Leitsatz (amtlich)

Umsätze, die im Jahre 1968 bewirkt sind, sind bei der Berechnung des Gesamtumsatzes dieses Jahres ohne die darauf entfallende Umsatzsteuer anzusetzen.

 

Normenkette

UStG 1967 §§ 27, 19 Abs. 3, § 10 Abs. 1; UStG 1951 §§ 7a, 13 Abs. 1, § 5 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Inhaber einer Schreinerei. Er unterliegt der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG 1967 und versteuerte seine Umsätze vor dem 1. Januar 1968 nach Ist-Einnahmen. Da bei ihm im Jahre 1968 noch Entgelte in Höhe von 15 102 DM für vor dem 1. Januar 1968 bewirkte Umsätze eingingen und er seinen Gesamtumsatz für das Jahr 1968 auf 121 412 DM errechnete, nahm er in seiner Umsatzsteuererklärung 1968 für die vor dem 1. Januar 1968 bewirkten Umsätze gemäß § 27 Abs. 2 UStG 1967 den Freibetrag nach § 7a UStG 1951 in Verbindung mit § 57a UStDB 1951 in Höhe von 10 588 DM in Anspruch. Bei der Berechnung des Gesamtumsatzes hatte er die im Jahre 1968 bewirkten Umsätze ohne die darauf entfallende Umsatzsteuer (von 11 203 DM) angesetzt. Er ging dabei von der Auffassung aus, daß nach den Vorschriften über die Bemessung des Umsatzes im UStG 1967 (§ 10 Abs. 1 und Abs. 5) die Umsatzsteuer nicht zur Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Höhe des Umsatzes gehöre. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) rechnete jedoch in Anwendung des Erlasses des BdF vom 19. Dezember 1967

IV A/2 - S 7440 - 30/67

IV A/3 - S 7360 - 21/67

(unter B 2 b) - BStBl I 1968, 169 dem vom Kläger errechneten Gesamtumsatz die auf die im Jahre 1968 bewirkten Umsätze entfallende Umsatzsteuer von 10 bzw. 11 v. H. in Höhe von 11 203 DM hinzu, kam daher zu einem Gesamtumsatz von 132 615 DM und versagte dementsprechend dem Kläger den Freibetrag nach § 7a UStG 1951.

Mit der gegen den Bescheid 1968 eingelegten Sprungklage hatte der Kläger Erfolg. Die Vorentscheidung teilt im wesentlichen die Auffassung des Klägers und weist ferner darauf hin, daß dieser Ansicht nicht das Urteil des BFH vom 26. Juni 1969 V R 43/69 (BFHE 96, 144, BStBl II 1969, 573) entgegenstehe, und daß die abweichende Auffassung des BdF in dem Erlaß vom 19. Dezember 1967, a. a. O., dem eindeutigen Wortlaut des § 10 UStG 1967 widerspreche.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision des FA. Es vertritt im wesentlichen die Auffassung, bei der Berechnung des Gesamtumsatzes für das Jahr 1968 müsse von dem Entgeltbegriff des Umsatzsteuergesetzes 1951 ausgegangen werden, wenn es sich um die Besteuerung von Umsätzen handele, die vor dem 1. Januar 1968 ausgeführt und für welche die Entgelte nach dem 31. Dezember 1967 vereinnahmt worden seien, weil auf solche Umsätze gemäß § 27 Abs. 1 UStG 1967 die Vorschriften des UStG 1951 Anwendung finden; die Auffassung ergebe sich auch aus dem BFH-Urteil V R 43/69 sowie aus dem Urteil des Niedersächsischen FG vom 7. Mai 1971 V 84/70 (EFG 1971, 464). Das FA weist ferner darauf hin, daß die Ausführungen des FG über die Umsatzsteuer als durchlaufender Posten rechtlich nicht zuträfen und die Nichtberücksichtigung der Umsatzsteuer bei der Berechnung des Gesamtumsatzes zu einer gewissen Besserstellung der Steuerpflichtigen im Jahre 1968 gegenüber früheren Jahren führe.

Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt

Zurückweisung der Revision.

Seine Ausführungen entsprechen im wesentlichen denen der Begründung des finanzgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Zutreffend ist das FG zu dem Ergebnis gekommen, daß in den Fällen, in denen sich der Gesamtumsatz des Jahres 1968 aus vor dem 1. Januar 1968 bewirkten Umsätzen und aus solchen, die nach dem 31. Dezember 1967 ausgeführt worden sind, zusammensetzt, die Entgelte für die letzteren bei der Berechnung des Gesamtumsatzes ohne die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) zu berücksichtigen sind.

Gemäß § 27 Abs. 2 UStG 1967 sind auf solche Umsätze, die vor dem 1. Januar 1968 bewirkt sind, die Vorschriften des UStG 1951 anzuwenden. Nach § 7a UStG 1951 können Unternehmer, deren Gesamtumsatz im laufenden Kalenderjahr 120 000 DM nicht übersteigt, einen - in Grenzfällen entsprechend der Milderungsregelung des § 57a UStDB 1951 zu berechnenden - bestimmten Betrag (Freibetrag) von ihren Umsätzen absetzen. Laufendes Kalenderjahr ist im vorliegenden Fall das Jahr 1968. Gemäß § 13 Abs. 1 UStG 1951 ist Gesamtumsatz mit gewissen Ausnahmen die Summe der steuerbaren Lieferungen und sonstigen Leistungen und der Eigenverbrauch (Umsätze). Umsätze im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG 1951 werden nach dem vereinnahmten Entgelt bemessen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 UStG 1951). Entgelt ist alles, was aufgewendet wird, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten (§ 10 UStDB 1951). Ist in den für die Lieferung oder sonstige Leistung aufgewendeten Beträgen auch Umsatzsteuer enthalten, so gehört nach dem UStG 1951 auch diese zum Entgelt und damit zur Bemessungsgrundlage für den Gesamtumsatz.

Das gilt aber - wie das FG richtig ausgeführt hat - nur hinsichtlich der Berechnung jener Umsätze, die vor dem 1. Januar 1968 bewirkt wurden. Denn nur auf diese finden die Vorschriften des UStG 1951 noch Anwendung. Auf Umsätze, die nach dem 31. Dezember 1967 ausgeführt worden sind, sind dagegen die Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes - Mehrwertsteuer - anzuwenden (§ 27 Abs. 1 UStG 1967). Auch nach dem Umsatzsteuergesetz - Mehrwertsteuer - wird bei der Berechnung des Gesamtumsatzes (§ 19 Abs. 3 UStG 1967) der Umsatz bei Lieferungen und sonstigen Leistungen nach dem Entgelt bemessen, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG 1967).

Setzt sich, wie im vorliegenden Falle, der Gesamtumsatz zusammen aus Umsätzen, die vor dem 1. Januar 1968 und solchen, die nach dem 31. Dezember 1967 bewirkt sind, so sind bei der Errechnung des Gesamtumsatzes bei den ersteren Umsätzen die Entgelte einschließlich Umsatzsteuer und bei den letzteren die Entgelte ohne Umsatzsteuer zu berücksichtigen.

Dem Urteil des Senats V R 43/69 ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Aus diesem Urteil ergibt sich lediglich, daß in Fällen der vorliegenden Art bei der Errechnung des Gesamtumsatzes auch die für nach dem 31. Dezember 1967 bewirkte Leistungen vereinnahmten Entgelte zu berücksichtigen sind. Soweit das FG ausgeführt hat, die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) sei nach dem Umsatzsteuergesetz - Mehrwertsteuer - ein durchlaufender Posten, weist das FA zu Recht auf die Unrichtigkeit dieser Auffassung hin; die Umsatzsteuer wird vom Unternehmer nicht im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (§ 10 Abs. 1 letzter Satz UStG 1967); diese unzutreffende Rechtsauffassung des FG hat für die Entscheidung jedoch keine Bedeutung.

Der von dieser Entscheidung abweichenden Auffassung der Verwaltung (vgl. BdF-Erlaß vom 19. Dezember 1967) und des Niedersächsischen FG (vgl. Urteil V 84/70) vermag der Senat aus den vorstehenden Gründen nicht zu folgen.

Schließlich ist zu bemerken, daß gewisse Abweichungen in der rechtlichen Behandlung bei der Besteuerung gegenüber vorhergehenden Jahren bei so global getroffenen Übergangsregelungen, wie denen des § 27 UStG 1967, in Kauf genommen werden müssen.

 

Fundstellen

BStBl II 1973, 765

BFHE 1974, 73

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