Leitsatz (amtlich)

Garagen, die in einem besonderen Gebäude eingerichtet sind und nicht zu bestimmten, steuerbegünstigten Kleinwohnungen gehören, können nach dem Bayer. Gesetz über Grundsteuerfreiheit und Gebührenfreiheit für den sozialen Wohnungsbau nicht von der Grundsteuer befreit werden. Das muß auch gelten, wenn die Garagen von einer Baugenossenschaft eingerichtet sind und nur an Mitglieder der Baugenossenschaft und Inhaber von Genossenschaftswohnungen vergeben werden.

 

Normenkette

GSWBY 2; GSWBY 3; GSWBY 4

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Garagengebäude der Beschwerdeführerin (Bfin.) einer größeren Baugenossenschaft, nach dem Bayer. Gesetz über Grundsteuerfreiheit und Gebührenfreiheit für den sozialen Wohnungsbau vom 28. November 1949 (GSW) von der Grundsteuer zu befreien ist. Das Garagengebäude ist im Jahre 1951 von der Bfin. am Rande ihrer großen Wohnsiedlung errichtet worden und umfaßt 24 Garagen, die an Genossenschaftsmitglieder, die in der Siedlung wohnen, vermietet sind.

 

Entscheidungsgründe

Finanzamt und Finanzgericht haben die Befreiung abgelehnt. Auch die Rechtsbeschwerde (Rb.) kann keinen Erfolg haben.

Das GSW unterscheidet für die Grundsteuerbefreiung:

Neubauten, die nur Kleinwohnungen enthalten (ß 2),

Neubauten, die neben Kleinwohnungen auch andere Wohnungen oder gewerbliche Räume enthalten (ß 3) und

neugeschaffene Kleinwohnungen in bereits vorhandenen Gebäuden oder in wiederaufgebauten kriegszerstörten Gebäuden (ß 4).

Bei der ersten Gruppe (Neubauten, die nur Kleinwohnungen enthalten) erstreckt sich nach § 2 Abs. 4 GSW die Grundsteuerbefreiung nicht nur auf das Gebäude als solches, sondern auch auf die Grundfläche, auf der das Gebäude ruht (bebaute Grundfläche) und auf die zugehörigen Hofräume und Hausgärten. Ist jedoch die gesamte Grundfläche (bebaute Grundfläche, Hofräume und Hausgärten) größer als das Zwölffache der bebauten Grundfläche, so gilt die Befreiung nur bis zum Zwölffachen der bebauten Grundfläche. Bei der zweiten Gruppe (Neubauten, die neben Kleinwohnungen auch andere Wohnungen oder gewerbliche Räume enthalten) sowie bei der dritten Gruppe (neugeschaffene Kleinwohnungen in bereits vorhandenen Gebäuden oder in wiederaufgebauten kriegszerstörten Gebäuden) erstreckt sich die Grundsteuerbefreiung nicht auf die Grundfläche (§§ 3 und 4 GSW, § 11 der Durchführungsbestimmungen zum Gesetz über Grundsteuerfreiheit und Gebührenfreiheit für den sozialen Wohnungsbau vom 10. Juli 1950 - GSWDB -).

über die Befreiung von Nebengebäuden, insbesondere von Garagen, die im Zusammenhang mit Neubauten (Gruppe 1 und 2) oder mit Kleinwohnungen (Gruppe 3) geschaffen werden, ist weder im GSW noch in den GSWDB eine Vorschrift enthalten. Auch aus den Anordnungen über die Wohnflächenberechnung läßt sich für diese Frage nichts entnehmen. Nach den ursprünglich geltenden Verwaltungsanweisungen (Anlage 1 zum Erlaß des Finanzministeriums vom 10. Juli 1950 L 1108 - 5/14 - 60331, Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen - Bay.FMBl. - 1950 S. 388) gehören nicht zur Grundfläche einer Wohnung: die Grundflächen von Zubehörräumen (wie Keller, Dachböden, Waschküchen, Garagen), von Wirtschaftsräumen (wie Ställe, Schuppen, Futterküchen), von gewerblichen Räumen (wie Läden, Werkstätten, Lagerräumen, Einstellräumen für Kraftfahrzeuge und Geräte) und von Räumen, die nicht von allen Seiten geschlossen sind (wie Balkone, Loggien und Terrassen). Nach § 25 Abs. 3 der Verordnung über Wirtschaftlichkeits- und Wohnflächenberechnung für neugeschaffenen Wohnraum vom 20. November 1950 (Berechnungsverordnung) - Bundesgesetzblatt S. 753 -, die seit 1. Januar 1951 auch für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau in Bayern (mithin auch im Streitfall) gilt, gehört zur Wohnfläche nicht die Grundfläche von

Dachböden, Kellern, Trockenräumen, Waschküchen;

Wirtschaftsräumen, wie Wasch- und Futterküchen, Vorratsräumen, Ställen, Abstellräumen, Schuppen;

gewerblichen Räumen, wie Läden, Werkstätten, Lagerräumen.

Abgesehen davon, daß in dieser Vorschrift "Garagen" nicht ausdrücklich erwähnt sind, läßt sich aus ihr nichts für die zu entscheidende Frage entnehmen. Denn hier ist nur bestimmt, von welchen Räumen jeweils die Grundflächen nicht in die Wohnfläche einzubeziehen sind. Ob aber die Grundflächen dieser Räume zugleich mit den Kleinwohnungen als steuerbefreit (was z. B. wohl bei Dachböden, Trockenräumen und Waschküchen, nicht aber bei Läden, Werkstätten und Lagerräumen zutreffen wird) behandelt werden können, ist nicht nach der Berechnungsverordnung, sondern nach dem GSW zu entscheiden.

Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, daß der Gesetzgeber mit dem GSW den Kleinwohnungsbau fördern wolle. Die Grundsteuerbefreiung einer Kleinwohnung könne daher nur dann auf eine Garage erstreckt werden, wenn diese zu einer ganz bestimmten Kleinwohnung gehöre und der Inhaber der Kleinwohnung über sie verfügen könne. Auch wenn im Zusammenhang mit der Errichtung eines Wohnblocks Autogaragen gebaut werden, will die Vorinstanz die Grundsteuerbefreiung der Kleinwohnungen des Wohnblocks auf die Autogaragen nur erstrecken, wenn diese als Nebenräume zu bestimmten Wohnungen geschaffen werden, so daß der Wohnungsinhaber darüber verfügen kann. Wenn jedoch die Garagen vom Hauseigentümer nicht an die Mieter des Wohnblocks, sondern an fremde Autobesitzer vermieten würden, müsse die Steuerbefreiung versagt werden. Diese Auffassung der Vorinstanz stimmt mit einer Verwaltungsanweisung des Bay. Staatsministeriums der Finanzen in einem Runderlaß vom 15. Februar 1952 Nr. L 1108 - 1/52 - 96 174 - V überein.

Der erkennende Senat ist noch nicht mit der Frage befaßt worden, ob und inwieweit Garagen, die zu bestimmten Kleinwohnungen gehören, als Nebenräume dieser Kleinwohnungen angesehen werden können und aus diesem Grund die Grundsteuerbefreiung für Kleinwohnungen auf sie erstreckt werden kann. Der Streitfall gibt keine Veranlassung, zu dieser Frage abschließend Stellung zu nehmen; denn für Garagen, die in einem besonderen Gebäude eingerichtet sind und die nicht zu bestimmten, steuerbefreiten Kleinwohnungen gehören, muß jedenfalls in übereinstimmung mit den Vorinstanzen die Grundsteuerfreiheit versagt werden.

Die Bfin. hat ausführlich und überzeugend dargelegt, daß aus den verschiedensten Gründen (Verkehrsentwicklung, Lärmbekämpfung, haushaltende Geländeausnutzung usw.) bei einer Großsiedlung, wie sie hier vorliegt, die für die Siedlungsbewohner erforderlichen und von den zuständigen Behörden durch Bauauflagen geforderten Garagen zweckmäßiger- und notwendigerweise am Rande der Siedlung in besonderen Gebäuden untergebracht werden. Es entspricht aber - so erwünscht der Bau von Garagen in dieser Form auch im Zusammenhang mit der Errichtung von Kleinwohnungen ist - nicht dem Sinn und Zweck des GSW, die den Kleinwohnungen vorbehaltene Steuerbefreiung auf Gebäude mit Garagen auszudehnen, bei denen weder ein tatsächlicher noch ein rechtlicher Zusammenhang mit bestimmten, steuerbefreiten Kleinwohnungen besteht. Im Streitfall sind - wie das Finanzamt auf Grund der eigenen Angaben der Bfin. festgestellt hat - nur vier Garagen an Genossenschaftsmitglieder vermietet, deren Wohnungen ebenfalls im Jahre 1951 fertiggestellt worden sind. Weitere drei Garagen benutzten Genossenschaftsmitglieder, deren Wohnungen erst im Jahre 1952 bezugsfertig geworden sind, und die übrigen siebzehn Garagen sind an Genossenschaftsmitglieder vermietet, deren Wohnungen überhaupt nicht neu aufgebaut worden sind. Selbst wenn es - wie die Bfin. behauptet - für sie praktisch undurchführbar ist, jeweils bestimmte Garagen mit bestimmten Genossenschaftswohnungen durch Nutzungsverträge zu verbinden, kann die Grundsteuerbefreiung für das Garagengebäude nicht zugestanden werden.

Die Entscheidung im Kostenpunkt beruht auf § 307 der Reichsabgabenordnung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408024

BStBl III 1954, 335

BFHE 1955, 325

BFHE 59, 325

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