Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage des Unterschiedes zwischen Erträgen aus einer Gesellschafterbeteiligung und Entgelten für ein einer Verpachtung gleichstehendes überlassen von Wirtschaftsgütern zur Nutzung.

 

Normenkette

UStG § 1 Ziff. 1; UStDB § 10; UStG § 10/1

 

Tatbestand

Die Bfin., eine GmbH, ist mit einer anderen GmbH an einer KG beteiligt. Die beiden Gesellschaften sind die persönlich haftenden Gesellschafter der KG. Die Kommanditisten haben sich mit Barbeträgen an der KG beteiligt; die persönlich haftenden Gesellschafter haben sich demgegenüber verpflichtet, ihre Kundschaft, ihre Anlagen und technischen Einrichtungen einschließlich der Grundstücke und Gebäude der KG zur Nutzung zur Verfügung zu stellen. Für diese Verpflichtung erhalten sie, soweit Gewinne vorhanden sind, einen "Gewinnvorweg" in Höhe der bei den Komplementären auf das zur Nutzung zur Verfügung gestellte Anlagevermögen steuerlich höchstzulässigen Abschreibungen und in Höhe einer Verzinsung von 6 v. H. der steuerlichen Buchwerte der zur Verfügung gestellten Anlagen und technische Einrichtungen. Das Jahr 1954 war das erste Geschäftsjahr der KG.

Das Finanzamt erblickte zunächst in der Einbringung der Nutzungsrechte gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten einen Leistungsaustausch, der der Umsatzbesteuerung unterliege. Die Vorinstanz hat, der Ansicht des Finanzamts im Berufungsverfahren folgend, für den Veranlagungszeitraum 1954 in der überlassung der Anlagegüter nur Nutzung keine gesellschaftliche Leistung der Bfin., sondern eine sonstige von ihr erbrachte Leistung im Sinne des § 1 UStG erblickt und als der Umsatzsteuer unterliegendes Entgelt einen Betrag für Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Abschreibungen auf das Anlagevermögen und 6 v. H. Zinsen bezeichnet. Zufolge der Bestimmungen der §§ 6, 8 und 9 des Gesellschaftsvertrages hat die Vorinstanz das Vorliegen eines Vertrages nach Art eines "Eisernviehvertrages" bejaht.

Die Bfin. vertritt demgegenüber mit der Rb. die Ansicht, es habe sich im vorliegenden Fall bei ihrer Nutzungsgewährung um eine gesellschaftliche Leistung gehandelt, die durch eine Gewinnbeteiligung abgegolten worden sei, so daß dafür keine Umsatzsteuer zu entrichten sei. überdies habe sie keinen Betrag für Abschreibungen oder AfA erhalten.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung des Falles führt zu den folgenden Ergebnissen:

Die Vorinstanz hat das Vorliegen eines Pachtverhältnisses bejaht und sowohl einen Betrag für AfA und Abschreibungen als auch einen Betrag für Zinsen der Umsatzsteuer unterworfen. Die Bfin. hatte aber bereits mit Schriftsatz vom 12. Mai 1958 vorgebracht, daß sie kein Entgelt für Abschreibungen bzw. AfA erhalten habe. Da Umsatzsteuer nur erhoben werden kann, wenn für eine Lieferung oder eine sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet worden ist, wäre in erster Linie zu klären gewesen, ob die Bfin. einen Betrag für AfA und Abschreibungen überhaupt erhalten hat. Nach Tz. 21 des Betriebsprüfungsberichts könnte angenommen werden, daß dies tatsächlich der Fall gewesen ist. Diesen Punkt hätte die Vorinstanz aber sowohl auf Grund des gegenteiligen Vorbringens der Bfin. auch deshalb aufklären müssen, weil es sich bei dem Jahre 1954 um das erste Geschäftsjahr der Bfin. gehandelt hat, Beträge für Abschreibungen usw. dann aber vielleicht erst nach Aufstellung der Bilanz gezahlt sein werden, so daß die Vereinnahmung durch die Steuerpflichtige in das Jahr 1955 gefallen wäre.

Im übrigen ist noch zu bemerken: Bei einem sogenannten "eisernen" Bestande, der bei Pachtverhältnissen zuweilen eine Rolle spielt, bedingt jeder bestimmungsgemäße Gebrauch und Verbrauch grundsätzlich eine Ersatzbeschaffung, um den Bestand möglichst immer mindestens auf der Höhe des Anfangsbestandes zu halten. Im Ergebnis soll, auch bei einem sehr häufigen Bestandswechsel, der Verpächter dasselbe zurückerhalten, was er dem Pächter hingegeben hatte. Hinsichtlich eines "eisernen" Bestandes wird fingiert, daß dieselben Wirtschaftsgüter zurückgegeben werden, die hingegeben worden sind, mag auch zwischen Hingabe und Rückgabe ein sehr langer Zeitraum liegen und ein sehr häufiger Bestandswechsel stattgefunden haben. Der bloße Rückgabeanspruch kann aber nicht als ein Entgelt für die Hingabe angesehen werden.

Im vorliegenden Falle handelt es sich um die Frage, ob Pachtentgelte in Gestalt von Beträgen für AfA oder Abschreibungen sowie Zinsen anzunehmen oder ob Gesellschaftserträge anzuerkennen sind. Hierzu sei bemerkt: Der Unterschied zwischen einer gesellschaftlichen Leistung und einem Pachtverhältnis besteht darin, daß die gesellschaftliche Leistung zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes erbracht wird, während bei einem Pachtverhältnis der Pächter den Pachtgegenstand allein nutzt und an den Verpächter nur einen Teil des von ihm erwirtschafteten Ertrages zahlt.

Im vorliegenden Falle ergibt sich aus § 3 des Gesellschaftsvertrages, daß die gesellschaftliche Leistung der Bfin. in der Vollziehung einer Verpflichtung besteht, wodurch in Gemeinschaft mit der Vollziehung der Verpflichtung der anderen GmbH es der KG überhaupt erst ermöglicht wird, den Betrieb zu führen. Die Verpflichtung, deren Vollziehung und die übernahme der Geschäftsführung rechtfertigen es, daß die Bfin. am Gewinne der KG beteiligt ist.

Die Vorinstanz hat sich zur Begründung ihrer Ansicht auf das nichtveröffentlichte Urteil des Bundesfinanzhofs V 257/56 vom 6. März 1958 bezogen. Jener Fall war so gelagert, daß kein fester Gewinnverteilungsschlüssel vorlag, die Gesellschafterversammlung infolgedessen alljährlich über die Verteilung des Gesellschaftsgewinnes beschloß. Diese Gewinnverteilung war dort seit Jahren in der Weise vorgenommen worden, daß der jeweils an die Steuerpflichtige gefallene Gewinnanteil höher war, als es der Kapitalbeteiligung der Steuerpflichtigen an der Gesellschaft entsprach. Damit war in jedem Falle erreicht worden, daß die über die bare Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft hinausgehenden Leistungen der Steuerpflichtigen gegenüber der Gesellschaft durch besondere Entgelte abgegolten wurden, die in den Gewinnanteilen enthalten waren.

Im vorliegenden Fall fehlt es an einer Beteiligung der Bfin. mit Barkapital. Barkapital haben nur die Kommanditisten in die KG eingebracht. Nach Handelsrecht ist es dem jeweiligen Gesellschaftsvertrage überlassen, zu bestimmen, durch welche Art von Beiträgen der Gesellschaftszweck gefördert werden soll, ob durch Sachen, Rechtshandlungen, Verpflichtungen, Dienste (z. B. übernahme der Geschäftsführung) usw. Da die Bfin. neben der anderen GmbH Wirtschaftsgüter nur Nutzung der KG überlassen hat und überdies einer der Geschäftsführer der KG ist, wird man zu dem Ergebnis kommen müssen, daß die Beträge, die die Bfin. auf Grund der §§ 3 und 4 des Gesellschaftsvertrages erhält, Gesellschaftserträge darstellen. Dieses Ergebnis wird insbesondere noch durch die Erwägung gerechtfertigt, daß die Bfin. bei der von den Gesellschaftern der KG getroffenen Regelung keine Möglichkeit hat, die 6 v. H. Zinsen und etwaige Beträge für AfA und Abschreibungen gewinnmindernd bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer abzusetzen, was im Falle des Vorliegens eines Pachtverhältnisses möglich wäre. Der Senat mißt daher der Verwendung der Ausdrücke "Pachtverhältnis" und "Pachtdauer" auf Blatt 11 des Schriftsatzes der Bfin. vom 8. Mai 1959 keine Bedeutung bei. Eine Untersuchung in der Hinsicht, ob in den an die Bfin. im Laufe der Jahre zu zahlenden und im Jahre 1954 etwa gezahlten Beträgen teilweise echte Pachtentgelte enthalten sind, erübrigt sich daher.

Der Fall ist aber gleichwohl nicht spruchreif. Es bleibt zu untersuchen, ob und gegebenenfalls inwieweit in dem (einmaligen) Einbringen der Nutzungsrechte an dem Anlagevermögen der Bfin. in die KG gegen Einräumung von Gesellschaftsrechten ein steuerbarer Leistungsaustausch gelegen hat. Die Vorinstanz hat dazu noch nicht Stellung genommen. Das wird nunmehr noch geschehen müssen. Die Vorinstanz wird vorher aber noch zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für eine Berichtigungsveranlagung überhaupt vorgelegen haben.

Der Fall gelangt daher unter Aufhebung der Vorentscheidung an die Vorinstanz zur nochmaligen Entscheidung zurück.

 

Fundstellen

BStBl III 1962, 73

BFHE 1962, 194

BFHE 74, 194

StRK, UStG:1/1 R 193

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge