Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn ein Vermögensabgabepflichtiger regelmäßig gleichbleibende Beträge an seine Tochter leistet und diese auch für die Zukunft mit Sicherheit auf die Fortdauer der Leistungen rechnen kann, ohne einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegen den Abgabepflichtigen zu besitzen, so kann dieser auf Grund wirtschaftlicher Betrachtungsweise von seinem vermögensabgabepflichtigen Vermögen einen Betrag für eine steuerrechtlich anzuerkennende Rentenverbindlichkeit absetzen, selbst wenn eine bürgerlich-rechtliche Verpflichtung zur Rentenzahlung fehlt.

 

Normenkette

LAG § 24 Ziff. 6, § 21/1/1; StAnpG § 1

 

Tatbestand

Die Vermögensabgabe für den Nachlaß des 1955 in K verstorbenen Privatmannes K. F. ist in dem berichtigten Abgabebescheid vom 2. Januar 1956 nach einem abgabepflichtigen Vermögen im Betrage von 135.000 DM ermittelt worden.

Der Beschwerdeführer (Bf.), einer der Söhne und Erben des Erblassers, begehrt für den Nachlaß den Abzug einer von dem Verstorbenen an seine Tochter Anna gezahlten Rente in Höhe von 100 DM monatlich, die, ohne ausdrücklich vereinbart worden zu sein, nach den unbestrittenen Angaben des Bf. seit der Verehelichung seiner Schwester, das heißt seit dem Jahre 1936, in stets gleichbleibender Höhe an diese entrichtet worden ist und bis zu ihrem Lebensende fortlaufen sollte.

Obwohl bei der Vermögensteuerveranlagung zum 1. Januar 1949 der Abzug dieser Rente in Höhe eines Betrages von 15.600 DM zugelassen worden war, hat das Finanzamt die Abzugsfähigkeit der Rente bei der endgültigen Veranlagung des Abgabepflichtigen zur Vermögensabgabe verneint.

Es hat auch den Einspruch des Bf. mit der Begründung zurückgewiesen, daß eine Rentenverpflichtung auf rechtsgeschäftlicher Grundlage nicht bestanden, es sich vielmehr um freiwillige Leistungen des Erblassers an seine Tochter gehandelt habe. Wolle man dennoch wegen der Fortdauer der freiwilligen Leistungen wenigstens im Rahmen der Besteuerungsvorschriften ein bewertungsfähiges Rentenrecht anerkennen, so sei der Abzug der Rentenverbindlichkeit im Streitfalle doch gemäß § 24 Ziff. 6 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) zu versagen, weil es sich bei der gezahlten Rente um eine Unterhaltsrente im Sinne dieser Vorschrift handele (gesetzliche Unterhaltspflicht).

Das Finanzgericht hat zwar auf die Berufung hin die Einspruchsentscheidung des Finanzamts aufgehoben und den Vermögensabgabebescheid dahin abgeändert, daß die Abgabeschuld unter Berücksichtigung einer erhöhten Schadensermäßigung auf 65.500 DM festgesetzt wird, aber das Rentenrecht nicht zum Abzuge zugelassen. Das Finanzgericht hat seine Entscheidung allerdings nicht auf § 24 Ziff. 6 LAG zu stützen versucht. Es hat vielmehr ausgeführt, daß die fortlaufende monatliche Zahlung von 100 DM nur als Schenkung des Erblassers an seine Tochter betrachtet werden könne, die nach Sinn und Auswirkung als vorweggenommene Erbschaft anzusehen sei. Die Behandlung dieser Leistungen als Verpflichtung auf die Lebenszeit der Tochter verkenne das Wesen dieser Vorgänge. Denn einmal könne nur eine durch die Lebensdauer des Vaters begrenzte Schuldverpflichtung gegenüber der Tochter berücksichtigt werden, weil den Vater keine Verpflichtung darüberhinaus treffe. Andererseits könne aus den tatsächlichen Vorgängen nicht mehr entnommen werden, als daß der Vater des Bf. seiner Tochter freiwillig einen monatlichen Betrag von 100 DM gewährt habe. Er habe diese tatsächlichen Zuwendungen als vorweggenommene Erbschaft behandelt und allenfalls seiner Tochter eine künftige Erbschaft in Aussicht stellen wollen. Für diese Beurteilung spreche der Umstand, daß der Abgabepflichtige durch Testament seiner Tochter weiterhin solche Monatsleistungen vermacht habe. Zu seinen Lebzeiten habe er sich aber nicht zu mehr als den tatsächlich geleisteten Zahlungen verpflichten wollen. Urteile man anders, so könne man jedes mündliche Schuldversprechen, das durch ein späteres Testament eingelöst werde, als rechtsverbindlich betrachten. Das sei nicht angängig; denn man könne nicht aus solchen völlig freiwilligen Leistungen des Vaters eine Schuldverpflichtung gegenüber seiner Tochter ableiten. Da die Vermögensteuerveranlagung des Abgabepflichtigen aber für seine Heranziehung zur Vermögensabgabe nicht bindend sei, so müsse dem Bf. abweichend von der Veranlagung des Abgabepflichtigen zur Vermögensteuer 1949 der von ihm begehrte Abzug eines Rentenrechts bei der Veranlagung der Vermögensabgabe versagt bleiben.

 

Entscheidungsgründe

Die gegen das Urteil des Finanzgerichts erhobene Rechtsbeschwerde (Rb.), mit der eine fehlerhafte Anwendung des geltenden Rechts gerügt wird, ist begründet.

Unstreitig hat der Abgabepflichtige seit 1936 gleichbleibend den monatlichen Betrag von 100 RM (DM) an seine Tochter gezahlt. In Anbetracht der günstigen Vermögenslage des Abgabepflichtigen waren nach den Verhältnissen am Währungsstichtag auch für die Zukunft gleichbleibende Zahlungen an seine Tochter mit Sicherheit zu erwarten, wie sie ja auch tatsächlich bis zum Tode des Erblassers geleistet worden sind. Daß bei dem Abgabepflichtigen auch die feste Absicht bestand, diese Zahlungen bis zum Lebensende seiner Tochter fortzusetzen, ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit aus seinem Testament. Unter diesen Umständen ist der vom Bf. beantragte Abzug des streitigen Rentenrechts auch bei der Veranlagung der Vermögensabgabe zuzulassen.

Diesem vom Bf. begehrten Abzug steht auch die Vorschrift des § 24 Ziff. 6 LAG nicht entgegen, weil die Rentenempfängerin in Anbetracht ihrer wirtschaftlichen Lage keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gehabt hat.

Das angefochtene Urteil und die Vorentscheidung unterliegen der Aufhebung.

Obwohl die Rechtslage somit hinreichend geklärt ist, nimmt der Senat dennoch von einer das Verfahren abschließenden Eigenen Sachentscheidung Abstand, weil mit dem Abzug des Rentenrechts vom abgabepflichtigen Vermögen des Erblassers auch die Höhe der dem Abgabepflichtigen zu gewährenden Schadensermäßigung der änderung bedarf und neu berechnet werden muß. Die Sache geht deshalb zur rechnerischen Durchführung der Entscheidung an das Finanzamt zurück.

 

Fundstellen

BStBl III 1956, 374

BFHE 1957, 463

BFHE 63, 463

StRK, LAG:24 R 1

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