Leitsatz (amtlich)

Im zeitlichen Geltungsbereiche des Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau in der Fassung vom 30. November 1954 (BGBl I S. 359) ist bei Ausfuhrlieferungen der Teil des Rechnungsbetrages, der auf die Kohlenabgabe entfällt, nicht in die Bemessungsgrundlage der Ausfuhr- und Ausfuhrhändlervergütung nach § 16 UStG einzubeziehen und demgemäß nicht vergütungsfähig.

 

Normenkette

UStG §§ 5, 16; UStDB 1951 §§ 10, 73, 78; Gesetz zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau i.d.F. vom 30. November 1954 (BGBl I S. 359)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob in die Bemessungsgrundlage der Ausfuhrund Ausfuhrhändlervergütung nach § 16 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - (§§ 73 und 78 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz - UStDB - 1951) bei der Ausfuhr von Kohle und Koks in die Länder der Montan-Union und das übrige Ausland die Kohlenabgabe auf Grund des Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau in der Fassung vom 30. November 1954 (BGBl I S. 359) einzubeziehen ist. Das Finanzamt hat zunächst durch vorläufigen Bescheid vom 21. Juli 1955 bei der Festsetzung der Umsatzsteuervergütung einen auf die genannte Abgabe entfallenden Betrag von 3 309 DM für den Vergütungszeitraum Juni 1955 ausgeschieden und einen Nachtragsantrag vom 26. Mai 1956 für die Vergütungszeiträume November 1954 bis Juni 1955 durch endgültigen Bescheid vom 24. Juli 1956 abgelehnt, wobei es den Antrag für die dem Juni 1955 vorausgehenden Vergütungszeiträume als verspätet angesehen hat.

Die Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht hat die Frage der Verspätung des Nachtragsantrages offengelassen, weil es den Teil des Rechnungsbetrages, der auf die Abgabe entfällt, gleichfalls als nicht vergütungsfähig angesehen hat. Das Finanzgericht ist der Auffassung, daß nach dem klaren Wortlaut des § 1 Abs. 8 des erwähnten Gesetzes vom 30. November 1954 die Kohlenabgabe kein der Umsatzsteuer unterliegender Teil des vereinnahmten Entgeltes im Sinne des § 5 UStG sei; damit entfalle die Möglichkeit, die Kohlenabgabe in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuervergütung einzubeziehen. Für eine Auslegung gegen den Wortlaut des Gesetzes sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs kein Raum.

 

Entscheidungsgründe

Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde (Rb.) ist nicht begründet. Die Vorentscheidung läßt einen Rechtsirrtum nicht erkennen.

Der Bundesfinanzhof hat durch Urteil V 16/55 S vom 24. November 1955 (BStBl 1956 III S. 98, Slg. Bd. 62 S. 267) die gleiche Streitfrage für den zeitlichen Geltungsbereich des Bergarbeiterwohnungsbaugesetzes in seiner ersten Fassung vom 23. Oktober 1951 (Bundesgesetzblatt I S. 865) im Sinne der Beschwerdeführerin (Bfin.) entschieden und die Abgabe als vergütungsfähigen Teil des Entgeltes angesehen. Der Bundesfinanzhof hat sich in dieser Entscheidung auf den Wortlaut des § 1 Abs. 5 a. a. O. gestützt, der in der damaligen Fassung dahin lautete, daß der Zuschlag kein der Umsatzsteuer unterliegender Teil des vereinnahmten Entgeltes im Sinne des § 5 UStG sei. Nach Auffassung des Bundesfihanzhofs konnte sich der "Zuschlag" nur auf die im Inland abgesetzte Kohle beziehen. Eine vom Wortlaut abweichende Auffassung hatte der Bundesfinanzhof für den Streitfall abgelehnt. In der Neufassung des Gesetzes (jetzt § 1 Abs. 8) ist nicht mehr vom Zuschlag, sondern von der Kohlenabgabe die Rede. Der Senat hat bereits damals zum Ausdruck gebracht, daß hierin insoweit eine materielle Rechtsänderung liegt. An dieser Auffassung wird auch gegenüber dem Vorbringen der Rb. festgehalten. Darüber hinaus ist der erkennende Senat der Auffassung, daß die jetzige Fassung mindestens ebenso deutlich, wie die frühere Fassung für die Vergütungsfähigkeit sprach, nunmehr dagegen spricht, die Kohlenabgabe als Teil des vergütungsfähigen Entgeltes anzusehen, so daß nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungsgericht für eine vom Wortlaut des Gesetzes abweichende Auslegung kein Raum ist.

Die Rb. stützt ihre Auffassung vor allem darauf, daß sich auch in der Neufassung des Gesetzes der § 1 Abs. 8 ebenso wie in der ersten Fassung der § 1 Abs. 4 und 5 nur auf den Inlandsabsatz beziehe; denn keine deutsche Stelle, auch nicht der Bundesgesetzgeber hätte bestimmen können, daß die Kohlenabgabe bei der Berechnung von Handelsnutzen, Verdienstspannen und sonstigen Zuschlägen im Ausland nicht berücksichtigt werden dürfe. Daß jedoch der Wortlaut des § 1 Abs. 8 a. a. O. klar und eindeutig die Kohlenabgabe aufführt, die in jedem Falle nach § 1 Abs. 7 gesondert in Rechnung gestellt werden muß, und dieser Wortlaut einer gegenteiligen Auslegung widerstreitet, wird bei dieser Argumentation nicht beachtet. Es wird vor allem auch nicht berücksichtigt, daß § 1 Abs. 4 in der Fassung des Gesetzes vom 23. Oktober 1951 sich auch nach dem Wortlaut nur auf die im Inland abgesetzte Kohle bezieht, im jetzigen Abs. 7, der dem früheren Abs. 4 entspricht, dagegen eine solche Unterscheidung nicht mehr gemacht ist. Der Entgeltsbegriff nach § 5 Abs. 1 UStG, § 10 UStDB ist eindeutig, so daß § 1 Abs. 8 a. a. O. nur auslegungsfähig wäre, wenn Sinn- und Sachzusammenhang dieser Vorschrift deutlich erkennbar aus wirklich zwingenden Gründen eine Abweichung vom Wortlaut erforderte. Das Finanzgericht hat aber überzeugend dargelegt, daß § 1 Abs. 7 als eine deutsche steuerliche Vorschrift den deutschen Erzeugern und Exporteuren die gesonderte Inrechnungstellung der Kohlenabgabe vorschreiben und daß der deutsche Gesetzgeber überdies davon ausgehen konnte, mit einer solchen Vorschrift nicht gegen Bestimmungen der Hohen Behörde der Montan-Union zu verstoßen, weil, wie die Bfin. in der Vorinstanz selbst vorgetragen hat, ab 1. April 1954 eine freie Preisgestaltung auch bei Exporten in die Länder der Montan-Union möglich war. Die Annahme des Finanzgerichts, daß der deutsche Gesetzgeber für seinen Machtbereich die gesonderte Inrechnungstellung der Kohlenabgabe allgemein vorschreiben wollte, ist darum nicht zu widerlegen. Deshalb liegt es auch nahe, davon auszugehen, daß mit der Neufassung des § 1 Abs. 7 und 8 a. a. O. der Kohlenabsatz im Inland und in das Ausland geregelt werden sollte. Unter diesen Umständen ist ein abweichender Wille des Gesetzgebers nicht so klar zum Ausdruck gekommen, daß nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Auslegung gegen den Wortlaut des § 1 Abs. 8 in Betracht kommen könnte.

Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob der Nachtragsantrag verspätet gestellt worden ist, weil er in jedem Falle sachlich keinen Erfolg haben könnte.

Die Rb. war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl III 1959, 359

BFHE 1960, 259

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