu veranlaßt ob der Kläger dies überhaupt gewußt hat. S … müßte sich, geradezu als Werkzeug für eine Untreue des Klägers haben benutzen lassen, wenn dem Kläger soll vorgeworfen werden können, er habe über S … einen eigenen Berater aus Zahlungen der Beklagten entlohnt. Aus diesen Gründen mußte das Berufungsgericht von seiner Fragepflicht (§ 139 ZPO) Gebrauch machen.

Danach läßt sich das Berufungsurteil aus den vom Berufungsgericht gegebenen Gründen nicht halten. Es war darum aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revision hängt vom endgültigen Ausgang der Sache ab und war darum dem Berufungsgericht vorzubehalten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 609357

NJW 1960, 628

DNotZ 1960, 389

MDR 1960, 380

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