Entscheidungsstichwort (Thema)

Schlüssige Rüge eines Verfahrensmangels

 

Leitsatz (NV)

Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO ist bei beiderseitigem Verzicht auf mündliche Verhandlung - auch wenn nachträglich eine gerichtliche Aufklärungsanordnung ergangen ist - nicht schlüssig gerügt, wenn der Kläger lediglich vorträgt, das FG habe trotz fehlenden Einverständnisses ohne mündliche Verhandlung entschieden.

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Pfarrer. Er beschäftigte im Streitjahr eine Angestellte, die für ihn in seinem Haushalt und in seiner Pfarrei tätig war.

In seiner Einkommensteuererklärung 1981 machte er einen Teil seiner Ausgaben für diese Angestellte vergeblich als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob er Klage.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) verzichtete durch eine am 13. Juli 1983 beim Finanzgericht (FG) eingegangene Erklärung auf eine mündliche Verhandlung. Der Kläger gab mit am 27. Juli 1983 beim FG eingegangener Erklärung ebenfalls eine Verzichtserklärung ab.

Am 24. Oktober 1986 erließ das FG eine Aufklärungsanordnung, durch die der Kläger zu bestimmten Stellungnahmen, zur Vorlage bestimmter Nachweise und zur Mitteilung der ladungsfähigen Anschrift seiner Pfarrhaushälterin aufgefordert wurde.

Am 31. März 1989 teilte der Berater des Klägers dem FG mit: ,,Ich möchte noch einmal meine schon früher geäußerte Meinung bekräftigen, daß es sicher am sinnvollsten wäre, den Kläger und seine Pfarrhausfrau selbst beim Gericht diese Aussagen bestätigen zu lassen."

Das FG wies die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Urteil vom 19. September 1989 als unbegründet ab. Das FG hat die Revision nicht zugelassen.

Gegen das Urteil hat der Kläger Revision eingelegt. Mit dieser macht er geltend, er habe sein Einverständnis, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, nicht abgegeben. Den Wunsch einer mündlichen Verhandlung habe er mit Schreiben vom 31. März 1989 noch einmal grundsätzlich vorgebracht. Hätte das FG eine mündliche Verhandlung durchgeführt, hätte es nicht zur Klageabweisung kommen können. Es liege ein Verfahrensmangel gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 118 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vor. Das Urteil sei völlig überraschend ergangen.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer für 1981 niedriger festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Gegen das Urteil des FG steht den Beteiligten die Revision zu, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat (§ 115 Abs. 1 FGO i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs). Einer Zulassung der Revision bedarf es nicht, wenn einer der in § 116 Abs. 1 FGO genannten Verfahrensmängel rechtswirksam gerügt wird. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Die Revision ist weder vom FG noch vom BFH zugelassen worden; noch ist sie gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO statthaft.

Nach dieser Bestimmung bedarf die Einlegung der Revision zwar u. a. dann keiner Zulassung, wenn der Kläger als wesentlichen Verfahrensmangel rügt, daß er im Klageverfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten gewesen sei. Dabei bedarf es keiner ausdrücklichen Rüge der fehlenden ordnungsgemäßen Vertretung. Es reicht aus, wenn der Kläger substantiiert Umstände vorträgt, die geeignet sind, einen Verfahrensfehler i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO zu begründen (BFH-Urteil vom 25. August 1982 I R 120/82, BFHE 136, 518, BStBl II 1983, 46). Verfahrensmängel i. S. von § 116 Abs. 1 FGO sind aber nur dann ordnungsgemäß gerügt, wenn die zur Begründung vorgetragenen Tatsachen, ihre Richtigkeit unterstellt, die Mängel ergeben, d. h., wenn sie schlüssig vorgetragen sind (BFH-Urteil vom 21. April 1986 IV R 190/85, BFHE 146, 357, BStBl II 1986, 568).

Dies ist im Streitfall nicht geschehen. Der Kläger hat zwar vorgetragen, daß das FG ohne mündliche Verhandlung entschieden habe, obwohl dazu kein Einverständnis abgegeben worden sei. Dieser Vortrag ist jedoch nicht schlüssig. Da der Kläger und das FA auf mündliche Verhandlung verzichtet hatten, hätte der Kläger näher darlegen müssen, warum seine am 27. Juli 1983 beim FG eingegangene Verzichtserklärung nicht mehr wirksam sein solle. Dies ist nicht geschehen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1991, 46

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