Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch eines Teilnehmers an einem Flurbereinigungsverfahren auf Geldabfindung (§ 52 Abs. 1 FlurbG) entsteht mit der Einwilligung der Flurbereinigungsbehörde zu der Verhandlungsniederschrift über die Zustimmung des Teilnehmers zu der Geldabfindung.

 

Normenkette

BewG 1965 § 110 Abs. 1 Nr. 1; FlurbG § 10 Nr. 1, § 17 Abs. 2, § 18 Abs. 1, § 44 Abs. 1, §§ 52, 129-131, 137, 140, 141 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) hat bei der Vermögensteuerveranlagung der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) auf den 1. Januar 1967 durch Bescheid vom 25. November 1970 unter den Kapitalforderungen einen Anspruch auf Geldabfindung aus dem Flurbereinigungsverfahren angesetzt. Die Klägerin war Eigentümerin verschiedener unbebauter Grundstücke, die dem Flurbereinigungsverfahren unterlagen. Sie hatte sich am 18. November 1966 in einer mündlichen Verhandlung vor der Flurbereinigungsbehörde nach § 52 des FlurbG vom 14. Juli 1953 (BGBl I 1953, 591) unwiderruflich damit einverstanden erklärt, statt der ihr zustehenden Landabfindung in Geld abgefunden zu werden. Der Abfindungsbetrag wurde in das Verhandlungsprotokoll aufgenommen. In dem Protokoll wurde außerdem festgelegt, daß die Grundstücke nicht mehr veräußert oder belastet werden dürften, daß die Geldabfindung erst nach Vorliegen eines Nachweises der Eintragung eines Verfügungsverbots im Grundbuch durch die Teilnehmergemeinschaft ausgezahlt werden sollte und daß Besitz, Verwaltung und Nutzung an den genannten Grundstükken am 1. Januar 1967 auf die Teilnehmergemeinschaft übergehen sollten. Der Vorsteher des Amtes für Flurbereinigung und Siedlung hat dem Ergebnis der Verhandlung am 1. Dezember 1966 zugestimmt. Nach den Feststellungen des FG sind die Verfügungsverbote am 7. Dezember bzw. am 14. Dezember 1966 in die Grundbücher eingetragen worden. Die Abfindungssumme ist am 23. Dezember 1966 zur Auszahlung angewiesen und am 31. Dezember 1966 auf ein Konto der Klägerin überwiesen worden, auf dem sie unter dem Datum vom 3. Januar 1967 gutgeschrieben wurde. Die Klägerin hat von der Überweisung erst durch einen Kontoauszug ihrer Bank vom 18. Januar 1967 erfahren.

Die Sprungklage, mit der die Klägerin sich gegen den Ansatz des Anspruchs auf Geldabfindung wandte, weil dieser am 1. Januar 1967 noch nicht entstanden gewesen sei, hatte keinen Erfolg. Das FG war der Auffassung, daß es sich um einen Anspruch öffentlich-rechtlicher Art handle, der von Gesetzes wegen vor dem 1. Januar 1967 entstanden und kraft Gesetzes von der Teilnehmergemeinschaft zu erfüllen gewesen sei.

Die Klägerin beantragt mit der Revision, unter Aufhebung des FG-Urteils und des angefochtenen Vermögensteuerbescheides die Vermögensteuer nach der Vermögenserklärung der Klägerin auf den 1. Januar 1967 festzusetzen. Es wird Verletzung des § 12 Abs. 1 BewG 1965 gerügt. Die Revision wird im wesentlichen wie folgt begründet: Öffentlich-rechtliche Ansprüche auf Abfindung oder Entschädigung in Geld brauchten noch keine Kapitalforderungen im Sinne des § 12 Abs. 1 BewG 1965 zu sein. Zu ihrer Entstehung sei zum Beispiel noch ihre Festsetzung oder Anerkennung durch einen unanfechtbaren Bescheid erforderlich. § 53 und § 67 FlurbG stellten die Zahlung der Geldabfindung in das Ermessen der Teilnehmergemeinschaft. Voraussetzung für den Ansatz der Forderung sei, daß sie einklagbar und realisierbar wäre und daß über sie hätte verfügt werden können. Die Flurbereinigungsbehörde habe aber in ihrem Schreiben vom 20. August 1970 selbst erklärt, daß sie nicht entscheiden könne, inwieweit die Geldabfindung einklagbar gewesen sei. Die Klägerin habe am 1. Januar 1967 noch nicht durch Abtretung über die Abfindungssumme verfügen können, weil sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht ihrem Konto gutgeschrieben gewesen sei. Am 1. Januar 1967 sei die Auszahlung noch völlig ungewiß gewesen. Es sei ein reiner Zufall, daß der Betrag im Januar 1967 ausgezahlt worden sei. Bewertungsrechtlich könne es nur auf den Tag der Auszahlung ankommen, wie sich aus § 53 Abs. 1 Satz 2 FlurbG ergebe. Auch der Umstand, daß die Klägerin sich in der Verhandlung am 18. November 1966 damit einverstanden erklärt habe, daß die Geldabfindung nicht vor dem Nachweis der Eintragung des Verfügungsverbots ausgezahlt werde, könne zu keinem anderen Ergebnis führen. Damit sei nur festgestellt, daß die Auszahlung bis zum Nachweis nicht vorgenommen zu werden brauche, nicht aber, daß sie beim Nachweis vorgenommen werden müsse. Es müsse auch berücksichtigt werden, daß die Klägerin bis zum Abschluß des Flurbereinigungsverfahrens noch Eigentümerin der Grundstücke geblieben sei, wie auch das FG zutreffend festgestellt habe.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Voraussetzung für den Ansatz einer Kapitalforderung beim sonstigen Vermögen nach § 110 Abs. 1 Nr. 1 BewG 1965 ist, daß sie in dem maßgebenden Veranlagungszeitpunkt bereits rechtlich entstanden war. Ihre Fälligkeit kann dagegen nur für die Höhe des Ansatzes von Bedeutung sein, z. B. dann, wenn es sich um niedrig verzinsliche langfristige Kapitalforderungen oder um unverzinsliche befristete Kapitalforderungen im Sinne des § 12 Abs. 3 BewG 1965 handelt. Der Senat stimmt dem FG darin zu, daß es sich bei dem Anspruch auf Geldabfindung aus dem Flurbereinigungsverfahren um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch handelt, dessen Entstehung sich allein nach den Vorschriften des Flurbereinigungsgesetzes richtet. Das FG ist auch zu Recht davon ausgegangen, daß der Anspruch mit der Zustimmung des Vorstehers der Flurbereinigungsbehörde zu der Verhandlung vom 18. November 1966 rechtlich entstanden war. Das ergibt sich eindeutig aus dem Flurbereinigungsgesetz. Die Klägerin ist nach § 10 Nr. 1 FlurbG als Eigentümerin von Grundstücken, die zum Flurbereinigungsgebiet gehören, als Teilnehmerin am Flurbereinigungsverfahren beteiligt. Sie ist als Teilnehmerin nach § 44 Abs. 1 FlurbG für ihre Grundstücke mit Land von gleichem Wert abzufinden. Nach § 52 Abs. 1 FlurbG kann sie aber mit ihrer Zustimmung statt in Land ganz oder teilweise in Geld abgefunden werden. Diese Zustimmung bedarf nach § 52 Abs. 2 Satz 1 FlurbG zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Nach § 52 Abs. 2 Satz 2 FlurbG kann sie nicht mehr widerrufen werden, wenn sie der Flurbereinigungsbehörde zugegangen oder in einer Verhandlungsniederschrift (§§ 129 bis 131 FlurbG) aufgenommen worden ist. Aus diesen Vorschriften geht hervor, daß die Zustimmung eines Teilnehmers zur Geldabfindung eine einseitige Willenserklärung des Teilnehmers ist, die der Flurbereinigungsbehörde gegenüber abzugeben ist. Es handelt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht um einen Vertrag zwischen dem Teilnehmer und der Teilnehmergemeinschaft, so daß eine Beteiligung der Teilnehmergemeinschaft an der Verhandlung nicht erforderlich ist. Der Anspruch auf Geldabfindung kann allerdings, weil er automatisch eine entsprechende Zahlungsverpflichtung der Teilnehmergemeinschaft auslöst, nach § 17 Abs. 2 letzter Satz FlurbG nur mit Einwilligung der Flurbereinigungsbehörde entstehen. Diese Einwilligung ist aber durch die Zustimmung des Vorstehers der Flurbereinigungsbehörde zu dem Ergebnis der Verhandlung erteilt. Diese Zustimmung des Vorstehers ist ein Verwaltungsakt, der, wie die Klägerin zutreffend meint, zur Entstehung des Anspruchs erforderlich ist. Der Anspruch ist von diesem Zeitpunkt an auch realisierbar und abtretbar. Die Teilnehmergemeinschaft ist nach § 18 Abs. 1 letzter Satz FlurbG verpflichtet, die in der Verhandlung festgesetzte Zahlung nach Eintritt der Fälligkeit zu leisten. Kommt sie dieser Verpflichtung nicht nach, so ist nach § 18 Abs. 3 FlurbG die Beschwerde an die Flurbereinigungsbehörde gegeben. Diese kann die Verpflichtung der Teilnehmergemeinschaft im Rahmen des § 137 FlurbG durch Zwangsmittel durchsetzen. Lehnt sie das ab, so ist nach § 141 Abs. 1 FlurbG Beschwerde bei der oberen Flurbereinigungsbehörde und dann eventuell nach § 140 FlurbG Klage beim Flurbereinigungsgericht gegeben (vgl. Steuer, Flurbereinigungsgesetz, 2. Aufl., § 141, Anm. 4 zu Abs. 1). Auch die Abtretung des Anspruchs ist nach seiner Entstehung ohne Rücksicht auf seine Fälligkeit möglich.

Dem FG ist auch darin zuzustimmen, daß im Streitfall das Hinausschieben der Fälligkeit sich auf die Höhe der festgesetzten Vermögensteuer nicht auswirken kann. Dabei braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden, ob der Anspruch als eine unverzinslich befristete Forderung im Sinne des § 12 Abs. 3 BewG 1965 angesehen werden kann. Das FG hat mit Recht darauf hingewiesen, daß sich auch bei Anwendung des § 12 Abs. 3 BewG 1965, weil am Stichtag die Überweisung bereits durchgeführt war, infolge der Abrundung des gesamten Vermögens auf volle 1 000 DM nach unten durch die Abzinsung für drei Tage keine Auswirkung ergeben würde.

Der Senat kann im vorliegenden Verfahren auch nicht darüber entscheiden, wem die am Flurbereinigungsverfahren beteiligten Grundstücke der Klägerin am 1. Januar 1967 steuerlich zuzurechnen waren. Abgesehen davon, daß die Entscheidung darüber nur in einem Einheitswertfeststellungsverfahren getroffen werden könnte, sind diese Grundstücke vom FA auch in dem angefochtenen Vermögensteuerbescheid gar nicht erfaßt worden.

 

Fundstellen

BStBl II 1974, 332

BFHE 1974, 538

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