Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Was ist unter Ersatzbeschaffung im Sinne des § 7a EStG 1950 zu verstehen?

 

Normenkette

EStG § 7a

 

Tatbestand

Der Beschwerdegegner (Bg.), der als selbständiger Handelsvertreter in Textilwaren tätig ist, hatte bei einem Fliegerangriff im Jahre 1944 unter anderem seinen PKW Opel Super 6 Zyl. verloren. Nach Wiederaufnahme seiner Berufstätigkeit, die durch Wehrdienst und anschließende Kriegsgefangenschaft unterbrochen gewesen war, hat er sich am 20. Juni 1949 einen gebrauchten Opel PKW für 1.600 DM und am 13. September 1950 einen fabrikneuen PKW Mercedes für 8.662 DM angeschafft.

Bei der Veranlagung für 1950 machte der Bg. für den Mercedes PKW die Sonderabschreibung für Ersatzbeschaffung nach § 7a des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1950 geltend - für den im Jahre 1949 beschafften Opel PKW hatte er sie bei der Veranlagung für 1949 nicht beantragt -.

Das Finanzamt lehnte die Abschreibung auf den Mercedeswagen ab, denn nicht dieser, sondern der im Jahre 1949 angeschaffte Opel-PKW stelle die Ersatzbeschaffung für den 1944 verlorenen Kraftwagen dar.

Auf den Einspruch des Bg. sprach der Steuerausschuß ihm die Vergünstigung zu. Die dagegen vom Vorsteher des Finanzamts erhobene Berufung blieb ohne Erfolg.

Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, daß erst der im Jahre 1050 beschaffte Mercedes PKW das Ersatzwirtschaftsgut im Sinne des § 7 a EStG 1950 für den 1944 verlorenen Opel Super 6 Zyl. Wagen darstelle. Der 1949 vom Bg. eingestellte gebrauchte Opelwagen habe nicht dieselbe oder eine entsprechende Aufgabe wie der im Jahre 1944 aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedene Wagen erfüllt, da er wertmäßig mit diesem nicht verglichen werden könne. Nach der Verkehrsauffassung sei darum bei der Beschaffung des gebrauchten Opelwagens das Vorliegen einer Ersatzbeschaffung zu verneinen; diese habe erst 1950 durch die Inbetriebnahme des Mercedeswagens stattgefunden, weshalb dem Bg. die Sonderabschreibung nach § 7 a EStG 1950 mit Recht vom Steuerausschuß zugebilligt sei.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts, der eine Verletzung des § 7 a EStG 1950 rügt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Nach § 7 a EStG 1950 ist eine Sonderabschreibung nur möglich, wenn das ersetzte Wirtschaftsgut vor dem 21. Juni 1948 angeschafft worden ist. Der vom Bg. am 13. September 1950 in Dienst gestellte Mercedes PKW ist an die Stelle des am 20. Juni 1949, also nach dem 21. Juni 1948, beschafften, bis zum 13. September 1950 im Betriebe des Bg. benutzten Opelwagens getreten. Die Voraussetzungen der Vergünstigung sind mithin nicht gegeben. Mit dem Bg. hat das Finanzgericht in dem Kauf des am 20. Juni 1949 in Benutzung genommenen gebrauchten Opelwagens nur eine Zwischenlösung zur Ersatzbeschaffung für den im Jahre 1944 verlorenen Opel Super 6 Zyl. Wagen gesehen und den Mercedes PKW als die echte Ersatzbeschaffung behandelt. Dem kann nicht gefolgt werden.

In Widerspruch mit dem tatsächlichen Ablauf der Geschehnisse kommt das Finanzgericht zu dem Schluß, daß der vom Bg. am 20. Juni 1949 angeschaffte gebrauchte Opelwagen nicht dieselbe oder eine entsprechende Aufgabe wie der im Jahre 1944 verlorene Opel Super 6 Zyl. Wagen erfüllt habe, und will dies aus dem erheblichen Wertunterschied der beiden Fahrzeuge schließen. Unbestritten ist jedoch der gebrauchte Opelwagen vom 20. Juni 1949 bis zum 13. September 1950 im Betriebe des Bg. laufend benutzt worden. Es hat sich mithin nicht etwa um einen unbrauchbaren Gegenstand gehandelt, sondern um einen solchen, der sich - ungeachtet des Umstandes, daß er gegenüber dem verlorenen Opel Super 6 Zyl. geringwertiger war - eine nicht unerhebliche Zeit, nämlich 1 1/4 Jahr lang, den Anforderungen des Betriebes gewachsen gezeigt hat. Objektiv gesehen stellt sich der gebrauchte Opelwagen mithin als Ersatzwirtschaftsgut für den 1944 verloren gegangenen Wagen dar. Es ist dabei nicht zu fragen, von welchen Erwägungen der Bg. selbst bei der Einstellung des gebrauchten Opelwagens ausgegangen ist. Daß das Gesetz die Vergünstigung des § 7 a EStG an einen Antrag des Steuerpflichtigen bindet, bedeutet nicht, daß es damit in das Belieben des Steuerpflichtigen gestellt wäre, welche Beschaffung er als Ersatzwirtschaftsgut betrachten möchte. Vielmehr ist es allein auf objektive Merkmale abzustellen, ob das beschaffte Wirtschaftsgut nach seiner Art und Beschaffenheit geeignet war, dieselbe oder eine entsprechende Aufgabe im Betriebe des Steuerpflichtigen zu erfüllen. Das war hinsichtlich des am 20. Juni 1949 beschafften gebrauchten Opelwagens, wie sich aus dessen 1 1/4jährigen Benutzung ergibt, der Fall. Somit war die am 20. Juni 1949 geschehene Einstellung des gebrauchten Opelwagens, die nach § 7 a EStG zu begünstigende Ersatzbeschaffung, nicht die Anschaffung des Mercedeswagens am 13. September 1950. Die dem Bg. in der Einspruchsentscheidung zugebilligte Sonderabschreibung von 4.332 DM ist wieder hinzuzusetzen.

Demgemäß ist die Steuer wie folgt festzusetzen: Gewinn aus Gewerbebetrieb laut Einspruchs= entscheidung ------------------------------------- 22.967 DM hierzu die Sonderabschreibung ----------------- + - 4.332 DM -------------------------------------------------- 27.299 DM + Mieteinkunft-Anteil Erbengemeinschaft ------------- 158 DM -------------------------------------------------- 27.457 DM ab Sonderausgaben ------------------------------- - 1.080 DM -------------------------------------------------- 26.377 DM ab Freibetrag nach § 33a EStG ------------------- - 1.440 DM zu versteuerndes Einkommen ----------------------- 24.937 DM Steuer nach Steuerklasse III/2 -------------------- 8.765 DM.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407981

BStBl III 1954, 258

BFHE 59, 127

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge