Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff des Leuchtmittels i. S. des LeuchtmStG

 

Leitsatz (NV)

1. Leuchtmittel i. S. des § 1 Abs. 1 LeuchtmStG ist die Einheit von Entladungsrohr und Vorschaltgerät dann, wenn das Entladungsrohr ohne das Vorschaltgerät nicht zur Beleuchtung geeignet ist.

2. Das FG kann jedenfalls dann die Feststellung, daß ein Leuchtmittel weniger als 100 Lumen erzeugt, ohne Einholung des Gutachtens der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt treffen, wenn es selbst daran keine Zweifel hat und das Hauptzollamt diesen Sachverhalt am Ende der mündlichen Verhandlung nicht mehr in Frage stellt.

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) führte aus dem Ausland von ihr selbst hergestellte sog. . . .-Lampen ein. Der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt - HZA -) erhob eine Leuchtmittelsteuer von 0,60 DM / Stück.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, daß die eingeführten Leuchtmittel einen Lichtstrom von weniger als 100 Lumen erzeugen und deshalb eine Steuerbefreiung nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 des Leuchtmittelsteuergesetzes (LeuchtmStG) gegeben sei. Im einzelnen führte es aus: Die von der Klägerin eingeführten Beleuchtungskörper, die in die Steckdose gesteckt würden, bestünden aus einem Entladungsrohr sowie Starter, Vorschaltgerät, Drähten und Steckdosenanschluß. Die Teile seien in einem fest zusammengeschweißten Kunststoffgehäuse enthalten. Vor dem Entladungsrohr befinde sich eine halbrund gebogene, milchige Kunststoffscheibe, die das Licht austreten lasse. Das von der Klägerin nicht selbst hergestellte, sondern von ihr nur in die Leuchte eingebaute Entladungsrohr könne bei einem Verbrauch von etwa 4 Watt einen Lichtstrom von 120 Lumen erzeugen. Zum Betrieb des Entladungsrohrs sei ein sog. Vorschaltgerät erforderlich, dessen - nach Darstellung der Klägerin - gewöhnliche Ausführung ebenfalls 4 Watt verbrauche. Die Klägerin verwende bei der Herstellung der streitigen Beleuchtungskörper jedoch ein sog. Gleichrichtervorschaltgerät, das nach ihren Angaben 1,4 Watt verbrauche und bewirke, daß die Leistungaufnahme des Entladungsrohres nur 2,5 Watt betrage und das Entladungsrohr dementsprechend weniger hell mit einem Lichtstrom von unter 100 Lumen leuchte. Das FG entschied, daß ein Entladungsrohr, das nur mit Hilfe eines an das Stromnetz angeschlossenen Vorschaltgerätes zum Leuchten gebracht werden könne, nicht für sich allein, sondern nur in Verbindung mit dem Vorschaltgerät als Leuchtmittel i. S. des § 1 Abs. 2 LeuchtmStG anzusehen sei. Besteuerungsgegenstand sei deshalb die aus dem Gleichrichtervorschaltgerät und dem Entladungsrohr bestehende Einheit. Diese erzeuge bei einem Stromverbrauch von insgesamt ewa 3,9 Watt nach dem Vorbringen und der Demonstration der Klägerin, denen das HZA nicht entgegengetreten sei, einen Lichtstrom von weniger als 100 Lumen und sei daher steuerbefreit.Das HZA stützt seine vom FG zugelassene Revision auf Verletzung von §§ 1 Abs. 2 Nr. 2, 8 Abs. 2 Satz 2 LeuchtmStG sowie auf mangelnde Sachaufklärung und trägt vor: Das FG habe den Begriff des Leuchtmittels i. S. des § 1 Abs. 2 Nr. 2 LeuchtmStG verkannt und zu Unrecht das Entladungsrohr nicht für sich allein als Leuchtmittel angesehen. Allerdings müsse es, das HZA, unter Korrektur seiner bisherigen Rechtsansicht einräumen, daß wegen der bereits im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer bestehenden Verbindung zwischen Vorschaltgerät und Entladungsrohr zu einer untrennbaren Einheit diese Einheit, allerdings ohne Kunststoffummantelung, als Besteuerungsgegenstand angesehen werden müsse. Das FG habe seiner Urteilsbegründung aber nicht die in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Messung der Beleuchtungsstärke der Lampen zugrunde legen dürfen. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 LeuchtmStG hätten die Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 3 LeuchtmStG nur durch eine Prüfung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt beseitigt werden dürfen. Es sei unklar und nicht nachvollziehbar, wie das Gericht aus der vorgenommenen Messung der Beleuchtungsstärke (in Lux) zu dem Schluß gelangt sei, das Leuchtmittel habe einen Lichtstrom, der 100 Lumen nicht übersteige.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Die Vorinstanz hat rechtsfehlerfrei entschieden, daß die streitigen Beleuchtungskörper nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 LeuchtmStG steuerbefreit sind.

1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 LeuchtmStG unterliegen Leuchtmittel, die in das Erhebungsgebiet eingeführt werden, einer Abgabe (Leuchtmittelsteuer). Leuchtmittel i. S. des Gesetzes sind nach § 1 Abs. 1

1. elektrische Glühlampen,

2. Entladungslampen,

wenn sie nach ihrer Beschaffenheit zur Beleuchtung geeignet sind und der Beleuchtung dienen.

Der im Streitfall zu beurteilende Beleuchtungskörper ist nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanz mit einer Entladungslampe ausgestattet. Deren Einfuhr unterliegt nach § 1 Abs. 1 LeuchtmStG grundsätzlich der Leuchtmittelsteuer. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Streitig ist allein, ob der Lichtstrom des eingeführten Leuchtmittels 100 Lumen nicht übersteigt und deswegen eine Steuerbefreiung eingreift. Die Beantwortung dieser Frage hängt aber aufgrund der Besonderheiten des Sachverhalts wiederum davon ab, was als Leuchtmittel i. S. des LeuchtmStG anzusehen ist.

Die Annahme des FG, im Streitfall sei Leuchtmittel i. S. des LeuchtmStG nicht das isoliert zu betrachtende Entladungsrohr, sondern dieses in Verbindung mit dem Gleichrichtervorschaltgerät, ist rechtsfehlerfrei. Insoweit hat das HZA in der Revisionsbegründung seine bisherige Rechtsansicht auch korrigiert und vertritt nunmehr selbst die Meinung, Leuchtmittel sei aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles das Entladungsrohr in Verbindung mit dem Vorschaltgerät. Auch der Senat hat keine Bedenken, im Streitfall als Leuchtmittel und damit als Besteuerungsgegenstand die Einheit von Entladungsrohr und Vorschaltgerät anzusehen. Denn zur Beleuchtung geeignet (§ 1 Abs. 2 Satz 1 LeuchtmStG) ist das streitbefangene Erzeugnis nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nur mit dem eingebauten Vorschaltgerät.

Soweit das HZA der Auffassung ist, das FG sei hinsichtlich des Besteuerungsgegenstandes von einem anderen Sachverhalt ausgegangen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Das FG hat dazu im vorletzten Absatz des Urteils ausgeführt, daß Besteuerungsgegenstand die aus ,,Gleichrichtervorschaltgerät und dem Entladungsrohr bestehende Einheit" sei. Das Urteil enthält auch an anderen Stellen keine dazu in Widerspruch stehenden Ausführungen.

2. Die Feststellung, daß das aus Vorschaltgerät und Entladungsrohr bestehende Leuchtmittel weniger als 100 Lumen hervorbringe, hat das FG ohne Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Satz 2 LeuchtmStG und auch verfahrensfehlerfrei getroffen.

Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 LeuchtmStG ist das Ergebnis der Prüfung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt maßgebend, wenn zweifelhaft ist, ob die Voraussetzungen der Nr. 3 erfüllt sind, d. h. ein 100 Lumen nicht übersteigender Lichtstrom vorliegt. Im Streitfall sind die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 2 LeuchtmStG nicht erfüllt, weil nach den Feststellungen des FG nicht zweifelhaft ist, daß der Lichtstrom des streitigen Leuchtmittels 100 Lumen nicht übersteigt. Nach dem Inhalt der Sitzungsniederschrift hat der Vertreter des HZA in der mündlichen Verhandlung dem Vorbringen der Klägerin, daß die streitbefangene Entladungslampe mit einem Gleichrichtervorschaltgerät einen Lichtstrom von weniger als 100 Lumen abgebe, nicht widersprochen. Dieser Umstand war mithin zwischen den Beteiligten nicht streitig. Da sich aus der Urteilsbegründung auch nicht ergibt, daß das FG insoweit - aus anderen Gründen - Zweifel hatte, liegen die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Einholung des Gutachtens nicht vor.

Die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der mangelnden Sachaufklärung ist nicht begründet. Das HZA hat nicht behauptet, im finanzgerichtlichen Verfahren einen Beweisantrag auf Einholung eines Gutachtens der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt gestellt zu haben. Es hat auch nicht schlüssig dargelegt und es sind auch keine Umstände dafür erkennbar, daß sich dem Gericht die Einholung eines derartigen Gutachtens nach Lage der Akten und nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hätte aufdrängen müssen. Der Darlegung derartiger Umstände hätte es aber für eine erfolgreiche Rüge der mangelnden Sachaufklärung insbesondere deshalb bedurft, weil der Vertreter des HZA in der mündlichen Verhandlung den Sachvortrag der Klägerin nicht bestritten hatte.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß bis zur Änderung des LeuchtmStG durch Gesetz vom 26. Juli 1974 (BGBl I 1974, 1553) gemäß § 8 Abs. 2 Buchst. a des Gesetzes in der bisherigen Fassung Leuchtmittel von der Steuer befreit waren, deren Lichtstrom nach dem Ergebnis der Prüfung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt 10 Lumen nicht überstieg. Dieser Wert wurde als überholt angesehen und deshalb auf 100 Lumen angehoben; gleichzeitig erfolgte mit der Begründung, daß ,,die in der Praxis gesammelten Erfahrungen" dies ,,aus Gründen der Geschäftsvereinfachung angebracht erscheinen" ließen (vgl. BTDrucks. 7/1980, S. 11), eine Änderung dahin, daß Lichtstrom-Prüfungen durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt nur noch in Zweifelsfällen vorgenommen werden sollten.

Die in der Begründung für die Gesetzesänderung angeführten Erfahrungen, wonach in Zukunft von der bislang zwingenden Einholung eines Gutachtens der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt nur noch in Zweifelsfällen Gebrauch gemacht werden sollte, deuten darauf hin, daß in der Vergangenheit die Angaben der Hersteller eine gewisse Zuverlässigkeit hatten. Wenn sich vor diesem Hintergrund dem FG mangels konkreter, auf das Gegenteil hinweisender Anhaltspunkte und mangels eines Bestreitens des Sachvortrags der Klägerin durch das HZA Zweifel an der Richtigkeit des Vortrags der Klägerin und mithin die Nowendigkeit der Einholung eines Gutachtens durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt nicht aufdrängten, kann ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) nicht darin gesehen werden, daß das Gericht ein derartiges Gutachten nicht eingeholt hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417863

BFH/NV 1992, 489

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