Entscheidungsstichwort (Thema)

Unternehmereigenschaft eines Kommanditisten

 

Leitsatz (NV)

Zur Frage, welche Lieferungen und sonstigen Leistungen ausschließlich für das Halten und Verwalten einer Kommanditbeteiligung bezogen worden sind (Ergänzung zum Urteil des Senats vom 20. Januar 1988 X R 48/81, BFHE 152, 556, BStBl II 1988, 557).

 

Normenkette

UStG 1967/1973 § 2 Abs. 1; UStG 1967/1973 § 15 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Bremen

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war Kommanditist der A-Anlagenbau- und Vermietungsgesellschaft mbH & Co. KG (im folgenden A GmbH & Co. KG) und Gesellschafter der A-Anlagenbau- und Vermietungsgesellschaft mbH (im folgenden A GmbH). Mit Wirkung vom 25. März 1977 schied er aus den Gesellschaften aus. Vorausgegangen waren Streitigkeiten mit seinen Mitgesellschaftern.

Seit Ende des Jahres 1976 betrieb der Kläger als Einzelunternehmer die Betreuung von Gewerbe-Bauobjekten und die Vermittlung von Handelsgeschäften aller Art. Die Gesellschafts-/Geschäftsanteile an den genannten Gesellschaften waren nicht im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens bilanziert.

Die Kosten, die dem Kläger ,,infolge der Auseinandersetzung mit den Gesellschaften" entstanden sind, wurden bei der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der KG als Sonderbetriebsausgaben abgezogen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte es indes ab, die auf diese Kosten entfallenden Vorsteuerbeträge bei der Veranlagung des Klägers zur Umsatzsteuer zum Abzug zuzulassen. Im einzelnen waren dem Kläger Vorsteuern in Höhe von insgesamt 19 687,15 DM aus folgenden Anlässen in Rechnung gestellt worden:

- in Höhe von 9 877,73 DM wegen verschiedener Rechtsstreitigkeiten zur Regelung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der A GmbH & Co. KG (u. a. Streit um Befugnisse des Klägers zur Geschäftsführung; Höhe einer an das Architektenbüro S zu zahlenden Architektenvergütung; Rechnungslegung über Architektenhonorar; Anfechtung von Gesellschaftsbeschlüssen; Recht auf Akteneinsicht; Regelung von Gesellschafterrechten; Abschluß und Aufhebung von Grundstücksverträgen für die A GmbH & Co. KG; Verfügung über Konten der Gesellschaft; einstweilige Verfügung und Strafanträge zu einzelnen dieser Rechtstreite; Vergleichsverhandlungen zur Erledigung dieser Rechtsstreite);

- in Höhe von 1 377,52 DM wegen anwaltlicher Leistungen im Zusammenhang mit der Geltendmachung eines Provisionsanspruchs. Nach Angaben des Klägers ging es um eine Vermittlungsleistung im Zusammenhang mit einem Geschäft der A GmbH in Kuwait;

- in Höhe von 7 775,21 DM wegen anwaltlicher Leistungen im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Klägers aus der A GmbH & Co. KG. Die Gesellschafter schlossen am 26. März 1977 einen Vergleich in diversen Streitsachen. Der Kläger schied aus den Gesellschaften aus. Er erhielt die besagte Provision und wurde von den Verpflichtungen - insbesondere aus Bürgschaften zugunsten der A GmbH & Co. KG - freigestellt. Wegen Differenzen hinsichtlich der Abwicklung dieses Vergleichs schloß sich ein Schiedsverfahren an;

- in Höhe von 656,59 DM im Zusammenhang mit einer pauschalen Honorarvereinbarung mit Rechtsanwalt Dr. H. Diese anwaltlichen Leistungen sind nach Angaben des Klägers den beiden ersten angeführten Sachkomplexen zuzuordnen.

Einspruch und Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid vom 5. Februar 1980 blieben ohne Erfolg.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.

Er beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid vom 5. Februar 1980 in der Weise zu ändern, daß zusätzliche Vorsteuerbeträge in Höhe von 19 687,15 DM berücksichtigt werden,

hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung an das Finanzgericht (FG) zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Die Vorentscheidung ist insoweit rechtsfehlerfrei, als sie darlegt, daß das bloße Halten des Anteils an einer KG oder GmbH als solches keine Unternehmereigenschaft des Kommanditisten begründet (Urteil des Senats vom 20. Januar 1988 X R 48/81, BFHE 152, 556, BStBl II 1988, 557). Dies gilt entgegen der Auffassung des Klägers auch insoweit, als der Gesellschafter seine Rechte wahrnimmt, z. B. eine actio pro socio erhebt, seinen Auskunftsanspruch und sonstige Kontrollrechte geltend macht. Soweit der Gesellschafter nicht Unternehmer ist, können Vorsteuern, die beim Halten und Verwalten der Beteiligung angefallen sind, nicht berücksichtigt werden (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - 1967/1973).

Nach der Entscheidung des Senats in BFHE 152, 556, BStBl II 1988, 557 sind jedoch Beteiligungen dann dem unternehmerischen Bereich zuzurechnen, wenn sie begründet und eingesetzt werden, um den Zwecken eines vorhandenen (werbenden) Unternehmens zu dienen. Hierzu hat das FG festgestellt, daß die Beteiligungen ,,nicht objektiv erkennbar unmittelbar den Zwecken des Betriebes gedient hätten". Diese Aussage hat das FG nicht näher erläutert. Der Umstand, daß der Kläger die Beteiligungen nicht in der Bilanz seines Einzelunternehmens ausgewiesen hat, kann für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung allenfalls ein Beweisanzeichen sein.

Zu Recht macht der Kläger ferner geltend, das FG habe hinsichtlich seiner Tätigkeiten im einzelnen nicht hinreichend differenziert. Der Kläger hat bereits in erster Instanz vorgetragen, er habe anwaltliche Hilfe zur Geltendmachung eines Provisionsanspruchs aus einem Kuwait-Geschäft in Anspruch genommen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß der Kläger insoweit einen zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsatz im Rahmen seines Einzelunternehmens getätigt hat. Hinsichtlich des Vorsteuerbetrages in Höhe von 1 377,52 DM hat das FG nicht dargelegt, worauf sich seine Überzeugung gründet, die bezogene Leistung stünde in keinem Zusammenhang mit dem Einzelunternehmen des Klägers.

2. Die Sache ist nicht spruchreif. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das FG die erforderlichen Feststellungen nachzuholen und hinsichtlich des Vorsteuerbetrages von 1 377,52 DM auch zu prüfen haben, ob der Kläger mit seiner Vermittlungsleistung einen steuerbaren oder einen nichtsteuerbaren Umsatz getätigt hat. Bezüglich der Vorsteuerbeträge in Höhe von 7 775,21 DM und 656,59 DM wird das FG der Frage nachgehen müssen, ob neben nicht abzugsfähigen Vorsteuern, die zur Abwicklung der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung gehören, auch Vorsteuerbeträge für solche Vorbezüge anfielen, die - nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 31. Juli 1987 V R 148/78 (BFHE 150, 473, BStBl II 1987, 754) ausschließlich - in die Geschäftstätigkeit des Einzelunternehmens eingegangen sind. Hierbei ist gegebenenfalls zu berücksichtigen, daß auch Anlaufkosten der unternehmerischen Tätigkeit zugerechnet werden können (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Februar 1985 Rs. 268/83, Steuerrechtsprechung in Karteiform, 6. Umsatzsteuer-Richtlinie (EWG), Art. 4, Rechtsspruch 1 = Umsatzsteuer-Rundschau 1985, 190 mit Anm. Weiß). Weiterhin wird das FG dem Vorbringen des Klägers nachgehen müssen, ,,die Zahlungen, die im Hinblick auf sein Ausscheiden aus der Gesellschaft geleistet" worden seien, seien der Umsatzsteuer unterworfen worden. Hierzu ist zu bemerken, daß das Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft nur dann steuerbar ist, wenn der Gesellschafter seine Gesellschaftsrechte gegen Entgelt ,,im Rahmen seines Unternehmens" zurückgibt (vgl. auch Abschn. 6 Abs. 3 Sätze 1 und 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 1985/1988).

 

Fundstellen

BFH/NV 1989, 326

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