Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Nachweis von Unterhaltszahlungen an Angehörige im Heimatland

 

Leitsatz (NV)

1. Die Abhebungsbescheinigung einer jugoslawischen Bank reicht zum Nachweis von Unterhaltszahlungen eines in der Bundesrepublik beschäftigten jugoslawischen Arbeitnehmers an seine Angehörigen in der Heimat auch dann nicht aus, wenn das Konto bei der jugoslawischen Bank auf den Namen des jugoslawischen Arbeitnehmers lautet.

2. Macht der Arbeitnehmer anläßlich von Familienheimfahrten nach Jugoslawien Unterhaltszahlungen an seine Ehefrau, seine Kinder und andere am Ort des Haushalts der Ehefrau lebende Angehörige geltend, kann von der Vorlage inländischer Zahlungsbelege in Höhe eines Nettomonatslohns pro Familienheimfahrt abgesehen werden. Dies gilt jedenfalls so lange, wie nicht mehr als vier Familienheimfahrten im Kalenderjahr durchgeführt worden sind.

 

Normenkette

EStG § 33a

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist jugoslawischer Staatsangehöriger; er war im Streitjahr (1984) in H als Arbeitnehmer beschäftigt. Seine Ehefrau und seine beiden volljährigen verheirateten Söhne lebten in Jugoslawien.

In seiner Einkommensteuererklärung für 1984 machte der Kläger u. a. außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 10 500 DM geltend, und zwar für seine Ehefrau, die nach seinen Angaben mit seinen Kindern in seinem Haushalt in Jugoslawien lebte. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte die Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen ab.

Im Klageverfahren legte der Kläger Unterhalts - Bedürftigkeits - Bescheinigungen für seine Söhne vor.

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus:

Die Beteiligten seien sich inzwischen darüber einig, daß die Söhne des Klägers unterstützungsbedürftig i. S. des § 33 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien. Streitig sei lediglich, ob die Zahlungen des Klägers in gehöriger Form nachgewiesen seien. Das FA bestreite dies unter Hinweis auf Tz. 2.3 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 10. März 1986 (BStBl I, 117, 119); danach müsse der Kläger den Einzahlungsvorgang auf das Devisenkonto durch Inlandsbelege nachweisen. Das treffe nicht zu. In dem BMF-Schreiben seien Nachweiserfordernisse für den Fall aufgeführt, daß der Steuerpflichtige Geld auf ein nicht auf den Namen des Unterstützungsempfängers geführtes Auslandskonto einzahle. Dies könne aber nicht für Einzahlungsvorgänge auf das eigene Konto des Steuerpflichtigen gelten. Denn aus der Regelung des Nachweises für Zahlungen auf Konten, die nicht auf den Namen des Unterhaltsempfängers lauten, könne nicht geschlossen werden, daß damit gleichzeitig auch die Nachweisvoraussetzungen für Einzahlungen auf ein eigenes Konto geregelt werden sollten. Eine solche Voraussetzung wäre auch nicht sachgerecht. Denn die Valuta auf einem Auslandskonto des Steuerpflichtigen gehöre so lange zu seinem Vermögen, als sie nicht durch Auszahlungsvorgänge abgeflossen sei; erst dann könnten außergewöhnliche Belastungen entstehen. Die geltend gemachten Auszahlungen in Höhe von 10 500 DM seien im vorliegenden Fall jedoch unstreitig.

Außergewöhnliche Belastungen seien jedoch nur im Rahmen der sog. Opfergrenze anzuerkennen. Diese seien vom FA in seinem Schreiben vom 23. Januar 1986 zutreffend mit 3 435 DM ermittelt und dem Kläger mitgeteilt worden, ohne daß sich dieser dazu geäußert habe. Unterhaltszahlungen an andere Verwandte könnten sich unter diesen Umständen nicht mehr auswirken, so daß der Senat es offenlassen könne, ob der Kläger auch die Schwiegertöchter und etwaige Enkelkinder unterstützt habe.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung von Personen, für die im Veranlagungszeitraum weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) oder auf andere Leistungen für Kinder (§ 8 Abs. 1 BKGG) haben, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, daß die Aufwendungen, höchstens jedoch ein Betrag von 3600 DM, im Kalenderjahr für jede unterhaltene Person vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33 a Abs. 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung). Unterhaltsaufwendungen erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Gemäß § 33 a Abs. 1 Satz 4, 2. Halbsatz EStG ist die Frage, ob sich ein Steuerpflichtiger den Unterhaltsaufwendungen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen entziehen kann, nach inländischen Maßstäben zu beurteilen.

Danach setzt die Anerkennung eines Freibetrages gemäß § 33 a Abs. 1 EStG neben der Bedürftigkeit des Unterstützungsempfängers insbesondere den Nachweis der entsprechenden Zahlungen durch den Steuerpflichtigen voraus. Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 3. Juni 1987 III R 205/81 (BFHE 150, 151, BStBl II 1987, 675) entschieden, daß die Abhebungsbescheinigung einer jugoslawischen Bank allein zum Nachweis derartiger Unterhaltszahlungen nicht ausreicht. Der Senat hat dies mit der erfahrungsgemäß unterschiedlichen Zuverlässigkeit derartiger Bescheinigungen und der fehlenden Überprüfbarkeit sowie damit begründet, daß mit einer solchen Bescheinigung nicht nachweisbar sei, in welcher Höhe die Mittel aus den angeblichen Abhebungen den einzelnen unterstützten Personen zugeflossen sind. Diese Anforderungen weichen nicht von denjenigen im BMF-Schreiben im BStBl I 1986, 117, 119 ab; denn dort wird für den Fall, daß das Devisenkonto auf den Namen des Steuerpflichtigen lautet, nicht auf inländische Einzahlungsbelege verzichtet. Nichts anderes gilt für das BMF-Schreiben vom 5. Juni 1989 (BStBl I 1989, 181, 183).

Danach hat das FG zu Unrecht die behaupteten Einzahlungen auf das Konto des Klägers bei der jugoslawischen Bank als nachgewiesen angesehen; denn der Kläger hat keine entsprechenden Inlandsbelege vorgelegt. Das Urteil des FG ist mithin aufzuheben und die Sache gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

Bei seiner erneuten Entscheidung wird das FG zu berücksichtigen haben, daß die Finanzverwaltung Beweiserleichterungen für den Fall geschaffen hat, daß der Steuerpflichtige die Mitnahme von Bargeld durch ihn selbst anläßlich eigener Familienheimfahrten geltend macht. Nach den vorerwähnten BMF-Schreiben kann in diesen Fällen auf Zahlungsbelege verzichtet werden, soweit aus einem solchen Anlaß lediglich die Mitnahme eines Nettomonatslohns für den Unterhalt des Ehegatten, der Kinder und anderer am Ort des Haushalts des Ehegatten lebender Angehöriger geltend gemacht wird.

Aufgrund dieser, auf der Lebenserfahrung beruhenden Beweiserleichterungen, denen sich der Senat anschließt, wird das FG zu prüfen haben, wie oft der Kläger im Streitjahr seine Familie besucht hat. Im Hinblick darauf, daß die erwachsenen Söhne des Klägers offensichtlich in demselben Ort gewohnt haben wie seine Ehefrau, kann das FG von der Mitnahme von Nettomonatsgehältern entsprechend der Anzahl der Familienheimfahrten ausgehen. Dies gilt jedenfalls so lange, wie nicht mehr als vier Familienheimfahrten im Kalenderjahr nachweislich durchgeführt worden sind.

Die danach ermittelten Beträge sind jedoch nicht allein auf die Söhne zu verteilen. Vielmehr wird das FG zu berücksichtigen haben, daß auch die Ehefrau des Klägers als Unterhaltsempfängerin i. S. des § 33 a Abs. 1 EStG in Betracht kommt.

Abweichend von der früheren Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 22. Juni 1979 VI R 85/76, BFHE 128, 236, BStBl II 1979, 660) hat der Große Senat des BFH mit Beschluß vom 28. November 1988 GrS 1/87 (BFHE 154, 556, BStBl II 1989, 164) entschieden, daß Unterhaltsleistungen eines Ehegatten an den von ihm nicht dauernd getrennt lebenden, nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen anderen Ehegatten als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 a Abs. 1 EStG abziehbar sein können. Insoweit genügt - wegen der dargestellten Rechtsprechungsänderung - zum Nachweis der Bedürftigkeit der Ehefrau die Vorlage einer - auch nachträglich erstellten - amtlichen Bedürftigkeitsbescheinigung (vgl. insoweit auch BMF-Schreiben vom 16. Januar 1990, BStBl I, 57).

Ferner wird das FG bei seiner erneuten Entscheidung zu beachten haben, daß die sog. Opfergrenze (BFH-Urteil vom 4. April 1986 III R 245/83, BFHE 147, 231, BStBl II 1986, 852) nicht im Verhältnis zu gemäß § 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuches vorrangig unterhaltsberechtigten Personen, also Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kindern gilt. Unterhaltszahlungen gegenüber der Ehefrau sind deshalb ggf. ohne Rücksicht auf die bestehende Opfergrenze in Höhe des Höchstbetrages, der im Streitfall allerdings wegen des Lebenskostenniveaus in Jugoslawien nur in Höhe von 2 400 DM anzusetzen ist, zu berücksichtigen. Der Rest ist - ggf. nach Kopfteilen (BFH-Urteil vom 30. Juni 1989 III R 258/83, BFHE 157, 422, BStBl II 1989, 1009) - unter Beachtung der Opfergrenze auf die beiden erwachsenen Söhne des Klägers zu verteilen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63600

BFH/NV 1991, 595

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