Entscheidungsstichwort (Thema)

Renovierung leerstehender, mit einem Wohnrecht belasteter Räume

 

Leitsatz (NV)

1. Hat der Käufer eines Wohngrundstücks seinen Eltern unentgeltlich ein dingliches Wohnrecht am Obergeschoß des Hauses bestellt, so kann er diese Räume betreffende Renovierungsaufwendungen mangels Einnahmeerzielungsabsicht grundsätzlich nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen (ständige Rechtsprechung, zuletzt BFH-Urteile vom 8.11.1988 IX R 25/86, BFH/NV 1989, 223 und IX R 28/86, BFH/NV 1989, 438).

2. Wird das Wohnrecht nicht ausgeübt, kommt ein Werbungskostenabzug für den Hauseigentümer nur in Betracht, falls er die Räume selbst zu nutzen oder zu vermieten beabsichtigt; an dieser Absicht fehlt es, solange sich nicht absehen läßt, ob und gegebenenfalls wann die Räume im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung genutzt werden (Anschluß an BFH-Urteil vom 19.9.1990 IX R 5/86, BFHE 161, 479, BStBl II 1990, 1030).

 

Normenkette

EStG 1982 §§ 7b, 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1-2, § 21a

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarben im Januar 1982 ein als Einfamilienhaus bewertetes Grundstück, das auf den 1. Januar 1983 als Zweifamilienhaus bewertet wurde. Sie bezogen das Anwesen im Februar 1982 und ließen anschließend im Obergeschoß des Gebäudes Renovierungsarbeiten durchführen, die auch im Folgejahr noch nicht abgeschlossen waren. Der Kaufpreis von 232 500 DM wurde u. a. durch ein Darlehen der Eltern des Klägers in Höhe von 60 000 DM finanziert. Auf Antrag der Kläger wurde zugunsten der Eltern ein Wohnrecht an den drei Wohnräumen, Küche, Bad und Flur im Obergeschoß des Hauses eingetragen. Nach Angaben der Kläger entfallen auf diese Räume 42 qm der gesamten Wohnfläche von 120 qm. Es war beabsichtigt, daß die Eltern diese Wohnung selbst bewohnen sollten.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1982 machten die Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten außer erhöhten Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 5 v. H. aus 200 000 DM = 10 000 DM vorab entstandene Finanzierungskosten in Höhe von 21 694 DM geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ging übereinstimmend mit den Klägern davon aus, daß auf das Gebäude einschließlich der Renovierungsaufwendungen ,,Anschaffungskosten" in Höhe von 253 818 DM entfallen. Er kürzte jedoch mit dem Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen um 31 v. H., da dieser Anteil auf den mit dem Wohnrecht belasteten Gebäudeteil entfalle, woraus die Kläger keine Einkünfte erzielten. Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage brachten die Kläger u. a. vor, das vereinbarte Wohnrecht sei nicht durchgeführt worden. Die Eltern hätten die betreffenden Räume nie beziehen können, weil die Renovierungsarbeiten noch angedauert hätten. Zudem sei inzwischen ein zweites Kind geboren, so daß die Kläger die Räume im Obergeschoß selbst benötigten. Daher sei nunmehr das Wohnrecht auch durch Vertrag aufgehoben worden. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es führte im wesentlichen aus: Die Kläger könnten zwar dem Grunde nach die im Streitjahr vor Bezug des Einfamilienhauses angefallenen Zinsaufwendungen und die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG gemäß § 21a EStG als Werbungskosten geltend machen. Dies sei indes nur in dem Umfang der Fall, wie ihnen die Einkünfte aus dem Einfamilienhaus zuzurechnen seien; denn Werbungskosten könnten grundsätzlich nur abgezogen werden, wenn und soweit Einnahmen im Rahmen einer Einkunftsart erzielt werden. Die Kläger erzielten insoweit keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, als der Nutzungswert der im Obergeschoß gelegenen Wohnung den Eltern des Klägers zuzurechnen sei. Dies sei hier wegen der unentgeltlichen Bestellung eines im Grundbuch eingetragenen Wohnrechts zugunsten der Eltern der Fall, so daß § 21 Abs. 2 Alternative 2 EStG zum Zuge komme (Hinweis auf Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. November 1983 VIII R 215/79, BFHE 140, 199, BStBl II 1984, 366). Soweit die Aufwendungen der Kläger mit dieser Wohnung im Zusammenhang ständen, seien sie deshalb nicht als Werbungskosten abziehbar.

Aus dem Umstand, daß die Eltern des Klägers von ihrem Wohnrecht keinen Gebrauch gemacht hätten, seien keine für sie günstigeren Folgerungen herzuleiten; denn nach ihrem eigenen Vortrag hätten die Kläger die Räume im Obergeschoß des Hauses auch nicht genutzt. Daher könne die Frage, wem die Einkünfte aus diesen Räumen zuzurechnen seien, nur danach beantwortet werden, wem die rechtliche Nutzungsmöglichkeit zugestanden habe. Dies seien die Eltern des Klägers gewesen. Dem BFH-Urteil vom 29. November 1983 VIII R 184/83 (BFHE 140, 203, BStBl II 1984, 371) könne nicht gefolgt werden.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts, insbesondere des § 21 EStG.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht den Werbungskostenabzug für den von der Renovierung betroffenen Gebäudeteil versagt.

Der Senat läßt unerörtert, ob die Aufwendungen für die Renovierung des 1. Obergeschosses im Rahmen der erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG bereits vor Fertigstellung der Herstellungsmaßnahme berücksichtigt werden können; denn das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß sämtliche Aufwendungen des Hauseigentümers für eine Wohnung, deren Nutzungswert einem anderen zuzurechnen ist, nicht als Werbungskosten abziehbar sind, weil der Eigentümer insoweit nicht den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwirklicht. Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Alternative 2 EStG sind bei Einräumung einer gesicherten Rechtsposition an einer Wohnung durch Bestellung eines dinglichen Wohnrechts nach ständiger Rechtsprechung erfüllt (vgl. zuletzt die Senats-Urteile vom 8. November 1988 IX R 25/86, BFH/NV 1989, 223, und IX R 26/86, BFH/NV 1989, 438). Infolgedessen können die Kläger für die von dem unentgeltlichen Wohnrecht betroffenen Räume grundsätzlich keine Werbungskosten abziehen. Soweit der VIII. Senat im Urteil in BFHE 140, 203, BStBl II 1984, 371 eine andere Auffassung vertreten hat, ist dies durch die neuere Rechtsprechung überholt.

Das FG-Urteil trifft im Ergebnis auch insoweit zu, als es dem Umstand, daß die Eltern des Klägers ihr Wohnrecht nicht ausgeübt haben, keine entscheidungserhebliche Bedeutung zugemessen hat. Zwar kommt bei einer solchen Fallgestaltung entgegen der Vorentscheidung ein Werbungskostenabzug für den Eigentümer in Betracht, wenn das Wohnrecht mangels tatsächlicher Ausübung einkommensteuerrechtlich nicht anzuerkennen ist. Auch dann muß aber der Eigentümer den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung erfüllen (vgl. das Senats-Urteil vom 31. März 1987 IX R 55/83, BFH/NV 1987, 645, Nr. 2d der Gründe). Für - wie hier wegen Renovierung - leerstehende Räume sind, obwohl mangels Selbstnutzung noch kein Rohmietwert anzusetzen ist, Werbungskosten abziehbar, falls eine Absicht zur Eigennutzung oder Fremdvermietung gegeben ist (Senats-Urteil vom 7. April 1987 IX R 133-135/84, BFHE 150, 12, BStBl II 1987, 565 m. w. N.). Wie der Senat im Urteil vom 19. September 1990 IX R 5/86 (BFHE 161, 479, BStBl II 1990, 1030) entschieden hat, fehlt es an dieser Absicht, solange sich nicht absehen läßt, ob und ggf. wann die Räume im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung genutzt werden. Diese Voraussetzungen sind nach dem eigenen Vorbringen der Kläger gegeben; denn sie haben noch im Einspruchsverfahren dem FA mitgeteilt, die Wohnung werde von den Eltern selbst bewohnt werden. Auch soweit die Kläger hiervon im finanzgerichtlichen Verfahren - mit Schriftsatz vom 5. September 1984 - im Hinblick auf die Geburt ihres zweiten Kindes abgerückt sind, haben sie die eigene Nutzung des 1. Obergeschosses lediglich unverbindlich in Aussicht gestellt, nämlich wenn ,,die Umbaumaßnahmen irgendwann einmal fertiggestellt werden sein sollten". Im übrigen sind auch keine objektiven Umstände dafür ersichtlich, daß die Kläger im Streitjahr die spätere Selbstnutzung der betroffenen Räume beabsichtigt hätten. Die Höhe der auf das Obergeschoß entfallenden Aufwendungen ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Anhaltspunkte für eine unzutreffende Aufteilung sind nicht ersichtlich.

 

Fundstellen

BFH/NV 1991, 303

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