Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Wurde der Gewinn eines Gewerbebetriebs gemäß § 6 der Verordnung über die Zuständigkeit im Besteuerungsverfahren vom 3. Januar 1944 für das Streitjahr durch einen gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid durch das Betriebsfinanzamt rechtskräftig festgestellt, so ist das für die Einkommensteuerveranlagung zuständige Finanzamt bei einer späteren Berichtigung des Einkommensteuerbescheids - soweit nicht eine Berichtigung des gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids selbst nach § 222 AO möglich ist - grundsätzlich an diese Gewinnfeststellung gebunden, auch wenn die Voraussetzungen für das gesonderte Gewinnfeststellungsverfahren in den dem Streitjahr folgenden Veranlagungszeiträumen weggefallen sind.

Hat der Verkäufer eines Gewerbebetriebs seine Zustimmung zum Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag von einer anderweitigen Veräußerung des Betriebs und die Höhe der wegen des Rücktritts zu zahlenden Entschädigung von dem beim zweiten Verkauf erzielten Veräußerungspreis abhängig gemacht, so ist § 16 EStG auch auf den wegen des Rücktritts gezahlten Entschädigungsbetrag (nach Abzug der Ausgaben) anzuwenden.

§ 6 der Verordnung über die Zuständigkeit im Besteuerungsverfahren vom 3. Januar 1944 (RGBl 1944

 

Normenkette

AO § 213 Abs. 2, § 222 Abs. 1; ZustVO 6; EStG §§ 16, 24 Ziff. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die einkommensteuerliche Behandlung der Abstandssumme von 7.000 DM, die Frau X., als ursprüngliche Käuferin des Grundstückes des Bg. und seiner darin befindlichen Drogerie, in A. nach ihrem Rücktritt vom Kaufvertrag dem Bg. im Jahre 1951 als Entschädigung gezahlt hat.

Der Bg. und seine Ehefrau waren bis 1951 unter anderem Eigentümer des in A. gelegenen Mietwohngrundstücks mit der darin betriebenen Drogerie. Am 8. September 1950 schlossen die Ehegatten mit Frau X. einen schriftlichen Kaufvertrag über die Drogerie und einen notariellen Kaufvertrag über das Grundstück. Auf die Verpflichtungen aus den beiden Kaufverträgen leistete X. bis zum Februar 1951 eine Anzahlung von 11.000 DM. Im Schreiben vom 1. Februar 1951 äußerte die Käuferin die Befürchtung, daß sie die Verträge nicht werde erfüllen können. Sie bat deshalb um Mitteilung der Bedingungen für einen eventuellen Rücktritt von den Verträgen.

Daraufhin schlossen der Bg. und seine Ehefrau am 22. Februar 1951 mit dem Drogisten Y. einen schriftlichen Kaufvertrag über die Drogerie und einen notariellen Kaufvertrag über das Grundstück. Am 19. März 1951 trafen die Veräußerer mit den Eheleuten X. eine Vereinbarung, wonach letztere von den beiden Kaufverträgen zurücktraten, sich an einem Mindererlös bis zur Höhe von 5. - 7.000 DM beteiligen sollten und sich schließlich mit der Verrechnung der bereits geleisteten Anzahlung von 11.000 DM einverstanden erklärten.

Am 25. April 1951 wurde zwischen den Vertragspartnern unter anderem folgendes vereinbart: "Für den Rücktritt vom Kaufvertrag wird ein Betrag von 7.000 DM von den Eheleuten X. vergütet, welcher von dem angezahlten Betrag von 11.000 DM in Abrechnung gebracht wird. Der restliche Betrag von 4.000 DM wird Herrn X. zurückvergütet, sobald der Verkäufer von Seiten des neuen Käufers eine Baranzahlung von 30.000 DM erhalten hat."

Schließlich kam zwischen den ursprünglichen Vertragspartnern die endgültige Vereinbarung vom 7. Mai 1951 mit folgendem Inhalt zustande: "Durch Rücküberweisung von 4.000 DM (viertausend DM) bis zum 31. Mai 1951 durch den Verkäufer an X., sind alle gegenseitigen Ansprüche aus allen Verträgen mit A. erledigt." Am 29. Mai 1951 zahlte der Bg. an X. 4.000 DM aus der Kaufpreisanzahlung zurück.

Bei einer Betriebsprüfung im Juni 1952 berechnete der Prüfer den laufenden gewerblichen Gewinn des Bg. aus seiner Drogerie in A. im Jahre 1951 auf 5.699 DM und den Veräußerungsgewinn auf 25.294 DM. über die steuerliche Behandlung der neben dem Kaufpreis erhaltenen Abstandssumme von 7.000 DM enthält der Betriebsprüfungsbericht keine Ausführungen. Die gesonderte Gewinnfeststellung des Finanzamts A. vom 29. Oktober 1952 über die Einkünfte des Bg. aus der dortigen Drogerie folgte diesen Feststellungen. Auf den Einspruch des Bg. wurde sie durch Feststellungsbescheid vom 13. April 1954 nach § 94 AO in der Weise geändert, daß der laufende Gewinn aus der Drogerie in A. im Jahre 1951 auf 5.392 DM und der Veräußerungsgewinn auf 5.540 DM festgestellt wurde. Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.

In seiner Einkommensteuererklärung 1951 vom 18. Dezember 1952 führte der Bg. unter der Rubrik "Sonstige Einkünfte" die Abstandssumme von 7.000 DM abzüglich 667 DM Werbungskosten = 6.333 DM auf und bezeichnete sie als Schadensausgleich für einen nicht eingehaltenen Kaufvertrag. Die ursprüngliche vorläufige Veranlagung des Bg. zur Einkommensteuer 1951 vom 1. Juli 1953 wurde teils auf Grund der Erklärung des Bg., teils auf Grund der Mitteilung über die gesonderte Gewinnfeststellung des Finanzamts A. durchgeführt. Auch bei ihr wurden die 6.333 DM unter den "Sonstigen Einkünften" als Schadensausgleich für nicht eingehaltenen Kaufvertrag angeführt und besteuert. Der ursprüngliche vorläufige Einkommensteuerbescheid 1951 wurde nach änderung des gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids am 29. April 1955 gemäß § 218 AO berichtigt und für endgültig erklärt. Durch Bescheid vom 5. März 1956 wurde der Einkommensteuerbescheid 1951 nach § 94 AO nochmals geändert und die Einkommensteuer für 1951 auf 0 DM festgesetzt.

Bei einer im Jahre 1958 durch das Finanzamt B. durchgeführten Betriebsprüfung griff der Prüfer die Frage der Besteuerung der Abstandssumme von 7.000 DM nochmals auf und behandelte sie als eine im Betrieb der Drogerie in A. im Jahre 1951 angefallene laufende Einnahme. Der Betrag wurde demgemäß - jedoch ohne entsprechende Berichtigung des gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids des Finanzamts A. - durch den berichtigten Einkommensteuerbescheid 1951 vom 14. Mai 1958 in gleicher Höhe den gewerblichen Einkünften aus der Drogerie in A. hinzugerechnet und der Besteuerung unterworfen. Infolge verschiedener Berichtigungen wurde die Einkommensteuer 1951 auf 2.045 DM festgesetzt.

Mit seinem Rechtsmittel gegen diesen Bescheid wendet der Bg. ein, die Entschädigungssumme von 7.000 DM sei als Teil des erzielten Veräußerungspreises anzusehen und deshalb nicht beim laufenden Gewinn, sondern beim Veräußerungsgewinn anzusetzen. Außerdem entfielen von der Entschädigungssumme nur 1/3 auf die Betriebsveräußerung, während 2/3 dem steuerfreien Gewinn aus der Veräußerung des nicht betrieblichen Grundstücksteils zuzurechnen seien. Im übrigen fehle es an neuen Tatsachen nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO. Eine andere rechtliche Beurteilung der Entschädigungszahlung durch das Finanzamt im Jahre 1958 berechtige nicht zu der vorgenommenen Berichtigung der rechtskräftig gewordenen Veranlagung. In der Einspruchsentscheidung rechnete das Finanzamt nur noch 3.377 DM von der Abstandssumme dem laufenden gewerblichen Gewinn des Bg. zu.

Mit der Berufung hatte der Bg. vollen Erfolg. Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, das Finanzamt habe zu Unrecht einen Teilbetrag der Abstandssumme den laufenden gewerblichen Einkünften 1951 hinzugerechnet und der Besteuerung unterworfen. Die Abstandssumme sei in voller Höhe als Teil des Gesamtentgeltes für die Veräußerung des Grundstücks und des darin befindlichen Gewerbebetriebes anzusehen. Da der auf den Betrieb entfallende Teil des gesamten Veräußerungsgewinns auch durch die teilweise Hinzurechnung der Abstandssumme unter 10.000 DM bleibe, unterliege die gesamte Abstandssumme nicht der Besteuerung. Nach dem Urteil des Finanzgerichts ergab sich eine Einkommensteuerfestsetzung für 1951 von 18 DM.

Gegen das Urteil des Finanzgerichts legte der Vorsteher des Finanzamts Rb. ein. In einer Stellungnahme zur Rb. wies der Bg. erneut auf die nach seiner Meinung fehlenden neuen Tatsachen nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO als Voraussetzung für die angefochtene Berichtigungsveranlagung hin.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Der gewerbliche Gewinn des selbständigen Betriebs des Bg. in A. einschließlich des betrieblichen Veräußerungsgewinns ist für das Streitjahr 1951 durch den gemäß § 6 der Verordnung über die Zuständigkeit im Besteuerungsverfahren vom 3. Januar 1944 (RGBl 1944 I S. 11) erlassenen gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid vom 13. April 1954 rechtskräftig festgestellt worden. Danach betrug der laufende Gewinn 5.392 DM und der Veräußerungsgewinn 5.540 DM. Eine Berichtigung dieser Gewinnfeststellungen auf Grund der Ermittlungen des Betriebsprüfers im Jahre 1958 hätte nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Wege einer Berichtigung des rechtskräftigen gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO erfolgen dürfen, da das gesonderte Gewinnfeststellungsverfahren gemäß § 213 Abs. 2 AO einen selbständigen, durch Rechtsmittel selbständig anfechtbaren Teil des Besteuerungsverfahrens darstellt. Dem steht hier nicht entgegen, daß die Voraussetzungen für das gesonderte Gewinnfeststellungsverfahren durch die Veräußerung des Betriebs in A. ab dem Veranlagungszeitraum 1952 weggefallen sind. Da das Finanzamt die strittigen Gewinnfeststellungen im Zuge der Berichtigung des Einkommensteuerbescheids 1951 unter Außerachtlassung der Rechtskraft des gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids geändert hat, ohne daß hierfür besondere Gründe vorlagen, wie sie z. B. in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 221/55 U vom 3. Juli 1956 (BStBl 1956 III S. 308, Slg. Bd. 63 S. 288) ausgeführt sind, mußte der angefochtene Einkommensteuerberichtigungsbescheid für 1951 schon aus diesem Grund durch das Finanzgericht aufgehoben werden.

Auch die sachliche Entscheidung des Finanzgerichts, die die Abstandssumme von 7.000 DM in Höhe von 3.377 DM dem beim Verkauf des Betriebs in A. erzielten Veräußerungsgewinn zurechnete, leidet an dem verfahrensrechtlichen Mangel der Außerachtlassung der Rechtskraft des gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids.

Zwar hätte das Finanzamt an sich die Möglichkeit, den rechtskräftigen gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid des Betriebsfinanzamts nachträglich gemäß § 222 Abs. 1 AO zu berichtigen. Denn durch die Betriebsprüfung im Jahre 1958 sind nach Auffassung des erkennenden Senats neue Tatsachen im Sinne der genannten Vorschrift bekannt geworden, die eine änderung der im gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren getroffenen Feststellungen rechtfertigen würden. Es handelt sich darum, daß der vom Bg. als Schadensausgleich für einen nicht eingehaltenen Kaufvertrag bezeichnete und von ihm in seiner Einkommensteuererklärung 1951 unter den sonstigen Einkünften aufgeführte Betrag von 7.000 DM im Zusammenhang mit der Veräußerung des Betriebs und des Grundstücks in A. bezahlt worden ist. Diese Tatsache und die dazugehörigen näheren Umstände waren auch für das für die Berichtigung des gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids im Jahre 1958 zuständige Finanzamt B. neu. Sie wären aber vor allem für das für das ursprüngliche gesonderte Gewinnfeststellungsverfahren zuständige Betriebsfinanzamt A. neu gewesen, da dieses bei Durchführung des Feststellungsverfahrens von der Entschädigungszahlung keine Kenntnis gehabt hat. Nach Ansicht des erkennenden Senats könnten die strittigen Tatsachen nur dann als den Finanzbehörden im Sinne des § 222 Abs. 1 AO bekannt gelten, wenn sie dem Betriebsfinanzamt A. bis zur Bekanntgabe des Gewinnfeststellungsbescheids zur Kenntnis gelangt wären (vgl. Berger, Die Reichsabgabenordnung nach ihren Schwerpunkten für die Praxis, S. 84). Allerdings könnte sich das Finanzamt B. nicht darauf berufen, daß die angeführten Tatsachen für das ursprüngliche Betriebsfinanzamt neu sind, wenn ihm selbst alle diese Tatsachen bei der ursprünglichen Einkommensteuerveranlagung 1951 bekannt gewesen wären und es sich trotzdem damals dafür entschieden hätte, sie gemäß der Erklärung des Bg. bei den sonstigen Einkünften zu erfassen, ohne dem Betriebsfinanzamt Kenntnis zu geben. Dieser Fall liegt aber hier nicht vor.

Die nachträgliche Berichtigung des rechtskräftigen gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids würde aber nicht zu dem vom Vorsteher des Finanzamts angestrebten Ergebnis führen, da es sich bei den strittigen Tatsachen zwar um neue Tatsachen im Sinne des § 222 Abs. 1 AO handelt, aber nicht um neue Tatsachen - wie der Vorsteher des Finanzamts meint -, die zuungunsten des Bg., sondern um solche nach § 222 Abs. 1 Ziff. 2 AO, die zugunsten des Bg. eine niedrigere Veranlagung der Einkommensteuer 1951 rechtfertigen. Denn sie führen dazu, daß die 6.333 DM (7.000 DM) nicht mehr - wie bei der ursprünglichen Einkommensteuerveranlagung 1951 - als sonstige Einkünfte bei der Besteuerung vom Einkommen erfaßt werden, sondern als steuerfreier Veräußerungsgewinn in Höhe von 3.377 DM überhaupt nicht mehr der Einkommensbesteuerung unterliegen.

Die Gründe hierfür sind folgende: Wie sich aus den vorgelegten Beweisunterlagen ergibt, ging der Bg. auf die mit Schreiben vom 1. Februar 1951 vorgetragene Bitte des X., wegen finanzieller Schwierigkeiten die Bedingungen für einen gegebenenfalls erforderlich werdenden Rücktritt vom Kaufvertrag bekanntzugeben, nicht ein. Vielmehr bestand er zunächst weiterhin auf der Erfüllung des Vertrages. Es wurden deshalb von X. nach diesem Termin auf Grund einer erneuten Vereinbarung Anzahlungen auf den Kaufpreis geleistet und Mittel und Wege für die Erfüllung des Kaufvertrages gesucht. Erst als der Bg. am 22. Februar 1951 Betrieb und Grundstück anderweitig verkauft hatte, erklärte er sich am 25. April 1951 gegenüber X. bereit, "vom Kaufvertrag des Geschäftes und des Grundstückes endgültig zurückzutreten, wenn ein anderer Käufer gefunden wird und gefunden worden ist". Der Betrag von 4.000 DM sollte nach endgültiger Verrechnung der auf den Kaufpreis angezahlten 11.000 DM mit der Entschädigungssumme von 7.000 DM, die der Bg. gegenüber X. in der Vereinbarung vom 19. März 1951 als "Beteiligung an einem Mindererlös" deklariert hatte, erst zurücküberwiesen werden, sobald der Bg. "von Seiten des neuen Käufers eine Baranzahlung von 30.000 DM erhalten hat". Daraus ergibt sich, daß der Rücktritt X.'s von den Kaufverträgen, die aus diesem Grunde vereinbarte Zahlung der Entschädigung und auch deren Höhe ausschließlich von der anderweitigen Veräußerung des Betriebs und des Grundstücks und dem dabei erzielten Veräußerungspreis abhängig waren. Es ist deshalb nicht möglich, der Auffassung des Vorstehers des Finanzamts zu folgen und den Entschädigungsbetrag, soweit er als eine Art Reuegeld für den Rücktritt vom Kaufvertrag hinsichtlich des Gewerbebetriebs gezahlt wurde, mit dem Teilbetrag von 3.377 DM dem laufenden gewerblichen Gewinn der Drogerie zuzurechnen. Der Betrag stellt vielmehr einen zusätzlichen Veräußerungsgewinn dar, der aus Anlaß der Veräußerung des Betriebs neben dem eigentlichen Veräußerungsgewinn erzielt wurde, der sich durch die Kaufpreiszahlung des neuen Käufers ergeben hat. Der Sachverhalt liegt hier anders als im Falle des Urteils des Reichsfinanzhofs VI A 1928/31 vom 28. Oktober 1931 (RStBl 1931 S. 955), in dem das Reuegeld anläßlich eines vergeblichen Versuchs einer Betriebsveräußerung wegen des Rücktritts vom Kaufvertrag zu zahlen war, ohne daß es überhaupt zu einer Betriebsveräußerung gekommen ist, von deren Zustandekommen die Annahme und die Höhe des Reuegeldes hätte abhängig gemacht werden können. In diesem Falle konnte das Reuegeld (Entschädigungszahlung) nur dem laufenden gewerblichen Gewinn zugerechnet werden. Im vorliegenden Fall dagegen steht die Entschädigungszahlung in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der endgültigen Veräußerung des Betriebs, so daß sie als selbständiger Teilbetrag des durch die Veräußerung des Betriebs erzielten und daher nach § 16 EStG zu versteuernden Gesamtveräußerungsgewinns angesehen werden kann.

Die Frage, ob in einem solchen Fall die Besteuerungsfreigrenze nach § 16 Abs. 4 EStG auf jeden der beiden Teilbeträge des Gesamtveräußerungsgewinns gesondert anzuwenden ist oder nur auf den Gesamtbetrag, kann hier dahingestellt bleiben, da auch der Gesamtbetrag unter der Besteuerungsfreigrenze von 10.000 DM liegt.

Da der auf den Gewerbebetrieb entfallende Teil des Entschädigungsbetrages als Veräußerungsgewinn nach § 16 EStG anzusehen ist, braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob er auch die Voraussetzungen einer Entschädigung nach § 24 Ziff. 1 EStG erfüllen würde, wie der Bg. wahrscheinlich ursprünglich angenommen hat. Denn als Sondervorschrift über die steuerliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen kommt § 16 EStG gegenüber der Vorschrift des § 24 Ziff. 1 EStG ein Vorrang zu.

Die Wiederaufrollung des rechtskräftigen gesonderten Gewinnfeststellungsverfahrens durch das Finanzamt B. könnte also nur zu der vom Finanzgericht getroffenen Entscheidung führen, nämlich die 6.333 DM (7.000 DM) nicht mehr - wie bei der ursprünglichen Einkommensteuerveranlagung 1951 - den steuerpflichtigen sonstigen Einkünften oder den Einkünften nach § 24 EStG zuzurechnen, sondern dem steuerfreien Veräußerungsgewinn, der in Höhe von 3.777 DM im Rahmen der Veräußerung des Betriebs und in Höhe des Restbetrags im Rahmen der Veräußerung des Grundstücks erzielt worden ist. Damit würde die Berichtigung des gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids nach § 222 Abs. 1 Ziff. 2 AO innerhalb der angefochtenen Einkommensteuerberichtigungsveranlagung 1951 zu einer Herabsetzung der Steuer von 2.045 DM auf 18 DM führen, also zu dem gleichen Endergebnis, zu dem das Finanzgericht bei seiner rein materiell-rechtlichen Entscheidung ohne Beachtung der verfahrensrechtlichen Voraussetzungen gelangt ist.

Eine Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt zur Entscheidung der strittigen Fragen im gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren erscheint jedoch dem Senat aus prozeßökonomischen Gründen nicht gerechtfertigt. Denn in Anbetracht der Identität des Finanzamts, des Finanzgerichts und des Senats des Bundesfinanzhofs hinsichtlich der Zuständigkeit für die Einkommensteuerberichtigungsveranlagung 1951 und der Zuständigkeit für die Berichtigung der gesonderten Gewinnfeststellung ist es ausgeschlossen, daß in diesem berichtigten gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren eine andere rechtliche Beurteilung der Sache zum Zuge kommt, als sie hier der erkennende Senat dargelegt hat. Der Senat sieht daher davon ab, die im Ergebnis richtige Vorentscheidung wegen des angeführten Mangels aufzuheben.

Die Rb. war daher als im Ergebnis erfolglos als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl III 1962, 220

BFHE 1962, 594

BFHE 74, 594

StRK, EStG:16 R 31

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