Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerlich unbeachtliches Arbeitsverhältnis unter Ehegatten bei Lohnzahlung auf Oder-Konto

 

Leitsatz (NV)

Zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses wie unter Fremden ist erforderlich, daß das vereinbarte Entgelt aus dem betrieblichen Bereich des Arbeitgeber-Ehegatten ausscheidet und in den alleinigen Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten gelangt. Daran fehlt es, wenn das Gehalt von einem Geschäftskonto des Arbeitgeber-Ehegatten auf ein ausschließlich privat genutztes Bankkonto überwiesen wird, über das jeder Ehegatte allein verfügen kann.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren (1977 bis 1979) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Die Klägerin bezog Einkünfte aus Gewerbebetrieb, der Kläger war in diesem Betrieb als Angestellter beschäftigt. Das von der Klägerin an den Kläger gezahlte Arbeitsentgelt, über dessen Angemessenheit kein Streit besteht, wurde regelmäßig monatlich auf ein Konto bei der Kreissparkasse X gezahlt, das als privates Girokonto auf den Namen der Eheleute lautete und über das jeder Ehegatte allein verfügen konnte (sog. Oder-Konto). Daneben führte die Klägerin ein gesondertes Geschäftskonto bei der Kreissparkasse X, für das der Kläger Vollmacht hatte. Die Überweisungen des Arbeitsentgelts erfolgten vom Geschäftskonto der Klägerin auf das Oder-Konto. Rückbuchungen vom Oder-Konto auf das Geschäftskonto wurden niemals vorgenommen. Auf das Oder-Konto wurde neben monatlichen Mieteinnahmen des Klägers nur sein Gehalt überwiesen. Das auf diesem Konto verbuchte Geld wurde von den Klägern ausschließlich für private Bedürfnisse, wie z. B. Versicherungen, Hypothekenzahlungen für das Haus des Klägers und Zahlungen an die gemeinsame Tochter, die auswärts studierte, verbraucht.

In den Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre 1977 und 1978 wurde das Ehegatten-Arbeitsverhältnis vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) zunächst antragsgemäß anerkannt. Bei dem Kläger wurden daher Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit angesetzt, die die Klägerin zuzüglich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung im Rahmen ihrer Gewinnermittlung als Betriebsausgaben absetzte.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung kam das FA zu der Auffassung, daß die steuerliche Anerkennung des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Kläger wegen der Überweisung des Arbeitsentgeltes auf das Oder-Konto versagt werden müsse. Das FA änderte daraufhin die erklärten Besteuerungsgrundlagen. Es erhöhte den Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb, setzte die Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit auf null DM herab und berücksichtigte die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung im Rahmen der zulässigen Höchstbeträge als Sonderausgaben. Es erließ deshalb dementsprechend für die Streitjahre 1977 und 1978 geänderte Einkommensteuerbescheide und für 1979 einen erstmaligen Bescheid sowie entsprechend geänderte Gewerbesteuerbescheide für die Streitjahre, die nicht Gegenstand dieses Verfahrens sind.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, daß der Kläger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen habe und die Arbeitsentgelte sowie die Arbeitgeberanteile an der Sozialversicherung Betriebsausgaben der Klägerin seien. Das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Kläger sei nämlich gemäß den vom Bundesfinanzhof (BFH) gestellten Anforderungen an die steuerliche Anerkennung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses nach Form und Inhalt wie auch zwischen Fremden üblich vereinbart und tatsächlich durchgeführt worden. Soweit es der BFH für die tatsächliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses als schädlich ansehe, wenn das Arbeitsentgelt auf ein Oder-Konto der Eheleute gezahlt werde, könne dem nicht gefolgt werden. Entgegen der Auffassung des BFH komme es für die Anerkennung als Betriebsausgaben nicht darauf an, ob das Arbeitsentgelt den Vermögensbereich des Arbeitgeber-Ehegatten verlassen habe. Entscheidend sei vielmehr allein, daß das Geld den betrieblichen Bereich verlassen habe und dem Arbeitnehmer-Ehegatten zugeflossen sei. Diese Voraussetzung sei im Streitfall erfüllt, weil das Betriebskonto der Klägerin, von dem das Entgelt gezahlt worden sei, eindeutig von dem nur für private Zahlungen eingerichteten Oder-Konto der Eheleute, auf das die Zahlungen erfolgt seien, getrennt gewesen sei. Für den Zufluß des Geldes beim Kläger müsse es ausreichen, daß der Kläger neben der Klägerin über dieses Oder-Konto volle Verfügungsmacht gehabt habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich das FA mit der vom FG zugelassenen Revision. Es beruft sich im wesentlichen auf die dem FG-Urteil entgegenstehende Rechtsprechung des BFH.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

Dem FG kann nicht darin gefolgt werden, daß die Klägerin das Arbeitsentgelt für ihren Ehemann als Betriebsausgaben abziehen kann.

Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind (§ 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes). Aufwendungen für einen im Betrieb mitarbeitenden Ehegatten sind nur dann betrieblich veranlaßt, wenn zwischen den Ehegatten ein Arbeitsverhältnis rechtswirksam vereinbart worden ist, das nach Inhalt und Durchführung dem entspricht, was unter Fremden üblich ist (BFH-Urteil vom 31. Mai 1989 III R 154/86, BFHE 157, 172 m. w. N.). Fehlt es an einer dieser Voraussetzungen, so sind die Aufwendungen des Abeitgeber-Ehegatten nicht als Betriebsausgaben abziehbar.

Zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses wie unter Fremden ist erforderlich, daß das vereinbarte Entgelt aus dem betrieblichen Bereich des Arbeitgeber-Ehegatten ausscheidet und in den alleinigen Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten gelangt. Daran fehlt es, wenn - wie im Streitfall - das Gehalt auf ein Bankkonto überwiesen wird, über das jeder Ehegatte allein verfügen kann (sog. Oder-Konto). Dies hat der Große Senat des BFH durch Beschluß vom 27. November 1989 GrS 1/88 (BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160) entschieden. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Beschlusses des Großen Senats verwiesen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1992, 225

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