Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Gewerbesteuerpflicht von Steuerberatern und Helfern in Steuersachen.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beschwerdeführer (Bf.) für das erste Kalenderhalbjahr 1948 der Gewerbesteuer unterliegt.

Der Bf. ist Steuerberater und vereidigter Bücherrevisor. Im Zusammenhange mit der Steuerberatungstätigkeit werden für einen Teil der Kunden im Büro des Bf. die Buchführungsarbeiten besorgt (Fernbuchführung). Der Kundenkreis des Bf. umfaßte nach den Feststellungen des Finanzgerichts 109 Betriebe, für die Buchführung Steuerberatung erledigt wurden, 30 Betriebe, für die Bilanzerstellungen - ohne Buchführung - nebst Steuerberatungsarbeiten vorgenommen wurden, und 450 Personen, für die nur Steuerberatungstätigkeit ausgeübt wurde.

An Arbeitskräften waren beim Bf. nach den Feststellungen des Finanzgerichts vier Angestellte und zwei Lehrlinge beschäftigt, nämlich ein Steuerinspektor a. D., eine Angestellte mit Buchführungskenntnissen, eine Angestellte mit Handelsschulbildung, ein Wirtschaftstreuhändergehilfe, ein Lehrling im 2. Lehrjahre und ein Lehrling im 1. Lehrjahre.

Das Finanzamt hat die Tätigkeit des Bf. als gewerbesteuerpflichtig angesehen; es hat den Gewerbesteuermeßbetrag für die Zeit vom 1. Januar bis 20. Juni 1948 auf 1.069 RM festgesetzt.

Einspruch und Berufung blieben erfolglos. Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird Aufhebung der Vorentscheidungen und Freistellung von der Gewerbesteuer beantragt. Es wird ausgeführt: Der von den Vorbehörden angegebene Kundenkreis entspreche nicht dem Stande vom ersten Kalenderhalbjahr 1948, sondern dem Stande vom 30. Juni 1950. Es sei dies der Höchststand gewesen. Die Einstellung des Steuerinspektors a. D. sei nur vorübergehend gedacht gewesen, da dieser bereits im ersten Kalenderhalbjahre 1948 mit seiner Wiederanstellung im Finanzdienste gerechnet habe. Diese Wiederanstellung sei am 1. September 1950 erfolgt; ein Ersatzmann sei für ihn nicht eingestellt worden. Die in der Personalaufstellung der Vorbehörde angegebene Angestellte mit Buchführungskenntnissen sei die Schwägerin des Bf.; sie habe einen eigenen Haushalt und sei beim Bf. nicht voll beschäftigt gewesen. Der als Wirtschaftstreuhändergehilfe bezeichnete Angestellte sei im ersten Kalenderhalbjahre 1948 noch Lehrling im dritten Jahre gewesen. Die Arbeitskraft des Bf. sei durch die Tätigkeit seiner Angestellten auch nicht teilweise ersetzt oder vervielfacht worden. Wie z. B. bei einem Rechtsanwalt oder Notar die Arbeiten des Bürovorstehers oder der Schreibkräfte nicht als gleichartig oder gleichwertig mit der Arbeit des Rechtsanwalts oder Notars selbst anzusprechen seien, so sei dies auch bei seiner Tätigkeit als vereidigter Buchprüfer und Steuerberater der Fall. Die beschäftigten Hilfskräfte hätten nur vorbereitende Tätigkeit geleistet. Bei seinen Buchführungskunden handele es sich ausschließlich um kleine Betriebe, wie Handwerker, Kleingewerbetreibende und Landwirte. Es müßten Zusammenstellungen gemacht und Erhebungen durchgeführt werden, die bei mittleren und größeren Betrieben der Betriebsleiter selbst oder dessen Angestellte vornehmen würden. Bei der Entscheidung, ob beim Bf. ein Gewerbebetrieb vorliege, müsse auch der Aufbau des Betriebes berücksichtigt werden. Alle Arbeit, die freiberufliche Tätigkeit sei, würde vom Bf. selbst geleistet.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Die Tätigkeit eines Steuerberaters (Helfers in Steuersachen, vereidigten Bücherrevisors) ist grundsätzlich eine freiberufliche Tätigkeit (§ 18 Absatz 1 Ziffer 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Zur Steuerberatung gehören die Prüfung der laufenden Eintragungen in den Geschäftsbüchern, die Prüfung der Inventur, die Aufstellung der Bilanzen nebst Verlust- und Gewinnrechnungen und die Abgabe der Steuererklärungen. Ein Steuerberater, der nur steuerberatende Tätigkeit ausübt, kann jedoch zum Gewerbetreibenden werden, wenn er fremde Arbeitskräfte beschäftigt, durch die seine Arbeitskraft ersetzt oder vervielfacht wird. Ob durch die Beschäftigung von fremden Arbeitskräften die Grenze der freiberuflichen Tätigkeit überschritten ist, ist eine Frage der freien Beweiswürdigung und nach den gesamten Verhältnissen des einzelnen Falles zu entscheiden. Wesentlich für den Begriff der selbständigen Arbeit und des freien Berufes ist es, daß die Tätigkeit hauptsächlich auf der persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers beruht. Die Unterstützung des Berufsträgers durch Hilfskräfte ist nicht ausgeschlossen. Unschädlich ist nicht nur die Beschäftigung von Hilfskräften, die im wesentlichen mechanische oder technische Verrichtungen besorgen (Maschinenschreiben, Rechenarbeiten) oder von Personen, die sich in der Berufsausbildung befinden. Es können auch vorgebildete Arbeitskräfte eingesetzt sein. Die Verwendung der Hilfskräfte darf aber einen begrenzten Umfang nicht überschreiten. Die Vorinstanz hat ohne Rechtsirrtum festgestellt, daß die steuerberatende Tätigkeit des Bf. freiberuflich ist.

Der Bf. hat aber auch für eine beträchtliche Anzahl von Personen die ganzen Buchführungsarbeiten übernommen. Die Bücherführung für andere Personen (in den Räumen dieser Personen oder im eigenen Büro) ist grundsätzlich eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Absatz 1 Ziffer 1 EStG. Dies gilt uneingeschränkt, wenn ein Steuerberater (Helfer in Steuersachen) die Bücher selbst führt. Wenn der Steuerberater die einzelnen Buchungen jedoch nicht selbst vornimmt, sondern sich dabei von anderen Personen helfen läßt, so ist zu prüfen, ob die Buchführungstätigkeit eine gewerbliche Tätigkeit wird. Es ist festzustellen, wieviele Personen mit diesen Buchführungsarbeiten beschäftigt sind und welcher Art diese Personen sind. Wenn die einzelnen Bucheinträge nur durch eine in angemessenem Umfange vorhandene Zahl von Lehrlingen ausgeführt werden, die unter ständiger Beobachtung des Steuerberaters stehen, so ist in der Regel eine Vervielfachung der Arbeitskraft des Steuerberaters nicht anzunehmen. Zu berücksichtigen sind nur Hilfskräfte, die die Ausbildungszeit bereits zurückgelegt haben und die voll eingesetzt sind. Auch durch die Beschäftigung einer voll ausgebildeten Hilfskraft - neben den Lehrlingen - wird die Grenze der freiberuflichen Tätigkeit nicht überschritten. In diesem Falle liegt der Schwerpunkt der Bücherführung immer noch beim Berufsträger selbst.

Die Tätigkeit eines Steuerberaters (Helfer in Steuersachen und Sachverständigen) ist grundsätzlich einheitlich zu behandeln; sie ist entweder in vollem Umfange freiberuflich oder in vollem Umfange gewerblich. Wenn sich ergibt, daß die Bücherführung wegen der Zahl der auf diesem Gebiete tätigen Personen als gewerbliche Tätigkeit anzusehen ist, so ist weiter festzustellen, welcher Teil des von dem Steuerberater erzielten jährlichen Gesamtumsatzes auf die gewerbliche Tätigkeit entfällt. Ist der auf die gewerbliche Tätigkeit entfallende Teil des Gesamtumsatzes nicht wesentlich, so ist trotz der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit neben der freien Berufstätigkeit die Gesamttätigkeit als freiberuflich anzuerkennen. Wenn dagegen der auf die gewerbliche Tätigkeit entfallende Anteil am Gesamtumsatz etwa ein Drittel übersteigt, so ist die Gesamttätigkeit steuerrechtlich als gewerbliche zu behandeln.

Die Vorentscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Prüfung an das Finanzgericht zurückverwiesen. Das Finanzgericht hat festzustellen, wieviele Personen in der Kanzlei des Bf. mit der Bücherführung für andere Personen beschäftigt sind. Auf Grund dieser Prüfung ist festzustellen, ob die Bücherführung als gewerbliche Tätigkeit anzusprechen ist. Wenn diese Frage zu bejahen ist, ist weiter zu prüfen, wie hoch der Gesamtumsatz des Bf. im ersten Kalenderhalbjahre 1948 war und wieviel von diesem Gesamtumsatz auf die Kunden entfällt, für die Bücher geführt worden sind. Macht der auf diese Kunden entfallende Anteil des Umsatzes mehr als etwa ein Drittel des Gesamtumsatzes aus, so sind die Gesamteinkünfte des Bf. aus seiner Steuerberatungs- und Buchführungstätigkeit gewerbesteuerpflichtig.

 

Fundstellen

BStBl III 1951, 197

BFHE 1952, 487

BFHE 55, 487

StRK, GewStG:2/1 R 19

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