Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Unter "besserer Gestaltung" von Bauland im Sinne des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG ist lediglich eine solche grundrißmäßiger (bautechnischer) Art zu verstehen, nicht aber ein Austausch aus allgemein-wirtschaftlichen, sozialen oder verkehrsmäßigen Gesichtspunkten.

Die Finanzverwaltungsbehörden bzw. die Steuergerichte sind in den Fällen des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG 1940 an die Zweckdienlichkeitsbescheinigung der zuständigen Behörden insoweit nicht gebunden, als es sich darum handelt, ob im Streitfall die Steuerrechtsbegriffe "Grundstücksaustausch", "bessere Gestaltung von Bauland" und "Bauland" erfüllt sind.

 

Normenkette

GrEStG § 4/1/3/b

 

Tatbestand

Am 22. September 1954 wurde zwischen der Bfin. und einem Stift ein Grundstückstauschvertrag abgeschlossen. Danach erwarben tauschweise:

die Bfin. von dem Stift Grundstücke in einer Gesamtgröße von 2,8658 ha,

das Stift von der Bfin. Grundstücke in einer Gesamtgröße von 5,9048 ha.

Als Gesamtwert der von der Bfin. erworbenen Grundstücke wurden 56.800 DM, als Gesamtwert der von dem Stift erworbenen Grundstücke wurden 56.200 DM zugrunde gelegt. Der Unterschiedsbetrag von 600 DM wurde von der Bfin. gezahlt.

Die von der Bfin. erworbenen Grundstücke lagen außerhalb des Baugebiets der Stadt S., waren nach dem Wirtschaftsplan der Stadt für den Bau eines Stadions vorgesehen, durften von keinem Interessenten - auch nicht von dem Stift - bebaut werden, wurden jedoch durch Ratsbeschluß vom 30. September 1953 bzw. durch Dispens des zuständigen Regierungspräsidenten vom 11. Dezember 1954 für die Baupläne der Bfin. (Bau eines Gymnasiums bzw. eines Kindergartens) freigegeben.

Die von dem Stift erworbenen Grundstücke werden nach wie vor landwirtschaftlich genutzt.

Durch Bescheinigung des zuständigen Katasteramts vom 4. Oktober 1954 wurde der Grundstücksaustauschvertrag - und zwar unter Bezugnahme auf den Runderlaß des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 1. September 1954 (Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1954 Spalte 1697) - als zweckdienlich im Sinne des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG anerkannt. Nach dieser Vorschrift ist unter anderem steuerbefreit:

"1. und 2......

bei der Umlegung, bei sonstigen Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Grundstücken und im Auseinandersetzungsverfahren:

.....

der freiwillige Austausch von Grundstücken zur Grenzverlegung, zur besseren Bewirtschaftung von zersplitterten oder unwirtschaftlich geformten land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken oder zur besseren Gestaltung von Bauland, wenn der Austausch von der zuständigen Behörde als zweckdienlich anerkannt wird,

....

....."

Streitig ist die Anwendbarkeit der bezeichneten Befreiungsvorschriften des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG. Das Finanzamt hat eine Steuerbefreiung nicht als gegeben erachtet und sowohl den Grundstückserwerb der Bfin. als auch den des Stiftes zur Grunderwerbsteuer herangezogen.

Die gegen diese Steuerbescheide eingelegten Sprungberufungen wurden vom Finanzgericht als unbegründet zurückgewiesen, und zwar auch insoweit, als die Bfin. in der Berufungsinstanz die Steuerbefreiung des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 a, des § 4 Abs. 1 Ziff. 4 a und die des § 4 Abs. 1 Ziff. 5 GrEStG als gegeben erachtete. Lediglich soweit das Stift in Betracht kam, wurde die festgesetzte Steuer der Höhe nach geringfügig ermäßigt.

Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts wurde nur von der Bfin. Rb. eingelegt. Die Rb. ist damit begründet worden, daß die vorerwähnte Befreiungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG anwendbar sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist ohne Erfolg.

Dem Finanzgericht ist darin zuzustimmen, daß die in Betracht kommende Steuerbefreiung auch dann angewendet werden kann, wenn nur ein Tauschgrundstück bebaut werden soll; daß das andere Tauschgrundstück - im Streitfall die von der Bfin. hingegebenen Grundstücke - nach wie vor landwirtschaftlich genutzt wird, schließt somit die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung nicht aus. Siehe dazu die Urteile des Reichsfinanzhofs II A 284/25 vom 9. Juni 1925 (Slg. Bd. 16 S. 316) und II 58/42 vom 6. August 1942 (RStBl 1942 S. 1076, Slg. Bd. 52 S. 124).

Weiter sind auch die Worte "Austausch von Grundstücken zur besseren Gestaltung von Bauland" im Sinne der Auffassung des Finanzgerichts auszulegen. Das Finanzgericht versteht unter besserer Gestaltung nur eine solche grundrißmäßiger (bautechnischer) Art. Demgegenüber steht die Bfin. auf dem Standpunkt, daß als Grundstücksaustausch zur besseren Gestaltung von Bauland gemäß dem angeführten Runderlaß des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 1. September 1954 auch ein Austausch aus allgemein-wirtschaftlichen, sozialen oder verkehrsmäßigen Gesichtspunkten anzusehen ist, daß es also nicht darauf ankommt, ob in den Grundstücksgrenzen eine änderung eintritt oder nicht. Dem kann nicht gefolgt werden. Es wird nicht verkannt, daß ein Austausch von Bauland aus allgemein-wirtschaftlichen, sozialen und verkehrsmäßigen Gesichtspunkten zweckmäßig oder sogar geboten sein kann. Der Arbeitnehmer, der z. B. ein in einer anderen Gemeinde und verkehrsmäßig ungünstig gelegenes Bauland gegen anderes Bauland nahe seiner Arbeitsstelle austauscht, handelt vom Standpunkt seiner eigenen Wirtschaftsführung aus sicherlich vernünftig. Daß aber dadurch Bauland objektiv besser gestaltet wird und daß der Arbeitnehmer den Grundstücksaustausch aus diesem Grunde vornimmt, kann nicht behauptet werden.

Der Auffassung des Finanzgerichts ist auch darin zuzustimmen, daß nach allgemeinem Sprachgebrauch in einer Gestaltung eine Formgebung, in einer Gestalt ein äußeres Erscheinungsbild, die äußere Form zu erblicken ist. Schon der Wortlaut des Gesetzes spricht also dafür, unter "besserer Gestaltung" eine änderung der äußeren Form, d. h. eine grundrißmäßige Umgestaltung, zu verstehen. Ein innerer Grund dafür, die in Betracht kommende Befreiungsvorschrift entgegen dem allgemeinen Sprachgebrauch auf andere Tatbestände auszudehnen (d. h. auf Tatbestände, die nicht in einer Formveränderung bestehen), ist nicht ersichtlich. Auch der Umstand, daß das Oberverwaltungsgericht Münster im Urteil vom 9. Februar 1954 (Deutsche Steuer-Zeitung 1954 Ausgabe B S. 215 = Deutsche Notar-Zeitschrift 1954 S. 657) einen abweichenden Standpunkt vertreten hat, kann hieran nichts ändern.

Die Gerichte sind nach Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) an Recht und Gesetz gebunden. Sie können zwar das Gesetz auslegen; es ist ihnen aber nicht gestattet, eine steuerliche Befreiungsvorschrift, die sich auf einen beschränkten Kreis von Vorgängen bezieht, auf andere Vorgänge auszudehnen, es sei denn, was jedoch im Streitfall nicht zutrifft, daß sich aus Sinn und Zweck des Gesetzes eine derartige Notwendigkeit ergibt. Insbesondere ist hiernach der bereits erwähnte Runderlaß des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 1. September 1954, der lediglich eine allgemeine Verwaltungsanordnung enthält, für die Steuergerichte nicht verbindlich. Zur Frage, inwieweit allgemeine Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung durch die Steuergerichte anzuerkennen sind, siehe u. a. das Urteil des Bundesfinanzhofs VI 48/57 S vom 21. November 1958 (BStBl 1959 III S. 69, Slg. Bd. 68 S. 176).

Die obige Auslegung des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG steht weder mit der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift noch mit der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs oder mit der des erkennenden Senats in Widerspruch.

§ 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG 1940 geht auf § 7 Nr. 7 des Zuwachssteuergesetzes vom 14. Februar 1911 zurück. Dort war u. a. bestimmt: "Die Zuwachssteuer wird nicht erhoben:

bis 6. .....;

beim Austausch im Inland gelegener Grundstücke zum Zwecke der Zusammenlegung (Flurbereinigung), der Grenzregelung oder der besseren Gestaltung von Bauflächen (Umlegung) sowie bei Ablösung von Rechten an Forsten, wenn diese Maßnahmen auf der Anordnung einer Behörde beruhen oder von einer solchen als zweckdienlich anerkannt werden;

....." Das GrEStG 1919 war weitgehend an die Regelung im Zuwachssteuergesetz angelehnt. § 8 Nr. 7 GrEStG 1919 stimmte sogar, worauf auch der Reichsfinanzhof in dem Gutachten II D 2/24 vom 15. Februar 1924 (Slg. Bd. 13 S. 171) hinweist, mit § 7 Nr. 7 des Zuwachssteuergesetzes wörtlich überein. Allerdings wurde § 8 Nr. 7 GrEStG 1919 durch Art. II § 1 des Gesetzes zur änderung der Verkehrsteuern und des Verfahrens vom 10. August 1925 (RGBl 1925 I S. 241) geändert. Diese änderung betraf aber lediglich die Grundstücke in Gemengelage, nicht also Grundstücke der hier in Betracht kommenden Art.

Die Begründung zum Entwurf des Zuwachssteuergesetzes - es handelte sich damals um den § 4 Nr. 7 - (Verhandlungen des Reichstags Bd. 275, Aktenstück Nr. 374/1910 S. 35) enthält keine Ausführungen darüber, was unter besserer Gestaltung von Bauflächen verstanden wurde. Dahingehende äußerungen sind auch in der Begründung zum Entwurf des nachmaligen GrEStG - damals § 7 Nr. 7 - (Verhandlungen der Deutschen Nationalversammlung Bd. 335, Drucksache Nr. 374/1919 S. 19) nicht enthalten; dort wird lediglich auf § 7 des Zuwachssteuergesetzes Bezug genommen.

Im Schrifttum zum Zuwachssteuergesetz und zum GrEStG 1919 bzw. 1927 sind, soweit ersichtlich, zu der hier streitigen Frage keinerlei Meinungsäußerungen enthalten. Alle Erläuterungsbücher nehmen, soweit überhaupt, auf die damals bereits vorhandenen Umlegungsgesetze Bezug. Im Sinne dieser Gesetze wiederum ist als Umlegung eine flächenmäßige Umgestaltung zu verstehen.

Die Gründe dafür, warum sich die Erläuterungsbücher zunächst kaum mit dem privaten Grundstücksaustausch befaßten, sind den Ausführungen von Schiller ("Der steuerfreie Grundstücksaustausch", Deutsches Steuerblatt 1931 S. 169) zu entnehmen. Dort heißt es: "Die Begünstigung auch des privaten Austausches, für die die Vorschrift jetzt vor allem Bedeutung hat, ist eine Erweiterung, die zwar schon im ursprünglichen Wortlaut des Gesetzes begründet ist, aber ihren heutigen Umfang doch erst der Rechtsprechung verdankt." Mit anderen Worten: Im Hinblick auf den Ausdruck "Bauflächen (Umlegung)" gingen die Erläuterungsbücher anfänglich davon aus, daß Gegenstand der Steuerbefreiungen nur die gesetzlich geregelten Umlegungen seien.

In dem bereits angeführten Gutachten II D 2/24 wurde vom Reichsfinanzhof die Auffassung vertreten, daß die Steuerbefreiung des § 8 Nr. 7 GrEStG 1919 auf alle Grundstücksveränderungen anwendbar ist, die

auf Grund einer Anordnung oder unter Leitung einer Behörde durchgeführt werden,

auf einer freiwilligen Einigung der Beteiligten beruhen, weil diesen an der Vermeidung eines behördlichen Verfahrens gelegen sei,

auf Grund freiwilliger Vereinbarung der Beteiligten vorgenommen werden, obwohl eine gesetzliche Voraussetzung zur Ausübung eines Zwanges nicht besteht.

In dem vorbezeichneten Gutachten spricht der Reichsfinanzhof von "Grundstücksveränderungen". Da unter einem Grundstück ein fest abgegrenzter Teil der Erdoberfläche zu verstehen ist, so ist anzunehmen, daß der Reichsfinanzhof in einer Grundstücksveränderung eine flächenmäßige Veränderung erblickte. In dem Urteil des Reichsfinanzhofs II A 259/31 vom 12. August 1931 (Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz 1919/1927, § 8 Nr. 7, Rechtsspruch 18) heißt es ausdrücklich: "Insbesondere kann auch keine Rede davon sein, daß eine bessere Gestaltung von Bauflächen, also eine vorteilhaftere räumliche Einteilung von Bauplätzen, beabsichtigt gewesen wäre." Hier ergibt sich, daß der Reichsfinanzhof unter "besserer Gestaltung von Bauflächen" im Sinne des § 8 Nr. 7 GrEStG 1919/1927 nichts anderes verstanden hat als das, was der Senat bei Anwendung des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG 1940 darunter versteht. Dies wird auch nicht dadurch geändert, daß der Reichsfinanzhof in dem anschließenden Satz von "verwandten Zwecken" spricht. Welche Zwecke damals vom Reichsfinanzhof als "verwandt" angesehen wurden, ist nicht mehr feststellbar. Vielleicht war an Ringtauschverträge, vielleicht war, wie es das Finanzgericht annimmt, an freiwillige Umlegungen gedacht. Vielleicht schwebten dem Reichsfinanzhof auch Fälle vor, in denen fertiges Bauland (d. h. Bauland, das für sich allein keiner besseren Gestaltung bedarf) zusammengelegt, also durch Zusammenlegung umgestaltet wurde, um darauf z. B. Großbauvorhaben durchführen zu können. An Fälle der hier in Betracht kommenden Art war jedoch, wie auch das Finanzgericht ausführt, offensichtlich nicht gedacht, zumal der Reichsfinanzhof die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung des § 8 Nr. 7 GrEStG 1919/1927 verneinte und der damals zu entscheidende Fall dem Streitfall ähnelt.

Die Regelung in § 8 Nr. 7 GrEStG 1919/1927 ist sachlich unverändert als § 4 Abs. 1 Ziff. 3 in das GrEStG 1940 übernommen worden. Jedoch sind die bis dahin in einer Nummer zusammengefaßten Tatbestände (= § 8 Nr. 7 GrEStG 1919/1927) aus Gründen der besseren übersicht in drei Untertatbestände (= Ziff. 3 a, 3 b und 3 c) aufgeteilt worden. Dabei betrifft die Ziff. 3 a den Grundstückserwerb im gesetzlich geregelten Umlegungsverfahren und die Ziff. 3 b den freiwilligen Austausch von Grundstücken zur besseren Gestaltung von Bauland. Hinter Bauland ist der Klammerzusatz "(Umlegung)" weggefallen, weil der Grundstückserwerb im gesetzlich geregelten Umlegungsverfahren bereits in Ziff. 3 a geregelt wurde. In der Begründung zum GrEStG 1940 (RStBl 1940 S. 387 ff., 396) wird zu der hier streitigen Frage ausdrücklich keine Stellung genommen. Jedoch wird u. a. ausgeführt: "Ebenso treffen Eigentümer von Bauland freiwillige Vereinbarungen über den Austausch von Bauland zur besseren Gestaltung ihres Geländes." Diese Ausdrucksweise läßt gleichfalls darauf schließen, daß bei Schaffung des GrEStG 1940 lediglich an eine grundrißmäßige Umgestaltung von Bauland gedacht war. Die Begründung zum GrEStG 1940 nimmt weitgehend zur weiteren Anwendbarkeit der zum GrEStG 1919/1927 ergangenen Rechtsprechung Stellung. Es ist anzunehmen, daß es auch bei § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG 1940 geschehen wäre, wenn die damals maßgeblichen Stellen gewollt hätten, änderungen gegenüber der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs eintreten zu lassen, insbesondere wenn beabsichtigt gewesen wäre, daß das vorerwähnte Urteil des Reichsfinanzhofs II A 259/31 vom 12. August 1931 nicht mehr anwendbar sein sollte. Im Schrifttum zum GrEStG 1940 wird ein Grundstückstausch zur besseren Gestaltung von Bauland nur bejaht, wenn bereits im Eigentum des Erwerbers stehendes Bauland durch den Austausch seine Gestaltung (d. h. seine "Umgrenzung") ändert, so daß seine Bebauung grundrißmäßig besser möglich ist. Siehe dazu Boruttau-Klein, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, 5. Aufl., 1957, § 4 Bem. 12 Abs. 5 (S. 187); Neumann, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, 4. Aufl., 1955, § 4 Bem. 11 Abs. 2 (S. 57).

Der Gesetzgeber hatte, wie bereits ausgeführt wurde, die Möglichkeit, eine andere Regelung zu treffen, d. h. andere Gründe oder alle Gründe, die überhaupt zu einem Austausch von Bauland Veranlassung geben können, in die Steuervergünstigung einzubeziehen. Das ist aber, um es zu wiederholen, nicht geschehen. Eine Steuerbefreiung hätte im Streitfall z. B. dann bejaht werden können, wenn Tauschvorgänge der in Betracht kommenden Art schlechthin von der Steuer befreit, wenn also die Worte "zur besseren Gestaltung von Bauland" nicht in den § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b a. a. O. aufgenommen wären. Jedoch ist ausdrücklich bestimmt - und diese Einschränkung kann nicht unbeachtet bleiben -, daß der Austausch "zur besseren Gestaltung von Bauland" stattfinden muß. Eine Steuerbefreiung hätte im Streitfall z. B. auch dann eintreten können, wenn der Austausch "zur besseren Verwendung" von Bauland von der Steuer ausgenommen wäre, d. h. wenn statt des Wortes "Gestaltung" der Ausdruck "Verwendung" gebraucht worden wäre. Daß die Tauschparteien die eingetauschten Grundstücke besser verwenden konnten (sei es als Bauland, sei es als landwirtschaftliches Grundstück), ist unbestritten. Jedoch ist ein solcher Tauscherfolg, um es zu wiederholen, grunderwerbsteuerlich gleichfalls nicht begünstigt. Eine solche Begünstigung lag offensichtlich auch nicht im Sinne des Gesetzgebers. Tritt nämlich beim Austausch von zersplitterten oder unwirtschaftlich geformten land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken die Steuerbefreiung bereits ein (ß 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG), wenn der Austausch "der besseren Bewirtschaftung" dient, so wäre nicht verständlich, warum der Gesetzgeber für den Austausch von Bauland keine ähnliche Regelung getroffen hat, falls bei Bauland und bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken Befreiungen in gleich großem Ausmaß eintreten sollten. Dabei ist zu berücksichtigen, daß beide Steuerbefreiungen in demselben Satz des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG unmittelbar aufeinanderfolgen. Aus der ungleichen Regelung muß vielmehr gefolgert werden, daß bei Bauland an eine weniger weitgehende Steuerbefreiung gedacht war.

Im Streitfall hatte der Austausch der Grundstücke keine bessere Gestaltung von Bauland zur Folge. Was eintrat, war lediglich ein Wechsel in der Person der Eigentümer. Das Bauland blieb dasselbe. Daß die neue Eigentümerin das Bauland besser verwenden konnte, ändert daran nichts. Die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG war somit zu verneinen. Eine entsprechende Auffassung ist, um es zu wiederholen, auch schon vom Reichsfinanzhof durch Urteil II A 259/31 vom 12. August 1931 (siehe oben) zu § 8 Nr. 7 GrEStG 1919/1927 in einem ähnlich gelagerten Fall vertreten worden.

Allerdings ist der Grundstücksaustausch, wie schon ausgeführt wurde, von der zuständigen Behörde nach § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG als zweckdienlich anerkannt worden. Jedoch kann der Rb. nicht darin gefolgt werden, daß derartige Zweckdienlichkeitsbescheinigungen auch dann für die Finanzverwaltungs- und Rechtsmittelbehörden verbindlich seien, wenn sie zu Unrecht ausgestellt wurden.

Der Reichsfinanzhof hat wiederholt zu der Frage Stellung genommen, ob und inwieweit Zweckdienlichkeitsbescheinigungen anderer Behörden, die gemäß § 8 Nr. 7 GrEStG 1919/1927 (jetzt § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG 1940) ausgestellt werden, für die Finanzverwaltungs- und Rechtsmittelbehörden verbindlich sind. Nach einem Urteil des Reichsfinanzhofs II A 93/28 vom 28. März 1928 (Slg. Bd. 23 S. 117) ist zwischen der Frage, ob die Beteiligten mit dem Austausch den steuerbegünstigten Zweck verfolgen, und der weiteren Frage zu unterscheiden, ob der Austausch objektiv geeignet war, diesem Zweck zu dienen. Die zweite Frage, so führt der Reichsfinanzhof aus, für deren Beantwortung wirtschaftstechnische Gesichtspunkte maßgebend seien, sei nicht von der Finanzverwaltungsbehörde selbst, sondern von der hierfür zuständigen Verwaltungsbehörde zu entscheiden; nur diese Entscheidung sei für die Finanzverwaltungs- und Rechtsmittelbehörden bindend. Dagegen seien die weiteren Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift, ob also ein privater Grundstücksaustausch zum Zwecke der Zusammenlegung (Flurbereinigung), der Umlegung oder der Grenzregelung vorgenommen sei, sowie außerdem, ob es sich um Grundstücke in "Gemengelage" handelt und gegebenenfalls ob die Beteiligten mit dem Austausch tatsächlich eine bessere landwirtschaftliche Ausnutzung der Grundstücke ermöglichen wollten und nicht etwa einen anderen Zweck (z. B. einen Weiterverkauf der eingetauschten Grundstücke) im Auge hatten, von der Finanzverwaltungsbehörde selbständig zu prüfen. Die gleiche Auffassung ist in den Urteilen des Reichsfinanzhofs II A 272/30 vom 22. Juli 1930 (Steuer und Wirtschaft 1930 Nr. 1212 Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz 1919/1927, § 8 Allgemeines, Rechtsspruch 26) und II A 487/31 vom 18. März 1932 (RStBl 1932 S. 749 Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz 1919/1927, § 8 Nr. 7 Rechtssprüche 19 und 20) vertreten worden.

Der Senat tritt der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs bei. Im Sinne dieser Rechtsprechung ist somit im Streitfall die vom Katasteramt ausgestellte Bescheinigung nur insoweit verbindlich, als sie den Grundstücksaustausch objektiv als zweckmäßig bezeichnet. Dagegen ist von den Finanzverwaltungs- und Rechtsmittelbehörden u. a. selbständig zu prüfen und zu entscheiden, ob ein Grundstücksaustausch vorliegt, ob es sich um Bauland handelt und ob der Austausch zur besseren Gestaltung von Bauland vorgenommen wird. Soweit die Bfin. eine abweichende Auffassung vertritt, kann ihr nicht gefolgt werden. Inwieweit die nicht im § 4 Abs. 1 Ziff. 3 b GrEStG, sondern in anderen Gesetzen vorgesehenen Bescheinigungen von Verwaltungsbehörden für die Finanzverwaltungs- und Rechtsmittelbehörden verbindlich sind, kann im Streitfall dahingestellt bleiben.

Die Rb. war somit als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl III 1960, 271

BFHE 1961, 62

BFHE 71, 62

StRK, GrEStG:4/1/3 R 7

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