Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenmiete als Mietwert der selbstgenutzten Wohnung; Vermietung unter nahen Angehörigen; Verlustrücktrag

 

Leitsatz (NV)

1. Als Mietwert der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Haus ist stets die Kostenmiete anzusetzen, wenn zu dem Grundstück eine Schwimmhalle gehört.

2. Zur für die steuerliche Anerkennung von Mietverträgen unter nahen Angehörigen u. a. erforderlichen Durchführung des Vertrags wie unter fremden Dritten üblich gehört auch, daß der Mieter die im Mietvertrag bezeichnete Wohnung bezieht.

3. Über Grund und Höhe des Verlustrücktrags wird für Veranlagungszeiträume vor 1990 im Jahr des Verlustabzugs entschieden.

 

Normenkette

EStG §§ 10d, 21, 21a

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte zu 1 (Klägerin) und ihr während des Revisionsverfahrens verstorbener Ehemann E (im folgenden: Erblasser) wurden im Streitjahr (1982) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger und Revisionsbeklagte zu 2 (Kläger) ist als Alleinerbe des Erblassers Prozeßbeteiligter.

Der Erblasser errichtete im Jahre 1971 als Erbbauberechtigter mit Herstellungskosten von 331 712 DM ein Zweifamilienhaus mit Schwimmbad und Sauna und ließ dieses Haus im Streitjahr für 719 759 DM umbauen. Die von den Eheleuten selbstgenutzte Wohnung wurde bei dem Umbau mit der bisherigen zweiten Wohnung zusammengefaßt. Durch Ausbau des Dachgeschosses entstanden weitere zwei Wohnungen. Eine der Dachgeschoßwohnungen vermieteten die Eheleute ab 1. April 1982 an ihren Sohn. Die Größe dieser Wohnung ist im Mietvertrag vom 31. März 1982 mit ca. 140 qm angegeben. Die andere Dachgeschoßwohnung blieb unvermietet.

Die Eheleute erklärten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für 1982 als Mietwert der eigengenutzten Wohnung 13 482 DM (drei Monate zu je 894 DM und neun Monate zu je 1 200 DM) sowie eine vereinnahmte Miete für die Wohnung von 5 400 DM und für die Garage von 480 DM und ermittelten einen Werbungskostenüberschuß von 58 278 DM. Dabei machten sie für die Umbaukosten Absetzungen für Abnutzung (AfA) gemäß § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 5 v. H. geltend.

Der Bausachverständige des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt -- FA --) ermittelte bei einer Besichtigung des Hauses Mitte 1983 die Größe der Hauptwohnung mit 366 qm einschließlich einer auf die Schwimmhalle entfallenden Fläche von 50 qm und die Größe der Dachwohnungen mit je 109 qm.

Das FA setzte im Bescheid vom 19. Oktober 1983 als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung aus dem Haus die Kostenmiete in Höhe von 59 172 DM an und errechnete einen Werbungskostenüberschuß von 18 468 DM. Bei der Ermittlung der Kostenmiete erfaßte es Kapitalkosten, AfA, Erbbauzins, Gemeindeabgaben, Versicherungen, Verwaltungskosten und Instandhaltungskosten. Der Einspruch blieb erfolglos.

Mit dem während des finanzgerichtlichen Verfahrens erlassenen Änderungsbescheid für 1982 vom 16. Juni 1986 berücksichtigte das FA einen Verlustrücktrag aus dem Jahre 1984 in Höhe von 24 148 DM. Gleichzeitig erhöhte es die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1982 um 21 592 DM mit der Begründung, auf die nachträglichen Herstellungskosten könnten AfA nur in Höhe von 2 v. H. in Anspruch genommen werden. Auch bei der Berechnung des Ver lustrücktrags setzte das FA AfA in der neu berechneten Höhe an. Der Änderungsbescheid, mit dem das FA die Einkommensteuer auf 318 146 DM festsetzte, wurde auf Antrag der Eheleute Gegenstand des Verfahrens (§ 68 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Bei einer erneuten Gebäudebesichtigung am 4. Oktober 1990 stellte das FA fest, daß die von den Eheleuten selbstgenutzte Wohnung 227,91 qm groß sei, das Schwimmbad mit Sauna 79,50 qm, die an den Sohn vermietete Wohnung 95,58 qm und die andere Dachgeschoßwohnung 141,92 qm.

Die Eheleute beantragten im finanzgerichtlichen Verfahren, bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem Haus in ... für 1982 einen Werbungskostenüberschuß von 36 686 DM anzusetzen. Das FA führte u. a. aus, die Eheleute hätten bei der Gebäudebesichtigung durch den Bausachverständigen im Jahre 1983 allein in dem Haus gewohnt. Ihnen sei daher der Nutzungswert des ganzen Hauses zuzurechnen.

Das Finanzgericht (FG) setzte die Einkommensteuer für 1982 auf ... DM herab und wies die Klage im übrigen ab. Obwohl das Haus neben der Schwimmhalle noch weitere Merkmale einer besonderen Gestaltung aufweise, sei der Nutzungswert des von den Eheleuten selbstbewohnten Teils des Hauses anhand der Marktmiete zu ermitteln. Dieser Gebäudeteil umfasse die Wohnung im Erdgeschoß (228 qm), die zur Hälfte anzusetzende Fläche des Schwimmbads und der Sauna (40 qm) und die Wohnung im Obergeschoß mit einer Größe von 142 qm, die nicht vermietet sei. Neben dem sich hieraus errechnenden monatlichen Mietwert von 4 243 DM für April bis Dezember 1982 seien als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung der Mietwert für die ersten drei Monate des Jahres (2 682 DM) und die Miete für Wohnung und Garage von ins gesamt 5 880 DM zu erfassen. Werbungs kosten seien in Höhe von 56 048 DM abzusetzen.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 21 Abs. 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 EStG. Als Mietwert der von den Eheleuten selbstgenutzten Hauptwohnung sei die Kostenmiete anzusetzen.

Das FA erließ unter dem 17. Februar 1992 gegenüber der Klägerin "zugleich als Erbin des verstorbenen E" und unter dem 19. Februar 1992 gegenüber dem Kläger "als Alleinerben des verstorbenen E" geänderte Einkommensteuerbescheide für 1982, mit denen es die Einkommensteuer wie bisher auf ... DM festsetzte und die Steuer- festsetzung teilweise für vorläufig erklärte. Diese Bescheide wurden antragsgemäß Gegenstand des Verfahrens (§§ 68, 121 Satz 1, § 123 Satz 2 FGO).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2, § 127 FGO).

1. Die Vorentscheidung verletzt § 21 Abs. 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung. Das FG hat den Nutzungswert der von den Eheleuten selbstgenutzten Wohnung zu Unrecht nicht anhand der Kostenmiete ermittelt.

a) Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehört nach § 21 Abs. 2 Alternative 1 EStG in der für 1982 maßgebenden Fassung auch der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus. Der Nutzungswert ist im Streitfall durch Abzug der nachgewiesenen Werbungskosten von dem zu schätzenden Mietwert (Rohmiete) zu ermitteln (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 1986 IX R 7/79, BFHE 146, 51, 55, BStBl II 1986, 394; Urteil vom 22. Oktober 1993 IX R 35/92, BFHE 174, 51). Die Voraussetzungen für eine pauschalierte Nutzungswertermittlung nach § 21 a EStG in der damaligen Fassung sind nicht gegeben, da der Erblasser das Gebäude bereits im Jahre 1971 errichtet hatte (vgl. § 21 a Abs. 7 Nr. 2 EStG).

Der Mietwert ist grundsätzlich anhand der am Wohnungsmarkt für vergleichbare Objekte erzielbaren Miete, der sog. Marktmiete, zu schätzen. Nur bei besonders aufwendiger Gestaltung oder Ausstattung ist stattdessen die sog. Kostenmiete anzusetzen. Diese Voraussetzung für den Ansatz der Kostenmiete ist stets erfüllt, wenn sich in dem Wohnhaus eine Unterflurschwimmhalle befindet oder wenn zu dem Wohnungsgrundstück eine -- an das Haus angebaute oder freistehende -- Schwimmhalle gehört oder wenn die Wohnung eine privat genutzte Wohnfläche von mehr als 250 qm aufweist (Senatsurteil in BFHE 174, 51).

b) Das FA hat danach dem Grunde nach zutreffend als Mietwert die Kostenmiete angesetzt.

2. Da das FG von einer anderen Auffassung ausgegangen ist, ist die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Zur Ermittlung der anzusetzenden Einnahmen bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen.

a) Zunächst wird zu klären sein, ob das FA zu Recht den Eheleuten den Nutzungswert der an den Sohn vermieteten Wohnung zugerechnet hat, statt die vereinnahmte Miete anzusetzen. Dies ist der Fall, wenn das Mietverhältnis nach den für die Anerkennung von Verträgen unter nahen Angehörigen geltenden Grundsätzen nicht zu berücksichtigen ist (vgl. dazu Senatsurteile vom 19. Juni 1991 IX R 306/87, BFHE 165, 359, BStBl II 1992, 75; vom 31. März 1992 IX R 299/87, BFH/NV 1992, 656; vom 25. Mai 1993 IX R 17/90, BFHE 171, 452, BStBl II 1993, 834). Eine Prüfung dieser Frage drängt sich insbesondere mit Rücksicht auf die Behauptung des FA auf, bei der Besichtigung im Jahre 1983 hätten die Eheleute das Haus allein bewohnt. Zudem wird zu beachten sein, daß zur der für die steuerrechtliche Anerkennung von Mietverträgen unter nahen Angehörigen u. a. erforderlichen Durchführung des Vertrags wie unter fremden Dritten üblich auch gehört, daß der Mieter die im Mietvertrag bezeichnete Wohnung bezieht. Zweifel bestehen insoweit deshalb, weil im Mietvertrag vom 31. März 1982 die Größe der an den Sohn vermieteten Wohnung mit ca. 140 qm angegeben ist, aber nach den Feststellungen des FG nicht die Dachgeschoßwohnung mit 141,92 qm, sondern die kleinere mit 95,58 qm Wohnfläche an den Sohn vermietet war.

b) Das FG wird die Kostenmiete auf der Grundlage der Zweiten Berechnungsverordnung in der im Streitjahr geltenden Fassung neu zu berechnen haben (Senatsurteil vom 22. Oktober 1993 IX R 33/91, BFHE 174, 120). Dabei ist vom Ausbauzustand des Hauses im Streitjahr und nicht von den Verhältnissen bei der Besichtigung im Jahre 1983 oder 1990 auszugehen.

c) Ggf. wird das FG in den prozessualen Grenzen, die einerseits die Vorentscheidung und andererseits die angefochtenen Bescheide vom 17. und 19. Februar 1992 ziehen, auch den Verlustrücktrag aus dem Jahre 1984 (§ 10 d EStG) zu überprüfen haben. Über Grund und Höhe des Verlustabzugs wird für Veranlagungszeiträume vor 1990 im Jahr des Verlustabzugs entschieden (Urteile des Bundesfinanzhofs vom 9. Dezember 1987 I R 1/85, BFHE 151, 554, BStBl II 1988, 463; vom 9. Dezember 1987 I R 260/83, BFHE 151, 560, BStBl II 1988, 460; vom 24. Mai 1989 I R 213/85, BFHE 157, 521, BStBl II 1990, 8; vom 8. April 1992 I R 41/88, BFH/NV 1992, 799).

d) Bei der erneuten Entscheidung wird das FG auch zu beachten haben, daß das FA den Bescheid vom 17. Februar 1992 an die Klägerin nur als Steuerpflichtige, nicht aber auch als Erbin richten durfte; denn Alleinerbe des Erblassers ist der Kläger.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419924

BFH/NV 1995, 193

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