Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten der Meisterprüfung

 

Leitsatz (NV)

1. Aufwendungen eines nichtselbständig tätigen Handwerksgesellen im Zusammenhang mit der Ablegung der Meisterprüfung sind Berufsfortbildungskosten.

2. Zur steuerlichen Berücksichtigung der Herstellungskosten eines marktgängigen abnutzbaren Meisterstücks als Werbungskosten.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 Nrn. 6-7

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war als Geselle in einem Schreinereibetrieb beschäftigt. Im Streitjahr 1985 legte er seine Meisterprüfung ab. Als Meisterstück hatte er einen Schrank anzufertigen, für den er Materialkosten in Höhe von 2500 DM aufgewendet hatte und dessen Wert er auf rd. 17 000 DM beziffert. Der Schrank steht nach Aussage des Klägers in der Wohnung und soll später einmal in der eigenen Schreinerei als Ausstellungstück dienen.

Der Kläger begehrte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1985 vergeblich den Abzug der aufgewendeten Materialkosten als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus: Die Aufwendungen für eine Meisterprüfung stellten beruflich veranlaßte Fortbildungskosten dar. Da zur Ablegung der Meisterprüfung die Herstellung eines Meisterstücks erforderlich sei, seien die im Zusammenhang damit getätigten Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig. Dem stehe nicht entgegen, daß die Herstellung des Meisterstücks zugleich eine Vermehrung des Vermögens des Klägers bedeute. Bei Herstellung eines Arbeitsmittels, als welches das Meisterstück angesehen werden könne, sei eine Vermögensmehrung unbeachtlich, weil allein auf die berufliche Veranlassung der Herstellung des Arbeitsmittels abgestellt werde. Dem Abzug stehe auch nicht § 12 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entgegen, da der Kläger allein aus beruflichen Gründen den Schrank habe herstellen müssen.

Mit der - vom FG zugelassenen - Revision beantragt der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -), die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor: Zwar sei die berufliche Veranlassung für die Herstellung des Schrankes zu bejahen, da der Kläger ohne das Meisterstück die Meisterprüfung nicht habe bestehen können. Diese ursprünglich berufliche Veranlassung für die Herstellung des Meisterstücks habe sich aber in der Präsentation des Schrankes in der Prüfung erschöpft. Danach habe ein neuer Zuordnungsabschnitt begonnen; der Kläger habe die Entscheidungsfreiheit gehabt, den Schrank beruflich (z. B. als Ausstellungsstück) oder privat (Verwendung im Wohnbereich) zu nutzen. Er habe sich für die private Nutzung entschieden. Durch die Präsentation in der Meisterprüfung sei keinerlei Wertverzehr eingetreten, so daß ein Werbungskostenabzug ausscheide. Allenfalls komme eine anteilige Absetzung für Abnutzung (AfA) in Betracht.

Der Kläger ist nicht vertreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Der Senat hat durch Urteil vom 15. Dezember 1989 VI R 44/86, BFHE 160, 145, BStBl II 1990, 692 entschieden, daß Aufwendungen eines nichtselbständig tätigen Handwerksgesellen im Zusammenhang mit der Ablegung der Meisterprüfung als Berufsfortbildungskosten zu beurteilen sind und daß die Aufwendungen zur Herstellung eines marktgängigen abnutzbaren Meisterstücks als Werbungskosten nur hinsichtlich des Teils steuerlich geltend gemacht werden können, der bei gleichmäßiger Verteilung der Kosten auf die Gesamtnutzungsdauer des Wirtschaftsguts der beruflichen Nutzung zuzuordnen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf das Urteil VI R 44/86.

Demgemäß kann der Kläger im Streitfall nicht die Kosten für das Material zur Herstellung seines Meisterstücks in vollem Umfang als Werbungskosten absetzen. Wohl aber hat er Herstellungskosten für den Schrank aufgewendet, dessen Nutzungsdauer mehr als ein Jahr beträgt. Daher kann ihm ein Werbungskostenabzug in Form einer AfA zustehen. Die Höhe der AfA hängt von der vom FG festzustellenden Gesamtnutzungsdauer des Schrankes ab. Im Streitjahr kann sich nur der Teil der Herstellungskosten als Werbungskosten auswirken, der zeitanteilig auf den Zeitraum entfällt, in dem der Schrank der Einkünfteerzielung diente. Dieser Zeitraum bemißt sich von dem Zeitpunkt der Fertigstellung des Schrankes bis zu dessen Präsentation in der Meisterprüfung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417143

BFH/NV 1991, 86

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