Leitsatz (amtlich)

Das Umfüllen von Zahnpasta aus Fässern in Tuben ist nach § 12 Abs. 1 Satz 3 UStDB steuerlich unschädlich.

 

Normenkette

UStG 1934 § 7 Abs. 3; UStDB 1938 § 12 Abs. 1 S. 3

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtige (Stpfl.) betreibt Großhandel mit pharmazeutischen Artikeln, darunter auch mit Chlorodont-Zahnpasta. Sie bezieht diese Zahnpasta, die von einem anderen Unternehmer hergestellt wird, fertig in Fässern, füllt die fertige Masse mittels Abfüllautomats in bereits mit dem Namen Chlorodont bedruckte Tuben und verkauft diese Tuben im Großhandel weiter. Die Tuben bezieht sie fertig von anderen Unternehmern.

Streitig ist, ob die Stpfl. für die Lieferungen der abgefüllten Tuben die Großhandelsvergünstigung des § 7 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1938 beanspruchen kann.

Das Finanzamt hat in der Abfüllung der Zahnpasta aus Fässern in Tuben einen Vorgang erblickt, der über das bloße Umfüllen, wie es § 12 Abs. 1 Satz 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen 1938 als unschädlich ansieht, hinausgeht; es hat das Einfüllen der Pasta in besonders hergerichtete Tuben nicht mehr als einen Vorgang des Vertriebs, sondern als den letzten Vorgang der Herstellung bezeichnet und die Lieferungen mit 3 % besteuert.

Die hiergegen gerichtete Berufung der Stpfl. hatte Erfolg. Das Finanzgericht hat als entscheidend angesehen, daß der Inhalt der Tuben, wie unstreitig ist, in keiner Weise verändert werde unl keinerlei Behandlung erfahre; es handle sich also um ein bloßes Umfüllen in Tuben, so daß nach § 7 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes in Verbindung mit § 12 der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen steuerbegünstigter Großhandel vorliege.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet.

Es kommt allein darauf an, ob das Einfüllen von Zahnpasta aus Fässern in Tuben zu den in § 12 Abs. 1 Satz 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen als steuerlich unschädlich bezeichneten Vorgängen gehört. Dem Umstand, daß hierdurch ein Gegenstand anderer Marktgängigkeit entsteht, kommt, wie auch die Rechtsbeschwerde nicht verkennt, keine Bedeutung zu. Unerheblich ist auch, ob die Zahnpasta nur zu dem Zwecke umgefüllt wird, um sie im Kleinhandel versandfertig oder sogar überhaupt erst verkaufsfähig zu machen, oder zu dem darüber hinausgehenden Zwecke, sie durch die besondere Art der Umfüllung für den Kleinverkauf besonders herzurichten, wenn die gesamte Behandlung überhaupt noch eine Umfüllung darstellt und nicht einen anderen wirtschaftlichen Vorgang, der einen selbständigen Sonderzweck verfolgt. Dies ist im Gegensatz zu der Auffassung der Rechtsbeschwerde jedoch zu verneinen. Zutreffend hebt die Vorentscheidung hervor, daß die Zahnpasta keinerlei Behandlung erfährt und unverändert vom Faß in die Tuben gelangt. Gerade der Sprachgebrauch, auf den sich die Rechtsbeschwerde beruft, wird also den Vorgang als "Umfüllen" bezeichnen. Die Auffassung, daß sich mit dem Begriff "Umfüllen" die Vorstellung verbinde, daß der neue Zustand der Ware -- innerhalb der Tube -- lediglich den Zweck haben dürfe, die Lagerung, den Transport oder den Absatz zu erleichtern, ist zu eng; denn man muß davon ausgehen, daß die Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen im Jahre 1934 im Gegensatz zu früher die Rechtslage änderten, so daß seitdem, wenn es sich bei dem zu beurteilenden Vorgang um ein bloßes Kennzeichnen, Umpacken oder Umfüllen handelt, steuerliche Unschädlichkeit auch dann zugebilligt wird, wenn dadurch ein neues Verkehrsgut entsteht. Die Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen 1938 haben hierin eine sachliche Änderung nicht gebracht. Man kann auch das Einfüllen der Pasta in Tuben nicht als den letzten Vorgang der Herstellung ansehen; denn einmal ist die bezogene Ware bereits marktgängig, zum anderen ist § 12 Abs. 1 Satz 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen eine Ausnahmebestimmung, die einen lediglich als Umfüllen zu bezeichnenden Vorgang nicht als Bearbeitung oder Verarbeitung ansieht und damit folgerichtig unterstellt, daß der Herstellungsvorgang vor der Umfüllung bereits abgeschlossen ist. Nach alledem ist der Vorentscheidung im Ergebnis beizutreten und die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 307 der Reichsabgabenordnung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407529

BStBl III 1953, 23

BFHE 1954, 63

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