Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung des Sachleistungsanspruchs bei teilweise erfülltem Kaufvertrag

 

Leitsatz (NV)

1. Bei einem vom Käufer teilweise erfüllten Vertrag auf Übereignung eines zu bebauenden Grundstücks ist der noch nicht erfüllte Sachleistungsanspruch auf Übereignung des Grundstücks als sonstiges Vermögen i. S. des § 110 BewG mit dem gemeinen Wert zu erfassen.

2. Diesem Sachleistungsanspruch steht die noch nicht erfüllte Kaufpreisverpflichtung zum Nennwert gegenüber.

 

Normenkette

BewG §§ 9, 17 Abs. 3, §§ 110, 118

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hatte mit Vertrag vom . . . Februar 1981 in A ein Reihenhaus gekauft. Nach dem Kaufvertrag waren 30 v. H. als erste Rate vor Baubeginn und nach Eintragung der Auflassungsvormerkung zur Zahlung fällig. Diese Rate hatte die Klägerin im Laufe des Jahres 1981 bezahlt. Das Haus wurde zwischen Juni 1981 und Dezember 1982 errichtet. Die restlichen Raten zahlte die Klägerin im Laufe des Jahres 1982.

In ihrer Vermögensteuererklärung zum 1. Januar 1982 setzte sie einen Sachleistungsanspruch in Höhe des (vom Finanzamt - FA - zum 1. Januar 1983 festgestellten) Einheitswerts und die Restkaufpreisschuld an.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) berücksichtigte bei der Vermögensteuerveranlagung auf den 1. Januar 1982 lediglich die bis zu diesem Zeitpunkt entrichtete Anzahlung als Forderung.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) begründete die Klageabweisung damit, daß die Forderung auf Herstellung eines Wohnhauses als Sachleistungsanspruch mit dem gemeinen Wert zu bewerten sei. Die Anzahlung entspreche ihrer Höhe nach dem mit dieser Anzahlung bereits erworbenen Sachleistungsanspruch. Die Grundsätze für schwebende Geschäfte seien hier nicht anwendbar, weil mit der Eintragung der Auflassungsvormerkung im Jahre 1981 einerseits und mit der Anzahlung andererseits bereits von beiden Seiten mit der Erfüllung des Vertrages begonnen worden sei. Das FA habe deshalb neben dem Sachleistungsanspruch in voller Höhe eine um die bereits geleistete Anzahlung geminderte Geldleistungspflicht anzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat zutreffend zum Veranlagungsstichtag 1. Januar 1982 bei der Ermittlung des Gesamtvermögens der Klägerin den Anspruch auf die Übertragung des Grundstücks mit schlüsselfertigem Gebäude gemäß § 110 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) mit dem gemeinen Wert von . . . DM angesetzt und die noch bestehende Restkaufpreisschuld mit . . . DM berücksichtigt.

1. An diesem Stichtag war der Kaufvertrag von beiden Vertragsparteien noch nicht vollständig erfüllt. Die Klägerin hatte zwar bereits eine Anzahlung geleistet. Der Verkäufer hatte jedoch weder das Haus bezugsfertig errichtet noch das Grundstück auf die Klägerin aufgelassen. Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten waren bis zum 1. Januar 1982 nicht auf die Klägerin übergegangen. Diese war daher noch nicht wirtschaftliche Eigentümerin. Das Grundstück konnte deshalb auch noch nicht zu diesem Zeitpunkt der Klägerin zugerechnet werden. Damit entfällt bei der Ermittlung des Gesamtvermögens zum 1. Januar 1982 der Ansatz des Grundstücks mit 140 v. H. des Einheitswerts. Zu diesem Stichtag war vielmehr der noch nicht erfüllte Sachleistungsanspruch der Klägerin auf Übereignung des Grundstücks als sonstiges Vermögen i. S. des § 110 Abs. 1 BewG zu erfassen.

Dieser Anspruch ist entgegen der Auffassung der Klägerin mit dem gemeinen Wert und nicht mit dem um 40 v. H. erhöhten Einheitswert des zu übertragenden Grundstücks anzusetzen. Wie der Senat in der am heutigen Tag erlassenen Entscheidung in der Sache II R 117/87, BFHE 164, 464, BStBl II 1991, 749 ausgeführt hat, sieht der erkennende Senat im Hinblick auf die Systematik des Bewertungsrechts keinen zwingenden Grund, den bei der Bewertung des Grundbesitzes nach den Wertverhältnissen vom 1. Januar 1964 ermittelten Einheitswert über den eigentlichen Bewertungsgegenstand hinaus auf Sachleistungsverpflichtungen und -ansprüche zu übertragen.

2. Dem Sachleistungsanspruch der Klägerin steht zum Veranlagungsstichtag 1. Januar 1982 die noch nicht erfüllte Kaufpreisverpflichtung gegenüber. Das FG hat diesen Betrag zur Ermittlung des Gesamtvermögens (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 BewG) mit dem Nennwert (§ 12 BewG) abgezogen. Es hat damit für die Vermögensteuerveranlagung der Klägerin zutreffend die Folgen aus dem bis zum 1. Januar 1982 teilweise erfüllten Kaufvertrag gezogen.

3. Da die Klägerin im übrigen keine Einwendungen gegen die Ermittlung des steuerpflichtigen Vermögens und der Vermögensteuer erhoben hat und Anhaltspunkte für eine unzutreffende Berechnung nicht erkennbar sind, verbleibt es bei der festgesetzten Vermögensteuer. Die Revision der Klägerin erweist sich damit als unbegründet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417883

BFH/NV 1992, 5

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