Leitsatz (amtlich)

Der Bundesfinanzhof tritt dem Reichsfinanzhof dahin bei, daß der Begriff der Beförderung überall erfüllt ist, wo eine der Raumüberwindung für Personen oder Güter dienende Tätigkeit entfaltet wird.

 

Normenkette

BefStG 1926 § 1 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Pflichtige (Beschwerdegegnerin -- Bgin. --) betrieb während einer Ausstellung eine Kleinbahn. Die Bahn -- etwa 2 1/2 km lang -- fuhr um das Ausstellungsgelände herum und wieder an den Ausgangspunkt zurück. Unterwegs war am Endpunkt einer Seilbahn (Sesselbahn) eine Bedarfshaltestelle für solche Fahrgäste eingerichtet, die auf die Sesselbahn oder umgekehrt von dieser auf die Kleinbahn umsteigen wollten.

Das Finanzamt zog die Bgin. zur Beförderungsteuer heran. Das Finanzgericht stellte sie mit der Begründung frei, es liege keine Beförderung vor, weil die Bahn kein eigentliches Ziel gehabt habe, sondern wieder an ihren Ausgangspunkt zurückgekehrt sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts hat Erfolg.

Nach § 1 Absatz 1 des Beförderungsteuergesetzes (BefStG) vom 29. Juni 1926 (Reichsgesetzblatt I S. 357) unterliegt der Steuer die Beförderung von Personen (und Gütern) auf Schienenbahnen.

Der Senat tritt dem Urteil des Reichsfinanzhofs II A 190/22 vom 10. Oktober 1922 (Mrozek-Kartei, Beförderungsteuergesetz 1917 § 2 Absatz 1a Rechtspruch 1) bei, in dem ausgesprochen ist, daß der Begriff der Beförderung überall erfüllt ist, wo eine der Raumüberwindung für Personen oder Güter dienende Tätigkeit entfaltet wird. Daß die Raumüberwindung in Gestalt einer Rundfahrt (sogar ohne Haltestellen) dem Begriff der Beförderung nicht entgegenstehen kann, zeigt der Streitfall der Entscheidung des Reichsfinanzhofs, bei dem es den Teilnehmern an der Rundfahrt, einer Stadtrundfahrt, darauf ankam, auf der Fahrt zu den Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt gebracht zu werden. Begrifflich ist der Zweck der Raumüberwindung aber belanglos. Ist das Merkmal der Beförderung die Raumüberwindung, so kann es auf den Zweck der Beförderung nicht ankommen. Deshalb stellen auch Vergnügungsfahrten Beförderungen dar, wie der Reichsfinanzhof bereits in jener Entscheidung, insbesondere gestützt auf die damalige Steuerpflichtigkeit der Rundfahrten auf See, zutreffend dargelegt hat. Die Bgin. kann demnach mit ihrem Einwand, die Bahn habe nur dem Vergnügen der Fahrgäste gedient, nicht durchdringen, ohne daß noch auf die Tatsache einzugehen ist, daß an dem Endpunkt der Sesselbahn eine Haltestelle bestand.

Hiermit wird der Entscheidung der Frage nicht vorgegriffen, ob in Fällen, in denen Liliputbahnen eine nur geringe Strecke zurücklegen, noch von einer Raumüberwindung gesprochen werden kann. Ein solcher Fall ist vorliegend bei einer Länge der Bahn von etwa 2 1/2 km nicht gegeben.

Die Bgin. macht noch geltend, die Steuerpflicht setze die Beförderung im öffentlichen Verkehr voraus, bei der Kleinbahn sei aber der Personenkreis der Benützer auf die Besucher der Ausstellung beschränkt gewesen. Das Gesetz macht keinen Unterschied zwischen öffentlichem und nichtöffentlichem Verkehr. Die Benutzung der Bahn war aber auch öffentlich. Öffentlicher Verkehr ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z. B. Urteil des Reichsfinanzhofs II A 36/33 vom 17. November 1933, Reichssteuerblatt S. 1341, und dort angegebene weitere Urteile) immer dann gegeben, wenn grundsätzlich für jeden, der nach Lage der Verhältnisse dafür in Betracht kommt, die Beförderung ausgeübt wird. Dieses Merkmal ist im Streitfall gegeben. Die Benutzung der Bahn stand jedem Besucher der öffentlichen Ausstellung offen.

Wenn sich die Bgin. außerdem auf die Befreiungsvorschrift in § 3 Absatz 3 Ziffer 2 BefStG für Werkbahnen, Grubenbahnen usw. beruft, so kann auch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift schon deshalb nicht in Betracht kommen, weil sie nur den Güterverkehr und gerade den nicht öffentlichen Güterverkehr betrifft.

Hiernach war die Vorentscheidung aufzuheben und die Steuerforderung des Finanzamts wiederherzustellen.

 

Fundstellen

BStBl III 1952, 22

BFHE 1953, 52

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