Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendigkeit der Bezeichnung aller Steuerschuldner im Bescheid

 

Leitsatz (NV)

Ein Gewerbesteuermeßbescheid, der eine in der Rechtsform der GdbR betriebene Tanzschule steuerlich erfassen soll und nur mit ,,Tanzschule X" unter Beifügung des Namens eines Zustellungsbevollmächtigten adressiert ist, ist wegen unrichtiger Bezeichnung der Steuerschuldner unwirksam.

 

Normenkette

GewStG 1974 § 5 Abs. 1 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreiben seit 1971 eine Tanzschule in A in Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR).

Neben der Erteilung von Tanzunterricht und der Betreuung eines Tanzclubs verkauften die Kläger auch im Streitjahr Getränke und Schallplatten an die Kursteilnehmer und die Turniertänzer des Tanzclubs.

Aufgrund einer bei den Klägern durchgeführten Betriebsprüfung kam der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) zu dem Ergebnis, daß die gesamten Einkünfte der Kläger Gewinne aus Gewerbebetrieb seien. Er stellte dementsprechend den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag 1974 durch Bescheid vom 6. Februar 1978 auf 8 560 DM fest.

Dieser Bescheid war folgendermaßen adressiert:

,,Tanzschule X

Zustellungsbevollmächtigter

Herrn B. X.; Straße, Ort"

Der Einspruch blieb erfolglos. Gegen die Einspruchsentscheidung wurde Klage erhoben. Der während des Klageverfahrens gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wurde abgelehnt, die hiergegen eingelegte, vom Finanzgericht (FG) zugelassene Beschwerde (s. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. März 1980 I B 78/79, nicht veröffentlicht - NV -) wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG stützte seine Entscheidung auf die ständige Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) seit dem Urteil vom 25. August 1937 VI A 449/37 (RStBl 1937, 1129) und des BFH seit dem Urteil vom 31. Juli 1956 I 17/55 - NV - (s. auch Urteile vom 9. Juli 1964 IV 427/62 U, BFHE 80, 154, BStBl III 1964, 530, und vom 1. Februar 1979 IV R 113/76, BFHE 128, 67, BStBl II 1979, 574) zu § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Hiernach sei die gesamte Tätigkeit der in Form einer GdbR betriebenen Tanzschule als gewerblich zu beurteilen, auch wenn die Gesellschafter X, H, und W nur zu einem geringen Teil gewerblich tätig seien (im Streitfall: Getränke und Schallplatten verkauft hätten).

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie wenden sich gegen ihre Heranziehung zur Gewerbesteuer, da die vom FG zitierte Rechtsprechung auf den Streitfall nicht anwendbar sei.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung sowie die Einspruchsentscheidung des FA vom 12. Oktober 1978 und den Gewerbesteuermeßbescheid 1974 vom 6. Februar 1978 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, der Einspruchsentscheidung des FA und des Gewerbesteuermeßbescheids 1974, da dieser wegen unrichtiger Bezeichnung der Steuerschuldner unwirksam ist.

1. Steuermeßbescheide müssen ebenso wie Steuerbescheide angeben, wer die Steuer schuldet (§ 184 Abs. 1 Sätze 2 und 3 i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Wird der Steuerschuldner nicht, falsch oder so ungenau bezeichnet, daß Verwechslungen nicht ausgeschlossen sind, ist der Steuerbescheid unwirksam (vgl. BFH-Urteile vom 17. März 1970 II 65/63, BFHE 99, 96, BStBl II 1970, 598; vom 24. März 1970 I R 141/69, BFHE 98, 531, BStBl II 1970, 501; vom 28. März 1979 I R 219/78, BFHE 128, 14, BStBl II 1979, 718, und vom 22. Juli 1983 I R 55/80, BFHE 139, 299, BStBl II 1984, 63).

Im Streitfall sind die Steuerschuldner falsch bezeichnet, da die Gesellschafter X, H und W einzeln im Steuerbescheid hätten aufgeführt werden müssen. Die bloße Nennung der Tanzschule und die Aufführung des X im Adreßfeld reichen nicht aus. Denn Steuerschuldner gemäß § 5 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GewStG i.d.F. des Gesetzes vom 15. August 1974 (BGBl I 1974, 1971, BStBl I 1974, 658) sind die Mitunternehmer in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit, nicht die Personengesellschaft als solche (siehe BFH-Urteil vom 21. Februar 1980 I R 95/76, BFHE 130, 403, 408 ff., BStBl II 1980, 465, 468, m.w.N.). Während es jedoch bei den Personengesellschaften des Handelsrechts genügt, die Gesellschaft unter ihrer Firma als Gesamtheit der Mitunternehmer aufzuführen (BFHE 130, 403, 409, BStBl II 1980, 465, 468), ist es jedenfalls bis zur Neuregelung des § 5 Abs. 1 GewStG 1977 i.d.F. der Bekanntmachung vom 24. März 1977 (BGBl I, 484, BStBl I 1977, 214) bei den sonstigen Gesellschaften und Gemeinschaften ohne eigenen Namen im allgemeinen erforderlich, daß die Mitunternehmer einzeln bezeichnet werden und die Art ihrer gesellschaftsrechtlichen Bindung zum Ausdruck gebracht wird. Denn erst diese Angaben ermöglichen es, die einzelnen Mitunternehmer als Steuerschuldner zu identifizieren (BFHE 99, 96, BStBl II 1970, 598; BFH-Urteil vom 29. November 1971 II R 42/67, BFHE 108, 257, BStBl II 1973, 372; BFHE 128, 14, BStBl II 1979, 718; BFHE 139, 291, BStBl II 1984, 63).

Der Hinweis im Steuerbescheid, daß der Festsetzung die Ergebnisse der Betriebsprüfung zugrunde liegen, genügt nicht, denn der oder die Steuerschuldner müssen sich unmittelbar und zweifelsfrei aus dem Steuerbescheid selbst ergeben (BFHE 128, 14, BStBl II 1979, 718).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Beteiligten haben zwar auf mündliche Verhandlung verzichtet, jedoch hält es der Senat aus Gründen des rechtlichen Gehörs für zweckmäßig, einen Vorbescheid zu erlassen, da der Gesichtspunkt der Unwirksamkeit des Steuerbescheids erstmals im Revisionsverfahren zutage getreten ist.

 

Fundstellen

BFH/NV 1986, 185

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