Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer Erbschaft, Schenkung und Steuern

 

Leitsatz (amtlich)

Eine erbschaftsteuerpflichtige Zweckzuwendung unter Lebenden setzt die übertragung von Vermögen auf eine andere Person mit der Auflage voraus, das Vermögen in bestimmter Weise zu verwenden.

 

Normenkette

ErbStG § 4 Abs. 2a, § 14/1/2, § 18/1/14, § 18/1/15

 

Tatbestand

Die Kommanditgesellschaft F. & Co. beging ihr 100jähriges Jubiläum. Aus diesem Anlaß gab sie bekannt:

"Die beiden Kriege und ihre finanziellen Folgen haben in dem Kreis der Nachkommen des Gründers der Firma, die an ihr nicht mehr beteiligt sind, zu mancherlei Not geführt. Aus Anlaß des 100jährigen Bestehens der Firma wollen wir auf die Dauer von 10 Jahren einen Betrag von jährlich .... DM gemeinsam den Enkeln, Urenkeln und Ururenkeln des Gründers in den Stämmen G., B., R. und M. zur Verfügung stellen, um damit den in Not geratenen Verwandten einen angemessenen Lebensunterhalt oder einen Beitrag zur Ausbildung zu ermöglichen.

Die Aufteilung des Betrages auf diejenigen, die der Unterstützung am meisten bedürfen, soll in der Form erfolgen, daß jeder Stamm einen Stammesvertreter bestellt und die 4 Stammesvertreter die Verteilung unter sich festlegen. Kommt es innerhalb der 4 Stammesvertreter nicht zu einer Einigung, so soll zu den 4 Stammesvertretern ein Gesellschafter der Firma .... hinzutreten und sodann die Mehrheit entscheiden.

Die zugedachten Jahresraten werden zur Hälfte jeweils am 30. Juni und 31. Dezember fällig. Die ersten ... DM werden fällig, sobald die vorgesehene Stammesvertretung gebildet ist und einen gemeinsamen Vorschlag für die Verteilung des ersten Jahresbetrages gemacht hat. In Zukunft dürfen wir bitten, uns diese Jahresvorschläge immer bis Ende April zu übermitteln.

Wir bitten die Senioren Eurer Stämme von dieser Zuwendung allen Verwandten Mitteilung zu machen und die Bildung des Ausschusses der Stammesvertreter zu veranlassen."

In notarieller Verhandlung nahmen zwei persönlich haftende Teilhaber des Unternehmens auf dessen vorbezeichnete Erklärung Bezug und schlossen mit dem Beschwerdegegner (Bg.) als Vorsitzenden der inzwischen gewählten 4 Stammesvertreter ein als "Schenkungsvertrag" bezeichnetes Abkommen dahin, daß die Firma sich verpflichtete, auf die Dauer von 10 Jahren, ab 27. Mai 1949, jährlich ... DM zur Erreichung des in ihrer Erklärung bezeichneten Zweckes schenkweise an diejenigen Personen aus dem in der Erklärung der Firma umschriebenen Verwandtenkreis zu zahlen, die ihr die Stammesvertreter jährlich benennen würden, und zwar nach Maßgabe der von den Stammesvertretern angegebenen Verteilung.

Das Finanzamt hat in dieser notariellen Erklärung eine Zweckzuwendung erblickt, die wiederkehrende Leistungen zum Gegenstand habe und daher nach § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) zu bewerten sei, und sie der Erbschaftsteuer unterworfen. Das Finanzgericht hat das Vorliegen einer Zweckzuwendung verneint und den Bg. von der Steuer freigestellt.

 

Entscheidungsgründe

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts.

Eine Zweckzuwendung im Sinne des § 4 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) erfordert übertragung von Vermögen auf eine andere Person unter der Auflage, das Vermögen in bestimmter Weise zu verwenden (Urteil des Reichsfinanzhofs VI a 173/22 vom 27. September 1922, Slg. Bd. 10 S. 240 ff). Ohne Vermögensübertragung fehlt es an einer Zuwendung. Im vorliegenden Fall ist keine Vermögensübertragung und daher keine Zuwendung an den Bg. erfolgt oder beabsichtigt. Vielmehr hat sich die Firma vorbehalten, zu gegebener Zeit ihrerseits die Beträge unter die von den Stammesvertretern zu benennenden Personen zu verteilen. Der Bg. kann nach den Abmachungen über keinerlei Konto verfügen. Deshalb unterscheidet sich der Streitfall wesentlich von dem Tatbestand, der dem vorerwähnten Urteil des Reichsfinanzhofs VI a 173/22 vom 27. September 1922 zugrunde gelegen hat; denn dort ist dem sogenannten Stiftungsvorstand die Verfügung über ein bei der Stifterin errichtetes Konto eingeräumt worden, und es ist in der genannten Entscheidung ausdrücklich gesagt worden, die Festlegung eines Vermögens für einen bestimmten Zweck sei nicht durch seine bloße Absonderung und getrennte Verwaltung zu erreichen.

Das Finanzgericht hat mithin zu Recht keine Zweckzuwendung als vorliegend erachtet. Deshalb kann die Frage der Verbuchung des notariellen Schenkungsversprechens bei der Firma ebenso wie die der persönlichen Belastung der Teilhaber hier dahingestellt bleiben.

Es liegt lediglich eine verbindliche Zusage der Firma an den Bg. vor, an die von den Stammesvertretern zu benennenden, zu einem bestimmten Personenkreis gehörigen Personen Geldbeträge in der ebenfalls festzulegenden Höhe zu zahlen. Die Empfänger sind zwar zur Zeit der Zusage noch nicht bestimmt, aber bestimmbar gewesen, und dies reicht zur Begründung von Rechten aus.

Das Versprechen selbst begründet keine Erbschaftsteuerpflicht (ß 14 Abs. 1 Ziff. 2 ErbStG). Inwieweit die einzelnen Zahlungsbeträge der Erbschaftsteuerpflicht unterliegen oder steuerfrei sind (vgl. z. B. § 18 Abs. 1 Ziff. 14 und 16 ErbStG), ist nicht im vorliegenden Rechtsmittelverfahren zu entscheiden, das lediglich die Steuerpflicht des Bg. unter dem Gesichtspunkt der Zweckzuwendung zum Gegenstand hat.

Demnach ist die Rb. mit der Kostenfolge des § 309 der Reichsabgabenordnung als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl III 1953, 144

BFHE 1954, 366

BFHE 57, 366

StRK, ErbStG:4 R 1

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