Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Denkmalschutzaufwendungen bei der Ermittlung der Kostenmiete

 

Leitsatz (NV)

Ist bei der Ermittlung des Nutzungswerts gemäß §21 Abs. 2 EStG als Mietwert die Kostenmiete anzusetzen, so ist diese grundsätzlich auf der Grundlage der II. BV zu berechnen. Schätzt das FA die Kostenmiete statt dessen anhand eines bestimmten v. H.- Satzes der Anschaffungs- und Herstellungskosten, ist dies nicht zu beanstanden, soweit die nach der II. BV ermittelte Kostenmiete nicht überschritten wird. In eine solche Schätzung sind auch begünstigte Aufwendungen für Baudenkmäler (§82 i EStDV; heute §7 i EStG) einzubeziehen.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 2

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erwarben ein unter Denkmalschutz stehendes Wohngebäude und ließen es von Grund auf erneuern. Das Gebäude ist als Zweifamilienhaus bewertet. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten betrugen insgesamt 2 448 169 DM. Ein Teilbetrag von 1 290 063 DM ist nach §82 i der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) begünstigt. Die von den Kläger selbstgenutzte Wohnung hat (ohne Arbeitszimmer) eine Fläche von 270 qm. Das Dachgeschoß ist vermietet. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) setzte bei der Ermittlung des Nutzungswerts gemäß §21 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Mietwert die Kostenmiete an, die er mit 107 230 DM (= 6 v. H. der anteiligen Anschaffungs- und Herstellungskosten) bezifferte.

Nachdem der Berichterstatter des Finanzgerichts (FG) im Klageverfahren auf das Senatsurteil vom 22. Oktober 1993 IX R 35/92 (BFHE 174, 51, BStBl II 1995, 98) hingewiesen hatte, hielten auch die Kläger den Ansatz der Kostenmiete anstelle der Marktmiete für zutreffend. Nur die Höhe der Kostenmiete blieb strittig. Die Kläger begehrten nunmehr, die für die Ermittlung der Kostenmiete von 6 v. H. maßgeblichen Anschaffungs- und Herstellungskosten um die nach §82 i EStDV begünstigten Aufwendungen zu kürzen.

Das FG gab der eingeschränkten Klage statt. Nach dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 2. Oktober 1986 (BStBl I 1986, 486) sei die Kostenmiete mit 6 v. H. der Anschaffungs- und Herstellungskosten anzusetzen. Dem sei für den Streitfall zu folgen. Jedoch seien die nach §82 i EStDV begünstigten Aufwendungen aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden, weil andernfalls die Begünstigung teilweise wieder aufgehoben und der Förderungszweck dieser Vorschrift unterlaufen würde.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des §21 Abs. 2 EStG.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Für die Berechnung der Kostenmiete sei der Gebrauchswert maßgebend. Dieser werde aber durch Aufwendungen, die die Denkmalschutzbehörde dem Eigentümer zur Erhaltung des Denkmals im Interesse der Allgemeinheit auferlege, nicht erhöht. Solche Aufwendungen stünden häufig in Widerspruch zu den persönlichen Wohnbedürfnissen. Sie schlügen sich bei einem Vermieter nicht in einer höheren Miete nieder. Daher dürften sie auch bei dem selbstnutzenden Eigentümer nicht zur Erhöhung des Nutzungswerts führen. Andernfalls sei Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Nach §126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

1. Die Vorentscheidung verstößt gegen §21 Abs. 2 EStG, weil das FG für die Ermittlung der Kostenmiete unzutreffende rechtliche Maßstäbe zugrunde gelegt hat.

a) Ist bei der Ermittlung des Nutzungswerts gemäß §21 Abs. 2 EStG als Mietwert die Kostenmiete anzusetzen -- was im Streitfall nicht mehr strittig ist --, so ist diese grundsätzlich auf der Grundlage der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV) zu berechnen (vgl. Senatsurteile in BFHE 174, 51, 60, BStBl II 1995, 98; vom 22. Oktober 1993 IX R 33/91, BFHE 174, 120). Wenn die Finanzverwaltung statt dessen zur Vereinfachung den Ansatz eines bestimmten v. H.- Satzes der Anschaffungs- und Herstellungskosten als Schätzungsmethode heranzieht, ist dies nicht zu beanstanden, soweit die nach der II. BV ermittelte Kostenmiete nicht überschritten wird (vgl. Senatsurteil in BFHE 174, 51, 60, BStBl II 1995, 98).

b) Zu Unrecht hat das FG die nach §82 i EStDV begünstigten Aufwendungen nicht in die Schätzung der Kostenmiete einbezogen.

Allerdings vermögen nach dem Senatsurteil in BFHE 174, 51, 58, BStBl II 1995, 98 besondere Gestaltungen und Ausstattungen, soweit sie mit öffentlichen Mitteln gefördert werden (u. a. gemäß §82 a EStDV), den Ansatz der Kostenmiete nicht zu begründen, weil anderenfalls der Förderungszweck der entsprechenden Vorschriften unterlaufen würde. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß diese Erwägungen grundsätzlich auch für Aufwendungen gemäß §82 i EStDV gelten. Sie stehen nicht in Widerspruch zum Senatsurteil vom 22. Oktober 1993 IX R 111/91 (BFHE 174, 216), das den Fall eines aus mehreren Gründen besonders gestalteten und ausgestatteten Hauses betraf. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung des FA ist die Denkmaleigenschaft allein kein ausreichender Grund, um statt der Marktmiete die Kostenmiete anzusetzen.

Diese Rechtsgrundsätze betreffen aber nur die Voraussetzungen für den Ansatz der Kostenmiete dem Grunde nach, nicht hingegen die Ermittlung ihrer Höhe. Die für die Berechnung der Höhe der Kostenmiete grundsätzlich maßgebenden Vorschriften der II. BV unterscheiden für die Kapitalkosten (§§19 ff. der II. BV) oder die Abschreibung (§25 der II. BV) nicht nach Art oder Verwendungszweck der Herstellungskosten. Wenn der Ansatz der Kostenmiete dem Grunde nach feststeht, widerspräche es auch dem Zweck des §21 Abs. 2 EStG, die Kostenmiete je nach Verwendungszweck der Herstellungskosten in unterschiedlicher Höhe anzusetzen. Der Rohmietwert der Wohnung im eigenen Haus ist eine fiktive Mieteinnahme; der Eigentümer wird so behandelt, als ob er die Wohnung an sich selbst vermietet hätte (Senatsurteil in BFHE 174, 51, 53, BStBl II 1995, 98). In die Ermittlung der Kostenmiete sind danach grundsätzlich alle tatsächlich angefallenen (und nach der II. BV zu berücksichtigenden) Aufwendungen einzubeziehen; denn ein gedachter Vermieter würde die Wohnung grundsätzlich nicht zu einem niedrigeren Mietzins vermieten, der nicht einmal die laufenden Aufwendungen deckt.

Wenn die Aufwendungen für Denkmalschutzmaßnahmen sich im Falle der Fremdvermietung -- wie die Kläger vortragen -- tatsächlich nicht in der am Wohnungsmarkt erzielbaren Miete niederschlagen sollten, spräche dies nicht gegen, sondern für ihre Einbeziehung in die Ermittlung der Kostenmiete. Der Aufwand für die selbstgenutzte Wohnung übersteigt in solchen Fällen den Rahmen der am Wohnungsmarkt erzielbaren Miete, so daß die Marktmiete den besonderen Wohnwert nicht mehr angemessen berücksichtigt. Darin liegt gerade die Rechtfertigung, anstelle der Marktmiete die Kostenmiete anzusetzen (Senatsurteil in BFHE 174, 51, 53, BStBl II 1995, 98). Dies bedeutet entgegen der Auffassung der Kläger keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Für den nach dem Zweck des §21 Abs. 2 EStG sachlich gebotenen Ansatz der Kostenmiete als Rohmietwert ist gerade kennzeichnend, daß für diese fiktive Einnahme die tatsächlichen Gegebenheiten des Mietwohnungsmarktes unberücksichtigt bleiben.

2. Ferner verstößt die Vorentscheidung gegen §54 EStG i. d. F. des Art. 1 Nr. 18 des Steueränderungsgesetzes 1991, weil das FG für das Streitjahr 1985 die erhöhten Kinderfreibeträge nicht berücksichtigt hat.

3. Da das FG seiner Entscheidung eine andere Rechtsauffassung zugrunde gelegt hat, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Schätzung der Kostenmiete durch das FA ist im Ergebnis dann nicht zu beanstanden, wenn sie die nach der II. BV berechnete Kostenmiete nicht übersteigt. Die Feststellungen des FG ermöglichen dem Senat insoweit keine abschließende Entscheidung, weil die tatsächlichen Grundlagen für die Anwendung der II. BV (insbesondere die Eigenleistungen i. S. von §20 der II. BV) nicht ermittelt sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 67511

BFH/NV 1998, 1092

DStZ 1998, 729

HFR 1998, 823

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