Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Der sogenannte "Jeep" ist unter gewissen Voraussetzungen als Zugmaschine ohne Güterladeraum zu beurteilen und kann damit unter die Befreiungsvorschrift fallen.

 

Normenkette

KraftStG § 2/6

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Streitig ist, ob das für den Beschwerdeführer (Bf.) zugelassene, in der Steueranmeldung als Zugmaschine "Jeep W. Overland" bezeichnete und nach Angabe des Bf. ausschließlich in seinem landwirtschaftlichen Betrieb verwendete Kraftfahrzeug unter die Befreiungsvorschrift des Kontrollratgesetzes (KontrRG) Nr. 51 Art. I Ziff. 2 fällt. Der Senat hatte im ersten Rechtsgang die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung des Finanzamts, die sich auf die Festsetzung der Steuer für die Zeit vom 4. März 1950 bis 3. März 1952 bezogen, aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Finanzamt zurückverwiesen. Das Finanzamt hatte bei der erneuten Entscheidung zu prüfen, ob das Fahrzeug während des ganzen Zeitraums, für den die Steuer festgesetzt war, eine Zugmaschine ohne Güterladeraum gewesen ist. Der Senat führte hierzu folgendes aus:

"Was im besonderen den vielfach in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben verwendeten "Jeep" anlangt, so ist dieser nach seiner Bauart nicht nur für die Personenbeförderung und nach Herausnahme der Rücksitze auch für die Güterbeförderung, sondern nach Anbringung eines Zughakens auch als Zugmaschine geeignet. Diese Vielfalt in der Eignung macht, wenn der Jeep als "Zugmaschine ohne Güterladeraum" anerkannt werden soll, auch beim Vorhandensein einer gegenüber der Zugleistung nur geringfügigen Ladefläche besondere technische änderungen an diesem Fahrzeug erforderlich, die den ausschließlichen Charakter des Fahrzeugs als Zugmaschine sicherstellen. ... Die Anbringung einer schrägen Abdeckplatte nach Entfernung der Rücksitze zwecks Ausschaltung des verbleibenden freien Raums für eine Verwendung als Güterladeraum würde nach Ansicht des Senats allein nicht genügen, um das Fahrzeug als Zugmaschine anerkennen zu können, da das Fahrzeug z. B. ohne technisch gesicherte Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit noch als Personenkraftfahrzeug mit zwei Sitzen zu beurteilen wäre."

Das Finanzamt holte zunächst eine gutachtliche äußerung ein. Nach dieser von der Technischen Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr abgegebenen äußerung ist das Fahrzeug mit einem geschlossenen Führerhaus und der rückwärtige Teil des Fahrzeugs mit einer vom Führerhaus nach hinten schräg abfallenden Abdeckplatte versehen; die Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs sei zu keiner Zeit begrenzt gewesen. Das Finanzamt wies hierauf im Hinblick auf die Nichtbegrenzung der Höchstgeschwindigkeit den Einspruch als unbegründet zurück, wobei es gleichzeitig die Steuerfestsetzung i. S. einer Verböserung änderte, indem es die Steuer nicht nach dem für Zugmaschinen, sondern nach dem für Personenkraftwagen geltenden Steuersatz berechnete. Es setzte in der Einspruchsentscheidung die ursprünglich auf 1.040 DM festgesetzte Steuer anderweitig auf 1.497 DM fest. Die gegen die Einspruchsentscheidung eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur anderweitigen Festsetzung der Steuer.

Der Senat hat die Frage, ob und bejahendenfalls unter welchen Voraussetzungen der vielfach in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben verwendete sogenannte Jeep als Zugmaschine steuerlich anzusehen ist, erneut nach der grundsätzlichen Seite hin geprüft. Er ist dabei - teilweise abweichend von seinen Ausführungen in der im ersten Rechtsgang erlassenen Entscheidung - zu dem Ergebnis gekommen, daß er nicht der Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit durch eine technische Maßnahme bedarf, um den Jeep als Zugmaschine anerkennen zu können. Dem Begriff der Zugmaschine, der weder steuerrechtlich noch verkehrsrechtlich umschrieben ist und daher nach seinem Wortsinn ausgelegt werden muß, steht nicht entgegen, daß die Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs nicht begrenzt ist. Weder das Verkehrsrecht noch das Steuerrecht schreiben eine Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit eines Fahrzeugs für dessen Beurteilung als Zugmaschine vor. Es steht dem Begriff der Zugmaschine ferner nicht etwa entgegen, daß das Fahrzeug außer mit dem Führersitz noch mit einem zweiten Sitz für einen Beifahrer ausgestattet ist. Die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) in der jetzt geltenden Fassung schreibt sogar ausdrücklich vor, daß Zugmaschinen - ausgenommen Elektrozugkarren und einachsige Zugmaschinen - mit einem fest angebrachten Sitz für mindestens einen Beifahrer ausgerüstet sein müssen (§ 35 a StVZO). Um ein Fahrzeug als Zugmaschine anerkennen zu können, ist nach dem Sinn des Wortes Zugmaschine erforderlich, daß es nach seiner Bauart und Ausstattung nicht der Beförderung von auf ihm untergebrachten Personen oder Gütern, sondern der Fortbewegung von Lasten durch Zug zu dienen geeignet und bestimmt ist (vgl. auch Müller, Straßenverkehrsrecht, 18. Aufl., Abschn. StVZO § 18 Anm. 16 aa S. 520/521). Dabei nimmt weder ein geringfügiger Laderaum noch das Vorhandensein eines zweiten für einen Beifahrer bestimmten Sitzes neben dem Führersitz dem Fahrzeug die Kennzeichnung als Zugmaschine.

Die Anwendung der vorstehenden Ausführungen auf den sogenannten Jeep ergibt nun folgendes: Nach der bei den Akten befindlichen Beschreibung ist der nicht umgebaute Jeep nach seiner objektiven Beschaffenheit für die Personenbeförderung, aber auch zugleich als Vorspann für Zugleistungen auf der Straße und im Gelände verwendbar. Trotzdem gilt der nicht umgebaute Jeep, solange er mit vier Personensitzen ausgestattet ist, steuerrechtlich als Personenkraftwagen; denn nach § 5 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen zum Kraftfahrzeugsteuergesetz vom 5. Juli 1935 (KraftStDB) gelten als Personenkraftwagen steuerrechtlich Kraftfahrzeuge mit vier oder mehr Rädern, wenn sie nach ihrer Bauart und Ausstattung zur Beförderung von Personen geeignet und bestimmt sind und nicht mehr als acht Sitzplätze (einschließlich Führersitz) haben. Werden nun die Rücksitze entfernt, so daß außer dem Führersitz nur noch ein Sitz als Sitz für einen "Beifahrer" vorhanden ist, so verliert der Jeep nach seiner Ausstattung die Eignung und Bestimmung zur Beförderung von Personen. Seine Eignung als Fahrzeug zur Fortbewegung von Lasten im Zug, die unberührt geblieben ist, tritt nunmehr in den Vordergrund. Damit ist der Jeep, sofern er nicht besonders für die Güterbeförderung eingerichtet wird oder als Zweisitzer der Beförderung von Personen, die nicht "Beisitzer" sind, dienen soll, nach seiner nunmehrigen objektiven Beschaffenheit als Zugmaschine anzuerkennen, ohne daß es, wie bereits ausgeführt, der Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit durch technische Maßnahmen und der Entfernung auch des zweiten Sitzes bedarf. Allerdings muß als Voraussetzung für das Verlieren der Eignung des Jeeps zur Beförderung von Personen verlangt werden, daß die entfernten Rücksitze nicht wieder ohne weiteres, d. h. ohne besondere handwerkliche Tätigkeit eingebaut werden können. Dem kann z. B. - wie zeitweise im Streitfall - in der Weise Rechnung getragen werden, daß über dem Raum hinter den beiden Vordersitzen eine angenietete schräge Abdeckplatte angebracht wird.

Hiernach waren die Vorentscheidungen aufzuheben. Bei freier Beurteilung ist die Sache spruchreif. Das Fahrzeug war für den Bf. ab 4. März 1950 zugelassen. Der Bf. gibt selbst an, daß das Fahrzeug erst im Laufe des August 1950 mit einer Abdeckplatte versehen worden ist. Aus den Akten ergibt sich nicht, daß zuvor etwa eine sonstige Vorkehrung getroffen worden war, die die Anbringung der beiden Rücksitze ohne besondere handwerkliche Tätigkeit ausschloß. Nach Auffassung des Senats war daher in der Zeit vom 4. März 1950 bis spätestens Ende August 1950 für den Bf. noch die Möglichkeit der jederzeitigen Anbringung der beiden entfernten Rücksitze ohne besondere handwerkliche Tätigkeit gegeben. Damit lag in dieser Zeit noch keine Veränderung des Fahrzeugs in der Weise vor, die seine Eignung und Bestimmung zur Personenbeförderung beseitigte. Damit aber war es steuerlich in dieser Zeit nach wie vor als Personenkraftwagen anzusehen, der nicht unter die Befreiungsvorschrift, die sich nur auf Zugmaschinen bezieht, fällt. Mit der Zulassung des Fahrzeugs war für den Bf. also die Steuerpflicht entstanden (§§ 1, 5 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 23. März 1935 - KraftStG -). Daß der Bf. nach seiner Angabe das Fahrzeug innerhalb dieses Zeitraums tatsächlich nicht von Anfang an sondern erst später benutzt hat, ist für die Frage der Steuerpflicht ohne Bedeutung. Für die folgende Zeit jedoch ist das Fahrzeug als Zugmaschine anzuerkennen. Daran wird nichts dadurch geändert, daß das Fahrzeug am 12. Januar 1952 oder vielleicht zeitweise schon vorher hinter dem Führerhaus mit einem als Laderaum dienenden Kasten versehen war, dessen Größe nach Angabe des Bf. etwa 1,25 qm betrug. Denn ein geringfügiger Laderaum - und um einen solchen handelte es sich hier - nimmt, wie bereits gesagt, allein noch nicht einem nach seiner objektiven Beschaffenheit zur Zugleistung geeigneten und bestimmten Fahrzeug die Kennzeichnung als Zugmaschine. Eine Verwendung des Fahrzeugs für nichtlandwirtschaftliche Zwecke an diesem Tage lag nach den Akten jedenfalls nicht vor.

Hiernach waren die Vorentscheidungen aufzuheben und die festgesetzte Steuer anderweit festzusetzen, nämlich nur für den Zeitraum vom 4. März 1950 bis spätestens Ende August 1950, also für sechs volle Monate, da ein angefangener Monat als ganzer Monat gilt.

 

Fundstellen

BStBl III 1955, 211

BFHE 1956, 34

BFHE 61, 34

StRK, KraftfStG:3 R 16

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