Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifierung von Spielzeugen

 

Leitsatz (NV)

Ein im wesentlichen einer Frucht nachgebildeter Gegenstand aus Spinnstoffen ist keine ,,Puppe" im zolltariflichen Sinne, kann aber, selbst wenn er auch zur Dekoration dient, als (anderes) Spielzeug einzureihen sein.

 

Normenkette

KN Pos. 9502; KN Pos. 9503; KN Anm. 1 t zu Abschn. XI; Unterpos. 6307 9010

 

Tatbestand

Die beklagte Oberfinanzdirektion (OFD) stellte in einer der Klägerin erteilten verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) . . . fest, daß ein als ,,Plüsch-Bananen-Mann mit Saugnapf" bezeichneter Dekorationsgegenstand in Form einer stilisierten Banane, Körper aus Wirkplüsch mit angenähten Armen und Beinen aus Geweben, Hände und Füße aus gerauhten Gewirken, mit aufgeklebten Kunststoffaugen und beschriftetem Button, Hände versehen mit angenähten Saugpfropfen als Befestigungsvorrichtung, als ,,andere" konfektionierte Spinnstoffware aus Gewirken (charakterbestimmend) der Unterposition 6307 9010 der Kombinierten Nomenklatur (KN) zuzuweisen ist. Die von der Klägerin gewünschte Einreihung in die Position 9502 - Puppen, nur Nachbildungen von Menschen darstellend - bzw. Position 9503 - anderes Spielzeug - lehnte die OFD ab (Einspruchsentscheidung vom . . .).

Mit der Klage wird vorgetragen, die OFD habe den Ausschluß der Position 9502 zu Unrecht auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 27. Februar 1986 Rs. 38/85 (EuGHE 1986, 816 - ,,Monchhichi") gestützt, nach dem lediglich ,,tierische Merkmale" einer entsprechenden Einreihung entgegenständen. Der tarifierte Gegenstand vermittele dagegen vorrangig den Eindruck einer Karikatur eines Menschen mit bananenartigem Körper. Auch die Warenbezeichnung (,, . . .-Mann") lasse den Rückschluß auf eine menschenähnliche Figur zu. Zumindest handele es sich um ein - eigenartiges - ,,Spielzeug". Die mögliche Verwendung zu Dekorationszwecken (etwa Ankleben im Auto) stehe dem nicht entgegen. Auch diese Verwendung sei spielerischer Art, was durch die Beschriftung des Buttons unterstrichen werde.

Die OFD weist u. a. darauf hin, daß der dekorative Charakter des Gegenstandes gegenüber dem Spielzeugcharakter überwiege, eine Einreihung in die Position 9503 mithin ausscheide.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im wesentlichen begründet.

Die Ware ist nicht, wie geschehen, nach stofflicher Beschaffenheit zu tarifieren. Sie ist vielmehr als Erzeugnis des Kapitels 95, allerdings nicht als Puppe, sondern als anderes Spielzeug anzusehen. Demgemäß ist die OFD unter Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsakte entsprechend dem als Verpflichtungsbegehren aufzufassenden Hilfsantrag zu einer entsprechenden Einreihung zu verpflichten.

Richtig hat die OFD entschieden, daß eine Puppe im zolltariflichen Sinne nicht vorliegt. Puppen stellen Nachbildungen von Menschen dar, ggf. in Form einer Karikatur (Erläuterungen Harmonisiertes System - ErlHS - zu Position 9502 Rz. 01.0). Etwaige nicht dem Erscheinungsbild des Menschen gemäße Merkmale müssen völlig nebensächlich und unbedeutend bleiben und dürfen das allgemeine Aussehen der Figur, das im wesentlichen dem Erscheinungsbild des Menschen entsprechen muß, nicht in Frage stellen. In diesem Sinne hat der EuGH (EuGHE 1986, 816, 819) die der Position 9502 KN entsprechende Tarifnr. 97.02 i. V. m. Vorschrift 3 zu Kapitel 97 des früheren Gemeinsamen Zolltarifs ausgelegt, fallbezogen auf ,,tierische Merkmale" abstellend, jedoch erkennbar in dem Sinne, daß jedes nicht völlig nebensächliche oder unbedeutende andere Merkmal das ,,Erscheinungsbild des Menschen" beeinträchtigt. Unter Beachtung dieser Grundsätze kann die Ware, die sich im wesentlichen als Abbildung einer Frucht darstellt (Körper), zumindest aber in nennenswertem Umfang andere als zulässige Merkmale aufweist, nicht als ,,Puppe" angesehen werden. Ihre Handelsbezeichnung ist unbeachtlich; zolltariflich maßgebend ist die objektive Beschaffenheit. Dem Hauptantrag auf ,,Feststellung" (sinngemäß Verpflichtung) kann hiernach nicht entsprochen werden.

Erfolg haben hingegen der Anfechtungsantrag und das hilfsweise Verpflichtungsbegehren. Die Ware ist ein ,,anderes Spielzeug" der Position 9503. Spielzeuge können auch in Gestalt ,,nichtmenschlicher Wesen" vorliegen (Tarifwortlaut; ErlHS zu Position 9503 Rz. 03.0), gleich, um welche Darstellungen es sich handelt. Dem entspricht die Ware. Ihrer Beschaffenheit nach ist sie - auch - zum Spielen bestimmt. Weder die Befestigungsvorrichtung, die nach Art und Umfang eher in den Hintergrund tritt, noch der beschriftete Button schließen diese Verwendung aus. Dasselbe gilt für einen daneben vorliegenden ,,dekorativen Charakter", den auch Spielzeuge aufweisen können (z. B. Zinnsoldaten; ErlHS, a. a. O., Rz. 09.0). Soweit im Hinblick auf diesen Charakter auch eine Zuweisung zu einem Spinnstoff-Kapitel in Betracht kommt, ist auf Grund der Ausweisungsvorschrift in Anmerkung 1 t zu Abschnitt XI die zutreffende Position des Kapitels 95 anzuwenden (vgl. auch ErlHS zu Position 6307 Rz. 42.0). Entsprechend ihrer Beschaffenheit gehört die Ware zur Unterposition 9503 4990 KN. Dementsprechend ist sie neu zu tarifieren.

Zweifel bei der Auslegung der maßgebenden Zolltarifvorschriften - insbesondere Position 9503 - ergeben sich nicht. Die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH erübrigt sich (vgl. dessen Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415, 3430).

Da die Klage sich als im wesentlichen begründet erweist und die Klägerin nur in einem Nebenpunkt unterlegen ist, erscheint es angebracht, die Kosten der OFD ganz aufzuerlegen (§ 136 Abs. 1 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung). Die hier zweckmäßige Festsetzung des Streitwerts - auf 6000 DM - beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes (dazu Senat, Beschluß vom 23. April 1991 VII E 12/90, BFHE 164, 224, BStBl II 1991, 644).

 

Fundstellen

BFH/NV 1992, 357

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