Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Körperschaftsteuerpflicht von Winzergenossenschaften bei Verpachtung des Ausschanks.

Verordnung über die Körperschaftsteuer der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 8.

 

Normenkette

KStG § 23

 

Tatbestand

Das Finanzamt hat dem beschwerdeführenden Winzerverein, einer eingetragenen Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht (Beschwerdeführerin - Bfin. -) die Steuerfreiheit als landwirtschaftliche Verwertungsgenossenschaft im Sinne des § 23 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in Verbindung mit § 2 der Verordnung über die Körperschaftsteuer der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 8. Dezember 1939 (Reichsgesetzblatt I S. 2391, jetzt § 33 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes - KStDV - 1949 und 1950) für die Jahre 1946, 1947 und I/1948 in übereinstimmung mit der Auffassung des Betriebsprüfers versagt, weil die Genossenschaft einen Restaurationsbetrieb mit Vermietung von Fremdenzimmern unterhalte. Dieser Betrieb sei zwar verpachtet, aber als Betrieb des Winzervereins anzusehen und unterscheide sich nicht von anderen Gaststätten und Hotelbetrieben. Die Verpachtung gehe über den Rahmen des Geschäftsbetriebes einer Genossenschaft hinaus.

Nach dem Pachtvertrag hat der Pächter einen Restaurationsbetrieb "anständig und fachgemäss" mit "guter Küche" zu führen. Der Pächter hat Fremdenzimmer zu vermieten, Untermiete ist nicht gestattet. Außerdem werden ihm Vorschriften über die Abhaltung von Tanzveranstaltungen gemacht. Im Berufungsverfahren wurde festgestellt, daß der Restaurationsraum und ein anschließendes kleines Sälchen mit Inventar verpachtet sind; Flaschen, Gläser, Bilder usw. sind Eigentum des Pächters. Ohne Inventar sind verpachtet drei von dem Pächter genutzte Wohnräume und Zubehör sowie sechs Fremdenzimmer. Der große Saal der Genossenschaft wird je nach Bedarf von der Genossenschaft selten - meist nur anläßlich der beiden jährlichen Generalversammlungen -, vom Pächter häufiger - bei Festlichkeiten der Ortsvereine - benützt. Eine besondere Vergütung für die Benutzung des großen Saales wird nicht entrichtet oder gefordert.

Die Genossenschaft machte geltend, die Verpachtung sei lediglich ein steuerunschädliches Hilfsgeschäft und stelle eine entscheidende Förderung des genossenschaftlichen Weinabsatzes dar. Die Verpachtung solle mithelfen, den Satzungszweck der Genossenschaft zu erreichen.

Die (Sprung-) Berufung wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzgericht hat für die Frage, ob der Bereich der Landwirtschaft durch den Restaurations- und Hotelbetrieb verlassen ist, die Verkehrsauffassung als maßgeblich bezeichnet. Der Tatsache mißt es eine entscheidende Bedeutung nicht bei, ob der Betrieb von der Genossenschaft selbst bewirtschaftet oder durch einen Pächter ausgeübt wird. Das Finanzgericht geht dabei von der Erwägung aus, daß durch die von der Bfin. geforderte Anerkennung der Steuerbefreiung bei Verpachtung die im Gesetz geforderten Beschränkungen im Betrieb der Genossenschaft mehr oder minder wieder beseitigt würden. Für jedermann sei der äußere und innere Zusammenhang des verpachteten Betriebs mit der Genossenschaft durch die Bezeichnung als Winzervereins-Gaststätte offensichtlich, auch wenn das Vorliegen eines Pachtverhältnisses nach außen kundgetan werde.

Das Finanzgericht hat dahingestellt sein lassen, ob der Betrieb der Speisewirtschaft steuerschädlich sei, weil es bereits in der vereinbarungsgemäßen Vermietung der Fremdenzimmer ein nicht erlaubtes Nebengeschäft gesehen hat. Die Verpachtung in diesem Umfange sei zur Verfolgung der eigentlichen Zwecke der Genossenschaft nicht zwingend geboten (Urteil des Reichsfinanzhofs I 201/33 vom 19. Juni 1934, Reichssteuerblatt S. 1042).

In der Rechtsbeschwerde (Rb.) wendet die Genossenschaft insbesondere ein, die Verpachtung sei ein Akt der Vermögensverwaltung, der mit den Zweckgeschäften nichts zu tun habe; es seien nur leere Räume vermietet. Die Art der Betriebsführung des verpachteten Betriebs gehe allein den Pächter an und könne die steuerliche Beurteilung der Genossenschaft nicht berühren.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. hat keinen Erfolg.

Das Finanzgericht ist von der Vorschrift des § 2 der Verordnung über die Körperschaftsteuer der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 8. Dezember 1939, die auf Grund des § 23 KStG erlassen ist, ausgegangen. Danach sind von der Körperschaftsteuer Genossenschaften befreit, soweit sich ihr Geschäftsbetrieb erstreckt: ....

auf die Bearbeitung oder die Verwertung der von den Mitgliedern selbst gewonnenen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse, soweit die Bearbeitung oder die Verwertung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegt (z. B. .... Winzergenossenschaften ...).

Zutreffend hat das Finanzgericht das zweimal gebrauchte Wort "soweit" des § 2 der Verordnung als "wenn" aufgefaßt. Diese Auslegung befindet sich im Einklang mit der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs I 450/40 S vom 14. Januar 1941 (Slg. Bd. 50 S. 28, Reichssteuerblatt S. 221) und des Bundesfinanzhofs III 97/51 U vom 30. August 1951 (Slg. Bd. 55 S. 462, Bundessteuerblatt III S. 185, Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen S. 697). Die zuletzt angeführte Entscheidung ist zwar zu § 15 der Durchführungsverordnung zum Vermögensteuergesetz (VStDV) ergangen. Angesichts der wörtlichen übereinstimmung des § 2 der Verordnung über die Körperschaftsteuer der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 8. Dezember 1939 und von § 15 VStDV sind die Grundsätze des Urteils auch für die Körperschaftsteuer anzuwenden. Auf die Begründung des Urteils wird verwiesen. Somit wird an dem Grundsatz festgehalten, daß landwirtschaftliche Genossenschaften die Steuerfreiheit des § 2 der Verordnung über die Körperschaftsteuer der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 8. Dezember 1939 nur dann genießen, wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf die dort bezeichneten steuerbegünstigten Tätigkeitsgebiete beschränkt. überschreiten landwirtschaftliche Verwertungsgenossenschaften bei der Verwertung der Erzeugnisse ihrer Mitglieder den Bereich der Landwirtschaft, so unterliegen sie im vollen Umfange der Körperschaftsteuer. Die Auffassung des Finanzgerichts entspricht der ständigen Rechtsprechung, daß die Steuervergünstigung auf solche Genossenschaften nicht angewendet werden darf, die neben der Verwertung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse ihrer Mitglieder noch eine andere Tätigkeit ausüben, die sich weder als erlaubte Nebengeschäfte, noch als notwendige Hilfsgeschäfte bei der Verwertung darstellt (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs I 154/38 vom 18. April 1939, Reichssteuerblatt S. 868; I 92/39 vom 9. Juni 1939, Reichssteuerblatt S. 891).

Ob eine landwirtschaftliche Genossenschaft den Bereich der Landwirtschaft bei der Verwertung der von den Mitgliedern gewonnen Erzeugnisse überschreitet, ist nach den Umständen des einzelnen Falles zu beurteilen. Die Bfin. bestreitet nicht, daß der Betrieb der ihr gehörigen Winzervereins-Gaststätte mit Zimmervermietung in eigener Regie über den Bereich der Landwirtschaft hinausginge, weil sie sich dadurch gewerblich betätigen würde. Schließt aber eine Genossenschaft zum Zwecke der Verwertung der Erzeugnisse ihrer Mitglieder einen Pachtvertrag über einen in ihren Räumlichkeiten auszuübenden Gewerbebetrieb ab, so muß sie Vorsorge treffen, daß bei dem Pachtbetrieb die Grenzen innegehalten werden, die der Verwertung durch die Verordnung gesetzt sind. Tut sie das nicht, duldet sie die überschreitung des Bereichs der Landwirtschaft durch den Pächter in diesen verpachteten Räumen, so ist das überschreiten des Landwirtschaftsbereichs durch den Pächter ihr selbst zuzurechnen. Schreibt die Genossenschaft sogar, wie im vorliegenden Falle, dem Pächter dieses überschreiten vor (Betrieb einer anständig und fachgemäß geführten Speisewirtschaft, Vermietung von Fremdenzimmern), so bildet der Abschluß und die Aufrechterhaltung eines solchen Pachtverhältnisses ein steuerschädliches Geschäft und die Genossenschaft geht damit der Steuerfreiheit als Verwertungsgenossenschaft verlustig. Das Vorbringen der Bfin., daß der Pachtvertrag lediglich dem Zwecke der Vermögensverwaltung diene, steht ihren eigenen Angaben entgegen, daß der Pachtvertrag zum Zwecke der Förderung des Erwerbs der Mitglieder abgeschlossen ist.

Ob eine Genossenschaft dann der Steuervergünstigung bei Verpachtung des Ausschanks der Erzeugnisse ihrer Mitglieder teilhaftig bleibt, wenn gewährleistet ist, daß der Pachtbetrieb den Umfang nicht überschreitet, wie ihn etwa die Landesverordnung über die Führung von Straußwirtschaften im Land Rheinland-Pfalz vom 29. Mai 1952 - Gesetz- und Verordnungsblatt S. 94 - vorsieht, kann dahingestellt bleiben. Es ist unzweifelhaft, daß der Pachtbetrieb im vorliegenden Fall weit über die Betriebsführung einer Straußwirtschaft hinausgeht.

Die Genossenschaft unterliegt im vollen Umfange der Körperschaftsteuer.

 

Fundstellen

BStBl III 1954, 191

BFHE 1954, 732

BFHE 58, 732

StRK, KStG:23 R 8

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