Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Ermittlung des Nutzungswertes der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus können Instandsetzungskosten, die der Beseitigung von Kriegsschäden dienen, von dem Grundbetrag des § 2 Abs. 1 der Verordnung grundsätzlich abgezogen werden.

An der entgegenstehenden Auffassung des Urteils IV 287/51 S vom 7. Februar 1952 (Slg. Bd. 56 S. 164 = BStBl. 1952 III S. 68) wird nicht mehr festgehalten.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 21/2, § 29 Abs. 3; EinfHausVO 2/1

 

Tatbestand

Es erschien dem Senat zweckmäßig, gemäß § 294 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) einen Bescheid zu erlassen.

Streitig ist im Rechtsbeschwerdeverfahren die Abzugsfähigkeit von Instandsetzungskosten für das Einfamilienhaus des Steuerpflichtigen (Stpfl.) in Höhe von 6.880 DM. Die Aufwendungen sind nach der von den Vorbehörden nicht bestrittenen Darstellung des Stpfl. teils durch die Beseitigung von Kriegsschäden, teils dadurch entstanden, daß im Jahre 1944 durch die Gestapo jüdische Familien zwangsweise in das Haus eingewiesen wurden, welche die ihnen zugewiesenen Räume stark bewohnt haben. Der Stpfl. beansprucht den Abzug der Aufwendungen in voller Höhe, d. h. unbeschadet des Durchschnittssatzes für den reinen Nutzungswert gemäß der Verordnung über die Bemessung der Nutzungswertes der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus vom 26. Januar 1937 (Reichsgesetzblatt - RGBl. - I S. 99 = Reichssteuerblatt - RStBl. § 1937 S. 161).

Das Finanzgericht hat dem Begehren des Stpfl. in der Hauptsache stattgegeben. Durch ein weiteres Urteil vom gleichen Tage hat das Finanzgericht den Einheitswert des Einfamilienhauses von ursprünglich 25.000 DM wegen der entstandenen Schäden auf 19.200 DM herabgesetzt.

Das Finanzgericht ist in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen, daß der Nutzungswert des Einfamilienhauses nach der Verordnung vom 26. Januar 1937 3 % des Einheitswerts von 19.200 DM 576 DM beträgt. Es hat ausgeführt, daß nach § 2 Abs. 2 der Verordnung Schuldzinsen von dem Grundbetrag bis zu seiner Höhe abgesetzt werden könnten. Alle anderen Werbungskosten, insbesondere für die laufende Erhaltung des Grundstücks, seien grundsätzlich bei Bemessung des Grundbetrags berücksichtigt. Sie dürften daher grundsätzlich nicht gesondert zum Abzug zugelassen werden.

Das Finanzgericht hat festgestellt, daß im Streitfall die Instandsetzungskosten durch außergewöhnliche Umstände veranlaßt worden sind. Das Haus habe durch Bombenabwürfe Schäden in Höhe von 30 % des Einheitswerts des unbeschädigten Grundstücks erlitten. Weitere Schäden seien seit dem Jahre 1944 durch die zwangsweise Einweisung der jüdischen Familien in das Einfamilienhaus entstanden. Die Unterbringung mehrerer Familien hätte zur Folge gehabt, daß die von ihnen benutzten Räume in kurzer Zeit völlig verwohnt wurden. Das Aufstellen von Kochgelegenheiten, die Anbringung von Waschbecken und die ständige Benutzung dieser Einrichtungen hätten ein übriges getan. Die völlige Verwahrlosung des Hauses sei noch dadurch begünstigt worden, daß es von den Eigentümern seit 1944 nicht mehr bewohnt und beaufsichtigt werden konnte.

Das Finanzgericht vertritt die Auffassung, daß die durch die geschilderten Schäden bedingten Instandsetzungskosten - um Herstellungskosten handele es sich nicht - auch bei Einfamilienhäusern als Werbungskosten zum Abzug zugelassen werden müßten. Das Einkommensteuergesetz (EStG) habe die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Abnutzung ausdrücklich zugelassen (§ 7 Abs. 1 letzter Satz und § 9 Ziff. 6 EStG). Die Verordnung vom 26. Januar 1937 verbiete nicht die Berücksichtigung außergewöhnlicher Instandsetzungskosten. Welchen Sinn und Zweck die Verordnung verfolge, lasse der Runderlaß des früheren Reichsministers der Finanzen S 2182 - 90 III vom 26. Januar 1937 (RStBl. S. 161) eindeutig erkennen. Hiernach würden von der Verordnung nur die laufenden regelmäßigen Aufwendungen erfaßt. Der gleiche Standpunkt werde auch überwiegend im Schrifttum vertreten. Das Finanzgericht hat hierzu auf folgende Ausführungen verwiesen: Ellinger, "Der Betriebs-Berater" 1951 S. 130, "Deutsche Steuer-Zeitung" A 1953 S. 405; ferner zustimmend Finanzgericht Bremen, Urteil vom 17. Juli 1951 I 83/51 in "Steuerrecht in Kurzform" Gruppe 2, 7, 6 S. II; Blümich-Falk, "Einkommensteuergesetz" 6. Aufl. Anm. II c zu § 21; Peters- Herrmann, "Kommentar zum Einkommensteuergesetz" § 21 Anm. 31; "Rechts- und Wirtschafts-Praxis", Blattei-Handbuch (Forkel- Stuttgart) DVG Nachtrag I zu IV 3 h zu b; Fürnrohr, "Der Betriebs- Berater" 1951 S. 109 und "Steuer und Wirtschaft" 1952 Sp. 663 ff.

Ebenso im übrigen Hartmann-Böttcher-Höfer, "Einkommensteuer" Blatt VG IV. - Ferner Littmann, "Das Einkommensteuerrecht" 4. Aufl. § 21 Anm. II Ziff. 5 b a. E. in Verb. mit Anm. IV Ziff. 2 a. E. (S. 673).

Der Bundesfinanzhof habe der Verordnung eine andere Auslegung gegeben, wie aus dem Urteil IV 287/51 S vom 7. Februar 1952 (Slg. Bd. 56 S. 164 = Bundessteuerblatt - BStBl. - III S. 68) hervorgehe. Dies sei offensichtlich darauf zurückzuführen, daß ihm ein ähnlich krasser Fall bisher noch nicht vorgelegen habe. Der Bundesfinanzhof habe in dem Urteil zur Milderung der Konsequenzen auf die Möglichkeit einer Fortschreibung des Einheitswerts wegen der Kriegsschäden hingewiesen. Durch die Fortschreibung würde im Streitfall der Grundbetrag um (25.000 ./. 19.200 = 5.800 DM, davon 3 % =) 174 DM vermindert. Gemäß § 22 des Bewertungsgesetzes (BewG) müsse aber der Einheitswert vom 21. Juni 1948 bereits zu Beginn des auf die Instandsetzung folgenden Kalenderjahres wieder auf den alten Wert fortgeschrieben werden. Der beantragten steuerlichen Berücksichtigung der beträchtlichen Instandsetzungskosten stehe daher durch die Verminderung des Grundbetrags nur ein sehr bescheidener steuerlicher Vorteil gegenüber.

Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs IV 131/52 U vom 27. November 1952 (Slg. Bd. 57 S. 38 = BStBl. 1953 S. 14) dürfe die Verordnung entsprechend dem Grundgedanken des § 3 Abs. 2 a. a. O. auf vermietete Wohnräume keine Anwendung finden. Für diese Räume müßten die Mieteinnahmen den anteiligen Werbungskosten gegenübergestellt werden. Der Grundbetrag vermindere sich entsprechend. Auch diese Entscheidung führe im Streitfall nicht zu einer befriedigenden Lösung. Im Jahre 1950 seien zwei Räume für jährlich 420 DM vermietet gewesen. Die auf diese Räume entfallenden anteiligen Instandsetzungskosten machten jedoch nur einen geringen Bruchteil der gesamten Kosten aus.

Das Finanzgericht habe den Anteil der vermieteten Räume an dem Grundbetrag auf 15 % von 576 DM § 86 DM geschätzt und dem Urteil des Bundesfinanzhofs insoweit Rechnung getragen, als es die Mieteinnahmen des Stpfl. angerechnet hat.

Bei der Ermittlung der Höhe des zum Abzug zugelassenen außergewöhnlichen Erhaltungsaufwands hat das Gericht anerkannt, daß mit den nachgewiesenen Reparaturen die noch vorhandenen Kriegsschäden und außergewöhnlichen Schäden durch Verfolgungsmaßnahmen beseitigt worden sind. Es hat von den geltend gemachten Instandsetzungskosten einige, im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht streitige, Beträge abgesetzt, die mit der Instandsetzung des Hauses nichts zu tun haben. Das Finanzgericht hat weiter ausgeführt, daß mit der im Jahre 1950 vorgenommenen Grundüberholung des Hauses auch eine laufende Instandsetzung nachgeholt worden ist. Es hat infolgedessen den bei der Ermittlung des Grundbetrags nach der Verordnung bereits berücksichtigten regelmäßigen Erhaltungsaufwand seit dem 21. Juni 1948 in Anlehnung an die Verwaltungsanweisung in Abschn. 121 Abs. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1946 auf 2 % jährlich, also auf 5 % von 19.200 DM geschätzt und vom Abzug ausgeschlossen.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der auf das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 287/51 S gestützten Rechtsbeschwerde (Rb.) ergibt folgendes:

I.

In dem Urteil IV 287/51 S hat der erkennende Senat entschieden, daß bei der Ermittlung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus nach der Verordnung vom 26. Januar 1937 Instandsetzungskosten, die der Beseitigung von Kriegsschäden dienen, vom Grundbetrag des § 2 Abs. 1 der Verordnung nicht abgezogen werden können. Nach nochmaliger eingehender Prüfung des Rechtsproblems hat sich der Senat entschlossen, an seiner bisherigen Rechtsauffassung nicht länger festzuhalten.

Die Ermittlung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus auf individueller Basis begegnet - wie in der Begründung zu der Verordnung vom 26. Januar 1937 aufgeführt ist - Schwierigkeiten, weil die Einnahmen zahlenmäßig nicht feststehen. An die Stelle der Einnahmen muß deshalb der Rohnutzungswert treten, der im Wege der Schätzung ermittelt werden muß. Diese Schätzung birgt viele Fehlerquellen in sich, weil vergleichbare Ermittlungsfälle in der Regel nicht vorliegen. Ebenso schwierig ist die Ermittlung der Werbungskosten, weil in der Regel Aufzeichnungen hierüber fehlen. Mit Rücksicht hierauf sieht § 29 Abs. 3 EStG vor, den Nutzungswert der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus in einem Hundertsatz des zuletzt festgestellten Einheitswerts des Grundstücks zu bemessen. Auf dieser Vorschrift fußt die Verordnung vom 26. Januar 1937. Bei der Bemessung des Nutzungswerts ist die Kapitalnutzung in den Vordergrund gestellt worden, ein Gedanke, der seit dem grundlegenden Urteil des Reichsfinanzhofs IV A 439/27 vom 8. Februar 1928 (Slg. Bd. 23 S. 35 = RStBl. 1928 S. 197) der Rechtsprechung und der Verwaltungsübung zugrunde lag. Gleichzeitig mit der Verordnung hat der Reichsminister der Finanzen den Runderlaß S 2182 - 90 III vom 26. Januar 1937 über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus herausgegeben. Aus diesem Erlaß geht hervor, daß durch § 2 der Verordnung als Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus ein Betrag angesetzt worden ist, "bei dem unter Berücksichtigung des regelmäßigen Aufwandes, auf längere Sicht gesehen, für den Inhaber noch eine angemessene Verzinsung des in dem Haus angelegten Kapitals bleibt".

Sowohl die Verordnung vom 26. Januar 1937 wie der Runderlaß vom gleichen Tage sind durch den Reichsminister der Finanzen ergangen. Die Ausführungen des Erlasses stellen somit die authentische Interpretation und Begründung des Verordnungsgebers dar. Die Beweiskraft für den Willen des Verordnungsgebers und die Auslegung der Verordnung nach ihrem Sinn und Zweck ist hier wesentlich stärker als die Begründung eines Ministeriums für ein vom Parlament nach mehr oder weniger großen Abänderungen beschlossenes Gesetz. Der erkennende Senat sieht es daher als feststehend an, daß bei der Bemessung des Grundbetrags lediglich der regelmäßige Aufwand Berücksichtigung gefunden hat.

Geht man davon aus, daß Wind-, Wasser-, Brand- und ähnliche Schäden, die Absetzungen für außergewöhnliche technische Abnutzung rechtfertigen, zwar nicht bei dem einzelnen Eigentümer eines Einfamilienhauses, aber bei ihrer Gesamtheit auch in Friedenszeiten mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederkehren, so könnte man die Auffassung vertreten, daß der Verordnungsgeber, auch wenn er das ihm gestellte Problem vom Blickpunkt stabiler Verhältnisse regeln wollte, den Aufwand zur Beseitigung dieser ihm fraglos bekannten Schäden als im Rahmen der Verordnung abgegolten betrachtet hat. Keinesfalls kann man dies jedoch von Schäden sagen, die durch kriegerische Ereignisse hervorgerufen worden sind. Sie sind ihrer Natur nach so ungewöhnlich und selten, daß man nicht unterstellen kann, der Verordnungsgeber habe auch an sie gedacht, als er bei der Bemessung des Nutzungswerts einen Betrag ansetzte, bei dem "unter Berücksichtigung des regelmäßigen Aufwandes" für den Inhaber eines Einfamilienhauses noch eine angemessene Verzinsung des in dem Haus angelegten Kapitals bleiben sollte. Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage muß auch der Forderung des Urteils des erkennenden Senats IV 376/51 S vom 16. Oktober 1952 (Slg. Bd. 56 S. 773 = BStBl. 1952 III S. 298) entsprochen werden, daß es in Notzeiten, insbesondere dann, wenn durch elementare Ereignisse großen Ausmaßes wie Krieg und Besatzung erhebliche Teile des deutschen Volkes geschädigt sind, die Pflicht der Rechtsprechung ist, den geltenden Gesetzen eine Auslegung zu geben, die der Entwicklung der Verhältnisse und der Volksanschauung (§ 1 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -) Rechnung trägt.

Das Urteil IV 287/51 S begründet seine ablehnende Haltung in der Hauptsache damit, daß die Eigentümer kriegsbeschädigter Einfamilienhäuser die Möglichkeit einer Fortschreibung des Einheitswerts hätten, welche die Kriegsschäden berücksichtige. Diese Begründung hält der erneuten Prüfung nicht stand. Wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die durch Herabsetzung des Einheitswerts bewirkte Minderung der Einkommensteuer so geringfügig, daß sie keinen Ersatz für die Vorenthaltung des Rechts auf gesonderte Berücksichtigung von Kriegsschäden bei der Einkommensbesteuerung bietet.

Hiernach kommt der erkennende Senat zu dem Ergebnis, daß Aufwendungen zur Beseitigung von Kriegsschäden unabhängig von dem Grundbetrag des § 2 Abs. 1 der Verordnung vom 26. Januar 1937 - unter Berücksichtigung der nachstehenden Ausführungen unter Ziff. II, 1 - grundsätzlich abgezogen werden können. Der Vorentscheidung wird daher insoweit beigetreten, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob auch die weiteren vom Finanzgericht geltend gemachten Gründe das Ergebnis tragen.

Der Stpfl. hat geltend gemacht, daß weitere Schäden seit dem Jahre 1944 durch die unter Zwang erfolgte Einweisung von jüdischen Personen in das Einfamilienhaus entstanden sind. Die von diesen benutzten Räume seien in kurzer Zeit völlig verwohnt worden.

Die hierdurch entstandenen Schäden können den Kriegsschäden nicht gleichgestellt werden. Auch in Friedenszeiten ist es keine Seltenheit, daß Wohnraum infolge unsachgemäßer Benutzung durch die Mieter mehr oder weniger stark verwohnt wird. In Zeiten der Wohnungszwangswirtschaft ist es gang und gäbe, mehrere Familien in einzelnen Wohnungen und Einfamilienhäusern unterzubringen. Die durch die überlegung und das Aufstellen von öfen und Kochgelegenheiten verursachten Schäden haben daher keinen außergewöhnlichen Charakter. Sie können hiernach den Kriegsschäden nicht gleichgestellt werden.

Wenn der erkennende Senat die gesonderte Berücksichtigung von Aufwendungen außerhalb des Rahmens der Verordnung vom 26. Januar 1937 auf Fälle ungewöhnlicher Art. wie z. B. Kriegsschäden, beschränkt, so läßt er sich hierbei von dem Bestreben leiten, unter allen Umständen zu vermeiden, daß die Verordnung, die sich sowohl für die Steuerpflichtigen wie für die Finanzbehörden als überaus nützlich erwiesen hat, in ihrer Anwendungsmöglichkeit beeinträchtigt wird.

Da das Finanzgericht die Rechtslage insoweit verkannt hat, muß die Vorentscheidung aufgehoben werden.

Nach dem Urteil IV 131/52 U vom 27. November 1952 (Slg. Bd. 57 S. 38 = BStBl 1953 III S. 14) ist die Verordnung von 26. Januar 1937 auf vermietete Wohnräume nicht anzuwenden. Das Finanzgericht hat unter Hinweis auf dieses Urteil zutreffend ausgeführt, daß für die von dem Stpfl. vermieteten beiden Räume die Mieteinnahmen den anteiligen Werbungskosten gegenübergestellt werden müssen. Es hat jedoch - soweit aus dem Urteil ersichtlich ist - tatsächlich die Mieteinnahmen in Höhe von jährlich 420 DM ohne Berücksichtigung von Werbungskosten angesetzt.

Da die Möglichkeit eines Rechtsirrtums vorliegt, muß die Vorentscheidung auch aus diesem Grunde aufgehoben werden.

II. Die nicht spruchreife Sache wird an das Finanzgericht zurückverwiesen, damit dieses unter Berücksichtigung der vorstehenden Rechtsausführungen erneut entscheidet. Dabei wird das Finanzgericht noch folgendes zu beachten haben:

Der erkennende Senat hat die gesonderte Abzugsfähigkeit von Kriegsschäden grundsätzlich bejaht. Der Abzug ist jedoch insoweit zu versagen, als die Aufwendungen zur Beseitigung der Kriegsschäden Herstellungskosten sind. Für die Abgrenzung der Instandsetzungskosten gegenüber den Herstellungskosten gelten die allgemeinen Rechtsgrundsätze. In dem Urteil IV 8/53 U vom 9. Juli 1953 (Slg. Bd. 57 S. 639, BStBl. 1953 III S. 245) hat der erkennende Senat ausgeführt, daß im allgemeinen ein über die bloße Instandsetzung hinausgehender Herstellungsaufwand anzunehmen ist, wenn ein Gegenstand in seiner Substanz vermehrt oder in seinem Zustand wesentlich geändert wird. Er hat in diesem Urteil weiterhin den Grundsatz aufgestellt, daß der Begriff des Erhaltungsaufwands weit zu fallen ist. Hieran wird festgehalten.

Das Finanzgericht hat die mit der Grundüberholung des Hauses verbundene laufende Instandhaltung auf 2 % jährlich, insgesamt auf 5 % von 19.200 DM geschätzt und vom Abzug ausgeschlossen. Diese Schätzung erscheint nicht unbedenklich. Es wird Aufgabe des Finanzgerichts sein, die Aufwendungen im einzelnen nachzuprüfen und dann die kriegsbedingten Instandsetzungen kostenmäßig - notfalls schätzungsweise - zu berechnen. Es wird hierbei auch nachzuprüfen sein, ob bzw. inwieweit bereits in den Vorjahren eine Anrechnung stattgefunden hat.

Was die Ermittlung der Einkünfte aus den vermieteten Räumen anbelangt, so wird das Finanzgericht entsprechend der Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 427/53 U vom 26. August 1954 (BStBl. 1954 III S. 300) zunächst eine dem Nutzungsverhältnis entsprechende Aufteilung des Einheitswerts vorzunehmen und in demselben Verhältnis etwaige Schuldzinsen und allgemeine Hausunkosten einschließlich der Absetzung für Abnutzung zu verteilen haben, wie es im allgemeinen im Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 26. Januar 1937 (RStBl. 1937 S. 161, 163) zu § 3 Abs. 2 bis 5 angeordnet ist.

In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des Steuerpflichtigen beantragt, die Aufwendungen für die Tilgung der Schulden, die durch die Einweisung jüdischer Familien in das Einfamilienhaus entstanden sind, ebenfalls zum Abzug zuzulassen, weil es sich um Aufwendungen außergewöhnlicher Natur handele. Die Ausführungen des Vertreters des Steuerpflichtigen boten dem erkennenden Senat keine Möglichkeit, von seiner im Bescheid vom 9. Dezember 1954 näher begründeten Auffassung abzugehen. Der Senat verkennt nicht die Belastung, die dem Steuerpflichtigen durch die Aufwendungen erwachsen ist. Er hält jedoch an seiner Auffassung fest, daß die Aufwendungen für die Tilgung dieser Schulden nicht ungewöhnlicher Natur sind. Es ist bereits in dem Bescheid darauf hingewiesen worden, daß es auch in normalen Zeiten keine Seltenheit ist, daß Wohnräume infolge unsachgemäßer Benutzung durch die Mieter mehr oder weniger stark verwohnt werden. In Zeiten der Wohnungszwangswirtschaft ist es gang und gäbe, daß durch die Wohnungsbehörden Mieter zwangsweise in Wohnungen eingewiesen werden, und daß hierdurch ähnliche Zustände wie im Fall des Steuerpflichtigen entstehen. Der Senat sieht sich daher nicht in der Lage, die durch Zwangseinweisungen, sei es der Gestapo oder der Wohnungsbehörden, entstandenen Schäden den Kriegsschäden gleichzustellen.

Der Vertreter des Finanzamts hat beantragt, die Kosten der Beseitigung der Kriegsschäden nicht gesondert zum Abzug zuzulassen. Die von ihm geltend gemachten Gründe sind bereits durch die Ausführungen des Bescheids vom 9. Dezember 1954 widerlegt. Der Senat hat in diesem Bescheid deutlich zum Ausdruck gebracht, daß er keine über den Sinn und Zweck der Verordnung vom 26. Januar 1937 hinausgehende weite Auslegung gutheißen kann. Wenn er die gesonderte Berücksichtigung von Kriegsschäden zugelassen hat, so geschah dies lediglich mit Rücksicht darauf, daß zur Zeit des Erlasses der Verordnung im Jahre 1937 an die späteren Kriegsschäden nicht gedacht sein konnte. Man kann also nicht sagen, daß der Wille des Verordnungsgebers auf einen Ausschluß des Abzuges der Kriegsschäden über den Grundbetrag hinaus gerichtet gewesen sei. Der Senat hält daher auch insoweit an der im Bescheid vom 9. Dezember 1954 vertretenen Rechtsauffassung fest.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408161

BStBl III 1955, 173

BFHE 1955, 453

BFHE 60, 453

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