Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Steuerermäßigung beim auswärtigen Studium von Kindern, für die dem Steuerpflichtigen Kinderermäßigung gewährt wird.

 

Normenkette

EStG § 33

 

Tatbestand

Streitig ist, ob und inwieweit dem Beschwerdeführer (Bf.) wegen der Aufwendungen für das auswärtige Studium seiner drei Kinder eine Steuerermäßigung nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu gewähren ist.

Der Bf. ist Zahnarzt. Er ist für II/1948 mit einem Einkommen von 4.691 DM und für 1949 mit einem Einkommen von 11.419 DM zur Einkommensteuer veranlagt worden. Die Einkommensteuer ist für II/1948 auf 809 DM und für 1949 auf 2.718 DM festgesetzt worden. Der Bf. hat zwei Söhne (geboren 1935 und 1936), die im Internat des Studienseminars Y. untergebracht sind, und eine Tochter (geboren 1937), die im Institut der Englischen Fräulein in Z. ausgebildet wird. Finanzamt und Finanzgericht haben den Antrag des Bf. auf Steuerermäßigung gemäß § 33 EStG wegen der Kosten für das auswärtige Studium der drei Kinder abgelehnt. Sie vertreten den Standpunkt, daß die Kosten für die auswärtige Schulausbildung der drei Kinder durch die Kinderermäßigung abgegolten sei.

Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) beantragt der Bf. Aufhebung der Vorentscheidung und Zubilligung einer Einkommensteuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung (ß 33 EStG).

Er macht geltend, daß die Kosten für den Unterhalt und die Ausbildung seiner drei Kinder (einschließlich der Auslagen für Kleidung) im zweiten Kalenderhalbjahr 1948 1.877 DM und im Kalenderjahre 1949 4.213 DM, zusammen also 6.090 DM betragen hätten. Davon seien durch die tarifmäßige Kinderermäßigung rund 3.500 DM berücksichtigt; der Rest von rund 2.500 DM stelle eine außergewöhnliche Belastung dar. Bei ihm liege eine Häufung von Belastungen vor.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Der Senat hat in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil IV 148/51 U vom 20. März 1952 den Standpunkt vertreten, daß das auswärtige Studium eines Kindes, für das dem Steuerpflichtigen die Kinderermäßigung gewährt wird, an sich nichts Außergewöhnliches darstellt. Eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG kann nur dann gewährt werden, wenn zur Belastung durch das auswärtige Studium eines Kindes noch besondere Umstände hinzutreten, z. B. wenn eine Häufung von Belastungen durch das gleichzeitige auswärtige Studium mehrerer Kinder vorliegt. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sind zu berücksichtigen. Da der Bf. drei Kinder hat, die gleichzeitig auswärtige Schulen besuchen, sind die Voraussetzungen für die Anwendung des § 33 EStG dem Grunde nach gegeben. Was die Höhe der nach § 33 EStG zu gewährende Steuerermäßigung betrifft, so ist im § 41 Abs. 1 Ziff. 4 EStG für die Lohnsteuer bestimmt, daß bei außergewöhnlicher zwangsläufiger Belastung "ein vom Finanzamt zu bestimmender Betrag" vom Arbeitslohn abzuziehen ist. Dieser Grundsatz gilt auch für die veranlagte Einkommensteuer. Das Finanzamt hat demnach zu bestimmen, inwieweit die Aufwendungen für das auswärtige Studium der drei Kinder eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG rechtfertigen. Das Finanzamt ist dabei nicht an die Beträge gebunden, die der Steuerpflichtige tatsächlich aufgewendet hat. Es kann vielmehr davon ausgehen, daß ein Teil der Aufwendungen der privaten Sphäre des Steuerpflichtigen zuzurechnen ist (ß 12 EStG), d. h. auch bei der Höhe der Ermäßigung können nur die unter Beachtung der besonderen Verhältnisse des einzelnen Falls in Betracht kommenden außergewöhnlichen und zwangsläufigen Beträge eine Ermäßigung rechtfertigen; sie müssen notwendig sein, andernfalls Unterhaltsaufwendungen unbegrenzt berücksichtigt werden müßten. Von dem sich bei objektiver Würdigung hiernach ergebenden Betrag ist die zumutbare Belastung abzusetzen. Die Abgrenzung ist nur im Wege einer die tatsächliche Belastung berücksichtigenden Schätzung möglich. Der Senat schätzt die außergewöhnliche zwangsläufige Belastung, die bei dem Bf. infolge des gleichzeitigen auswärtigen Studiums seiner drei Kinder zu berücksichtigen ist, für II/1948 auf 900 DM, vermindert um die zumutbare Belastung (ß 22 Abs. 3 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung 1948) und für 1949 auf 1.800 DM, vermindert um die zumutbare Belastung (ß 51 Abs. 3 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung 1949).

Die angefochtene Entscheidung wird wegen unrichtiger Anwendung des § 33 EStG aufgehoben. Die Steuerermäßigung berechnet sich wie folgt:

II/1948. Außergewöhnliche Belastung --------------- 900 DM, abzüglich zumutbare Belastung (2 v. H. von 4.691 DM =) --------------------------- 93 DM, vom Einkommen abzuziehen ------------------ 807 DM.Die Einkommensteuer beträgt bei einem Einkommen von (4.691 DM - 807 DM =) 3.884 DM in Steuerklasse III, 3 DM 507.

Kalenderjahr 1949. Außergewöhnliche Belastung --------------- 1.800 DM, abzüglich zumutbare Belastung (2. v. H. von 11.419 DM =) -------------------------- 229 DM, vom Einkommen abzuziehen ------------------ 1.571 DM.Die Einkommensteuer beträgt bei einem Einkommen von (11.419 DM - 1.571 DM =) 9.848 DM in Steuerklasse III, 3 DM 1950.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407422

BStBl III 1952, 168

BFHE 1953, 432

BFHE 56, 432

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