Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer Erbschaft, Schenkung und Steuern

 

Leitsatz (amtlich)

Auf nachlaßzugehörigen Grundstücken ruhende Umstellungsgrundschulden sind abzugsfähige Nachlaßverbindlichkeiten. Sie sind mit dem Nennbetrag zu bewerten. Abzuziehen sind die etwa durch den Erblasser bereits abgelösten oder solche Beträge, auf die der Gläubiger dem Erblasser gegenüber verzichtet hat.

Ist der Nachlaß mit dem Lastenausgleich in Form der kapitalisierten allgemeinen Soforthilfe-Abgabe und außerdem ein Nachlaßgrundstück mit einer Umstellungsgrundschuld belastet, so ist neben dem Nennbetrag der Umstellungsgrundschuld nur der kapitalisierte Unterschiedsbetrag zwischen dem Jahresbetrag der allgemeinen Soforthilfe-Abgabe und dem Jahresbetrag der auf die Umstellungsgrundschuld zu entrichtenden Zins- und Tilgungsleistungen als Nachlaßverbindlichkeit abzugsfähig.

ErbStG § 23; LASG § 1 Absatz 1, § 3 a, § 3 b, DVO z. LASG § 5 Absatz 1; RBewG § 14 Absatz 1;

 

Normenkette

ErbStG §§ 23-24

 

Tatbestand

Das Finanzgericht hat auf Sprungberufung der Beschwerdegegnerin den bei ihrer Veranlagung zur Erbschaftsteuer nicht berücksichtigten Lastenausgleich als Nachlaßverbindlichkeit anerkannt und mit dem 12 1/2-fachen Jahresbetrag der allgemeinen Soforthilfe-Abgabe bewertet. Auch die auf dem vorliegendenfalls vererbten Hof ruhende, bei der Veranlagung der Beschwerdegegnerin zur Erbschaftsteuer ebenfalls nicht zum Abzug zugelassene Umstellungsgrundschuld hat das Finanzgericht mit ihrem Nennbetrag als Nachlaßverbindlichkeit berücksichtigt. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Finanzamtsvorstehers.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. muß - wenn auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen - zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.

Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 3. Februar 1951 III 26/50 S (Bundessteuerblatt 1951 S. 57) ausgeführt, daß bei der Erbschaftsteuer ein Abzug vom Nachlaß wegen des Lastenausgleichs zulässig ist und sich dieser Abzug bis zur gesetzlichen Regelung des Lastenausgleichs nach den auf Grund des Soforthilfe-Gesetzes zu leistenden Abgaben bemißt, wobei die allgemeine Soforthilfe- Abgabe mit ihrem 12 1/2-fachen Jahresbetrag abzüglich etwaiger vom Erblasser bereits entrichteter Beträge anzusetzen ist. An dieser Auffassung wird festgehalten. Die in Einklang mit dem erwähnten Urteil stehenden grundsätzlichen Ausführungen der Vorentscheidung sind daher nicht zu beanstanden.

Das angefochtene Urteil des Finanzgerichts ist auch insoweit frei von Rechtsirrtum, als es die auf dem vererbten Hof ruhende Umstellungsgrundschuld mit ihrem Nennbetrag zum Abzug zugelassen hat. Die Rb. des Finanzamts glaubt, die Abzugsfähigkeit der Umstellungsgrundschuld unter Berufung auf § 3 Satz 1 des Gesetzes zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich - LASG - (Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebiets - WiGBl. - 1948 S. 87) verneinen zu können, nach dem die Umstellungsgrundschulden ausschließlich dazu dienen, etwaige Ansprüche aus Schuldnergewinnen unter Berücksichtigung des Lastenausgleichs sicherzustellen. Der Anspruch auf Erfassung von Schuldnergewinnen werde gegebenenfalls erst mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über den endgültigen Lastenausgleich entstehen, es sei also heute noch ungewiß, ob und in welchem Umfange der bezeichnete Anspruch entstehen werde. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Die Umstellungsgrundschuld stellt bereits im Zeitpunkt ihrer Entstehung eine echte dingliche Belastung dar. Dies folgt schon daraus, daß der Schuldner sie gemäß § 5 Absatz 1 Satz 1 der Durchführungsverordnung zum LASG (WiGBl. 1948 S. 88) jederzeit ablösen kann, der Gläubiger andererseits - unter bestimmten Voraussetzungen - auf sie zu verzichten hat (§§ 3 a, 3 b LASG in der Fassung des Gesetzes zur änderung des Gesetzes zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich, WiGBl. 1949 S. 232). Die Umstellungsgrundschuld unterscheidet sich auch hinsichtlich der Verpflichtung zur Verzinsung und Tilgung in nichts von dem durch sie ersetzten Teil der umgestellten Reichsmark-Hypothek oder dergleichen (§ 1 Absatz 1 Satz 3 Halbsatz 1 LASG). Im übrigen ist unzweifelhaft, daß sich die Belastung eines Grundstücks mit einer Umstellungsgrundschuld im Wirtschaftsverkehr wertmindernd auswirkt. Die Umstellungsgrundschuld stellt demnach sowohl rechtlich wie wirtschaftlich eine abzugsfähige Last dar. Zu bewerten sind Umstellungsgrundschulden gemäß § 14 Absatz 1 des Reichsbewertungsgesetzes mit dem Nennwert; die Unkündbarkeit der Umstellungsgrundschuld (§ 1 Absatz 1 Satz 3 Halbsatz 2 LASG) allein stellt keinen besonderen Umstand dar, der einen geringeren Wert im Sinne der genannten Bestimmungen begründet. Der Nennbetrag der Umstellungsgrundschuld ist gegebenenfalls um die Beträge zu kürzen, die der Erblasser bereits gemäß § 5 Absatz 1 Satz 1 der Durchführungsverordnung zum Gesetz zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich abgelöst oder auf die der Gläubiger dem Erblasser gegenüber gemäß §§ 3 a, 3 b LASG verzichtet hat. Die in der Zeitschrift "Der Betrieb", Jahrgang 1950 Nr. 9 S. 103, bei Besprechung der angefochtenen Entscheidung vertretene Auffassung, daß Umstellungsgrundschulden nicht mit ihrem Nennbetrag, sondern daß die Zins- und Tilgungsbeträge mit ihrem kapitalisierten Wert zu berücksichtigen seien, kann wegen ihres - wie oben dargelegt - unrichtigen Ausgangspunktes, die Umstellungsgrundschuld stelle keine echte Schuld, sondern nur eine rechtliche Konstruktion oder mit anderen Worten eine Berechnungsgrundlage für die Weiterentrichtung der Zins- und Tilgungsbeträge dar, nicht gutgeheißen werden (wie hier auch Binder-Drexl-Seweloh-Wehe-Zimmerle, "Der Lastenausgleich", II. Anhang zum Gesetz zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich, Ziffer 3 auf S. 39).

In Fällen wie den vorliegenden, in denen der Nachlaß mit dem Lastenausgleich in Form der kapitalisierten allgemeinen Soforthilfe-Abgabe und außerdem ein Nachlaßgrundstück mit einer Umstellungsgrundschuld belastet ist, kann indessen nicht außer Betracht bleiben, daß die auf Umstellungsgrundschulden zu entrichtenden Zinsen und Tilgungsbeträge gemäß § 24 Absatz 1 des Soforthilfe-Gesetzes (WiGBl. 1949 S. 205) bei der allgemeinen Soforthilfe-Abgabe für Grundbesitz angerechnet werden. Aus dieser gesetzlich vorgeschriebenen Anrechnung folgt, daß die allgemeine Soforthilfe-Abgabe insofern keine Belastung des Nachlasses darstellt, als sie durch die Zins- und Tilgungsleistungen auf die Umstellungsgrundschuld gedeckt wird. Die Belastung des Nachlasses durch die allgemeine Soforthilfe-Abgabe errechnet sich daher nur aus dem kapitalisierten Unterschiedsbetrag zwischen dem Jahresbetrag der allgemeinen Soforthilfe-Abgabe und dem Jahresbetrag der auf die Umstellungsgrundschuld zu entrichtenden Zins- und Tilgungsleistungen. Dies hat die Vorentscheidung verkannt. Die Höhe der vorliegendenfalls auf die Umstellungsgrundschuld zu entrichtenden Zins- und Tilgungsleistungen ist aus den Akten nicht zu ersehen. Die danach nicht spruchreife Sache geht an das Finanzgericht zurück, das unter Beachtung der vorstehend dargelegten Rechtsauffassung zu entscheiden haben wird.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407239

BStBl III 1951, 118

BFHE 1952, 304

BFHE 55, 304

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