Leitsatz (amtlich)

  1. Die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Ziff. 2 EStG, nach der Beiträge an ausländische Versicherungsunternehmen als Sonderausgaben nur abzugsfähig sind, wenn dem Versicherungsunternehmen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist, ist rechtsgültig.
  2. Da dem Pensionsfonds des "Foreign Service of the United States of America" keine Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist, sind die an diesen Fonds gezahlten Beiträge nicht als Sonderausgaben abzugsfähig.
 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1/2/b, § 10 Abs. 3/2, § 10 Abs. 3/1

 

Streitjahr(e)

1960

 

Tatbestand

Der steuerpflichtige Ehemann war im Jahre 1960 Angestellter einer amerikanischen Dienststelle im Bundesgebiet. Bei der Einkommensteuerveranlagung für 1960 machte er die von ihm gezahlten Beiträge zum Pensionsfonds des "Foreign Service of the United States of America" in Höhe von 1.081,08 DM als Sonderausgaben geltend. Das Finanzamt (FA) erkannte diesen Abzug nicht an.

Die Sprungberufung hiergegen hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus: Der Stpfl. sei dem Pensionsfonds im Jahre 1956 beigetreten, also zu einer Zeit, als nach dem damals geltenden § 10 Abs. 1 Ziff. 2 EStG 1955 eine Versicherungsdauer von fünf Jahren noch nicht Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug bei Versicherungsprämien gewesen sei. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob - wie die Stpfl. vortrügen - eine Versicherungsdauer von mindestens fünf Jahren Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen sei. Da das Versicherungsunternehmen, an das die streitigen Beiträge bezahlt worden seien, weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung im Inland habe und dem Pensionsfonds auch keine Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt sei, seien die Prämien nach § 10 Abs. 3 Ziff. 2 EStG 1960 nicht als Sonderausgaben abzugsfähig. Es beständen nach Auskunft des Auswärtigen Amtes keine Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik und den Vereinigten Staaten von Nordamerika, nach denen deutsche Angestellte des amerikanischen öffentlichen Dienstes Beiträge für ihre Altersversorgung statt an die deutsche Sozialversicherung an einen amerikanischen Pensionsfonds leisten könnten. Das Abzugsverbot gelte auch - wie schon der Reichsfinanzhof (RFH) entschieden habe (Urteil VI A 757/36 vom 30. September 1936, RStBl 1937 S. 94, Slg. Bd. 40 S. 104) -, wenn eine Erlaubniserteilung an ausländische Versicherungsunternehmen nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz überhaupt nicht vorgesehen sei. Die streitigen Zahlungen seien schließlich auch keine Beitragsleistungen zu gesetzlichen Rentenversicherungen im Sinn von § 10 Abs. 1 Ziff. 2 Buchst. a EStG 1960, weil hierunter nur die bundesgesetzlichen Rentenversicherungen zu verstehen seien.

Die Stpfl. wiederholen mit ihrer nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandelnden Rb. den Antrag auf Berücksichtigung der streitigen Beiträge zu dem Pensionsfonds als Sonderausgaben im Sinn von § 10 Abs. 1 Ziff. 2 Buchst. b EStG 1960. Nach ihrer Auffassung ist die Einschränkung der Abzugsfähigkeit für Beitragsleistungen an Versicherungsunternehmen, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben, durch die Entwicklung der Verhältnisse überholt. Sie verweisen darauf, daß das EStG 1925 in dem entsprechenden § 17 Abs. 1 Ziff. 3 eine solche Beschränkung nicht enthalten habe. Die Sonderregelung für ausländische Versicherungsunternehmen, die erstmals das EStG 1934 enthalten habe, und die auch noch in § 10 EStG 1960 unverändert übernommen worden sei, stamme aus der nationalsozialistischen Staatsgesinnung und der autarken Wirtschaftsordnung des Dritten Reichs. Wenn der Gesetzgeber diese auch die Gleichmäßigkeit der Besteuerung verletzende Einschränkung bisher nicht beseitigt habe, so sei dies eine Aufgabe der Rechtsprechung. Im übrigen sei der Pensionsfonds eine Zusatzversicherung für Angestellte des öffentlichen Dienstes, zu dem die in der Bundesrepublik bestehenden ausländischen Dienststellen zu rechnen seien, nachdem sie den in § 5 des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin (West) vom 7. März 1950 (BGBl I S. 41) genannten Körperschaften des öffentlichen Rechts gleichgestellt worden seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision gegen das in den "Entscheidungen der Finanzgerichte" 1964 S. 59 veröffentlichte Urteil ist nicht begründet.

Nach § 10 Abs. 1 Ziff. 2 Buchst. b in Verbindung mit Abs. 3 Ziff. 2 EStG 1960 sind Beiträge zu Versicherungsunternehmen, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben, als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn dem Unternehmen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist. Zu den Versicherungsunternehmen gehören auch Versorgungskassen, auf deren Leistung ein Rechtsanspruch besteht. Der Pensionsfonds, an den die streitigen Beiträge geleistet wurden, ist in diesem Sinn ein ausländisches Versicherungsunternehmen, das die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Nach dem Wortlaut des § 10 EStG 1960 sind daher die Beiträge nicht als Sonderausgaben abzugsfähig.

Die Auffassung der Stpfl., die in § 10 EStG für die Beiträge an ausländische Versicherungsunternehmen vorgenommene Beschränkung der Abzugsfähigkeit sei infolge der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung überholt und deshalb nicht mehr zu beachten, teilt der Senat nicht. Eine Auslegung gegen den Wortlaut des Gesetzes wird zwar in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht völlig abgelehnt. Sie ist jedoch nur zulässig, wenn das Ergebnis der Wortauslegung der wirtschaftlichen Vernunft widerspricht und zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt (BFH-Urteil IV 10/52 U vom 30. April 1952, BFH 56, 420; BStBl III 1952, 164). Das ist jedoch bei der wörtlichen Anwendung des § 10 Abs. 3 Ziff. 2 EStG 1960 nicht der Fall. Der Vorsteher des FA weist zutreffend darauf hin, daß diese Regelung die deutsche Versicherungswirtschaft begünstigen soll und daß sie insbesondere den Schutz der Versicherten bezweckt, weil ausländische Unternehmungen keiner Aufsicht im Bundesgebiet unterliegen. Bei dieser Sachlage ist das Ergebnis, das sich bei der wörtlichen Auslegung der Vorschrift ergibt, nicht sinnwidrig. Die Meinungen über die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit der Regelung mögen geteilt sein. Politische Erwägungen könnten vielleicht den Gesetzgeber zu einer Änderung des Gesetzes veranlassen. Sie berechtigen jedoch die Steuergerichte nicht zu einer Auslegung der Vorschrift gegen ihren klaren Wortlaut.

Da die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland an ausländische Versicherungsunternehmen, die im Bundesgebiet weder ihren Sitz noch ihre Leitung haben, nach § 111 des im Streitjahr geltenden Gesetzes über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen vom 6. Juni 1931 mit den hierzu ergangenen Änderungen erteilt werden kann, kommt dem Urteil des RFH VI A 757/36 (a. a. O.) für den Streitfall keine Bedeutung zu.

Das FG hat schließlich auch mit zutreffender Begründung einen Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Ziff. 2 Buchst. a EStG 1960 abgelehnt, weil nach dieser Vorschrift nur die Beiträge an die bundesgesetzliche Rentenversicherung abzugsfähig sind. Der Hinweis der Stpfl. in der mündlichen Verhandlung auf die Gleichstellung der ausländischen Dienststellen mit den in § 5 des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin (West) vom 7. März 1950 genannten Körperschaften des öffentlichen Rechts ändert hieran nichts. Diese Verwaltungsanordnung betrifft die Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) durch umsatzsteuerliche Maßnahmen. Sie kann schon wegen dieser besonderen Zweckbestimmung nicht auf andere Steuern übertragen werden.

 

Fundstellen

BFHE 1966, 139

BFHE 86, 139

StRK, EStG:10/1/2 R 83

LEXinform-Nr. 0009661

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