Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Teilzahlungsverträgen stellen die vom Käufer zu zahlenden Finanzierungsgebühren einen Teil des vom Einzelhändler vereinnahmten Entgelts dar, sofern auch hinsichtlich der Finanzierungskosten ein Leistungsaustausch zwischen Verkäufer und Käufer festzustellen ist. Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer seine Rechte aus den Teilzahlungsverträgen an eine Bank abgetreten hat.

 

Normenkette

UStG § 1 Ziff. 1, § 5/1; UStDB § 10; UStG § 10/1

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtige stellt Stühle, Tische sowie Kleinmöbel her und betreibt den Einzelhandel mit Möbeln eigener und fremder Fertigung. Sie hat in den Jahren 1955 bis 1958 mit einem Teil ihrer Kunden Teilzahlungsverträge geschlossen. Dies geschah in der Art, daß außer einem für alle Verkäufe üblichen Kaufvertrag ein besonderer Teilzahlungskaufvertrag mit Angaben über den Preis, die Höhe der Anzahlung, den Restkaufpreis, den Teilzahlungszuschlag, eine Antragsgebühr und den Zahlungsplan geschlossen wurde. Die Rechte aus diesen Teilzahlungskaufverträgen trat die Steuerpflichtige an eine Bank ab, teilte dies den Kunden im Teilzahlungsvertrag mit und wies diese an, alle Zahlungen unter genauer Einhaltung des Zahlungsplans an die Bank zu leisten. Dieser gegenüber übernahm die Steuerpflichtige die Garantie für die Erfüllung der Verpflichtungen des Käufers, insbesondere für die Zahlung der Raten einschließlich Zinsen und aller Nebenspesen mit der Maßgabe, daß sie erst in Anspruch genommen werden könne, wenn der Käufer eine fällige Zahlung trotz Mahnung nicht oder nicht vollständig geleistet hat. Die Bank schrieb der Steuerpflichtigen nach der Abtretung den Restkaufpreis gut, belastete aber gleichzeitig deren besonderes Kreditkonto.

Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer für die Jahre 1955 bis 1957 nach den Erklärungen der Steuerpflichtigen im vereinfachten Verfahren fest, da diese auf Erteilung von Steuerbescheiden und auf Rechtsmitteleinlegung verzichtet hatte. Für 1958 führte das Finanzamt die Veranlagung entsprechend der Erklärung nach § 100 AO vorläufig durch. Bei einer Betriebsprüfung im Jahre 1960 wurde festgestellt, daß die Steuerpflichtige die Teilzahlungszuschläge nicht der Umsatzsteuer unterworfen hatte.

Entsprechend dem Ergebnis der Betriebsprüfung berichtigte das Finanzamt die Veranlagungen für 1955 bis 1957 nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO und setzte die Umsatzsteuer für 1958 nach § 225 AO endgültig fest. Dabei rechnete es die Teilzahlungszuschläge dem erklärten Umsatz hinzu.

Der Einspruch blieb erfolglos. Die Berufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht hob die Einspruchsentscheidung, den Sammelberichtigungsbescheid für 1955 bis 1957 und die endgültige Veranlagung für 1958 auf, da nach den vorgelegten Mustern der verwendeten Ratenzahlungskaufverträge die Teilzahlungszuschläge nach dem Urteil des Senats V 86/56 S vom 30. Oktober 1958 (BStBl 1958 III S. 455, Slg. Bd. 67 S. 468) unter Berücksichtigung der Ausführungen im Urteil des Bundesfinanzhofs V 170/59 U vom 30. November 1961 (BStBl 1962 III S. 74, Slg. Bd. 74 S. 197) kein Entgelt für eine Leistung der Steuerpflichtigen als Verkäuferin darstellten. Deren Leistung erschöpfe sich darin, daß sie Waren geliefert und dem Käufer die Inanspruchnahme eines Kredits ermöglicht habe, während die Gegenleistung des Käufers in der geleisteten Anzahlung und der Verpflichtung bestehe, sich den Restkaufpreis als Kredit zu beschaffen und an die Steuerpflichtige auszahlen zu lassen. Die von dieser gegenüber der Bank übernommene Garantie für die Erfüllung der Verbindlichkeiten des Käufers sei keine echte Schuldübernahme, sondern eine weniger verpflichtende Haftung, weil eine Inanspruchnahme vertraglich erst möglich sei, wenn der Käufer eine fällige Zahlung trotz Mahnung nicht oder nicht vollständig geleistet habe. Es handle sich also lediglich um eine Delkrederehaftung, die nicht als eigene Leistung der Steuerpflichtigen als Verkäuferin gegenüber dem Käufer anzusehen sei, so daß hinsichtlich der Teilzahlungszuschläge ein Leistungsaustausch nicht anzunehmen sei.

Mit der Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamts unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts und einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten. Dem Urteil V 86/56 S vom 30. Oktober 1958 (a. a. O.) habe ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen, da Käufer und Verkäufer bei der Bank einen Antrag auf Gewährung eines Kredits gestellt hätten. Im Streitfall habe die Steuerpflichtige ohne Einschaltung des Käufers alle Rechte aus dem Kaufvertrag an die Bank abgetreten und die Garantie für die Erfüllung der Verpflichtungen des Käufers aus dem Vertrag, insbesondere für die Zahlung der Raten einschließlich Zinsen und aller Nebenspesen übernommen. Da die Bank der Steuerpflichtigen auf Grund der Abtretung eine Gutschrift in Höhe des Restkaufpreises erteilt, deren gesondertes Kreditkonto jedoch gleichzeitig belastet habe, sei die Steuerpflichtige durch die Zahlung des Kunden von ihrer Rückzahlungspflicht gegenüber der Bank befreit worden und habe damit das Entgelt für die Lieferung an den Kunden einschließlich der Teilzahlungszuschläge vereinnahmt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Die Feststellungen des Finanzgerichts über den Umfang der Leistung der Steuerpflichtigen als Verkäuferin und die Art der Gegenleistung der Käufer entsprechen nicht dem Akteninhalt, insbesondere nicht den vorgelegten Vertragsmustern. Nach der rechtlichen Gestaltung dieser Teilzahlungsverträge und ihrer tatsächlichen Durchführung, wie sie der Betriebsprüfer unbestritten festgestellt hat, lieferte die Steuerpflichtige die Möbel gegen eine Anzahlung bei ratenweiser Stundung der restlichen Kaufpreisforderung, der vertraglich zwischen der Steuerpflichtigen und dem Käufer vereinbarten Finanzierungsgebühren und der Teilzahlungszuschläge. Sodann verschaffte sich die Steuerpflichtige selbst - ohne ein Tätigwerden der Käufer gegenüber der Bank - von dieser einen Kredit in Höhe des Restkaufpreises, der durch die Abtretung der Restkaufpreisforderung einschließlich der Antragsgebühr und der Teilzahlungszuschläge gesichert wurde. Gläubigerin aus den Verträgen mit den Kunden war die Steuerpflichtige, Schuldnerin des bei der Bank aufgenommenen und durch Forderungsabtretung gesicherten Kredits war und blieb die Steuerpflichtige. Wenn ein Käufer die abgetretene Forderung bei der Bank nicht tilgte, mußte die Steuerpflichtige ihr dort geführtes Kreditkonto ausgleichen.

Bei diesem Sachverhalt, der dem im Urteil V 86/56 S vom 30. Oktober 1958 (a. a. O.) entschiedenen nicht gleichgelagert ist, vermag der Senat den Ausführungen des Finanzgerichts nicht zu folgen, die Leistung der Steuerpflichtigen erschöpfe sich in der Lieferung der Waren und darin, daß sie dem Käufer die Inanspruchnahme eines Kredits ermöglicht habe. Im gegebenen Fall sind die schriftlichen Vereinbarungen zwischen der Steuerpflichtigen als Verkäuferin und ihren Kunden nicht so gestaltet, daß diese durch Vermittlung oder unter Mitwirkung der Steuerpflichtigen ein Darlehen bei der Bank beantragten. Vielmehr schlossen die Käufer lediglich einen Vertrag, nämlich den Teilzahlungsvertrag mit der Steuerpflichtigen, in dem sie sich dieser gegenüber verpflichteten, den Restkaufpreis, die Teilzahlungszuschläge und die Antragsgebühr in bestimmten monatlichen Raten zu tilgen. Ferner nahmen sie von der Abtretung aller Ansprüche aus dem Vertrag an die Bank und von der Anweisung der Steuerpflichtigen Kenntnis, die Teilbeträge bei Fälligkeit an die Bank zu zahlen, ohne daß sie durch einen besonderen Vertrag ein Darlehen der Bank in Anspruch nahmen oder sich dieser gegenüber in irgendeiner Weise vertraglich verpflichteten. Die Käufer sind mithin zu der Bank in keine Rechtsbeziehungen getreten.

Gegenstand des Leistungsaustausches zwischen der Verkäuferin und den Kunden ist nach den Verträgen die Lieferung der Waren bei Einräumung eines Kredits einerseits und die Zahlung des Kaufpreises einschließlich der Finanzierungsgebühr und Teilzahlungszuschläge andererseits. Es handelt sich bei der Lieferung der Ware und der Einräumung eines Kredits um einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang, der im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäuferin ein Kreditkauf ist. Nach dem in den einzelnen Teilzahlungskaufverträgen zum Ausdruck gebrachten Willen der Vertragschließenden liegt ein Leistungsaustausch auch hinsichtlich der Teilzahlungszuschläge vor. Diese sind bei der Steuerpflichtigen zur Umsatzsteuer heranzuziehen.

Ob die von der Steuerpflichtigen in der Abtretungserklärung übernommene Garantie gegenüber der Bank, für die Erfüllung der Verpflichtungen des Käufers auf Zahlung der Raten einschließlich Zinsen und Nebenspesen unter bestimmten Bedingungen einzutreten, als Beweisanzeichen für das Vorliegen eines Leistungsaustausches auch hinsichtlich der Teilzahlungszuschläge anzusehen ist, kann bei dem vorliegenden Sachverhalt und der sich daraus ergebenden Rechtslage unerörtert bleiben. Der Umsatzsteuer unterliegen nicht nur die Warenlieferungen der Steuerpflichtigen, sondern auch deren sonstige Leistungen, die sie dem Käufer gegenüber durch Gewährung eines Kredits gegen Vereinbarung einer Gebühr und von Teilzahlungszuschlägen erbracht hat. Daß infolge der Abtretung aller Ansprüche aus den Teilzahlungskaufverträgen die Bank die vertraglich zugunsten der Steuerpflichtigen entstandenen Forderungen einzieht, führt nicht zu einer änderung der rechtlichen Beurteilung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411779

BStBl III 1965, 659

BFHE 1966, 446

BFHE 83, 446

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