Leitsatz (amtlich)

1. Der Senat tritt der Auffassung der Verwaltungs-Richtlinien der Länder betreffend: Einkommensteuerliche und körperschaftsteuerliche Auswirkungen des REG hinsichtlich der Behandlung der Nutzungen bei der Rückerstattung durch den Rückerstattungsverpflichteten an den Rückerstattungsberechtigten bei.

2. Art. 32 Abs. 2 amerik. REG und Art. 27 brit. REG haben auch steuerliche Auswirkungen. Der Rückerstatlungsverpflichtete darf die herauszugebenden Nettonutzungen bei der Ermittlung seines Einkommens nicht abziehen; der Rückerstattungsberechtigte ist mit diesem Betrag nicht zur Einkommensteuer heranzuziehen.

 

Normenkette

Amerik. REG Art. 32 Abs. 2, Art. 91; brit. REG Art. 27, 77

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) war bis zum 11. Juli 1951 eine OHG. Seit diesem Tage ist sie eine KG, deren alleiniger Kommanditist der Kaufmann A. mit einer Einlage von 60 000 DM ist. Die Bfin. hat in der Bilanz vom 31. Dezember 1949, die die Grundlage der Einkommensbesteuerung der Gesellschafter für II/1948 und 1949 bildet, eine Rückstellung von 22 000 DM gemacht. Zur Begründung dieser Rückstellung hat sie ausgeführt: "Der frühere Gesellschafter A., jetzt in Amerika wohnhaft, hat auf Grund des Rückerstattungsgesetzes die Rückübertragung seiner früheren Anteile verlangt und gleichzeitig eine Entschädigung gefordert für die entgangene Nutzung seit seinem Austritt. Für diesen Nutzungsanspruch, der erfolgswirksam zu verbuchen ist, ist auf Grund vorsichtigster Berechnung zunächst ein Betrag von 22 000 DM zurückgestellt."

Die Rückstellung ist bei der einheitlichen Gewinnfeststellung nicht anerkannt worden.

Zur Begründung hat das Finanzamt ausgeführt, die Herausgabe der Nutzungen dürfe den Gewinn der Bfin. nicht mindern. Wenn die Vergleichssumme als Nutzungsentschädigung geleistet werde, so sei dieser Betrag eine Kapitalentnahme des (bzw. der) Rückerstattungsverpflichteten.

Die Bfin. machte hiergegen im Berufungsverfahren geltend, zur Zeit der Bilanzaufstellung für die Jahre II/1948 und 1949 sei sie bereit gewesen, dem früheren Gesellschafter eine Gewinnbeteiligung von 15 % ab 21. Juni 1948 zuzubilligen. Auf dieser Grundlage sei die Rückstellung per 31. Dezember 1949 ermittelt worden.

Gewinn II /1948 bis 1949 rund 150 000 DM

15 % 22 000 DM.

Nach dem am 6. Juli 1951 geschlossenen Rückerstattungsvergleich habe der Gesellschafter A. zum Ausgleich für die von den übrigen Gesellschaftern bezogenen Gewinne in der Zeit vom 21. Juni 1948 bis 31. Dezember 1950 einen Betrag von 60 000 DM erhalten. Hierbei sei zwar der Ausdruck "Nutzungen" erwähnt worden. Der Ausdruck decke sich jedoch in diesem Falle nicht mit dem Begriff Nutzungen im Sinne des Rückerstattungsgesetzes (REG). Es sei vielmehr eine Gewinnbeteiligung des Rückerstattungsberechtigten für die Zeit ab 21. Juni 1948 gewollt gewesen. Der Betrag von 60 000 DM ergebe sich aus dem Gewinn der Bfin. für die Zeit vom 21. Juni 1948 bis 31. Dezember 1950, und zwar ohne Berücksichtigung von Steuern.

Gesamtgewinn -- ohne Berücksichtigung der Rückstellung A. --

vom 21. Juni 1948 bis 31. Dezember 1950 285 101 DM

davon 20 % 57 020 DM

abgerundet 60 000 DM.

Da die Entwicklung der Verhandlungen bis zum Vergleichsabschluß und die Berechnung des Gewinnanteils von 60 000 DM nach der Höhe des Bruttogewinnes ab 21. Juni 1948 zeigten, daß es sich um einen Gewinnanteil vor Abzug von Steuern handle, könne das im Vergleich angeführte Wort "Nutzungen" nicht im Sinne des REG verstanden werden. Es liege eine vom Gesetz abweichende Regelung hinsichtlich der Herausgabe der Nutzungen vor, die dementsprechend abweichend steuerlich beurteilt werden müsse. Wenn das Finanzamt meine, der Rückerstattungsberechtigte habe Anspruch auf eine Nutzung vor dem 21. Juni 1948, so müsse diese Untersuchung schon allein deshalb ausscheiden, weil im Vergleich ganz klar auf Nutzungen vor dem 21. Juni 1948 verzichtet werde. Auch aus dem Schreiben des Vertreters der Rückerstattungsverpflichteten vom 20. März 1951 gehe eindeutig hervor, daß der Rückerstattungsberechtigte bis zum 21. Juni 1948 die Nutzung in vollem Umfang in RM erhalten habe. Wenn der Rückerstattungsberechtigte der Ansicht sei, es handle sich um eine Nettonutzung, so erklärte die Bfin., daß es sich lediglich um eine Bruttoschätzung gehandelt habe. Die Bestimmung des Vergleichs, nach der eine Gewinnbeteiligung ab 1. Januar 1951 für den Rückerstattungsberechtigten eingeführt worden sei, habe nur redaktionelle Bedeutung, da mit Wirkung vom 1. Januar 1951 erst die Abtretung der Kapitalanteile an den Rückerstattungsberechtigten erfolgen sollte. Jeder Vergleich sei mehr oder weniger stets eine Vereinbarung, die vom formellen Recht abweiche. Gerade die wirtschaftliche Betrachtungsweise führe in diesem Falle zu dem Ergebnis, daß der hier zu zahlende Betrag von 60 000 DM niemals eine Reinnutzung sein könne.

Das Finanzgericht lehnte die Berufung als unbegründet ab. Es handle sich um einen außerbetrieblichen Vorgang. Die Rückerstattungsansprüche seien lediglich gegen die Gesellschafter der OHG gerichtet. Sie berührten den Betrieb selbst nicht. Ergänzend führte das Finanzgericht jedoch aus, es scheine allerdings die Auffassung zutreffend zu sein, daß es sich bei den Zahlungen um den Reinertrag der Nutzungen im Sinne des REG gehandelt habe.

Die Rechtsbeschwerde ist der Ansicht, daß ein betrieblicher Vorgang gegeben sei. Des weiteren wendet sie sich in Ausführungen tatsächlicher Natur gegen die Ansicht der Vorentscheidung, daß es sich um Nettonutzungen im Sinne des REG gehandelt habe. Im Streitfall seien gleichartige wirtschaftliche Verhältnisse wie in dem Falle der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 52/52 U vom 23. September 1952, Slg. Bd. 56 S. 738, Bundessteuerblatt (BStBl.) III S. 283, gegeben. Das Finanzamt ist in seiner Stellungnahme gegenteiliger Auffassung. Der Reinertrag der Nutzungen sei, wie die Akten der Wiedergutmachungskammer bewiesen, im wahrsten Sinne des Wortes ausgehandelt worden. Das sei vom Rückerstattungsberechtigten bzw. von seinem Vertreter ausdrücklich bestätigt worden. Im übrigen stützt sich das Finanzamt auf die Rechtsauffassungen des Erlasses des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 3. Juli 1950 S 2153--7101/VC (Steuerblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1950 S. 312).

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rechtsbeschwerde ergibt folgendes:

Der Rechtsbeschwerde ist darin beizupflichten, daß der Rückerstattungsvorgang, der das betriebliche Vermögen der OHG zum Gegenstand hat, bei der einheitlichen Gewinnfeststellung zu berücksichtigen ist. Daß die Rückerstattung sich gegen die einzelnen Gesellschafter gerichtet hat, steht dem nicht entgegen. Die OHG ist eine Personengesellschaft, die auch steuerlich nicht wie eine Körperschaft behandelt wird. Die einheitliche Gewinnfeststellung dient lediglich dazu, die Einkünfte der Gesellschafter im Interesse der Vereinfachung und zur Vermeidung widersprechender Entscheidungen einheitlich festzustellen. Hinsichtlich des einzelnen Gesellschafters handelt es sich um einen betrieblichen Vorgang. Die Vorentscheidung muß deshalb aufgehoben werden.

Desgleichen ist der Rechtbeschwerde darin beizupflichten, daß der Frage, ob Brutto- oder Nettonutzungen vorliegen, Bedeutung zukommt.

Die Streitfrage berührt die Systematik des REG. Es ist insbesondere die Frage zu entscheiden, ob die in Art. 32 Abs. 2 amerik. REG vorgesehene Anrechnung der entrichteten Steuern bei der Herausgabe der Nutzungen auch einkommensteuerlich von Bedeutung ist. Art. 27 Abs. 1 brit. REG enthält allerdings nicht ausdrücklich eine gleichartige Anordnung. Wie jedoch das Oberlandesgericht Hamburg in seiner Entscheidung -- 5 W 62 und 64/50 vom 30. Oktober 1950 (RzW/NJW 1951 S. 16) ausführt, ist bei Berechnung des Reinertrags der Nutzungen die Einkommensteuer des Pflichtigen in gleicher Weise wie in der amerikanischen Zone abzusetzen. Hinsichtlich der Begründung wird im einzelnen auf diese Entscheidung verwiesen (siehe auch 12. Durchführungsverordnung zur Durchführung des Artikels 27 des Gesetzes Nr. 59 der Militärregierung vom 19. März 1951, abgedruckt BStBl. 1951 II S. 62).

Mit der Frage hat sich bereits das Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs I D 2/50 S vom 22. August 1950, Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen (Bay.FMBl.) 1950 S. 549, befaßt. Das Gutachten hatte zu entscheiden, ob Art. 91 Abs. 1 amerik. REG auch für die Einkommen- und Körperschaftsteuer gilt. Es hat diese Frage bejaht. Das Gutachten hat die Rechtsgrundlage hierfür in der Bejahung der steuerlichen Auswirkung des Art. 32 Abs. 2 amerik. REG gefunden. Der Oberste Finanzgerichtshof vertrat die Ansicht, daß nach der Systematik des REG der Berechtigte im allgemeinen wirtschaftlich so gestellt werden soll, als ob er die Nutzungen selbst bezogen habe. Er müsse sich deshalb bei Herausgabe der Nutzungen die Steuern anrechnen lassen. Diesen Bestimmungen mit ihren weitgreifenden wirtschaftlichen Folgen könne die Wirkung für das Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht nicht abgesprochen werden. Der Oberste Finanzgerichtshof kam deshalb zu der Auffassung, daß der Berechtigte die Nutzungen nicht mehr zu versteuern habe. Durch die Anrechnung der Steuern im Rückerstattungsverfahren sei der Rückerstattungsberechtigte materiell seiner Einkommensteuerpflicht nachgekommen. Hierfür spreche auch Art. 91 Abs. 2 amerik. REG, der eine Erstattung oder nachträgliche Erhebung von Steuern usw. aus Anlaß des Rückfalles hinsichtlich des entzogenen Vermögensgegenstandes verbiete. Das Gutachten ging davon aus, daß bis zur Beendigung der Entziehungsperiode der Rückerstattungsverpflichtete und von diesem Zeitpunkt an der Rückerstattungsberechtigte die Nutzungen zu versteuern habe. Der Ausgleich erfolge durch Art. 32 Abs. 2 REG.

Diese Auffassung entspricht auch den Richtlinien der Länder-Finanzverwaltungen, wie sie z. B. in der Entschließung des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen vom 18. Juni 1950 S 2126--9--53088 (Bay.FMBl. 1950 S. 293) unter II Ziff. 5 und dem Erlaß des Finanzministers des Landes Schleswig-Holstein vom 20. Juni 1953 S 2126--19 II/31, BStBl. 1953 II S. 79, unter B 2a und C 2 zum Ausdruck kommt. Die Richtlinien messen dem Art. 32 Abs. 2 amerik. REG (Art. 27 brit. REG) steuerliche Bedeutung zu. Der Rückerstattungsverpflichtete könne die herausgegebenen Nutzungen bei Ermittlung seines Einkommens nicht abziehen, der Rückerstattungsberechtigte sei mit diesem Betrag nicht zur Steuer heranzuziehen.

Dieser Ansicht tritt der Senat bei.

Die Bestimmungen des REG gehen als Sonderbestimmungen den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) vor. Dieser Grundsatz wird auch durch § 27 Abs. 2 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) nicht berührt. Hinsichtlich der Bedeutung des § 27 Abs. 2 LAG siehe im einzelnen Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 134/52 S vom 6. Oktober 1953, Slg.Bd. 58 S. 125, BStBl. III S. 339. In der Entscheidung I 42/52 U vom 23. September 1952, Slg.Bd. 56 S. 760, BStBl. III S. 292, hat der Senat zur Frage des Verlustabzuges nach Rückerstattung im letzten Absatz des Urteils ausgeführt: "Da das REG die Rückerstattung so behandelt, als sei der Betrieb nicht entzogen worden, und da die Ertragssteuern auch der Vergangenheit -- vgl. das Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs I D 2/50 S -- im Endergebnis den Rückerstattungsberechtigten treffen, der Betrieb also als auf seine Rechnung geführt gilt, ist es folgerichtig, ihm im Rahmen der Bestimmungen des EStG die Vergünstigung des Verlustabzuges nicht zu versagen." Im Rechtsatz 1 der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 100/52 S vom 20. Oktober 1953, Slg.Bd. 58 S. 241, BStBl. 1954 III S. 7, wird ausgesprochen, daß während der Entziehungsperiode der Rückerstattungsverpflichtete den laufenden Gewinn zu versteuern hat. Er könne bei Herausgabe der Nutzungen den Rückerstattungsberechtigten mit den von ihm entrichteten Steuern belasten (Art. 32 des Gesetzes Nr. 59). Der IV. Senat des Bundesfinanzhofs ist in der Entscheidung IV 322/53 U vom 23. September 1954, BStBl. III S. 351, den Rechtsgrundsätzen der Entscheidung I 100/52 S beigetreten. Auch er hat ausdrücklich auf Art. 32 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 59 (amerik. REG) hingewiesen. In beiden Entscheidungen wurde die Frage der Beendigung der Entziehungsperiode wesentliche Bedeutung zugemessen. Für die Einkommensteuer und Körperschaftsteuer ist die Frage der Entziehungsperiode in der Hauptsache im Rahmen der Anwendung des Art. 32 Abs. 2 amerik. REG wesentlich. Sie wird ihres sachlichen Inhaltes entkleidet, wenn man die allgemeinen Vorschriften des Einkommensteuerrechts über Art. 32 Abs. 2 amerik. REG stellt. Nach diesen Vorschriften muß ein Kaufmann der Gefahr des Verlustes von Betriebsvermögensgegenständen durch Rückstellungen Rechnung tragen. Hinsichtlich des Stammrechts wird es in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 134/52 S vom 6. Oktober 1953, Slg.Bd. 58 S. 125, BStBl. III S. 339, ausdrücklich ausgesprochen. Würde man aber dem Rückerstattungsverpflichteten während der Entziehungsperiode gestatten, Rückstellungen hinsichtlich der gezogenen Nutzungen vorzunehmen, so würden während dieser Zeit die Nutzungen nicht versteuert. Das könnte nur durch eine Besteuerung des Rückerstattungsberechtigten bei Herausgabe der Nutzungen ausgeglichen werden. Diese Auffassung würde die Durchführung des Art. 32 Abs. 2 REG durch die Zivilgerichte kaum mehr möglich machen, mindestens sehr erschweren. Die ordentlichen Gerichte haben, wie die oben mitgeteilte Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg zeigt, und wie es auch dem Grundgedanken des Gesetzes entspricht, den Ausgleich hinsichtlich der Nutzungen in der Weise herbeizuführen gesucht, daß an den Rückerstattungsberechtigten lediglich sogenannte Nettonutzungen (Nutzungen nach Abzug der Personalsteuer) herausgegeben werden.

Rückstellungen für Nutzungen haben weder Verwaltung noch Rechtsprechung beim Rückerstattungsverpflichteten während der Entziehungsperiode zugelassen. Besonders deutlich tritt dies in den Entscheidungen I 100/52 S und IV 322/53 U zutage. Hier wurde das der Rückerstattung unterliegende Vermögen im Jahre 1945 beschlagnahmt und seit dieser Zeit durch einen Treuhänder verwaltet. Der IV. Senat hat in seiner Entscheidung die Frage der Bedeutung der Bestellung des Treuhänders eingehend erläutert. Er kam zu der Ansicht, daß diese Tatsache der Heranziehung des Rückerstattungsverpflichteten mit dem laufenden Gewinn des der Rückerstattung unterliegenden Vermögens während der Entziehungsperiode nicht entgegenstehe. Die beiden Entscheidungen haben die laufenden Nutzungen ohne Rückstellung beim Rückerstattungsverpflichteten der Steuer unterworfen.

Des weiteren hat der IV. Senat in der Entscheidung IV 322/53 U die Auffassung des Finanzgerichts gebilligt, daß die Rückerstattungsberechtigten berechtigt seien, Überzahlungen des Rückerstattungsverpflichteten während der Entziehungsperiode vom Finanzamt zurückzufordern. Das Finanzgericht hatte dieses Recht in seiner Entscheidung darauf gestützt, daß im Ergebnis der Rückerstattungsberechtigte die Steuer zu tragen habe. Auch diese Auffassung ist nur möglich, wenn man dem Art. 32 Abs. 2 amerik. REG steuerliche Bedeutung zumißt.

Die Steuerfreiheit der vom Rückerstattungsberechtigten gezogenen Nutzungen kann nur auf Art. 91 in Verbindung mit Art. 32 Abs. 2 amerik. REG (Art. 77 in Verbindung mit Art. 27 brit. REG) gestützt werden. Verneint man die steuerliche Wirkung des Art. 32 Abs. 2, so beseitigt man die rechtliche Grundlage der Steuerfreiheit der zurückerstatteten Nutzungen beim Rückerstattungsberechtigten. Für die Annahme, daß die Nutzungen des Rückerstattungsvermögens im Ergebnis nicht zur Steuer herangezogen werden sollen, daß also insoweit die Lasten der Rückerstattung die öffentliche Hand zu tragen habe, fehlt die Unterlage. Diese Rechtsansicht würde bedeuten, daß es im Interesse des Rückerstattungsberechtigten und des Rückerstattungsverpflichteten läge, die Rückerstattung hinauszuziehen, um sich möglichst lange in den Genuß des Privilegs der Steuerfreiheit der Nutzungen des Rückerstattungsvermögens zu setzen. Die Rechtsfrage kann lediglich dahin lauten, ob die Nutzungen der Rückerstattungsverpflichtete oder der Rückerstattungsberechtigte zu versteuern hat. Nach der Auffassung der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung ist die Grenze hierfür, wie oben ausgeführt, durch das Ende der Entziehungsperiode bestimmt. Siehe auch die Länder-Erlasse im BStBl. 1953 II S. 118. Die Frage, wann die Entziehungsperiode beendet ist, liegt im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Im allgemeinen wird sie durch den Vergleich oder das Urteil bestimmt, die die Rückerstattung regeln. Wie aber die Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 52/52 U vom 23. September 1952, Slg.Bd. 56 S. 738, BStBl. III S. 283, ausführt, wird man Rückwirkungen, die in Vergleichen vereinbart werden, innerhalb bestimmter Grenzen anerkennen müssen, um zu einem sachlich richtigen Ergebnis zu gelangen (siehe auch Rechtsatz 2 der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 100/52 S vom 20. Oktober 1953).

Die Frage der Behandlung der Nutzungen bei ihrer Herausgabe an den Rückerstattungsberechtigten war in der Literatur umstritten. Aber auch Zitzlaff (Steuer und Wirtschaft 1950 Sp. 811, 825), der die Abzugsfähigkeit der Nutzungen beim Rückerstattungsverpflichteten bejaht, vertritt nicht den Standpunkt, daß die Nutzungen steuerfrei bleiben können. Er will den Ausgleich dadurch schaffen, daß der Rückerstattungsverpflichtete "die ihm vom Rückerstattungsberechtigten erstatteten Steuern zusätzlich wieder an den Steuerfiskus abführen muß". Mit Rücksicht auf die steigenden Steuersätze der RM-Zeit glaubte er hierin eine für den Rückerstattungsverpflichteten günstige Regelung zu sehen. In der großen Masse der Streitfälle handelt es sich aber um Nutzungen aus der DM-Zeit. Das Senken der Steuersätze der DM-Zeit könnte sich bei diesem Verfahren umgekehrt auswirken. Für die Nutzungen der RM-Zeit muß im allgemeinen in der DM-Eröffnungsbilanz eine Rückstellung gebildet werden (Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 25/53 U vom 3. Dezember 1953, BStBl. 1955 S. 72). In der großen Zahl der Fälle vollzieht sich deshalb nach der Währungsumstellung die Herausgabe der Nutzungen der RM-Zeit schon auf Grund der allgemeinen Bilanzierungsbestimmungen erfolgsneutral. Das REG will ein einfaches, wenn vielleicht auch rohes Verfahren, das aber für die bürgerlichen Gerichte eine klare Unterlage zu bieten vermag. Im Rahmen der Rückerstattung spielt die steuerliche Belastung eine entscheidende Rolle. Wollte man dem Rückerstattungsverpflichteten das Recht geben, die Nutzungen zu Lasten des Erfolges zu verbuchen, so würde dies im Ergebnis eine wesentliche Minderung der das Rückerstattungsvermögen belastenden Steuern bedeuten, die die ordentlichen Gerichte kaum beurteilen könnten. Im übrigen würde auf diese Weise im Ergebnis eine dem Grundgedanken des Art. 91 Abs. 2 amerik. REG (Art. 77 Abs. 2 brit. REG) widersprechende Erstattung von Steuern stattfinden. Auch aus dieser Bestimmung kann der Grundgedanke des REG entnommen werden.

Das REG muß somit von den Erwägungen ausgegangen sein, die Verwaltung und Rechtsprechung ihrer Beurteilung zugrunde gelegt haben. Gegen die Grundsätze sind keine Einwendungen der Wiedergutmachungsbehörden geltend gemacht worden. Wie die Entscheidung IV 322/53 U vom 23. September 1954 ausführt, wird man davon ausgehen können, daß die Erlasse der Finanzministerien der Länder hinsichtlich der Rückerstattung im Benehmen mit den Wiedergutmachungsbehörden ergangen sind. Bei dem großen Interesse, das die Besatzungsmächte der Wiedergutmachung entgegengebracht haben, ist auch anzunehmen, daß die Grundgedanken dieser Regelung ihrer Auffassung und damit der Auffassung des Gesetzgebers entsprochen haben.

Der Senat tritt deshalb den Richtlinien der Länder-Finanzverwaltungen bei, daß Nettonutzungen beim Rückerstattungsverpflichteten erfolgsneutral behandelt werden müssen und beim Rückerstattungsberechtigten nicht mehr zur Besteuerung herangezogen werden können. In der Entscheidung IV 25/53 U vom 3. Dezember 1953, BStBl. 1955 III S. 72, sind Ausführungen enthalten, die den oben dargestellten Grundsätzen teilweise nicht entspre chen. Der erkennende Senat tritt dieser Entscheidung insoweit nicht bei. Er vertritt jedoch die gleichen Grundsätze, wie sie in der neueren Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 322/53 U vom 23. September 1954 enthalten sind.

Auch von seiten der Rechtsbeschwerde wird nicht bestritten, daß Nettonutzungen das steuerpflichtige Einkommen der Rückerstattungsverpflichteten bei ihrer Herausgabe nicht mindern dürfen. Die beschwerdeführende Gesellschaft behauptet aber das Vorliegen von Bruttonutzungen. Nach ihrer Meinung sind die Voraussetzungen der Entscheidung I 52/52 U vom 23. September 1952 gegeben. Um zu einem sachlich richtigen Ergebnis zu kommen, hat das Urteil I 52/52 U es zugelassen, daß dort, wo im Wege des Vergleichs die Bruttonutzungen eines Wirtschaftsjahres dem Rückerstattungsberechtigten unmittelbar schon für eine zurückliegende Zeit zufließen sollen bei der Veranlagung davon ausgegangen werden kann, daß dieses Wirtschaftsjahr nicht mehr zur Entziehungsperiode gehört. Die Bfin. behauptet im vorliegenden Fall im Ergebnis, daß der Rückerstattungsberechtigte bereits für II/1948 und 1949 die umstrittenen Nutzungen unmittelbar als Bruttonutzungen beziehen sollte. Soweit die Akten erkennen lassen, vertritt allerdings der Rückerstattungsberechtigte, der -- den vom Rückerstattungsverpflichteten behaupteten Tatbestand unterstellt -- die Nutzungen zu versteuern hätte, verständlicherweise den gegenteiligen Standpunkt. Das Finanzgericht hat keine klare Entscheidung in dieser Richtung getroffen. Die Frage muß aber entschieden werden. Es ist deshalb notwendig, die Sache an die Vorbehörden zurückzuverweisen, so daß unter Anhörung des Rückerstattungsberechtigten und der Rückerstattungsverpflichteten, gegebenenfalls unter Einsicht in die Unterlagen, die zu dem Vergleich geführt haben, tatbestandsmäßig festgestellt wird, ob es sich um Brutto- oder Nettonutzungen handeln sollte. Gegebenenfalls wäre zu erwägen, von seiten der Rückerstattungsverpflichteten und des Rückerstattungsberechtigten den seinerzeit geschlossenen Vergleich ergänzen zu lassen. Soweit es sich um die Herausgabe von Nutzungen der RM-Zeit handelt, sind die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 134/52 S vom 6 .Oktober 1953 zu beachten.

Nach Lage der Verhältnisse erscheint es angezeigt, die Sache an das Finanzamt zurückzugeben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408134

BStBl III 1955, 128

BFHE 1955, 335

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