Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine nach dem Inkrafttreten des LAG getroffene Parteivereinbarung, durch die der Betrag einer Forderung gegenüber dem sich aus der gesetzlichen Umstellung ergebenden Betrag herabgesetzt wurde, ist bei der Veranlagung der Vermögensabgabe dann zu berücksichtigen, wenn die vertragliche Umstellung unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände das angemessene Maß nicht überschreitet.

 

Normenkette

LAG § 21; BewG § 14 Abs. 1, § 12/1, § 14 Abs. 3, § 12/3

 

Tatbestand

Bei der Vermögensabgabeveranlagung der Bf. wurde als gesamtes der Vermögensabgabe unterliegendes Vermögen eine hypothekarisch gesicherte Pflichtteilsforderung der Bfin. gegen ihren Vater in Höhe von 11.000 DM angesetzt. Nach Abzug eines Freibetrags von 5.000 DM ergab sich eine verbleibende Abgabeschuld von 3.000 DM und ein ursprünglicher Vierteljahresbetrag von 51 DM. Der Einspruch, mit dem die Bf. geltend machten, die Hypothek sei am 21. Juni 1948 wertlos gewesen, blieb ohne Erfolg.

Auch die Berufung war erfolglos. Das Finanzgericht ist der Auffassung, daß der hypothekarisch gesicherte Pflichtteilsanspruch der Bfin. gegen ihren Vater durch das am 21. Juni 1948 vorhandene Vermögen des Vaters voll gedeckt gewesen sei, so daß ein Abschlag vom Nennwert dieser Forderung nach § 14 Abs. 1 BewG nicht gerechtfertigt sei.

Mit der Rb. wird Verletzung des materiellen und formellen Rechts, insbesondere die Verletzung des rechtlichen Gehörs und ein Verstoß gegen den klaren Akteninhalt, gerügt. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs sehen die Bf. darin, daß ihr Bevollmächtigter auf die Berufungsbegründung nur ein Schreiben des Finanzgerichts vom 14. November 1962 mit Fristsetzung auf den 26. November 1962 und dem Hinweis erhalten habe, daß in der Sache bereits am 27. November 1962 verhandelt werde. Es sei keine ausreichende Zeit zur ordnungsmäßigen Beantwortung der in diesem Schreiben gestellten Fragen mehr verblieben. Der Bevollmächtigte habe trotzdem eine Stellungnahme abgegeben und darin ersucht, ihm Einblick in die Unterlagen zu geben, die das Finanzgericht beigezogen haben müsse. Das Gericht habe sich darüber hinweggesetzt und in seinem Urteil Unterlagen verwertet, die den Bf. trotz Antrags nicht bekanntgegeben worden seien. Den Aktenverstoß erblicken die Bf. darin, daß das Finanzgericht festgestellt habe, der Vater der Bfin. habe außer der Ruine noch ein Einfamilienhaus und einen Acker besessen. Es liege hier offenbar eine Namensverwechslung vor. Im übrigen habe das Finanzgericht den Wert des belasteten Grundstücks am 21. Juni 1948 zu hoch angesetzt. Es habe ferner zu Unrecht die erst am 8. Januar 1961 zugesprochene Lastenausgleichsentschädigung des Vaters der Bfin. mit dem vollen Nennbetrag als dessen Vermögen zum 21. Juni 1948 angesetzt. Es dürften auch nicht die Umstellungsgrundschulden an diesem Stichtag mit der Begründung unberücksichtigt gelassen werden, daß diese später erlassen worden seien. Schließlich gehe es auch nicht an, die spätere Umstellung der Pflichtteilshypothek auf 50 v. H. des RM-Nennbetrages außer Betracht zu lassen. Durch diese Parteivereinbarung sei nur das geregelt worden, was dem Schuldner durch das Gesetz über die richterliche Vertragshilfe (Vertragshilfegesetz) vom 26. März 1952 (BGBl 1952 I S. 198) an Möglichkeiten eingeräumt worden sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Das Finanzgericht hat in den Urteilsgründen festgestellt, daß der Vater der Bfin. am 21. Juni 1948 außer dem im Wiederaufbau befindlichen Grundstück noch ein Einfamilienhaus mit einem Einheitswert von 1.800 DM sowie einen Acker mit einem Einheitswert von 330 DM besessen habe. Das Einfamilienhaus hätten er und seine Ehefrau laut notarieller Urkunde vom 16. Mai 1955 um 7.000 DM veräußert. Diese Feststellungen hat das Finanzgericht aus den Vermögensabgabeakten des Vaters der Bfin. entnommen. Es hat dabei, wie das Finanzamt in seinem Schriftsatz vom 21. Januar 1963 einräumt, übersehen, daß die dort irrtümlich abgehefteten Unterlagen nicht den Vater der Bfin. und seine Ehefrau, sondern ein anderes Ehepaar, das den gleichen Familiennamen hatte, betrafen. Es liegt also eindeutig ein Verstoß gegen den klaren Akteninhalt vor. Denn aus den Vornamen der Ehefrauen ergab sich, daß es sich nicht um den Vater der Bfin. und dessen Ehefrau handeln konnte. Ein Verstoß gegen den Akteninhalt führt dann zur Aufhebung der Vorentscheidung, wenn die Vorentscheidung auf diesem Verstoß beruht und möglicherweise ohne den Verstoß anders ausgefallen wäre. Das Finanzgericht hat es zwar dahingestellt sein lassen, ob diese Grundstücke dem Vater der Bfin. am 21. Juni 1948 tatsächlich gehörten. Es hat aber aus der Tatsache, daß die Ehefrau des Vaters der Bfin. in ihrem Schreiben vom 7. Juli 1961 trotz der diesbezüglichen ausdrücklichen Fragen des Gerichts vom 21. Juni 1961 diese Grundstücke nicht angegeben hat, den Schluß gezogen, daß sie ihre und ihres Ehemanns Vermögenslage am 21. Juni 1948 nicht vollständig angegeben habe. Danach besteht die Möglichkeit, daß die Vorentscheidung wenigstens teilweise auf diesen Erwägungen und damit auf dem Aktenverstoß beruht und ohne sie anders ausgefallen wäre. Die Vorentscheidung war schon wegen dieses Aktenverstoßes aufzuheben. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob auch eine Verletzung des Anspruchs der Bf. auf Gewährung ausreichenden rechtlichen Gehörs vorliegt.

Die Sache ist spruchreif. Das Finanzgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der hypothekarisch gesicherte Pflichtteilsanspruch der Bfin. gegen ihren Vater nach § 18 Ziff. 3 des Umstellungsgesetzes (UG) im Verhältnis 1 RM : 1 DM umgestellt worden ist. Das bestreiten auch die Bf. nicht. Sie berufen sich aber darauf, daß durch eine im Jahre 1957 getroffene Parteivereinbarung der Pflichtteilsanspruch auf 5.500 DM, also im Verhältnis 2 : 1, umgestellt und diese Vereinbarung auch durch eine entsprechende Teillöschung der Hypothek vollzogen worden sei. Das Finanzgericht ist der Auffassung, daß diese Parteivereinbarung nicht auf den 21. Juni 1948 zurückwirke, weil sie nicht auf Grund des Vertragshilfegesetzes vom 26. März 1952 (a. a. O.) getroffen worden sei und die Bfin. im Jahre 1953 notariell die Eintragung der Umstellung der Hypothek im Verhältnis 1 : 1 im Grundbuch beantragt habe. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zuzustimmen. In der Vereinbarung von 1957 ist wörtlich ausgeführt: "Zwecks Vermeidung eines gerichtlichen Vertragshilfeverfahrens wird daher festgelegt, daß die eingetragene Hypothek von 11.000 RM auf 5.500 DM umgestellt werden soll ..." Danach ist klar und eindeutig eine gegenüber der gesetzlichen Umstellung anderweitige Umstellung vereinbart worden. Der Senat hat bereits in dem Urteil III 297/59 U vom 6. Juli 1962 (BStBl 1962 III S. 408, Slg. Bd. 75 S. 391) ausgeführt, daß die Umstellung durch Parteivereinbarung an die Stelle der gesetzlichen Umstellung tritt und daß für die Heranziehung zur Vermögensabgabe der objektive Umfang der Abwertung entscheidend ist, und zwar im Endergebnis. Deshalb ist es auch unerheblich, daß die Bfin. zunächst von der Umstellung 1 : 1 ausgegangen ist und die Eintragung dieser Umstellung im Grundbuch beantragt hat. Endgültig ist der hypothekarisch gesicherte Pflichtteilsanspruch auf 5.500 DM umgestellt worden. Der Senat hat es in dem angeführten Urteil allerdings dahingestellt sein lassen, ob für die Anwendung des § 24 Nr. 1 c LAG nur solche Parteivereinbarungen berücksichtigt werden können, die bis zum Inkrafttreten des LAG getroffen worden sind. Im Streitfall kommt es auf diese Frage nicht an, weil § 24 Nr. 1 c LAG schon wegen der Umstellung im Verhältnis 2 : 1 nicht in Betracht kommt. Das LAG enthält keine Vorschrift, welche die Berücksichtigung einer erst nach dem Inkrafttreten des LAG getroffenen Parteivereinbarung bei der Veranlagung der Vermögensabgabe grundsätzlich ausschließt. Bei der Kreditgewinnabgabe (KGA) werden nach der Bestimmung des § 3 der Achten Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz vom 28. Juni 1954 (8. AbgabenDV-LA), die auf Grund der Ermächtigungsvorschrift des § 163 Abs. 3 Nr. 5 LAG ergangen ist, solche Parteivereinbarungen dann berücksichtigt, wenn der Schuldner glaubhaft macht, daß das Ausmaß der Herabsetzung unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände das angemessene Maß nicht überschreitet. Daraus ist zu folgern, daß unter den gleichen Voraussetzungen diese Parteivereinbarungen auch bei der Vermögensabgabe zu berücksichtigen sind. Denn es wäre sinnwidrig, auf der einen Seite die Herabsetzung einer Schuld bei der KGA-Veranlagung des Schuldners zu berücksichtigen und auf der anderen Seite die Herabsetzung der entsprechenden Forderung bei der Vermögensabgabeveranlagung des Gläubigers nicht anzuerkennen.

Der Senat ist deshalb der Auffassung, daß eine nach dem Inkrafttreten des LAG getroffene Parteivereinbarung, durch die der Betrag der Forderung gegenüber dem sich aus der gesetzlichen Umstellung ergebenden Betrag herabgesetzt worden ist, bei der Veranlagung der Vermögensabgabe dann zu berücksichtigen ist, wenn die vertragliche Umstellung unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände das angemessene Maß nicht überschreitet. Das ist hier nicht der Fall. Denn der Anspruch der Bfin. war schon am 21. Juni 1948 noch nicht einmal zu 50 v. H. gedeckt. Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts kann die spätere Entwicklung, die sich durch die Gesetzgebung zum Lastenausgleich ergab, dabei nicht berücksichtigt werden. Es müssen also einerseits die Umstellungsgrundschulden in ihrer vollen, am 21. Juni 1948 bestehenden Höhe berücksichtigt werden, andererseits darf die Entschädigungsforderung des Vaters der Bfin. nach dem LAG noch nicht als Vermögenswert angesetzt werden. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob das Finanzgericht nicht auch den Wert der Bauleistungen bis zum 21. Juni 1948 zu hoch angesetzt hat.

Für die Berechnung der Vermögensabgabe ist danach von einem Pflichtteilsanspruch im Nennwert von 5.500 DM auszugehen. Da er in der Vereinbarung von 1957 in eine zinslose, bis 1962 unkündbare Forderung umgewandelt worden ist, ist er nach § 14 Abs. 3 BewG mit seinem Gegenwartswert anzusetzen. Dieser ist niedriger als der Freibetrag von 5.000 DM und nach § 29 Abs. 1 LAG, so daß sich kein abgabepflichtiges Vermögen ergibt. Es waren deshalb auch die Einspruchsentscheidung des Finanzamts und der Vermögensabgabebescheid vom ..... ersatzlos aufzuheben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411767

BStBl III 1965, 631

BFHE 1966, 365

BFHE 83, 365

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