Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Werden Wertpapiere, die zu einem Nachlaß gehören, in eine Personengesellschaft eingebracht, die aus den Miterben besteht, so ist ein börsenumsatzsteuerpflichtiges Anschaffungsgeschäft im Sinne von § 18 Absatz 2 Ziffer 1 KapVStG gegeben. Auf die Steuerpflicht hat es keinen Einfluß, ob das Einbringen vor, bei oder nach der Erbauseinandersetzung geschieht.

Auf das Einbringen von Wertpapieren in Personengesellschaften erstreckt sich die Börsenumsatzsteuerfreiheit für die Zuweisung von Wertpapieren an Miterben gemäß Urteil des Reichsfinanzhofs II 184/40 vom 28. September 1940 (Slg. Bd. 49 S. 149) nicht.

 

Normenkette

KVStG § 18/2/1

 

Tatbestand

Zum Geschäftsvermögen eines unter handelsgerichtlich eingetragener Firma betriebenen gewerblichen Unternehmens gehören sämtliche Anteile einer GmbH. Der Alleininhaber des Unternehmens ist durch Beschluß des Amtsgerichts vom 31. März 1950 für tot erklärt. Als Todestag wurde der 24. Januar 1945 festgestellt. Erben sind seine Witwe zu 1/4 und seine beiden minderjährigen Kinder zu je 3/8.

Bei der am 10. November 1950 notariell beurkundeten Auseinandersetzung über den Nachlaß wurde unter anderem folgendes vereinbart: Die Firma wird mit Wirkung vom 21. Juni 1948 in die beschwerdeführende KG umgewandelt. Der Umwandlung wird die Eröffnungsbilanz zugrunde gelegt, die als Anlage beigefügt ist. Das gesamte, bisher der Firma dienende Vermögen ging auf die KG über, einschließlich der sämtlichen Anteile an der GmbH. Persönlich haftender Gesellschafter wurde die Witwe, die Kinder wurden Kommanditisten. Die näheren Rechtsverhältnisse ergeben sich aus dem der Urkunde beigefügten KG-Vertrag.

Die Vorbehörden haben in dem übergang der GmbH-Anteile auf die KG einen börsenumsatzsteuerpflichtigen Vorgang im Sinne des § 18 Absatz 2 Ziffer 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KapVStG) gesehen und die KG zur Börsenumsatzsteuer herangezogen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) der KG ist nicht begründet. Nach § 18 Absatz 2 Ziffer 1 KapVStG gelten als Anschaffungsgeschäfte auch Geschäfte, die das Einbringen von Wertpapieren in eine Kapitalgesellschaft oder eine andere Personenvereinigung zum Gegenstand haben. Als Wertpapiere gelten nach § 19 Absatz 2 a. a. O. alle Anteile an Kapitalgesellschaften, somit auch die GmbH-Anteile. Zu den Personenvereinigungen der genannten Art gehören unter anderem auch die Personengesellschaften des Handelsrechts, also die KG. Der Rechtsvorgang der Einbringung ist börsenumsatzsteuerrechtlich als Anschaffungsgeschäft zu behandeln, ohne daß nachzuprüfen ist, ob und inwieweit sämtliche Tatbestandsmerkmale eines Anschaffungsgeschäftes erfüllt sind.

Die Erben haben nach § 1 des KG-Vertrages eine KG errichtet und in diese unter anderem ihre Anteile an der von ihnen ererbten Einzelfirma eingebracht, in deren Vermögen unstreitig sämtliche Geschäftsanteile der GmbH enthalten sind. Darin ist vom Finanzgericht mit Recht ein Tatbestand im Sinne des § 18 Absatz 2 Ziffer 1 KapVStG gesehen und ein Anschaffungsgeschäft nach Teil III KapVStG erblickt worden.

Die Einwendungen der Bfin. sind unbegründet. Sie führt insbesondere aus, der Vorgang bedeute praktisch lediglich die Umwandlung der Gesamthandgemeinschaft in der Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts in eine Gesamthandgemeinschaft in der Form der KG, die sämtliche Aktiven und Passiven übernehme und das von der Gesamthandgemeinschaft der Erben betriebene Geschäft unter gleicher Firma fortführe. Die GmbH-Anteile seien nicht von einer Gesamthandgemeinschaft auf eine andere Gesamthandgemeinschaft übergegangen, sondern im Gesamthandeigentum der Erben geblieben.

Unrichtig ist zunächst, daß unter den Miterben eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder eine OHG bestehe.

Eine Gesellschaft setzt einen Vertrag voraus. Dagegen entsteht die Erbengemeinschaft kraft Gesetzes. Eine Nämlichkeit zwischen dem Geschäft und der Erbengemeinschaft ist nicht gegeben, weil der Nachlaß außer dem Geschäft noch andere Vermögensgegenstände enthält. Für die steuerliche Beurteilung ist dieser Umstand bedeutungslos; denn auch dann, wenn das Geschäftsvermögen der ausschließliche Inhalt des Nachlasses wäre, würde die Umwandlung der Firma in eine KG die Börsenumsatzsteuerpflicht für den übergang der GmbH-Anteile auslösen.

Der wesentliche Punkt, den die Bfin. verkennt, ist der, daß das Kapitalverkehrsteuergesetz den Gesamthandgemeinschaften, d. h. sowohl der Erbengemeinschaft als auch den Personengesellschaften des Handelsrechts (OHG, KG), für die Börsenumsatzsteuer steuerliche Rechtsfähigkeit beilegt (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs II A 313/33 vom 9. März 1934, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1934 S. 462, sowie II 184/40 vom 28. September 1940, Slg. Bd. 49 S. 149, RStBl. 1940 S. 966). Darum unterliegen auch Anschaffungsgeschäfte zwischen offenen Handelsgesellschaften, die aus denselben Gesellschaftern bestehen, der Steuerpflicht (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs II A 313/33 sowie II A 474/25 vom 3. November 1925, Slg. Bd. 17 S. 298).

Der Bfin. schwebt offenbar die Vorschrift des § 11 Ziffer 5 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG - (früher § 98 Absatz 2 der Reichsabgabenordnung 1931 - AO -) vor. Danach werden Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten so zugerechnet, als wären die Beteiligten nach Bruchteilen berechtigt. Diese Vorschrift ist aber nach ständiger Rechtsprechung für die Börsenumsatzsteuer nicht anwendbar, weil - wie oben erwähnt - das Gesetz den Gesamthandgemeinschaften steuerliche Rechtsfähigkeit beimißt. Auch eine Vergünstigung entsprechend den §§ 5, 6 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) betreffend den übergang auf eine Gesamthand oder von einer Gesamthand besteht bei der Börsenumsatzsteuer nicht.

Was die Gesamthandgemeinschaften voneinander abgrenzt, ist nicht die Verschiedenheit des Personenkreises, aus dem sie gebildet sind, sondern die Selbständigkeit des Zweckes, zu dem das Vermögen zusammengefaßt ist (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs II 372/29 vom 30. Juli 1929, Slg. Bd. 25 S. 291). Der Zweck der Erbengemeinschaft erschöpft sich in der Verwaltung, Flüssigmachung (gemeinschaftlichen Verfügung über Nachlaßgegenstände - § 2040 BGB) und in der Ausfolgung des Nachlasses an die Erben. Der Zweck der KG ist auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet (ß 161 HGB). Damit wird die Auslassung der Bfin. widerlegt, daß der Zweck nicht geändert sei. Die Erbengemeinschaft endet mit der Auseinandersetzung. Die KG beginnt frühestens mit dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages.

Ein Anschaffungsgeschäft setzt Freiwilligkeit voraus. Auch dieses Merkmal ist hier gegeben. Es bestand für die Erben kein Rechtszwang, die Erbengemeinschaft auseinanderzusetzen. Im Falle der Auseinandersetzung stand es in ihrem Belieben, ob sie das Geschäft auflösen und den Liquidationserlös an die Miterben ausfolgen oder ob sie das Geschäft gemeinschaftlich fortführen wollten. Im letzten Falle mußten sie sich für eine der im Handelsrecht dargebotenen Rechtsformen entschließen. In dem Umstand, daß das Nachlaßgericht wegen der Beteiligung der minderjährigen Kinder seine Genehmigung von der Wahl der Rechtsform der KG abhängig machte, liegt lediglich ein Beweggrund für die Wahl der Gesellschaftsart. Eine derartige Einwirkung des Gerichtes macht die Wahl der Rechtsform nicht zu einer zwangsläufigen. Es entfällt somit der Einwand, daß der KG-Vertrag notwendiger Bestandteil der Erbschaftsauseinandersetzung sei. Im übrigen ist dieser Umstand für die Rechtsbeurteilung nicht bedeutsam, da der KG-Vertrag einen selbständig zu betrachtenden Rechtsvorgang bildet, der eine Weiterverfügung durch die Miterben über die in dem Geschäftsvermögen enthaltenen GmbH-Anteile notwendig in sich schließt.

Schließlich kann auch die vom Reichsfinanzhof im Urteil II 184/40 vom 28. September 1940 (Slg. Bd. 49 S. 149) ausgesprochene Börsenumsatzsteuerfreiheit für die überweisung von Wertpapieren im Wege der Erbauseinandersetzung nicht auf den Fall ausgedehnt werden, in dem sich, wie hier, die Miterben verpflichten, ihre Anteile an dem Geschäftsvermögen, in dem börsenumsatzsteuerpflichtige Wertpapiere enthalten sind, auf eine KG zu übertragen. In dieser Verpflichtung ist eine Verfügung an einen Dritten begründet, auch wenn die Gesellschafter der KG mit den Erben identisch sind, weil die KG - wie oben ausgeführt - börsenumsatzsteuerrechtliche Selbständigkeit besitzt.

Es macht demnach für die steuerliche Würdigung keinen Unterschied, ob das Einbringen der Wertpapiere in die KG vor der Erbauseinandersetzung - im Wege gemeinschaftlicher Verfügung nach § 2040 BGB - in einem äußerlich mit der Erbauseinandersetzung verbundenen Gesellschaftsvertrag oder nach erfolgter Erbauseinandersetzung geschieht.

Somit ist die Bfin. zu Recht zur Börsenumsatzsteuer herangezogen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407389

BStBl III 1952, 137

BFHE 1953, 353

BFHE 56, 353

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