Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Lebensversicherungsprämien, die eine Einmann-GmbH zur Sicherung einer Versorgungszusage zugunsten ihres einzigen Gesellschafter-Geschäftsführers leistet, sind in der Regel Arbeitslohn.

 

Normenkette

EStG § 19/1/1; LStDV § 2 Ziff. 2; EStG § 6a

 

Tatbestand

Streitig ist die lohnsteuerliche Behandlung von Lebensversicherungsprämien, die eine GmbH für ihren Geschäftsführer zahlte.

Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beschwerdeführerin (Bfin.) ist der Kaufmann A. (abgekürzt: Geschäftsführer). Am 1. Januar 1952 schloß die Bfin. mit ihm einen Vertrag, durch den sie ihm eine Lebensversicherung mit Altersversorgung in Höhe von 110.000 DM zusagte. In dem Vertrage wurde u. a. bestimmt:

"Wir gewähren Ihnen als Geschäftsführer der Gesellschaft eine Versorgung durch eine Lebensversicherung, die wir mit der X.-Lebensversicherungsanstalt abgeschlossen haben.

Hiernach sind Sie in der Weise versichert, daß bei Ihrem Tode, beim Erleben am 1. 1. 1976 ein Kapital von 110.000 DM ausgezahlt wird. Die Beiträge für diese Versicherung übernehmen wir zu unseren Lasten.

Es gilt folgende Regelung:

Erleben Sie den 1. 1. 1976 in unseren Diensten, so steht Ihnen der Anspruch auf die Versicherungsleistung in voller Höhe zu.

p. p.

Wir behalten uns das Recht einer Entscheidung vor, ob das auf den Versicherungsvertrag fällige Kapital in Form einer Pension gezahlt wird.

Für die Auszahlung der Versicherungsleistung sind lediglich die Versicherungsbedingungen der .... maßgebend.

Sollten Sie vorzeitig aus unseren Diensten ohne Vorliegen eines wichtigen Entlassungsgrundes ausscheiden, so haben Sie die Wahl, die Lebensversicherung bei der ..... fortzuführen oder in eine beitragsfreie umzustellen oder den Rückkauf zu beantragen."

Zur gleichen Zeit versicherte die Bfin. das Leben des Geschäftsführers bei der ....-Lebensversicherungsanstalt mit der gleichen Summe von 110.000 DM. In einem Nachtrag vom 10. Mai 1952 vermerkte die Versicherungsanstalt, daß die Bfin. aus dem Versicherungsvertrag unwiderruflich bezugsberechtigt sei.

Am 27. September 1953 wurde von der Bfin. mit dem Geschäftsführer ein Anstellungsvertrag niedergelegt, dessen § 3 wie folgt lautet:

"In Anbetracht der langjährigen Tätigkeit bei unserer Gesellschaft, die der Geschäftsführer als Mitgründer ausübt, haben wir mit Wirkung ab 1. 1. 1952 eine Versorgungszusage in Höhe von 75 % des monatlichen Bruttogehaltes, nämlich in Höhe von 900 DM monatlich, ab 1. 1. 1976 auf Grund einer besonderen Versorgungszusage gewährt. Sollte Herr A. vor diesem Zeitpunkt aus unseren Diensten durch Tod ausscheiden, so erhalten seine Hinterbliebenen eine Versorgungsrente, die sich zum Zeitpunkt des Todes aus demjenigen Deckungskapital ermittelt, das erforderlich ist, um seine Pension ab 1. 1. 1976 zu decken. Die Versorgungszusage ist mit ihren näheren Bedingungen diesem Anstellungsvertrag als Anlage beigefügt."

Diese Versorgungszusage beginnt wie folgt: "Versorgungszusage.

In Abänderung des Vertrages vom 1. 1. 1952 wird die Versorgungszusage im Rahmen des Anstellungsvertrages wie folgt neu gefaßt:

§ 1 - Altersversorgung -: Wir gewähren Ihnen eine Pension, die einem Kapital von 110.000 (i. W. einhundertzehntausend DM) entspricht, wenn Sie den 1. 1. 1976 erleben und noch in unseren Diensten stehen."

In § 6 dieses Vertrages wurde noch bestimmt: "Die Durchführung dieser Versorgung ist für uns eine freiwillig übernommene Belastung. Es läßt sich heute noch nicht voraussagen, ob wir sie auf Jahre und Jahrzehnte hinaus tragen können. Deshalb müssen wir uns vorbehalten, die Alters- und Hinterbliebenenversorgung dem jeweiligen Geschäftsergebnis anzupassen und, wenn die wirtschaftliche Lage unseres Betriebes es erforderlich macht, die Versorgungsleistungen entsprechend zu ändern. Es besteht Einverständnis darüber, daß der Betrieb aus der Versorgungszusage jeweils nur zu der Leistung verpflichtet ist, die er bis zum Eintritt des Versorgungsfalles aus Rückdeckungsversicherungen oder Pensionsrückstellung für diesen Versorgungsfall decken kann."

Die Jahresversicherungsprämie von 4.617,80 DM wurde von der Bfin. als Betriebsausgabe abgesetzt, jedoch den Lohneinkünften des Geschäftsführers nicht hinzugesetzt, mithin der Lohnsteuer nicht unterworfen.

Das Finanzamt sah diesen Betrag als Arbeitslohn an und forderte von der Bfin. die für die Zeit vom 1. Januar 1952 bis 30. September 1954 zu wenig einbehaltene Lohnsteuer im Betrage von 5.432,94 DM durch Haftungsbescheid vom 2. Oktober 1954.

Der dagegen erhobene Einspruch blieb ebenso wie die Berufung erfolglos. Das Finanzgericht nahm an, eine echte Rückdeckung des Arbeitgebers, die eine Lohnsteuerpflicht ausschließe, sei hier nicht gegeben; dies um so weniger, als der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer wirtschaftlich identisch seien.

Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird bemängelt, daß das Finanzgericht falsche rechtliche Schlüsse aus dem vorliegenden Tatbestand gezogen habe. Insbesondere habe es nicht genügend beachtet, daß der Versicherungsschein am 10. Mai 1952 mit dem Vermerk versehen sei, daß aus dem Versicherungsvertrag allein die Bfin. unwiderruflich bezugsberechtigt sei. Das Finanzgericht habe auch übersehen, daß die Abmachungen vom 27. September 1953 eine änderung der Versorgungszusage vom 1. Januar 1952 bedeuteten. Zum 31. Dezember 1954 sei der Rückkaufswert der Versicherung bei der Bfin. aktiviert, andererseits das Deckungskapital für die zukünftige Pensionsleistungen im Wege einer nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelten Pensionsrückstellung passiviert. Die gezahlten Versicherungsprämien würden den Gewinn der Bfin. ab 1954 nicht berühren, so daß kein Raum sei, sie der Lohnsteuer zu unterwerfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. kann keinen Erfolg haben.

Die von der Bfin. geleistete Jahresprämie von 4.617,80 DM ist nur dann dem Steuerabzug vom Arbeitslohn nicht zu unterwerfen, wenn sie als Prämie für eine echte Rückdeckung anzusehen ist. Aus § 2 Ziff. 2 vorletzter Satz der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) ergibt sich, daß solche Ausgaben für die Zukunftsicherung nicht zum Arbeitslohn gehören, die nur dazu dienen, dem Arbeitgeber die Mittel zur Leistung einer dem Arbeitnehmer zugesagten Versorgung zu verschaffen.

Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (vgl. VI A 546/28 vom 8. August 1928, Steuer und Wirtschaft 1928 Nr. 803; VI A 1917/30 vom 8. Juli 1931, Reichssteuerblatt - RStBl - 1931 S. 842; VI A 288/31 vom 8. Juli 1931 S. 844; VI A 362/31 vom 9. Juli 1931, RStBl 1931 S. 845; VI A 780/36 vom 11. November 1936, RStBl 1937 S. 490; IV 220/41 vom 27. Februar 1942, RStBl 1942 S. 561), von der abzugehen der Senat keine Veranlassung sieht, müssen für die Anerkennung der Rückdeckung die folgenden drei Voraussetzungen gegeben sein:

Es muß dem Arbeitnehmer ausreichend bestimmt eine Versorgung aus den Mitteln des Arbeitgebers zugesagt sein.

Zur Gewährleistung der Mittel für die Ausführung dieser Versorgung muß eine Sicherung geschaffen sein.

Die Sicherung darf nicht zusätzlich den Belangen des Arbeitnehmers dienen, sondern muß allein oder überwiegend den Belangen des Arbeitgebers zu dienen bestimmt sein.

Im Streitfall fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung. Auch wenn man mit der Bfin. davon ausgeht, daß durch die Abrede vom 27. September 1953 die früheren Abmachungen außer Kraft gesetzt worden seien, so ist doch nicht dargetan, daß in der Vereinbarung vom 27. September 1953 dem Geschäftsführer eine Versorgung "aus den Mitteln" der Bfin. zugesagt worden ist. Denn nach § 6 der erwähnten Vereinbarung ist die Bfin. aus dieser Zusage jeweils nur zu der Leistung verpflichtet, die sie bis zum Eintritt des Versorgungsfalles aus Versicherungen oder Pensionsrückstellungen decken kann. Diese Vereinbarung muß wohl dahin aufgefaßt werden, daß die Bfin. nicht in vollem Umfang mit ihren eigenen Mitteln für die Versorgungszusage einstehen wollte. Die Vereinbarung mit der Versicherungsgesellschaft gehörte zum Inhalt der Vereinbarung der Bfin. mit dem Geschäftsführer.

Vor allem aber ist die dritte Voraussetzung nicht erfüllt. Entscheidend ist, daß die Bfin. eine Einmann-GmbH und der Geschäftsführer gleichzeitig ihr einziger Gesellschafter ist. Bürgerlich-rechtlich und steuerrechtlich ist zwar zwischen der GmbH als juristischer Person und dem Gesellschafter als Träger der Geschäftsanteile zu unterscheiden. Die Rechtsprechung erkennt darum Verträge auch zwischen einer Einmann-Gesellschaft und ihrem Gesellschafter steuerlich grundsätzlich an. Sie läßt ein vereinbartes Gehalt, soweit es die Grenze des Angemessenen nicht übersteigt, bei der Gesellschaft als gewinnmindernde Betriebsausgabe zum Abzug zu und erfaßt es beim Gesellschafter-Geschäftsführer als Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit (ß 19 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Bei der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise darf aber die rechtliche Konstruktion nicht überspitzt werden. Die besonderen Verhältnisse einer Einmann-Gesellschaft dürfen bei der Beurteilung nicht außer Betracht bleiben. Wirtschaftlich beherrscht ein Einmann-Gesellschafter-Geschäftsführer seine Gesellschaft vollständig; die Interessen der Gesellschaft und des Gesellschafters sind identisch. Vereinbarungen zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft haben mehr formelle Bedeutung; sie können von dem Einmann-Gesellschafter jederzeit uneingeschränkt geändert werden, vor allem auch, wenn es das steuerliche Interesse des Gesellschafters zu fordern scheint. Es würde eine überspitzung bedeuten, wenn man diesen Gesichtspunkt außer Betracht ließe und die Maßnahmen, die die Gesellschaft wirtschaftlich zugunsten ihres Gesellschafter-Geschäftsführers trifft, uneingeschränkt als interne Maßnahme der Gesellschaft ansehen wollte. Von dieser Betrachtung ist auch das Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 780/36 vom 11. November 1936 (RStBl 1937 S. 490) mit Recht ausgegangen. Es hat im Hinblick auf die enge Verflechtung von Gesellschaft und Gesellschafter ausgesprochen, daß bei der Einmann-Gesellschaft der Zeitpunkt einer gewinnmindernden Aufwendung der Gesellschaft, die den Gesellschafter begünstigt, und der Zeitpunkt des Zuflusses beim Gesellschafter zusammenfallen müßten. Gibt eine Einmann-Gesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Versorgungszusage und schließt sie gleichzeitig eine Lebensversicherung für den Gesellschafter ab, so ist der Fall in der Regel wirtschaftlich nicht anders zu beurteilen, als wenn die Gesellschaft dem Gesellschafter-Geschäftsführer Mittel zum Abschluß einer Lebensversicherung im eigenen Namen zur Verfügung gestellt hätte. In einem solchen Falle würden aber die zur Zahlung der Lebensversicherungsprämien dem Gesellschafter-Geschäftsführer gewährten Beträge als zugeflossen (ß 11 Abs. 1 EStG) anzusehen sein.

Im Streitfall liegen keine Umstände für eine andere Beurteilung vor. Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat wiederholt seine Vereinbarungen mit der Bfin. geändert. Offenbar wurde dabei eine Regelung erstrebt, die für die Bfin. und den Gesellschafter insgesamt jeweils am günstigsten war. Bei einem fremden Geschäftsführer, dessen Interessen mit denen der Bfin. nicht völlig identisch waren, wären solche Vereinbarungen nicht getroffen worden. Der Einwand der Bfin., daß die Prämien, die die Bfin. verausgabe, zu einer Aktivierung des Rückkaufswerts der Versicherung führten, greift nicht durch. In den ersten Jahren nach Abschluß der Versicherung - und um diesen Zeitraum geht es im Streitfall - ist ein Rückkaufswert nicht aktiviert worden. Auch in den späteren Jahren waren die Rückstellungen, die die Bfin. im Hinblick auf die Versorgungszusage machte, jeweils höher als der aktivierte Rückkaufswert. Diese Sachbehandlung war schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Bfin. sich nach der erwähnten Vertragsvereinbarung jederzeit darauf berufen konnte, daß sie zur Versorgung der Gesellschafters nur das aufzuwenden brauche, was sie von der Versicherungsgesellschaft erhielt. Die Bfin. hat jeweils den Gewinn um einen größeren Betrag gemindert, als beim Geschäftsführer als Arbeitslohn angesetzt wurde. Dieses Ergebnis ist bei einer Einmann-Gesellschaft nicht vertretbar.

Ohne Rechtsverstoß konnte demnach das Finanzgericht die von der Bfin. aufgewendeten Versicherungsprämien als Arbeitslohn des Geschäftsführers behandeln. Die Rb. mußte deshalb als unbegründet zurückgewiesen werden.

 

Fundstellen

BStBl III 1957, 289

BFHE 1958, 147

BFHE 65, 147

StRK, EStG:19/1/1 R 84

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