Leitsatz (amtlich)

Wurde ein Wohnbau-Sparvertrag aufschiebend bedingt und stets widerruflich zugunsten eines Dritten abgeschlossen, so ist es prämienschädlich, wenn der Prämienberechtigte die nach dem Tode des Dritten vorzeitig zurückgezahlten Sparbeträge zu dem vertragsmäßigen Zweck verwendet. Der Tod des Dritten wirkt sich auf den Lauf der Rückzahlungsfrist nicht aus, weil der Dritte aus dem Wohnbau-Sparvertrag nicht unbedingt und unwiderruflich verfügungsberechtigt war.

 

Normenkette

WoPG § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 Nr. 3; WoPDV §§ 6-9

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) schloß am 24. Februar 1966 mit einer Bank einen Wohnbau-Sparvertrag mit festgelegten Sparraten. Darin verpflichtete er sich, auf die Dauer von vier Jahren gleichbleibende Sparraten von vierteljährlich 375 DM zu leisten. Ziffer 4 des Vertrages lautete: "Falls nicht vorher ein - jederzeit zulässiger - Widerruf erfolgt, soll Frau M mit dem Zeitpunkt, in dem über die Sparbeiträge prämienunschädlich verfügt werden kann, Gläubiger des Sparguthabens (Kontoinhaber) werden."

Der Kläger leistete in den Streitjahren 1966 bis 1968 die vertraglich vereinbarten Sparbeiträge von jährlich 1 500 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) gewährte hierauf Wohnungsbau-Prämien von insgesamt 1 200 DM (jährlich 400 DM). Am 25. Juli 1967 ist Frau M gestorben. Am 20. März 1969 hat der Kläger eine Eigentumswohnung erworben. Am gleichen Tage ließ er sich zu deren Finanzierung die auf den Wohnbau-Sparvertrag angesparten Mittel von der Bank zurückzahlen. Daraufhin forderte das FA mit Bescheid vom 9. April 1969 die für die Streitjahre gewährten Wohnungsbau-Prämien in voller Höhe zurück.

Einspruch und Klage gegen den Rückforderungsbescheid hatten keinen Erfolg. Das FG führte im wesentlichen aus: Die Rückzahlungsfrist des § 7 WoPDV in der Fassung vom 23. Juni 1961 (BGBl I 1961, 803, BStBl I 1961, 436) sei im Streitfall nicht eingehalten. Im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung von Sparbeiträgen seien bereits gewährte Sparprämien an das FA zurückzuzahlen (§ 9 WoPDV). Eine Ausnahme hiervon gelte zwar u. a. dann, wenn der Prämienberechtigte oder der durch den Wohnbau-Sparvertrag begünstigte Dritte sterbe (§§ 9 Satz 2, 8 Satz 3 WoPDV). Sinn und Zweck dieser Bestimmungen sei es, den Erben zu begünstigen. Im Streitfall sei das Bausparguthaben aber nicht an den Erben ausbezahlt worden. Der Kläger habe als Prämienberechtigter den Vertrag im Hinblick auf das eigene Wohnungsbauvorhaben nach dem Tod von Frau M fortgeführt. Hierin liege der nach Ziffer 4 des Wohnbau-Sparvertrages vereinbarte jederzeit zulässige Widerruf der Frau M eingeräumten Begünstigung. Nach diesem Widerruf sei der Vertrag prämienrechtlich so zu behandeln, als wäre eine Begünstigung der Frau M in dem Vertrag nicht enthalten. Demzufolge habe der Kläger erst nach Ablauf der Sperrfrist prämienunschädlich über den Vertrag verfügen dürfen. Bei vorzeitiger Rückzahlung der Sparleistungen komme eine Rückzahlung der Prämien (§ 9 WoPDV) nur dann nicht in Betracht, wenn die Sparleistungen im Zusammenhang mit dem in § 8 Satz 3 WoPDV genannten Ereignis - Tod der begünstigten Person - vorzeitig zurückgezahlt würden. Im Streitfall sei der Sparvertrag jedoch weder im zeitlichen Zusammenhang mit dem Tod der Frau M noch an deren Erben ausbezahlt worden. Die vom Gesetzgeber bezweckte Begünstigung des Erben sei nicht gerechtfertigt, wenn der Vertrag - wie im Streitfall - vom Prämienberechtigten weitergeführt werde.

Mit der Revision rügt der Kläger fehlerhafte Auslegung des § 8 Satz 3 WoPDV. Diese Vorschrift enthalte keine zeitliche Begrenzung. Die Einhaltung einer Mindestsparzeit erscheine bei Wohnbau-Sparverträgen nicht erforderlich, weil die Vertragssumme - anders als bei Bausparverträgen - nur zum Wohnungsbau verwendet werden dürfe.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung und den Rückzahlungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 WoPG 1960 und 1967 gehören zu den prämienbegünstigten Aufwendungen u. a. Beiträge auf Grund von Sparverträgen, die auf die Dauer von mindestens drei Jahren festgelegt werden, wenn die eingezahlten Sparbeträge und die Prämien zu dem gesetzlich vorgeschriebenen Zweck verwendet werden (sog. Wohnbau-Sparverträge). Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 WoPG wurde die Bundesregierung ermächtigt, u. a. Vorschriften über den Inhalt von Wohnbau-Sparverträgen, die Berechnung der Rückzahlungsfristen und die Folgen vorzeitiger Rückzahlung von Sparbeträgen zu erlassen. Dies ist in den §§ 4 ff. WoPDV geschehen. Wesentliches Kennzeichen eines Wohnbau-Sparvertrages ist es danach, daß der angesammelte Sparbetrag nicht vor Ablauf der vereinbarten Festlegungs-(Rückzahlungs-) Frist zurückgezahlt werden darf und - einschließlich der gewährten Prämien - zu dem in § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und b WoPG vorgeschriebenen Zweck verwendet werden muß.

Im Streitfall hat der Kläger am 24. Februar 1966 einen Wohnbau-Sparvertrag mit festgelegten Sparraten und einer Einzahlungsdauer von vier Jahren zugunsten von Frau M abgeschlossen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 WoPDV). Nach § 7 WoPDV darf der auf einem Wohnbau-Sparvertrag mit festgelegten Sparraten angesammelte Sparbetrag erst ein Jahr nach dem Tage der letzten Einzahlung, jedoch nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem letzten regelmäßigen Fälligkeitstag zurückgezahlt werden. Im Streitfall hat der Kläger die auf den Wohnbau-Sparvertrag angesammelten Beträge zwar zum vertragsgemäßen Zweck, aber bereits im März 1969 und damit vor Ablauf der Rückzahlungsfrist (§ 7 WoPDV) verwendet.

Die Voraussetzungen einer prämienunschädlichen vorzeitigen Rückzahlung der vom Kläger vertragsmäßig verwendeten Mittel sind im Streitfall nicht erfüllt. Nach §§ 9 Satz 2, 8 Satz 3 WoPDV ist eine vorzeitige Rückzahlung u. a. dann prämienunschädlich, wenn der Prämienberechtigte oder die in dem Vertrag bezeichnete dritte Person, zu deren Gunsten der Wohnbau-Sparvertrag abgeschlossen ist, vor Ablauf der Rückzahlungsfrist des § 7 WoPDV stirbt. Im Streitfall ist zwar die durch den Wohnbau-Sparvertrag begünstigte Frau M am 25. Juli 1967 und somit vor Ablauf der Rückzahlungsfrist verstorben. Gleichwohl sind die Voraussetzungen für eine prämienunschädliche vorzeitige Rückzahlung des angesammelten Sparbetrages nicht gegeben. Denn der Tod eines aus dem Wohnbau-Sparvertrag begünstigten Dritten ist, solange dem Dritten die Rechte aus dem Wohnbau-Sparvertrag nicht unbedingt und unwiderruflich zustehen, ohne Auswirkung auf die Rückzahlungsfrist. Bürgerlich-rechtlich ist es zwar zulässig, ein Recht zugunsten eines Dritten stets widerruflich und aufschiebend bedingt oder befristet zu begründen (§ 328 Abs. 2 BGB, RGZ 102, 67). Eine stets widerruflich und aufschiebend bedingt oder befristet vereinbarte Begünstigung eines Dritten aus einem Wohnbau-Sparvertrag kann indes die Rechtsfolgen der §§ 8 Satz 3, 9 Satz 2 WoPDV nicht bewirken. Da die dritte Person - wie im Streitfall Frau M - aus dem Wohnbau-Sparvertrag lediglich stets widerruflich und aufschiebend bedingt berechtigt war, ist der Zusammenhang zwischen begünstigtem Dritten und Wohnbau-Sparvertrag noch so lose, daß die nur für engumgrenzte wirtschaftlich bedeutsame Tatbestände in der Person des Prämienberechtigten oder des begünstigten Dritten geregelte Abkürzung der Rückzahlungsfrist im Falle des Todes des Dritten wirtschaftlich nicht gerechtfertigt ist. Eine vorzeitige Rückzahlung der angesammelten Sparbeträge kann im Falle des Todes eines durch den Wohnbau-Sparvertrag begünstigten Dritten nur dann als prämienunschädlich angesehen werden, wenn der Dritte im Zeitpunkt seines Todes - mindestens wirtschaftlich - bereits eine vollwertige Gläubigerstellung hatte. Solange es sich bei der dem Dritten durch den Wohnbau-Sparvertrag eingeräumten Begünstigung nur um eine bedingte, jederzeit widerrufliche Berechtigung handelt, tritt mit dem Tode des Begünstigten kein Umstand ein, der ähnlich wie der Tod des Prämienberechtigten eine vorzeitige prämienunschädliche Rückzahlung wirtschaftlich rechtfertigen könnte.

Da im Streitfall schon aus diesem Grund die vorzeitige Rückzahlung des angesammelten Sparbetrages prämienschädlich war, brauchte der Senat nicht darüber zu entscheiden, ob in der Fortführung des Wohnbau-Sparvertrages durch den Kläger - wie die Vorinstanz meint - ein stillschweigender Widerruf der der Frau M eingeräumten Begünstigung lag.

Gegen die Rechtsgültigkeit der §§ 6 bis 9 WoPDV bestehen, soweit diese Bestimmungen im Streitfall anzuwenden sind, keine Bedenken. Diese Vorschriften beruhen auf der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Nr. 3 WoPG, die hinsichtlich Inhalt, Zweck und Ausmaß ausreichend bestimmt ist (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 70784

BStBl II 1974, 228

BFHE 1974, 215

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