Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Hat eine GmbH zur Absicherung des Pensionsversprechens an einen Gesellschafter-Geschäftsführer eine Rückdeckungsversicherung geschlossen und gelangt der Gesellschafter beim Ausscheiden aus der Gesellschaft zur Abfindung seiner Ansprüche in den Genuß der Versicherung, indem die Rückdeckungsversicherung in eine Direktversicherung umgewandelt wird, so ist die Versicherung mit dem Rückkaufswert anzusetzen.

 

Normenkette

KStG § 6; EStG §§ 5, 6/1/2

 

Tatbestand

Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige - Stpfl. -), eine GmbH, hatte im Jahre 1953 ihrem beherrschenden Gesellschafter- Geschäftsführer P. eine Pensionszusage gegeben und gleichzeitig mit einer Lebensversicherungsgesellschaft eine Rückdeckungsversicherung gleichen Inhalts geschlossen. Bis zum 31. Dezember 1958 zahlte die Stpfl. 79 123,20 DM Versicherungsprämien. Die Versicherung sollte am 1. Januar 1962 fällig sein.

In der Bilanz per 31. Dezember 1958 aktivierte die Stpfl. die Rückdeckungsversicherung zum Rückkaufswert mit 58 485 DM, den Pensionsanspruch passivierte sie mit einem errechneten Deckungskapital von 64 365 DM. Das Deckungskapital der Rückdeckungsversicherung betrug in diesem Zeitpunkt 63 937 DM.

Die Gesellschafterversammlung faßte am 10. Januar 1959 folgenden Beschluß:

Nach eingehender Erörterung der Lage erklärt sich P. bereit, gegen eine Abfindung von der Geschäftsführung zurückzutreten unter der Bedingung, daß die ihm zu zahlende Abfindung eine wirklich ausreichende Entschädigung für die entgehenden Einnahmen bedeute. Immerhin entgehen ihm etwa DM 130 000 für die Zukunft vertraglich zustehende Einnahmen.

In Berücksichtigung dieser Tatsache beschließen die beiden Gesellschafter übereinstimmend, daß P. mit einer Entschädigung in Höhe von DM 65 000, welcher Betrag sofort fällig ist, abgefunden werden soll.

P. erklärt, daß er mit dieser Entschädigung für alle ihm von der Firma (Stpfl.) vertraglich zustehenden Einnahmen einschließlich der Pensionszusage abgefunden ist und keinerlei Ansprüche mehr gegen die Firma geltend zu machen hat. Er legt die Geschäftsführung mit sofortiger Wirkung nieder.

Daraufhin erfolgte die Auszahlung der Abfindung. Die Rückdeckungsversicherung wurde in eine Direktversicherung umgewandelt; Grundlage der Umwandlung war der Rückkaufswert. Dadurch gelangte P. in den Genuß der Versicherung und erhielt einen Betrag von 6515 DM bar ausbezahlt.

Der Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA -) berechnete den an P. ausgeschütteten Wert auf Grund der zu seinen Gunsten für die Rückversicherung gezahlten Prämien abzüglich des Rückkaufswertes, zu dem die Umwandlung erfolgte, und gelangte so zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 20 638 DM.

Dieser Betrag wurde dem Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr 1959 zugrunde gelegt.

Mit der Berufung wandte sich die Stpfl. gegen die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung.

Das Finanzgericht (FG) hat der Berufung teilweise stattgegeben. Es geht davon aus, daß 65 000 DM der Betrag ist, der P. als Abfindung zustand; jede Zuwendung über diesen Betrag hinaus entbehre der rechtlichen Grundlage und sei daher nicht Betriebsausgabe, sondern verdeckte Gewinnausschüttung.

Der steuerbilanzmäßige Wert der umgewandelten und auf P. übertragenen Rückdeckungsversicherung betrage 63 937 DM. Der Gegenwartswert einer Versicherung entspreche dem nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechneten Deckungskapital. Dieser Wert sei bei der Umwandlung einer Versicherung anzusetzen, denn weder der Rückkaufswert noch die Summe der eingezahlten Prämien entsprächen dem angesparten Kapital. Für die Umwandlung einer Versicherung, die zu den gleichen Bedingungen weiterlaufe, sei der Rückkaufswert daher nicht maßgeblich, er sei niedriger als der Gegenwartswert der Versicherung. Der Rückkaufswert sei nur dann anzusetzen, wenn der Versicherungsvertrag endgültig gekündigt werde; das sei hier nicht der Fall. Die Umwandlung sei nicht als Kündigung und Neuabschluß anzusehen, sondern als übertragung des Versicherungsanspruchs, als Wechsel in der Person des Berechtigten aus der Versicherung.

Durch die Umwandlung der Rückdeckungsversicherung in eine Direktversicherung habe P. eine Zuwendung im Werte des Deckungskapitals der Versicherung, also im Werte von 63 937 DM erhalten. Dieser Wert sei ihm aus dem Vermögen der Stpfl. zugeflossen, denn vor der Umwandlung sei die Stpfl. die Berechtigte aus dem Versicherungsvertrag gewesen. Daran werde deutlich, daß die Stpfl. in der Bilanz den Wert der Rückdeckungsversicherung mit dem Rückkaufswert unrichtig ausgewiesen habe. Durch diese unrichtige Bilanzierung sei ein Buchgewinn entstanden, der unzulässigerweise an P. ausgekehrt worden sei.

 

Entscheidungsgründe

Die als Revision zu behandelnde Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und des Steuerbescheids.

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Gesellschafter P. nach dem Gesellschafterbeschluß eine Abfindung in Geld oder Geldeswert von 65 000 DM erhalten sollte und daß darüber hinausgehende Zuwendungen verdeckte Gewinnausschüttung wären. Der Vorentscheidung kann aber nicht darin gefolgt werden, daß durch die Umwandlung der Rückdeckungsversicherung in eine Direktversicherung die Stpfl. um den Wert des Deckungskapitals der Versicherung entreichert worden ist. Es ist richtig, daß nach den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) I 191/59 S vom 28. November 1961 (BFH 74, 266, BStBl III 1962, 101) und I 221/60 U vom 5. Juni 1962 (BFH 75, 407, BStBl III 1962, 416) der Rückdeckungsvertrag bei dem Versicherungsnehmer mit dem Betrag des Deckungskapitals aktiviert werden muß. In diesen Entscheidungen geht der BFH von der Vorstellung aus, daß das Versicherungsvertragsverhältnis im allgemeinen keine wirtschaftliche Fehldisposition darstellt und daher auch von einem Erwerber des Unternehmens fortgesetzt wird; darum muß die Rückdeckungsversicherung mit dem Deckungskapital aktiviert werden. Etwas anderes muß aber gelten, wenn der Vertrag entgegen dieser Annahme nicht fortgesetzt wird. Für diesen Fall steht dem kündigenden Versicherungsnehmer nur der Rückkaufswert zu, durch den im Jahre der Kündigung ein Verlust entsteht.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist jeder Vorteil, den eine Erwerbsgesellschaft außer der Dividende ihren Gesellschaftern mit Rücksicht auf deren Eigenschaft als Gesellschafter zuwendet; es handelt sich stets um eine Vorteilszuwendung zu Lasten des Gewinns oder der Substanz (vgl. auch Westerfeld-Glade, Verdeckte Gewinnausschüttung als steuerrechtliches und betriebswirtschaftliches Problem, 2. Auflage, S. 27 ff.). Das bedeutet steuerrechtlich, daß ein Gesellschafter bei Rechtsgeschäften mit seiner Gesellschaft nicht besser - aber auch nicht schlechter - gestellt sein soll als eine unbeteiligte dritte Person. Dem Gesellschafter kann darum die Rückdeckungsversicherung, die ihm zur Befriedigung seiner Forderung übertragen wird, nur dann zum Deckungsbetrag angerechnet werden, wenn dadurch in dieser Höhe eine Entreicherung der Gesellschaft angenommen werden kann, d. h. wenn sie in dieser Höhe ihr Vermögen gemindert hat. Hier konnte die Stpfl. nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses von der Versicherung nur den Rückkaufswert erhalten. Auch für jeden Dritten hätten die Rechte gegenüber der Versicherung, deren sich die Stpfl. entledigte, keinen höheren Wert gehabt. Ein höherer Wert (Deckungskapital) käme nur in Frage, wenn ein Dritter das Unternehmen im ganzen übernommen hätte und die Rückdeckungsversicherung hätte fortsetzen wollen; in diesem Falle hätten die Versicherungsrechte den Wert des Deckungskapitals behalten. Im vorliegenden Falle hatten die Rechte gegenüber der Versicherung für die Stpfl. nur den Rückkaufswert, d. h. daß in Höhe des Unterschiedes zwischen dem Rückkaufswert und dem Deckungskapital ein bilanzmäßiger Verlust eintrat. Dieser Verlust ist der Gesellschaft durch die Beendigung des Versicherungsverhältnisses entstanden und kann nicht dem Gesellschafter zugerechnet werden.

Auch daß der Gesellschafter die Versicherung fortsetzt, führt nicht zu einer anderen Beurteilung; die Versicherung setzt den Vertrag mit dem Gesellschafter gegen eine Einzahlung in Höhe des Rückkaufswerts fort - wie das Schreiben der Versicherung vom 9. Juni 1961 zeigt; danach war diese bereit, die von der Stpfl. aufgekündigte Versicherung mit P. gegen Einzahlung des Rückkaufswertes fortzusetzen. Der Gesellschafter hat demnach von seiner Gesellschaft nicht mehr als den Rückkaufswert erhalten; dieser Betrag ist für die Berechnung der dem Gesellschafter geleisteten Abfindung zugrunde zu legen.

Da die Vorentscheidung und der Steuerbescheid von einer anderen rechtlichen Beurteilung ausgegangen sind, sind sie aufzuheben.

 

Fundstellen

BStBl III 1967, 328

BFHE 1967, 126

BFHE 88, 126

BB 1967, 617

DB 1967, 885

DStR 1967, 354

StRK, KStG:6/1/2 R 127

NWB, F. 4 S.1032 Nr. 63 F. 17a S. 1057 Nr. 13

BFH-N, Nr. 9 zu § 6 Abs. 1 KStGVGA

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