Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Für eine Garage kann die erhöhte Absetzung für Abnutzung nach § 7 b EStG unter Umständen auch in Anspruch genommen werden, wenn sich die Garage auf einem benachbarten Grundstück des Steuerpflichtigen in geringer Entfernung von seinem Wohnhaus befindet.

 

Normenkette

EStG § 7b/6; StAnpG § 1 Abs. 2, § 11/4

 

Tatbestand

Der Bg. hat im Jahre 1955 ein Wohngebäude im Erbbaurecht errichtet, für das ihm die Steuervergünstigung des § 7 b EStG gewährt wird. Da er auf dem gleichen Grundstück keine Garage bauen durfte, baute er im Jahre 1958 zusammen mit zwei Grundstücksnachbarn im Erbbaurecht ein Garagenhaus mit drei Boxen auf einem durch eine Straße und eine Zwischenparzelle von seinem Wohnhaus getrennten Grundstück.

Das Finanzamt versagte für den Garagenteil des Bg. die Steuervergünstigung des § 7 b EStG, weil die Garage auf einem anderen Grundstück liege und darum eine andere wirtschaftliche Einheit sei; sie brauche auch bei einem Eigentumswechsel nicht das Schicksal des Wohngebäudes zu teilen.

Das Finanzgericht folgte dem Bg. und führte aus, § 7 b EStG setze nicht voraus, daß die Garage mit dem Wohnhaus, dem sie zu dienen bestimmt sei, auch baulich verbunden sei (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 85/56 U vom 19. Dezember 1956, BStBl 1957 III S. 66, Slg. Bd. 64 S. 173). Der Bundesfinanzhof spreche in diesem Urteil zwar davon, daß Wohnhaus und Garage sich auf demselben Grundstück befänden. Das könne aber nicht entscheidend sein. Die Entwicklung der Verhältnisse habe dazu geführt, Sammelgaragen auch in geringer Entfernung von den Wohnungen zu errichten. Der Gesetzgeber trage dieser Entwicklung steuerlich Rechnung, wie sich aus dem im EStG 1960 neu eingefügten Abs. 6 des § 7 b ergebe. Diese Vorschrift verlange nicht, daß die Garage auf demselben Grundstück wie das Wohngebäude stehe. Nur wenn die Entfernung zwischen den beiden Bauwerken so groß sei, daß die Garage ihren Zweck nicht mehr richtig erfüllen könne, müsse man sie als selbständiges Bauwerk ansehen. Im Streitfall gehörten das Wohngrundstück und Garagengrundstück demselben Eigentümer, auf dessen Grund und Boden der Bg. im Erbbaurecht gebaut habe. Zwar habe der Bg. an der Garagenparzelle nur eine gemeinsame Erbbauberechtigung zur gesamten Hand mit einem ideellen Drittelanteil. Jeder der drei Erbbauberechtigten besitze aber die ihm zugewiesene Garagenboxe als ihm gehörig; sie sei ihm daher nach § 11 Ziff. 4 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) zuzurechnen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts, mit der unrichtige Anwendung des § 7 b EStG gerügt wird, ist unbegründet.

Der Begriff "wirtschaftliche Einheit" im Sinne des § 2 BewG gilt nicht ohne weiteres auch für den Begriff "Wohngebäude" im Sinne des § 7 b EStG. Ob bewertungsrechtlich eine oder mehrere wirtschaftliche Einheiten angenommen werden, kann zwar ein wichtiges Indiz für die Beurteilung des Begriffs "Wohngebäude" im Sinne des § 7 b EStG sein. Aber eine rechtliche Bindung zwischen den beiden Vorschriften besteht nicht. Vielmehr ist der Begriff "Wohngebäude" in § 7 b EStG vor allem aus der besonderen wirtschafts- und steuerpolitischen Zwecksetzung dieser Vorschrift her zu bestimmen. Der baulichen Verbindung zwischen mehreren Gebäuden kommt zwar eine besondere Bedeutung für ihre Zusammengehörigkeit zu. In dem Urteil VI 85/56 U, a. a. O. hat der Senat für Garagen aber bereits betont, daß auch bei räumlicher Trennung Garage und Wohnhaus zusammengehören, wenn sie auf demselben Grundstück des Steuerpflichtigen stehen und nach der Verkehrsauffassung zusammengehören. Das Finanzgericht hat die Rechtsprechung sinngemäß fortentwickelt, wenn es - entgegen der Auffassung des Finanzamts - nicht für unbedingt erforderlich hält, daß das Wohngebäude und die Garage auf demselben Grundstück des Steuerpflichtigen liegen.

In Abschn. 54 Abs. 1 EStR 1960 wird ausgeführt, daß als zum Gebäude gehörend auch solche Garagen behandelt werden können, die sich auf einem anderen Grundstück des Steuerpflichtigen befinden, wenn eine so enge örtliche Verbindung mit dem Wohngebäude besteht, daß die Garage als Nebengebäude des Wohngebäudes angesehen werden kann. Diese Rechtsauslegung der Bundesregierung ist mit dem EStG vereinbar und trägt der in § 1 Abs. 2 StAnpG gebotenen Berücksichtigung der Entwicklung der Verhältnisse bei der Auslegung von Steuergesetzen Rechnung.

Im Streitfall befindet sich die Garage nur wenige Schritte vom Haus entfernt und ist nur durch eine Straße und eine Parzelle von dem Wohngebäude des Bg. getrennt. Grund und Boden der beiden Bauwerke gehören dem gleichen erbbauverpflichteten Eigentümer. Beide Bauwerke besitzt der Bg. im Erbbaurecht. Der Tatsache, daß der Bg. das Erbbaurecht an der Garage mit zwei anderen Erbbauberechtigten teilt, hat das Finanzgericht mit Recht keine Bedeutung beigemessen. Daß die Garage nach bürgerlichem Recht unter Umständen unabhängig von dem Wohngebäude veräußert werden kann, ist ein kaum eintretender Sonderfall und schließt nicht aus, daß wirtschaftlich das Wohnhaus und die Garage zusammengehören und steuerlich als Einheit im Sinne des § 7 b EStG behandelt werden.

 

Fundstellen

BStBl III 1963, 114

BFHE 1963, 311

BFHE 76, 311

StRK, EStG:7b R 62

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